Brüning, Elfriede (1910-2014)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Brüning, Elfriede

Geschlecht weiblich
Geburtsdatum 8. November 1910
Geburtsort Berlin
Sterbedatum 5. August 2014
Sterbeort Berlin
Tätigkeit Schriftstellerin, Journalistin, Drehbuchautorin, Widerstandskämpferin
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Elfriede Brüning (geb. am 08.11.1910 in Berlin, gest. 05.08.2014 in Berlin) verbrachte ihre Kindheit in Berlin-Prenzlauer Berg. Sie und ihre Familie entstammten dem proletarischen Arbeitermilieu. Ihre Mutter Elisabeth, geborene Lorenz, kam aus Prenzlau und hatte fünfzehn Geschwister, von denen nur die vier ältesten am Leben blieben. Mit vierzehn Jahren musste ihre Mutter ‚in Stellung‘ gehen und verdiente sich schließlich in Berlin als Näherin ihren Lebensunterhalt. Dort lernte sie auch den Vater Elfriede Brünings kennen.

Gustav Brüning hatte acht Geschwister und stammte aus dem Dorf Göritz an der Oder und war auf der ‚Walze‘ nach Berlin gekommen. 1918 war er selbstständiger Tischler geworden, musste aber während der Weltwirtschaftskrise sein Gewerbe abmelden und war in der Folge arbeitslos. Die Mutter betrieb nach dem Konkurs eine Leihbücherei. Beide Eltern gehörten der SPD an. 1915 wurde der Bruder Wolfgang geboren, der später, durch Leni Riefenstahl protegiert, als Cutter beim Film arbeitete. Von 1916 bis 1926 besuchte Elfriede Brüning die Schule und erhielt am Königsstädtischen Oberlyzeum die Obersekundareife. Um Geld zu verdienen, musste sie jedoch nach dem ‚Einjährigen‘ abgehen. Sie arbeitete unter anderem als Büroangestellte, als Kontoristin und schließlich als Redaktionssekretärin bei der „Filmtechnik und Filmkunst“, einer Filmzeitschrift der Gewerkschaft der Filmleute. 1926, also mit 16 Jahren, hatte sie bereits begonnen, für Berliner Zeitungen erste kurze Berlinreportagen, Kurzgeschichten und Feuilletons zu schreiben, 1930 schrieb sie auch für große liberale Tageszeitungen, wie das „Berliner Tageblatt“, die „Frankfurter Zeitung“ und die „Vossische Zeitung“. Einige dieser Feuilletons und Reportagen aus sieben Jahrzehnten erschienen wieder 2003 in ihrem Buch „Zeitbesichtigungen“. 1930 wurde sie – politisiert durch die Weltwirtschaftskrise, die Armut in ihrer Familie und ihrer Berliner Umgebung – Mitglied der KPD. 1932 trat sie dem „Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ (BPRS) bei, den Johannes R. Becher leitete und zu dem auch Anna Seghers gehörte.

In ihrem ersten Roman beschrieb sie literarisch das schwierige Alltagsleben und den Existenzkampf ihrer Eltern und das Leben ihres jüngeren Bruders sowie ihr eigenes. Der Roman konnte wegen der Machtübernahme Hitlers nicht mehr erscheinen und wurde erst 1970 unter dem Titel „Kleine Leute“ veröffentlicht. Sie schrieb vor allem in den von dem kommunistischen Publizisten Willi Münzenberg herausgegebenen Zeitschriften wie in der „Roten Post“, „Berlin am Morgen“, „Welt am Abend“ und der „Neuen Montagszeitung“. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der „Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ sofort verboten. Die prominenten Mitglieder emigrierten. Brüning blieb in Deutschland und schrieb Beiträge unter anderem für die in Prag erscheinenden „Neuen Deutschen Blätter“ – unter dem Pseudonym Elke Klent – und arbeitete dafür auch als Kurierin zwischen Berlin und Prag.

Auf Anraten des Schriftstellers Johannes R. Becher, der sie vom Ausland aus anleitete, sollten die in Deutschland Zurückgebliebenen versuchen, neben den illegalen Texten ‚unpolitische Bücher‘ bei Verlagen und Zeitschriften zu publizieren, die nicht faschistisch ausgerichtet waren. 1934 veröffentlichte Brüning so erstmals einen Roman über eine Liebesgeschichte mit dem Titel „Und außerdem ist Sommer“. 1935 wurde sie denunziert und wegen Verdachts auf Hochverrat verhaftet. Zusammen mit anderen Mitgliedern des inzwischen illegalen BPRS hatte sie die in Prag gegründete Exilzeitschrift „Neue Deutsche Blätter“ mit Informationen über die Nationalsozialisten versorgt. Sie saß etwa ein halbes Jahr in ‚Schutzhaft‘, ihre ‚Kurierfahrten‘ blieben jedoch unentdeckt. Der 1937 stattfindende Prozess endete mit einem Freispruch. In der Haft schrieb sie, um ihre ‚Harmlosigkeit‘ zu beweisen, erneut einen Liebesroman mit dem Titel „Junges Herz muss wandern“. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau, die heiraten will und gegenüber ihrem künftigen Mann darauf besteht, weiter berufstätig zu bleiben. Diese Thematik widersprach dem von den Nazis verbreiteten Frauenbild.

1937 heiratete Brüning den Lektor und Schriftsteller Joachim Barkhausen, der für die Veröffentlichung ihres im Gefängnis entstandenen Buchs im Schützenverlag sorgte. Zusammen mit ihm erstellte sie Gutachten für eine Filmfirma, in der sich auch andere nichtfaschistische Autoren ihren Lebensunterhalt sicherten. Sie lebte bis zum Ende des Krieges auf dem Gut ihrer Schwiegereltern in der Magdeburger Börde. Dort wurde 1942 ihre Tochter Christiane geboren.

1945 kehrte sie zunächst allein zurück nach Berlin. Sie arbeitete als Redakteurin für die neu gegründete Kulturbundzeitung „Sonntag“ sowie als Reporterin für die „Neue Gesellschaft“, die „Neue Heimat“ und das Wochenblatt „Deutschlands Stimme“. Sie veröffentlichte dort viele Reportagen, die das Leben im Nachkriegsdeutschland behandelten, unter anderem schrieb sie auch über zahlreiche Probleme der Flüchtlinge.

Bereits 1945 gründeten die aus der inneren Emigration hervortretenden alten Mitglieder des „Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ einen „Verein Sozialistischer Schriftsteller“, der im Kulturbund und später im Schriftstellerverband der DDR aufging. Die Spannungen zwischen den Schriftstellern der sogenannten ‚äußeren‘ und der ‚inneren Emigration‘, die in Briefen dieser Zeit zum Ausdruck kommen, sind in dem 2008 erschienenen Korrespondenzband „Ich musste einfach schreiben unbedingt“ abgedruckt.

Im Zuge der Vereinigung von KPD und SPD wurde Brüning 1946 Mitglied der SED. Sie hoffte, am Aufbau eines antifaschistischen und sozialistischen Deutschlands mitwirken zu können. In der DDR erhoffte sie sich die Erfüllung ihrer Vorstellungen von einer neuen Gesellschaft. In einigen späteren Büchern, die in den folgenden Jahrzehnten in der SBZ, der DDR und nach 1989 im vereinigten Deutschland erschienen sind, hat sich jedoch die Enttäuschung über das Scheitern dieser Vorstellungen deutlich niedergeschlagen.

1947 wurde ihre Ehe geschieden. Lange noch musste sie um das Sorgerecht für die Tochter Christiane bangen. Joachim Barkhausen lebte in Westberlin und hatte dort juristische Möglichkeiten, das Sorgerecht zu erstreiten, weil die Tochter bei ihm aus wirtschaftlichen und politischen Gründen angeblich besser aufgehoben sei. Erst durch die Gründung der DDR und ihrer Familiengesetzgebung erhielt sie endlich das ausschließliche Sorgerecht.

1949 erschienen ihre Nachkriegsnovellen „Die Umkehr. Das ist Agnes“ sowie der später vielfach wieder aufgelegter Erfolgsroman „… damit du weiterlebst“. Ab 1950 begann sie ein freiberufliches Leben als Schriftstellerin. In hoher Auflage erschien ihr Roman „Ein Kind für mich allein“. Realisiert wurde auch ein Film, an dessen Drehbuch sie noch zusammen mit Barkhausen in der Kriegszeit mitgearbeitet hatte, das aber von Goebbels abgelehnt worden war. Der DEFA-Film „Semmelweis – Retter der Mütter“ wurde vielfach im späteren DDR-Fernsehen gesendet.

1953 wurde sie Mitglied des Schriftstellerverbandes. In den folgenden Jahren erschienen zahlreiche Romane und Erzählungen, etwa 1955 „ Regine Haberkorn“, 1956 „Gabriele – ein Tagebuch“ und 1958 „Rom, hauptpostlagernd“, das als Fernsehspiel unter dem Titel „Rom, Via Margutta“ 1962 erstmals gesendet wurde, sowie 1960 „Wege und Schicksale. Literarische Frauenporträts“. 1964 wurde die Enkeltochter Jasmina geboren, die Brüning jahrelang mit betreute.

Das Ende der DDR markierte für Brüning eine tiefe Zäsur. Dennoch publizierte sie immer weiter, etwa 1990 mit „Lästige Zeugen“ Tonbandprotokolle von Gesprächen mit Opfern Stalinscher Lager oder etwa 1994 ihre Autobiographie „Und außerdem war es mein Leben“. 2009 veröffentlichte sie ausgewählte Briefe aus dem Zeitraum zwischen 1930 und 2007 unter dem Titel „Ich musste einfach schreiben, unbedingt…“.

Insgesamt hat Brüning nach eigenen Angaben etwa dreißig Bücher mit einer Auflage von 1,5 Millionen Auflage publiziert, in denen sie immer wieder auf Frauenschicksale und Probleme von Kindern zurückkommt.

Quellen:

  • Biografie Elfriede Brüning: Online: http://www.glotzi-verlag.de/BioBruening.htm (Stand: 19.02.2019).
  • Kebir, Sabine: Frauen ohne Männer. Selbstverwirklichung im Alltag. Elfriede Brüning (1910-2014). Leben und Werk. Bielefeld 2016.
  • o.A.:"Brüning, Elfriede". In: Diersen, Inge et al: Lexikon sozialistischer Schriftsteller deutscher Literatur. Bibliographisches Institut. Leipzig 1964, S. 128f.
  • Reinhold, Ursula: „Alltag und Zeitenwandel. Leben und Schreiben von Elfriede Brüning. Zum 100. Geburtstag“. In: Argonautenschiff (2011), Nr. 20, S. 218-221.