Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Mauthausen (1946)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
Wechseln zu: Navigation, Suche

Angaben zum Werk

Titel Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Mauthausen
Autor Breitenfellner, Karl (1905-?)
Genre Erinnerungsbericht

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1946, Feldkirch (Vorarlberg)
Titel Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Mauthausen

Erscheinungsort Feldkirch (Vorarlberg)
Erscheinungsjahr 1946
Auflage 1

Verlegt von Selbstverlag

Publiziert von Breitenfellner, Karl (1905-?), Geier, Paul

Umfang 29 Seiten
Abbildungen 1 Grundriss des Krematoriums

Bibliotheksnachweise DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)

Zusammenfassung

In der kurzen Broschüre erzählt ein zunächst anonymer Verfasser von seiner Leidenszeit im Konzentrationslager Mauthausen, in das er im November 1939 eingeliefert wird. Die Identität des Autors wird erst gegen Ende des Berichts offengelegt, da ein Mithäftling, der in einem Kapitel seine Erlebnisse schildert, dessen Namen nennt.

Der Bericht setzt mit der Verhaftung Paul Geiers in Frankfurt am Main am 5. Dezember 1938 ein: Ein Spitzel habe der Gestapo Geiers Fluchthilfe für politische Regimegegner und Juden über die Schweizer Grenze verraten. Er verbringt mehrere Monate im Polizeigefängnis Frankfurt, bevor er im November 1939 als ‚Schutzhäftling‘ nach Mauthausen überstellt wird. Relativ ausführlich erzählt er von der entwürdigenden und brutalen Aufnahmeprozedur im Lager, die trotz mehrmonatiger Gefängnishaft noch ein tiefer Einschnitt ist. Als die Häftlingsnummern ausgegeben werden, erhält Geier die Nummer 14.985 „und war von da ab kein Mensch mehr, sondern nur Nr. 14 985“ (S. 6). Bereits mit der Aufnahme setzen die fortwährenden sadistischen Schikanen und die Gewalt durch die SS-Wachleute ein.

Schon nach wenigen Tagen muss der Autor in den Krankenblock, da sich die ihm zugefügten Wunden entzündet haben. Fassungslos berichtet er von den dortigen Verhältnissen: Der Block ist hoffnungslos überfüllt, die Kranken sind weitgehend sich selbst überlassen und sie verrichten ihre Notdurft im gleichen Raum, der dadurch zu einer dreckigen und stinkenden Sterbestation wird.

Anders als seinen eigenen Namen nennt er viele Namen seiner Mithäftlinge sowie der SS-Männer. Letztere schildert er als brutale Bestien. Auch an Kritik an einzelnen Gefangenen, insbesondere an manchen Funktionshäftlingen, spart er nicht. Einige von ihnen hätten sich durch besondere Brutalität ausgezeichnet und ihren Kameraden das Leben zusätzlich unnötig erschwert.

Als der Verfasser erneut auf die Krankenstation kommt, werden ihm seine Goldzähne gezogen und wenig später wird ihm ohne Anlass ein Hoden entfernt. Während seines zweiten Aufenthalts beobachtet er, wie fast täglich zahlreiche Häftlinge weggeführt und mit Injektionen getötet werden. Der Tod ist auch sonst im Alltag der Häftlinge immer präsent: Permanent ist die Luft vom Verwesungsgestank beziehungsweise vom Geruch aus dem Krematorium belastet. In dessen Keller befindet sich ein Schießstand, in dem die Gestapo laufend Erschießungen von Häftlingen durchführt. Der Autor nennt dabei irrtümlich eine Zahl von insgesamt zwei Millionen Toten in Mauthausen.

Im Anschluss an den Bericht des Verfassers ist ein mit „Schutzhäftling Nr. 50801“ überschriebenes Kapitel abgedruckt, in dem Karl Breitenfellner ergänzend von seiner Haftzeit in Mauthausen berichtet. Er schließt seine Schilderung mit einem Appell: „Gleich ihm [Paul Geier] richte ich an alle freiheitsliebenden Menschen den Ruf: eine solche Barbarei darf sich in Zukunft niemals wiederholen! Es müssen diese braunen Verbrecher restlos zur Rechenschaft gezogen werden; diese Forderung sind wir unseren Toten schuldig“ (S. 25). Im Vorwort betont Paul Geier, dass seine Schilderungen „keine schriftstellerischen Abhandlungen und Propaganda-Schriften“ sind, sondern „reine Tatsachen, wie man sie gesehen und erlebt hat“ (S. 3). Allerdings schränkt er sogleich ein: „Wie man diese Jahre seelisch erlebt und gelebt hat, kann man unmöglich mit bloßen Worten schildern“ (ebd.). Überdies macht er den Leser darauf aufmerksam, dass er nur Ausschnitte aus der Geschichte des Lagers und seiner Häftlinge darstellt. Er widmet seinen Bericht „dem Andenken unserer toten Kameraden“ (ebd.).

Autorbiografien

Paul Geier (geb. in Schneidemühl/heute Piła, Polen) lebte seit 1938 in Feldkirch und arbeitete als Kellner. Im August 1938 war er bereits kurzzeitig inhaftiert gewesen. Am 5. Dezember 1938 wurde er in Frankfurt am Main erneut verhaftet, da er, wie er in seinem Erinnerungsbericht schildert, von einem Spitzel verraten worden sei. Er hatte politischen Gegnern und Juden über die Grenze in die Schweiz geholfen. Zunächst wurde er kurzzeitig im Konzentrationslager Esterwegen inhaftiert, war dann aber von November 1939 bis zum 16. Mai 1945 im Konzentrationslager Mauthausen untergebracht. Nach dem Krieg lebte er in Feldkirch, wo er seinen Erinnerungsbericht an Mauthausen publizierte.

Quelle:

Karl Breitenfellner (geb. 27.04.1905 in Burgkirchen/Oberösterreich) lebte seit 1925 in Feldkirch (Vorarlberg). Er war Funktionär der Sozialistischen Partei Österreichs und Mitglied des republikanischen Schutzbundes. Breitenfellner wurde am 1. August 1941 von der Gestapo verhaftet und zunächst in Feldkirch inhaftiert. Am 16. Januar 1942 wurde er in Wien vom Volksgerichtshof wegen Hochverrats zu sechs Jahren schweren Kerkers verurteilt und am 20. Februar in das Zuchthaus Kaisheim bei Donauwörth eingewiesen. Im Jahr darauf, am 2. Februar 1943, wurde er nach Stadelheim überstellt und von dort in das Konzentrationslager Mauthausen gebracht, wo er am 16. Mai 1945 durch die Amerikaner befreit wurde.

Quelle:

  • Breitenfellner, Karl: "Schutzhäftling Nr. 50801". In: Geier, Paul (Hg.): Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Mauthausen. Feldkirch 1946, S. 20-25.

Werkgeschichte

Der Erinnerungsbericht von Paul Geier erschien 1946 in Feldkirch. 1998 wurde er erneut veröffentlicht in „Rheticus. Vierteljahresschrift der Rheticus-Gesellschaft“.

Quelle:

  • Geier, Paul: "Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Mauthausen". In: Rheticus. Vierteljahresschrift der Rheticus-Gesellschaft (1998), Nr. 20, Heft 3/4, S. 213-226.



Bearbeitet von: Markus Roth