Wir klagen an! (1946)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Wir klagen an!
Autor Schätzle, Julius
Genre Erinnerungsbericht

Ausgaben des Werks

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Ausgabe von 1946, Stuttgart
Titel Wir klagen an!

Erscheinungsort Stuttgart
Erscheinungsjahr 1946
Auflage 1
Auflagen insgesamt 1

Verlegt von Kulturaufbau-Verlag
Gedruckt von Buchdruckerei F. Späth
Publiziert von Schätzle, Julius

Umfang 48 Seiten

Lizenz UW-W-1001 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung

Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
UBGI-icon.gif UB Gießen (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)

Zusammenfassung

In seinem knappen Erinnerungsbericht schildert Julius Schätzle seine Erfahrungen in verschiedenen Gefängnissen und Konzentrationslagern, in denen er fast während der gesamten nationalsozialistischen Herrschaft inhaftiert ist, bis er im Mai 1945, einem Bombenangriff knapp entronnen, wieder frei ist. Julius Schätzle erlebt den Machtantritt der Nationalsozialisten als Strafgefangener, da er zuvor wegen eines Verstoßes gegen das Pressegesetz zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Nach Ablauf der Haft wird er jedoch nicht entlassen, sondern als sogenannter Schutzhäftling in das Konzentrationslager Oberer Kuhberg gebracht, wo er und die anderen Häftlinge vor allem schikanöse sinnlose Arbeiten verrichten müssen.

Pfingsten 1934 kommt Schätzle frei, wird jedoch am 5. Dezember 1935 im Zuge einer größeren Verhaftungswelle wieder inhaftiert, ins KZ Welzheim gebracht und von dort wenig später in eines der Emslandlager. Dort leistet er gemeinsam mit den anderen Gefangenen schwere Zwangsarbeit im Moor. Nach kurzer Zeit wird er ins KZ Dachau verlegt, wo er vor allem eine große Solidarität unter den Häftlingen feststellt: „Ich war wieder Mitglied einer Gemeinschaft, die mithalf, die Schrecken der Konzentrationslager zu überstehen, und den Glauben an eine bessere Zukunft nicht untergehen ließ“ (S. 11).

Nach Kriegsbeginn wird Schätzle wegen einer vorübergehenden Schließung des Lagers Dachau ins KZ Mauthausen verlegt. „Überall gab es nur eine Meinung“, schreibt er: „Dachau ist die Hölle auf Erden, etwas Schlimmeres kann es auf dieser Welt nicht geben“ (S. 12). Durch die Zustände in Mauthausen aber sieht er sich eines Besseren belehrt. Qualvolle Arbeit im Steinbruch, ungleich brutalere Wachleute und Eiseskälte lassen ihn zu dem Schluss kommen, bei Mauthausen handele es sich um „ein Todeslager im wahrsten Sinne des Wortes“ (S. 14).

Im März 1940 kehrt Schätzle zurück nach Dachau. Dort herrschen schlechtere Zustände als zuvor, da ein neuer Kommandant das Lager leitet und zahlreiche Häftlingstransporte von verschiedenen Orten für weitere Überfüllung sorgen. Damit geht eine Internationalisierung der Häftlingsgesellschaft einher. Zugleich gewinnt die Arbeit, vor allem in der Rüstungsindustrie, in der zweiten Kriegshälfte eine stärkere Bedeutung. Im Oktober 1944 wird Schätzle ins KZ Neuengamme verlegt, vermutlich, wie er spekuliert, um Solidarität und Widerstand unter den Häftlingen in Dachau durch diese und andere Verlegungen zu brechen. In Neuengamme erlebt er die chaotischen Zustände der Kriegsendphase: Die SS macht sich daran, die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen, und die Häftlinge werden von den Kampflinien weg transportiert. Schätzle verlässt Neuengamme mit vielen anderen am 22. April 1945; ihr Transport irrt scheinbar ziellos umher, bis sie schließlich Lübeck erreichen und dort auf ein Schiff gebracht werden. Die Häftlinge quält die Ungewissheit über ihr weiteres Schicksal, vor allem die Angst, auf hoher See getötet zu werden. Wenige Tage später werden sie auf das Schiff „Cap Arcona“ verlegt, wo bereits Tausende andere Häftlinge sind. Das Schiff ist hoffnungslos überfüllt, es herrschen Hunger und Chaos, täglich sterben zahlreiche Gefangene. Am 3. Mai wird das Schiff bei einem Bombenangriff getroffen, bei dem unzählige Häftlinge sterben: „Unbeschreibliche Szenen spielten sich in den engen Gängen des Schiffes ab. Lebenden Fackeln gleich irrten die Menschen durch das Schiff“ (S. 45), beschreibt Schätzle die Szenerie. Er selbst kann sich mit einem Sprung über Bord retten und mit letzter Kraft auf ein Floß gelangen. Wenig später wird er befreit.

Werkgeschichte

Der Bericht von Julius Schätzle über seine Erfahrungen in verschiedenen Gefängnissen und Lagern erschien 1946 im Stuttgarter Kulturaufbau-Verlag in einer Auflage von 5.000 Exemplaren. Weitere Auflagen konnten nicht ermittelt werden.



Bearbeitet von: Markus Roth