Geopfertes Volk (1946)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Geopfertes Volk
Autor Chersztein, Mieczysław
Genre Erinnerungsbericht

Ausgaben des Werks

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Ausgabe von 1946, Stuttgart
Titel Geopfertes Volk
Untertitel Der Untergang des polnischen Judentums

Erscheinungsort Stuttgart
Erscheinungsjahr 1946

Gedruckt von C.F. Rees
Publiziert von Chersztein, Mieczysław

Umfang 122 Seiten
Abbildungen 2 Fotografien
Lizenz US-W-1010

Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)


Zusammenfassung

In seinem Werk berichtet Mieczysław Chersztein auf der Grundlage zahlreicher Berichte Überlebender, die er nach dem Krieg im Lager für Displaced Persons in Morbach gesammelt hat, über verschiedene Lager und Gettos unter deutscher Herrschaft. Chersztein betont eingangs, es handele sich nur um einen kleinen Ausschnitt, „ein Miniaturbild, auf das man einen kurzen Blick werfen mag, um eine klare Vorstellung der Schrecken zu gewinnen“ (S. 11). Im ersten Teil des Buches schildert Chersztein seine eigenen Erfahrungen im deutsch besetzten Wilna, wobei er mit den chaotischen Zuständen zu Kriegsbeginn einsetzt. Minutiös erzählt er von der Vielzahl antijüdischer Verordnungen, die unmittelbar nach Einmarsch der Deutschen rasch verkündet werden und die das Leben der Juden empfindlich einschränken. Überschattet werden die Folgen der Verordnungen jedoch durch die plötzliche Einrichtung des Gettos im September 1941, mit der Raub und Ausplünderung der Juden einhergehen. Anschaulich berichtet Chersztein von der Enge und Not im Getto, der alltäglichen Gewalt durch Deutsche und Litauer sowie von der fortwährenden Bedrohung durch Selektionen und Deportationen. Als das Getto im Herbst 1943 schließlich aufgelöst wird, gelingt ihm die Flucht mit falschen Papieren nach Weißrussland. Dort wird er verhaftet und als Jude verdächtigt, kann sich jedoch aus der lebensbedrohlichen Situation retten. Wenig später wird er, ohne dass seine jüdische Identität aufgedeckt wird, zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt, wo er in Mannheim in einer Fabrik arbeitet. Dort erlebt er schließlich die Befreiung. Im zweiten Teil stellt Chersztein auf Grundlage von Zeugnissen Überlebender Verfolgung und Massenmord in verschiedenen Orten und Regionen dar. Sie berichten sowohl von den Gettos Krakau, Lodz, Warschau oder Lemberg als auch von zahlreichen Lagern wie Belzec, Majdanek, Treblinka, Auschwitz oder den vielen weiteren Konzentrationslagern im Reichsgebiet, in denen auch Polen inhaftiert werden. In allgemeiner Form, oft nur wenige Absätze lang, gibt er einen kurzen Abriss und Eindruck von den dortigen Lebensbedingungen, der Zwangsarbeit sowie vom Massenmord. Bisweilen beschränkt er sich auf die Schilderung einzelner zentraler Ereignisse. Abschließend unterstreicht Chersztein nochmals eindringlich, dass es sich nur um „ein schwaches Abbild der Wirklichkeit“ (S. 121) handele, das der Realität in den Lagern und Gettos kaum gerecht werden könne. Überdies betont er, dass die Lager in Deutschland ausnahmslos in der Nähe größerer Orte gelegen seien und das Morden daher „vor den Augen des ganzen deutschen Volkes“ (S. 122) durchgeführt worden sei: „Trotzdem riefen sie in diesem Lande der großen Philosophen und Dichter keine andere Reaktion als nur Angst hervor“ (ebd.). Dem Buch ist ein englischsprachiges Vorwort sowie dessen deutsche Übersetzung vorangestellt, das M. Moskowitz, ein Captain der US-Army, geschrieben hat. Moskowitz ist Chef der Abteilung für Historische und Politische Information bei der Militärregierung in Württemberg-Baden. Im April 1945 lernt er Chersztein kennen und hört von dessen Erfahrungen der vergangenen sechs Jahre. Wenige Monate später habe er das Manuskript Cherszteins bekommen und durch die Lektüre erst die Dimension dessen verstanden, was er in den befreiten Lagern gesehen hat.

Werkgeschichte

Dem 1946 auf Deutsch veröffentlichten Werk liegt ein polnischsprachiges Original zugrunde, das Chersztein 1945 unter dem Titel „Ofiary nikczemności“ in Stuttgart im Selbstverlag publizierte.



Bearbeitet von: Markus Roth