Hitlergegner in Deutschland (1943)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
Wechseln zu: Navigation, Suche

Angaben zum Werk

Titel Hitlergegner in Deutschland

Genre Sonstige

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1943, Moskau
Titel Hitlergegner in Deutschland

Erscheinungsort Moskau
Erscheinungsjahr 1943

Auflagenhöhe Erstauflage 10.100

Verlegt von Verlag für fremdsprachige Literatur
Gedruckt von Iskra Revoluzii

Umfang 19 Seiten

Preise 20 russische Kopeken
Bibliotheksnachweise DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)


Zusammenfassung

Die schmale Broschüre, die für deutsche Soldaten in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern verfasst wurde, behandelt die politischen und religiösen Widerstandskräfte im Untergrund in Deutschland. Diese seien wirkmächtig genug – so die Hauptaussage des Textes –, dass das deutsche Volk aktiv das NS-Regime stürzen könne.

Die Argumentation des Textes geht von der „vollkommen berechtigt[en]“ (S. 3) Frage der deutschen Kriegsgefangenen aus, ob es „in Deutschland Kräfte [gibt], die fähig sind, Hitler zu stürzen, Deutschland aus der Katastrophe zu retten, dem deutschen Volk die Bahn frei zu machen zu seiner Befreiung und Erneuerung“ (S. 3, Hervorhebung im Original). Vor allem die sozialen Spannungen zwischen Parteimitgliedern auf der einen Seite und Arbeitern, Bauern, Handwerkern, Ausgebombten und deren Frauen auf der anderen Seite schüren den Ärger des Volkes. Denn während die einen vom System profitieren, sterben die anderen an der Front, verlieren ihre Geschäfte, müssen ohne ihre Ehemänner schwere Arbeit leisten oder geraten in finanzielle Nöte, so die These des Autors. Diese „Volksstimmung“ (S. 5), die sich immer mehr gegen Hitler wende, träfe nun auf die politischen und religiösen Widerständler, „die den Nacken nicht unter das Hitlerjoch beug[en]“ (S. 6). Zwar seien viele von ihnen, wie der namentlich genannte Martin Niemöller, inhaftiert, jedoch seien noch viele erfahrene Anführer und zahlreiche andere Menschen bereit zum Umsturz. Die Front gegen das NS-Regime – das im Text immer mit den Namen Hitler und Goebbels verbunden wird – umfasse Menschen aus allen sozialen Schichten und Religionen. Gerade die Tatsache, dass sie lange im Untergrund überlebt haben, mache sie zu besonders entschiedenen und patriotischen Kämpfern: „Sie haben seit Jahren nichts zu erwarten als Tod und Verfolgung[…]: wer zehn Jahre lang die Kraft und den Mut hat, gegen den Strom zu schwimmen, der ist ein ganzer Kerl, der hat Mut und Ehre im Leib, der ist mehr wert als Hunderte, die sich der politischen Konjunktur anpassen“ (S. 7). Es entsteht gezielt das Bild, dass ein „günstige[r] Kampfboden“ (S. 9) unbemerkt von vielen Deutschen durch den Widerstand im Untergrund geschaffen wurde. Den Kampf gegen eine politische Übermacht stellt der Autor dabei in einen historischen Zusammenhang, denn die Geschichte des deutschen Volkes sei seit jeher ein Kampf gegen die Unterdrücker und für die Gleichheit aller. Die gegenwärtige Generation habe allerdings zum ersten Mal die Chance, diesen zu gewinnen, so die Meinung des Autors, der einflussreiche Personen wie Ulrich von Hutten, Goethe oder General von Clausewitz als „Freiheitskämpfer“ (S. 10) benennt. Zwar seien viele Deutsche von dem nationalsozialistischen Gedankengut beeinflusst, jedoch müsse jeder seine falschen und überheblichen Meinungen überdenken und Zivilcourage sowie seinen freien Willen beweisen, statt sich in der Masse zu verstecken und Befehlen zu folgen. Nicht erst die bevorstehende Angst vor Vergeltung dürfe eine gedankliche Umkehr hervorrufen. Am Ende des kurzen Textes appelliert der Autor an den Leser mit einer klaren Zielvorgabe: „Eine solche mächtige Volkserhebung, die alles in Deutschland bereinigt, erneuert und zu freiem Leben erweckt – das ist das Ziel der deutschen Hitlergegner“ (S. 19).

Stilistisch gleicht der Text einer eloquenten politischen Rede mit einem strikt argumentativen Aufbau und einer sehr emotionalen Sprache. So heißt es zum Beispiel voller Pathos, der auch den kommunistischem Hintergrund des Verfassers spiegelt, dass es viele Gründe für eine Erhebung des deutschen Volkes gegen das Regime gebe: „Der wachsende Ingrimm, die zunehmende Empörung breiter Volksmassen in Deutschland gegen den endlosen Hitlerkrieg, gegen die Nazibonzen, die sich vor allen Opfern drücken und sich am Krieg bereichern, gegen das System der sozialen Ungerechtigkeit, der Vetternwirtschaft, der Korruption, der Bonzenwillkür“ (S. 4f.). Der anonyme Autor bezieht sich im Text auch immer wieder sowohl auf zeitgenössische Ereignisse in Deutschland, als auch auf viele historische Beispiele bis hin zur griechischen Antike. Um die Leser aufzurütteln, werden diese im Kollektiv mit „euch“ (S. 13) angesprochen und dezidiert mit Fragen aufgefordert, ihre eigene Haltung gegenüber dem NS-Regime zu überdenken.

Werkgeschichte

Das Buch trägt das Datum des 8. Juli 1943 als Tag der Niederschrift. Wer den Text verfasst hat, ist bis heute nicht bekannt.

Quelle:

  • o. A.: Hitlergegner in Deutschland. Moskau 1943.



Bearbeitet von: Christiane Weber