Mein Leben im Konzentrationslager Sachsenburg (1948)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Mein Leben im Konzentrationslager Sachsenburg
Autor Kohlsche, Kurt (1906-1985)
Genre Erinnerungsbericht

Ausgaben des Werks

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Ausgabe von 1948, Hamburg
Titel Mein Leben im Konzentrationslager Sachsenburg

Erscheinungsort Hamburg
Erscheinungsjahr 1948
Auflage 1
Auflagen insgesamt 2

Verlegt von Buchdruckerei Hermann Riefe
Gedruckt von Buchdruckerei Hermann Riefe
Publiziert von Kohlsche, Kurt (1906-1985)

Umfang 15 Seiten

Preise 1 DM
Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)


Zusammenfassung

Prägnant schildert Kurt Kohlsche seine Verhaftung und Leidenszeit im Konzentrationslager Sachsenburg bis zu seiner Entlassung. Dem Bericht ist eine kurze Einleitung vorangestellt, in der er in groben Zügen seinen Lebenslauf bis zu den Anfängen des NS-Regimes erzählt. Kohlsche entsagt der politischen Arbeit in der KPD, nachdem er bereits im März 1933 kurzzeitig in Haft war. „Erzählungen über Zustände in den Konzentrationslagern gingen herum“, berichtet er in der Einleitung. „Man hörte dieses oder jenes von den aus den Konzentrationslagern Entlassenen. Ich schenkte diesen Dingen teils keinen Glauben. Ich ging meiner Beschäftigung nach und versuchte durch Arbeit das Wohl meiner Familie zufrieden zu stellen“ (S. 3).

Kohlsche beginnt seinen Bericht mit seiner Verhaftung: Eines Tages, als er mit seiner Frau von einem Ausflug zurückkehrt, stehen Polizeibeamte vor der Tür, die das Haus durchsuchen und ihn anschließend mit zur Wache nehmen. Dort wird ihm der Schutzhaftbefehl eröffnet und er wird ins Konzentrationslager Sachsenburg gebracht. Nüchtern und knapp schildert er die Aufnahmeprozedur, der er und hunderte Andere, die am gleichen Tag eingewiesen werden, unterzogen werden. Diese erlebt er als einschneidendes Ereignis: „Die Erlebnisse dieser Tage haben sich in mein Gedächtnis eingegraben und werden mich mein ganzes Leben begleiten“ (S. 6).

Vom ersten Tag an sind die Neuzugänge dem Sadismus sowie der Willkür der Wachleute ausgeliefert und sie werden durch kräftezehrende Übungen gedrillt. Dabei geht Kohlsche in seinem Bericht auch auf die besondere Lage jüdischer Häftlinge ein, die in einem Arbeitskommando Steinschotter schlagen müssen und speziellen Grausamkeiten ausgesetzt sind. Neben den jüdischen Gefangenen hebt er die ungebrochene Haltung der Zeugen Jehovas im Lager hervor. Dennoch ist das Klima im Lager von Misstrauen geprägt, „denn man mußte immer damit rechnen, daß auch Beauftragte sich in unsere Mitte setzten, welche in den Diensten der Gestapo standen“ (S. 13). Der Bericht über seine Haftzeit ist geprägt von Schilderungen der alltäglichen Schikane sowie der brutalen Strafen gegen Häftlinge, während Kohlsche beispielsweise über den Lageralltag kaum etwas schreibt.

Nach unbekannter Haftdauer – Kohlsche nennt keine Daten – wird er entlassen, kann sich jedoch nicht sofort an die Freiheit gewöhnen: „Im Zug kam ich mir noch wie ein Verfolgter vor. Auch im Heim angelangt, konnte ich noch immer nicht an meine Freiheit glauben, zumal am nächsten Morgen die erste Meldung bei der Polizei zu machen war“ (S. 15). In wenigen Sätzen deutet Kohlsche abschließend an, dass er weiterhin Schikanen erdulden musste und verfolgt wurde.


Biografie

Kurt Kohlsche (geb. 17.12.1906 in Pulsnitz, gest. 1985 in Eitorf bei Bonn) wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater war im Ersten Weltkrieg gestorben, sodass die Familie auf das kärgliche Einkommen der Mutter angewiesen war und oft Hunger litt. Bereits als Kind war Kohlsche in Sportverbänden der Arbeiterbewegung aktiv und wurde Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterjugend. Kohlsche machte eine Ausbildung zum Ofensetzer. 1928 trat er aus der SPD aus und in die KPD ein, wo er unter anderem politische Zeitschriften verbreitete. 1930 gewann er beim Vertriebswettbewerb der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung“ eine Reise in die Sowjetunion. Kohlsche war in die mitunter gewalttätigen politischen Auseinandersetzungen in der Endphase der Weimarer Republik involviert und wurde 1930 wegen Landfriedensbruch zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Ab 1932 betrieb er einen Gaststättenbetrieb in Meißen und arbeitete zudem als selbstständiger Automatenaufsteller.

Kohlsche wurde am 2. März 1933 in Breslau verhaftet. Nach seiner Entlassung kehrte er in seine Heimatstadt Meißen zurück, wo er seine Gaststätte aufgeben musste. Mit Blick auf seine Familie wollte er fortan nicht mehr politisch aktiv sein. Am 23. September 1935 wurde er im Konzentrationslager Sachsenburg inhaftiert und blieb dort wahrscheinlich bis Frühjahr 1936. Im Jahr darauf waren er und seine Frau erneut kurz in Haft, da sie der Spionage verdächtigt wurden. Im Mai 1940 wurde er zur Wehrmacht einberufen und leistete seinen Dienst unter anderem als Wachmann in einem Kriegsgefangenenlager, von wo er im Juni 1943 an die Ostfront verlegt wurde. Im Januar 1944 wurde Kohlsche wegen wehrkraftzersetzender Äußerungen in Glauchau verhaftet und im März 1944 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Einige Monate später gelang es ihm, in eines der Bewährungsbataillone zu kommen.

Nach dem Krieg wurde Kohlsche Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), geriet wegen kritischer Äußerungen über das Verhalten führender Funktionäre aber bald schon in Konflikt mit der Partei. Gemeinsam mit seiner Frau betrieb er erneut eine Gaststätte. Im November 1947 verließ er die Sowjetische Besatzungszone und ging in die Britische Zone nach Hamburg. In den fünfziger Jahren lebte er in Bonn und arbeitete als Handelskaufmann.

Quellen:

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  • Kohlsche, Kurt: „So war es! Das haben sie nicht gewusst!“ Konzentrationslager Sachsenburg 1935/36 und Wehrmachtgefängnis Torgau-Fort Zinna 1944/45 – ein Häftlingsschicksal. Eingeleitet und kommentiert von Yvonne Hahn und Wolfgang Oleschinski. Dresden 2001.


Werkgeschichte

Der Erinnerungsbericht von Kurt Kohlsche wurde 2001 vom Dokumentations- und Informationszentrum Torgau gemeinsam mit einem weiteren Bericht von ihm, in dem er seine Verurteilung durch die Militärjustiz schildert, neu aufgelegt und um ausführliche Informationen zur Autorbiographie ergänzt.

Quelle:

  • Kohlsche, Kurt: „So war es! Das haben sie nicht gewusst!“ Konzentrationslager Sachsenburg 1935/36 und Wehrmachtgefängnis Torgau-Fort Zinna 1944/45 – ein Häftlingsschicksal. Eingeleitet und kommentiert von Yvonne Hahn und Wolfgang Oleschinski. Dresden 2001.



Bearbeitet von: Markus Roth