Schödler, Heinrich (1896-1954)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Schödler, Heinrich

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 11. Juli 1896
Geburtsort Dietlikon
Sterbedatum 30. September 1954
Sterbeort Baden
Tätigkeit Schneidermeister, Kaufmann, Autor
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek

Biografie

Heinrich Schödler (geb. 11.07.1896 in Dietlikan/Schweiz, gest. 30.09.1954 in Baden) war vor seiner Inhaftierung wegen Landesverrats Schneidermeister und/oder Kaufmann in Wettingen im Kanton Aargau, wo er in ärmlichen Verhältnissen lebte. Er wurde am 28. September 1934 in das Gerichtsgefängnis Lörrach eingeliefert und von dort aus am 15. November 1934 in das Bezirksgefängnis Freiburg weitergeleitet. Schödler wird ebenfalls als Häftling im Zuchthaus Ludwigsburg geführt. In einer Aktennotiz vom 8. August 1961, die sich im Schweizer Bundesarchiv erhalten hat, heißt es: „Schödler liess sich dazu verleiten, mit einem Agenten der NSDAP über den Verkauf von geheimen Parteiakten zu verhandeln. Er wurde Ende September 1934 mit einem diesbezüglichen Angebot einer Parteistelle nach Lörrach gelockt, wo man ihm einige wertlose Dokumente in die Hände spielte und ihn darauf festnahm. Bis Ende November 1934 war er im Amtsgerichtsgefängnis Lörrach, um in Untersuchungshaft ins Landesgefängnis Freiburg überführt zu werden. Am 15. März 1936 gelangte er in die Strafanstalt Bruchsal. Von dort transferierten ihn die deutschen Behörden am 5. April 1936 nach Ludwigsburg und dann auf den Hohenasperg. Mitte Juni 1938 kam er zurück nach Ludwigsburg. Freilassung 12. November 1938.“ Schödler wurde monatelang nicht verhört, ihm war lange keine juristische Unterstützung durch einen Anwalt erlaubt und zu einem gerichtlichen Prozess, bei dem er zu vier Jahren Zuchthausstrafe verurteilt wurde, kam es erst nach 15 Monaten Haft; ein Gnadengesuch wurde zudem im Mai 1938 trotz der schlechten Gesundheit Schödlers abgewiesen. Schödler selbst, so wird in den im Schweizer Bundesarchiv überlieferten Dokumenten deutlich, fühlte sich während der gesamten Haft unschuldig, lediglich seine schlechte finanzielle Lage habe ihn dazu gebracht, auf den Trick hereinzufallen. Er habe das Geld für einen Aufenthalt seiner Frau in einem „Nervensanatorium“ benötigt, heißt es im Gnadengesuch vom 23. Dezember 1937.

Zwar intervenierte der Schweizerische Hilfsverein, der Schweizer Konsul in Berlin und andere Stellen ab 1934 vielfach für Schödler und die mit ihm verhafteten Schweizer unter anderem beim Auswärtigen Amt, jedoch konnten sie nichts ausrichten. Eventuell hinderte auch der nicht „einwandfrei[e] Leumund“, der Schödler von Schweizer Seite attestiert wurde, und die Tatsache, dass Schödler vorbestraft war, erfolgreiche Hilfsmaßnahmen. Schödler litt in der Haft vor allem wegen der Sorge um seine Familie, wie er seiner Frau in Briefen mitteilte. Im Bericht des Schweizer Hilfsvereins, der Schödler am 21. Januar 1936 besuchte, heißt es ebenfalls: „Schödler ist sehr verbittert, zermürbt und seelisch vollständig aus dem Gleichgewicht gebracht, daher auch völlig halt- und mutlos.“ Im Oktober 1937 erhielt die Schweizerische Gesandtschaft in Berlin einen weiteren Bericht, der betonte, dass Schödler „in physischer Hinsicht ausserordentlich gelitten und er körperlich stark abgegeben hat, sodass ich ihn fast nicht wieder erkannt habe“ – der Berichtende sorgte sich sogar, ob Schödler das letzte Haftjahr überleben werde. Schödler kehrte nach seiner Entlassung im November 1938 zu seiner Familie nach Wettingen zurück und lebte bis zu seinem Tod in bescheidenen Verhältnissen. Entschädigungsanträge Schödlers beziehungsweise seiner Ehefrau zur Anerkennung Schödlers als Verfolgter des Nationalsozialismus wurden mehrfach abgelehnt, zu sehr galt Schödler noch Jahrzehnte nach dem Krieg als Spion: „Auf deutscher Seite wird der Fall als Straftat angesehen, die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ihre Ahndung erfahren habe. Es wird in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass Spionagetätigkeit in allen Rechtsstaaten strafbar ist, und dass ein Spion, der gegen Bezahlung tätig ist, nicht als politischer Ueberzeugungstäter angesehen werden kann“, heißt es in einem offiziellen Schweizer Schreiben vom Mai 1955.

Quellen:

  • „Dossier Schödler Heinrich, Surbeck Eugen, Wenger Viktor, Hurst Fritz“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, Bestand E2001C, Aktenzeichen: B.51.13.12.
  • „Dossier Schödler, Heinrich, Wettingen“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, Bestand E2001-08, Aktenzeichen: B.34.95.1.