Konzentrationslager Dachau (1945)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
Wechseln zu: Navigation, Suche

Angaben zum Werk

Titel Konzentrationslager Dachau

Genre Erinnerungsbericht

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1945, Wien
Titel Konzentrationslager Dachau
Untertitel Geschildert von Dachauer Häftlingen

Erscheinungsort Wien
Erscheinungsjahr 1945

Verlegt von Stern-Verlag
Gedruckt von Mettens Nachf.

Umfang 48 Seiten
Abbildungen 8 Fotos

Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)


Zusammenfassung

In der Broschüre versucht ein nicht näher benanntes Autorenkollektiv österreichischer Häftlinge, dem Leser auf knappem Raum ein systematisches und umfassendes Bild vom Konzentrationslager Dachau zu bieten. Den Verfassern ist zum einen sehr an einer authentischen Darstellung der Geschehnisse gelegen. Sie betonen eingangs: „Diese Broschüre ist von Dachauer Häftlingen geschrieben. Es werden darin nur solchen Tatsachen angeführt, die mindestens von mehreren Häftlingen gesehen, erlebt und bezeugt wurden. Sie bietet aber nur einen ganz kleinen Querschnitt aus dem Leiden, dem Sterben und Kämpfen in Dachau. Würde man auch Bände füllen, es bliebe doch nur ein winziger Bruchteil der fürchterlichen Wahrheit“ (o.S.). Nicht Dokumentation und Aufklärung um ihrer selbst willen, sondern mit Blick auf die Verhinderung einer Wiederholung der NS-Verbrechen ist das zentrale Anliegen der Autoren. So schreiben sie in ihrer Vorrede weiter: „Wenn diese Broschüre dazu beiträgt, eine neue Zeit herbeizuführen, in der solche unmenschliche, kannibalische Grausamkeiten nicht mehr möglich sind, dann hat sie ihren Zweck erfüllt“ (o.S.).

In 20 Abschnitten schildern die ehemaligen Häftlinge vor allem das vielfältige System der Demütigung, Degradierung und Gewalt im Konzentrationslager Dachau durch die dortige SS, aber auch durch manche Mithäftlinge. Dabei streichen sie den besonderen Charakter Dachaus als ein „Urbild aller deutschen Konzentrationslager“ (S. 5) heraus, an dem sich alle weiteren Lager orientiert hätten. Die Täter der Lager-SS charakterisieren sie als korrupte, kriminelle, rohe und gewalttätige Masse, gar als „menschliche[n] Auswurf“ (S. 13); nur wenige besonders herausstehende SS-Männer werden namentlich genannt und näher beschrieben. Ähnlich verfahren sie bei der Beschreibung derjenigen Kapos, die ihre Macht zum Nachteil ihrer Mithäftlinge missbrauchten.

Der Bericht ist systematisch gegliedert und behandelt die wichtigsten Facetten des Lagerlebens: die Ankunft im Lager mit dem erniedrigenden und brutalen Aufnahmeritual, den Aufbau und die Organisation des Lagers, den Tagesablauf der Häftlinge, das System der Strafen, die Verpflegung, die jeder Beschreibung spottende Versorgung der Kranken, die pseudomedizinischen Versuche sowie die Zwangsarbeit.

Neben dieser dokumentarischen Seite verfolgen die Verfasser einen politischen, gegenwarts- und zukunftsbezogenen Zweck mit ihrer Veröffentlichung, was vor allem am Schluss der Broschüre in der Darstellung des Widerstands zum Ausdruck kommt. Beim Widerstand sei es nicht um ein einmaliges heroisches und doch sinnloses Zeichen gegangen, sondern um die Sicherung des Überlebens und die „gegenseitige moralische Unterstützung“ (S. 43). So sei es, vor allem getragen durch die politischen Häftlinge, gelungen, über Weltanschauungsgrenzen hinweg Vertrauen und Solidarität zu etablieren, mithin „eine wahre Lagerinternationale“ (S. 44): „Nicht was uns in den Fragen der Weltanschauung trennte, sondern was uns in der Gemeinsamkeit des Strebens nach einer freien Heimat verband, stand im Vordergrund“ (ebd.).

Die Broschüre endet unter der Überschrift „Wofür wir kämpften!“ mit einem kämpferischen Ausblick in die vor allem auf Österreich bezogene Zukunft. Die Autoren fordern, die Wurzeln des Faschismus in Österreich restlos zu vernichten und die Täter sowie ihre Helfershelfer zur Rechenschaft zu ziehen. Ihren im Lager ausgefochtenen und begonnenen Kampf sehen sie ordnen sie in das Ringen um die Zukunft ein: „Unser Kampf und unser Leiden in den Lagern ist beendet, ein neuer Kampf beginnt, der Kampf um die Gestaltung einer freien und glücklichen Heimat“ (S. 48).



Bearbeitet von: Markus Roth