Ostern im KZ (1947)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Ostern im KZ
Autor Schaeder, Hildegard (1902-1984)
Genre Autobiografischer Bericht

Ausgaben des Werks

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Ausgabe von 1947, Berlin
Titel Ostern im KZ

Erscheinungsort Berlin
Erscheinungsjahr 1947
Auflage 1
Auflagen insgesamt 4

Verlegt von Verlag Haus und Schule GmbH

Publiziert von Schaeder, Hildegard (1902-1984)

Umfang 51 Seiten

Lizenz Der Verlag wurde von der Nachrichtenkontrollstelle der Amerikanischen Militärregierung zugelassen, Lizenznummer B 219

Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)


Zusammenfassung

Zwei Jahre nach ihrer Befreiung berichtet Hildegard Schaeder von der Einzelhaft im Polizeigefängnis Berlin und ihrer anschließenden Gefangenschaft im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück von Herbst 1943 bis zur Auflösung des Lagers beim Anmarsch der Roten Armee im April 1945. Die Autorin unterteilt ihren Bericht in sechs Kapitel mit Unterkapiteln und berichtet weitgehend chronologisch in Vergangenheitsform.

Der Text enthält zahlreiche religiöse Zitate und biblische Motive. Die tiefreligiöse evangelische Autorin schildert die Haft- und Lagerzeit trotz der unmenschlichen Bedingungen und des ständigen Kampfes ums Überleben dennoch als eine Zeit der intensiven religiösen Erfahrung und Nähe zu Gott. Trost und Kraft findet sie in ihrem Glauben und im Gespräch mit Gott sowie den gläubigen Mithäftlingen. So gibt ihr in der Einzelhaft in der Zelle 23 der Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“ Stärke und Zuversicht. Ein halbes Jahr ohne Menschen und ohne Tätigkeiten will sie nicht als verloren abbuchen, denn „ein halbes Jahr unverhinderten Gespräches mit dem lieben Gott, manchmal auch mit dem Teufel, ist mir in der Zelle beschert worden“ (S. 8). Auch in Ravensbrück erfährt sie Gottes Nähe. Leidens- und Glaubensgenossinnen findet sie unter den ukrainischen, russischen und polnischen Mithäftlingen.

Große Bedeutung haben im Bericht die Ostertage 1944 und 1945. Bereits der Titel „Ostern im KZ“ weist auf die Symbolik der österlichen Auferstehung für Schaeder hin. So war sie am Ostermorgen 1945 eigentlich für die Vergasung bestimmt. Durch die Hilfe einer polnischen Mitgefangenen, einer gläubigen Katholikin, entkommt sie jedoch der Gaskammer. Diese unerwartete Rettung führt Schaeder auf die Anwesenheit und das Wirken von Jesus Christus zurück.

Schaeder begreift ihre Zeit als eine Lektion, die ihr trotz des erlittenen und erfahrenen Leides ermöglichte, Gott näher zu kommen und ihren Glauben zu intensivieren. Der Leitspruch ihrer Haftzeit in der Einzelhaft sei gewesen: „Gott lieben von ganzem Herzen“ (S. 42). Die Lektion des Lagerlebens dagegen: „…deinen nächsten wie Dich selbst.“ (S. 42) Diese beiden Lektionen miteinander zu verbinden, sei die Aufgabe in der neu geschenkten Freiheit, so schließt sie ihren Bericht, „bis die ‚heilige Befreiung‘ zu ihrem Ziel kommen, bis die Heimkehr in des Vaters Haus Wirklichkeit werden darf“ (S. 42). Der Text enthält eine biografische Notiz der Autorin. Gewidmet ist er ihrer Heimatgemeinde in Berlin-Dahlem sowie ihrer Mutter zum 80. Geburtstag.


Biografie

Hildegard Schaeder (geb. 13.04.1902 in Kiel, gest. 11.04.1984 in Frankfurt a.M.) wurde als das vierte von fünf Geschwistern des Professors für Systematische Theologie Erich Schaeder und seiner Frau Anna geb. Sellschopp geboren. Sie besuchte ein privates Gymnasium zunächst in Kiel und später, nachdem ihr Vater einen Ruf der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität angenommen hatte, in Breslau, wo sie 1920 als Externe das Abitur ablegte. Nach ihrem Studium der klassischen und der slawistischen Philologie, der osteuropäischen Geschichte, der Byzantinistik und der Philosophie in Breslau und Hamburg, promovierte sie 1927 in Hamburg zu „Moskau, das dritte Rom“. Nach Forschungsaufenthalten in Prag und Nordrussland war sie ab 1935 wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Publikationsstelle für Osteuropäische Forschungen des Preußischen Geheimen Staatsarchivs.

1934 trat sie der Bekennenden Kirche bei, ab 1935 arbeitete die seit ihrer Kindheit Hörbehinderte auch aktiv in der Jesus-Christus-Gemeinde in Berlin-Dahlem mit, die von Martin Niemöllers betreut wurde. Ab 1936 studierte sie Theologie. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Gemeindearbeit lag in der Betreuung von Juden, die in das Getto Lublin verschleppt worden waren, und die sie mit Briefen und Paketen versorgte. Nach einer Denunziation wurde Hildegard Schaeder am Morgen des 14. September 1943 wegen „Begünstigung flüchtiger Juden“ in „Schutzhaft“ genommen und im Gefängnis am Berliner Alexanderplatz inhaftiert. Im Frühjahr 1944 wurde sie als politischer Häftling mit der Nummer 31795 in das KZ Ravensbrück überstellt. Hier bearbeitete sie ab August 1944 in der Bürokolonne der Verwaltung des Lagers die Häftlingskartei. Durch die Auflösung des Lagers beim Anmarsch der Roten Armee am 28. April 1945 wurde die Haft schließlich beendet.

Nach dem Krieg arbeitete sie zunächst als Gemeindehelferin in Mecklenburg, bis sie nach Göttingen zog, wo nach dem Krieg bereits ihre Mutter und Geschwister lebten. Von 1948 bis 1970 arbeitete sie als Referentin für die Orthodoxen Kirchen des Ostens im Außenamt der Evangelische Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Außerdem lehrte sie von 1965 bis 1978 als Honorarprofessorin für die Geschichte der Ostkirchen an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. In Frankfurt-Oberrad ist eine Straße nach Hildegard Schaeder benannt. 2000 wurde sie postum als Gerechte unter den Völkern geehrt.

Quellen:

  • Degen, Barbara: Das Herz schlägt in Ravensbrück. Die Gedenkkultur der Frauen. Opladen/Farmington Hills 2010.
  • Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Hg. von Fraenkel, Daniel und Jakob Borut. Göttingen 2004, S. 237f.
  • Schaeder, Hildegard: Ostern im KZ. Berlin 1947.
  • Schwöbel, Gerlinde: Leben gegen den Tod. Hildegard Schaeder: Ostern im KZ. Frankfurt am Main 1995.


Werkgeschichte

„Ostern im KZ“ erschien in der ersten Auflage 1947. In einer kurzen Rezension im „Neubau“ wird Schaeders Bericht gewürdigt: „Dieser schlichte Erlebnisbericht ist uns wert, weil hier eine Christin bezeugt, was sie in dieser Zeit der Not an ihrem Herrn und Erlöser gehabt hat“ (Neubau 1948, S. 224). Die zweite Auflage trug den Titel „Die letzte Freiheit“ und erschien 1957. Die dritte Auflage kam 1960 wieder unter dem Titel „Ostern im KZ“ heraus. Die vierte und aktuellste Auflage ist Teil der Biografie „Leben gegen den Tod“ von Gerlinde Schwöbel von 1995. Sie enthält einen neuen, bis dahin noch nicht veröffentlichten Schluss aus dem persönlichen Nachlass Schaeders.

Quelle:

  • o.A.: „[Rezension]“. In: Neubau 2948, S. 224.



Bearbeitet von: Charlotte Kitzinger