Eine Fuhre Holz (1937)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Eine Fuhre Holz
Autor Langhoff, Wolfgang (1901-1966)
Genre Erzählungen

Ausgaben des Werks

Digitalisat in DIGISAM öffnen
Ausgabe von 1937, Moskau
Titel Eine Fuhre Holz

Erscheinungsort Moskau
Erscheinungsjahr 1937

Verlegt von Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR
Gedruckt von Iskra Revoluzii
Publiziert von Langhoff, Wolfgang (1901-1966)
Umschlaggestaltung von McKing, Georg
Illustriert von McKing, Georg

Umfang 37 Seiten

Bibliotheksnachweise DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)

Zusammenfassung

Die kurze Erzählung Langhoffs zum Konzentrationslager Börgermoor ist zeitlich und örtlich eng umgrenzt und atmosphärisch verdichtet. Erzählerisch auktorial vermittelt gibt die Geschichte zweier an „einem naßkalten Freitagnachmittag im April des Jahres 1934“ (S. 5) neu ins Lager eingelieferter Häftlinge von Anfang an dem Leser ebenso wie den weiteren Gefangenen des Lagers ein Rätsel auf und baut so einen Spannungsbogen auf, der im Verlauf der Geschichte nicht vollständig aufgelöst wird. Langhoff greift überdies verdichtet viele Themen wieder auf, die er bereits in seinem Erlebnisbericht „Die Moorsoldaten“ thematisiert, wie etwa die starke Kameradschaft der Häftlinge.

Gleich zu Beginn kontrastiert der Erzähler die Ankunft der beiden Häftlinge aus den Nachbarlagern Neu-Süstrum und Esterwege durch die Darstellung der sehr unterschiedlichen Ankunfts- und Behandlungsweisen. Der erste Häftling, ein Schreiner, kommt zu Fuß und muss im eisigen Wind und Regen vor der Kommandantur warten, während der ihn begleitende SS-Mann sich in der Kantine aufwärmt. Der zweite Häftling erscheint in einem Lieferwagen, der ihn direkt bis vor die Arrestbaracke fährt, wo er auf den nackten Bretterboden gelegt wirdfdfdfsd. Erst jetzt erfährt der Leser, dass es sich bei diesem Gefangenen um einen Toten handelt: „Der Gefangene in der Arrestzelle starrte mit verglasten Augen an die Decke. Ein zweifingerbreiter Riß klaffte vom Haaransatz quer über die Stirne bis zur Nasenwurzel. Er war seit vierundzwanzig Stunden tot“ (S. 7).

Es stellt sich heraus, dass der neu eingewiesene Schreiner einen Sarg für den Toten zimmern soll, da in Börgermoor Mangel an Schreinern herrscht. Ebenso wenig wie die neugierigen Häftlinge erfährt der Leser jedoch die Identität des Verstorbenen. Diese bietet Anlass zu vielen Spekulationen und Versuchen der Häftlinge, diese herauszufinden: „Fremde Gäste sind geheimnisvolle Gäste, auch als Leichen. Daher geschah es, daß sich die große Gefangenenfamilie – im Börgermoor fühlten sich alle als eine große Familie – fast ausschließlich mit dem Toten und seinem Schicksal beschäftigte und darüber den neueingelieferten lebenden Gefangenen vergaß, oder sich zum mindesten nicht so um ihn bekümmerte, wie es sonst unter ihnen üblich war“ (S. 10). Der Wunsch, den Namen zu erfahren, entspringt dem starken Bedürfnis, die Täter später für jeden einzelnen Getöteten zur Rechenschaft ziehen zu können und deren Namen nicht zu vergessen: „Die Überlebenden werden einst in die Ohren der Mörder schreien: Wo ist D e r ? Und wo ist D e r ? D e n habt ihr im Moor erschlagen! Darum muß ein toter Kämpfer im Börgermoor einen Namen haben und darf nicht fremd und unbekannt in seiner Zelle liegen“ (S. 11, Hervorhebung im Original).

Der Erzähler gewährt auch Einblicke in die verstörenden und verzweifelten Träume des zweiten Gefangenen, der erst seit vier Wochen Gefangener und durch die neuen Erfahrungen von Verhören, Prügel und Entwürdigung tief traumatisiert ist. Neben Verzweiflung und Furcht regt sich fast reflexartig der Überlebensinstinkt: „Auch in dieser Stunde durchraste er das ganze Inferno der vergangenen vier Wochen, bis ihm der Angstschweiß ausbrach und nichts zurückblieb als Furcht, entsetzliche Furcht und ein Stück zuckendes, gequältes Herz, das aus der Finsternis stammelte: leben! leben! leben!“ (S. 12)

Alle Versuche der Häftlinge, den Namen des Toten in Erfahrung zu bringen, scheitern jedoch. Schließlich wird bekannt, dass der Tote am Samstagnachmittag – dem einzigen arbeitsfreien Tag der Häftlinge – beerdigt werden soll. Sechs Häftlinge sollen den Sarg mit der Feldbahn ins Moor begleiten, wo die Beerdigung stattfinden soll. Diese Ankündigung erstaunt die Häftlinge und steigert gleichzeitig ihre Achtung vor dem Toten: „Wer war der Tote, daß sich die Lagerleitung zu einem solchen Schritt entschloß? […] Und wer zwang ihnen noch im Tod Achtung ab, daß sie ihn nicht einscharrten wie ein krepiertes Tier, - - wie sie es getan hatten mit den andern, die in jenem Hügel im Moor schon eingescharrt lagen?“ (S. 21) Sie beschließen die „Würdigsten unter sich“ (S. 22) und die geheimen Führer des Lagers für das Trauergefolge auszuwählen. Auch der Schreiner wird aufgrund seiner wichtigen Rolle als Sargzimmerer ausgewählt.

Mit zehn offenen Wagen setzt sich die Feldbahn in Bewegung. Mit Erstaunen nehmen die Häftlinge zur Kenntnis, dass auch ein Priester zum Begräbnis bestellt wurde. Noch mehr verwundert sie die Tatsache, dass auch der Lagerkommandant den Begräbniszug mit dem Auto ein Stück begleitet. Auf halber Strecke zwischen Börgermoor und Esterwege soll der Tote auf einer kleinen hügeligen Schonung begraben werden.

Nun stellt sich jedoch der wahre Grund für die Häftlingsabordnung heraus: Die Häftlinge sollen im Moor Holz sammeln und die zehn Wagen füllen. Sie erkennen: „Nicht zum Begräbnis hatte man sie ins Moor geschickt, sondern zur Arbeit! Zur Arbeit am freien Samstagnachmittag sollten sich Freiwillige melden, und weil die Leiche sowieso nach hier hinausgebracht werden mußte, hatte die Kommandantur die Gelegenheit ausgenutzt, Brennholz zu beschaffen“ (S. 31f.). Ihre Aufgabe ist es „auszufahren mit einem Toten und heimzukehren mit einer Fuhre Holz“ (ebd.). Trotz aller Scham und Wut macht sich unter den Gefangenen auch Erleichterung breit, denn das „Gesicht ihres Gegners stimmte wieder“ (ebd.). Sie waren, wie sie immer waren – „roh, brutal, gemein“ (ebd.).

Das Begräbnis war – so erfahren sie später – auf den Druck der Bevölkerung zurückzuführen, die die zahlreichen Erschießungen in Esterwege mitbekommen und sich beschwert hatte: „Seit dieser Zeit hatten die Erschlagenen in Esterwege an einer normalen Krankheit gestorben zu sein und behördlich registriert, mit den Segnungen der Kirche versehen, in den Himmel zu treten“ (S. 32f.). So löst sich auch das Rätsel des anwesenden Priesters.

Die Erzählung endet mit einer Befehlsverweigerung der den Trauerzug begleitenden Gefangenen. Diese gehen davon aus, dass der Priester den Namen des Häftlings in seiner Rede nennen wird. Ihre Erwartung wird jedoch enttäuscht, denn es stellt sich heraus, dass der Priester den Namen nicht kennt. Entsetzt über den Zynismus dieser Beerdigung verweigern die Kameraden den Befehl, das Grab zuzuschaufeln. Auch der Schreiner ordnet sich nach kurzem Zögern dem unausgesprochenen Übereinkommen der Kameraden unter: „Die Quelle in seinem Herzen war freigelegt. Mächtig und rein stieg Welle auf Welle hoch und erfüllte ihn mit unsagbarem Glück, tiefem Bewußtsein seiner Menschwerdung, seiner Kraft, seiner Zugehörigkeit zur großen Familie, dunkel brauste in ihm der Strom der Bruderschaft, der zerschlagene, zerprügelte Mensch erhob sich von der Erde, erweckt vom Beispiel der Solidarität seiner Brüder“ (S. 37). Drei Minuten verharren sie reglos bevor sie die Grube zuschaufeln. Obwohl also das Geheimnis des Toten ungelöst bleibt, ist sein Tod nicht vergeblich, so die Botschaft der Erzählung. Denn durch ihn wird der Schreiner zum Kämpfer für die Freiheit. Weitere werden folgen, so stellt der Erzähler in Aussicht: Er ist „der erste, den er durch seinen Tod in die Reihen der Kämpfer führte. Der erste, – aber nicht der letzte“ (S. 38).


Biografie

Wolfgang Langhoff (geb. 06.10.1901 in Berlin, gest. 24.08.1966 in Ost-Berlin) wurde als zweites von vier Kindern der Eltern Martha und Gustav Langhoff geboren. Sein Vater war Kaufmann und die Familie wirtschaftlich gut gestellt. 1903 zog die Familie nach Freiburg im Breisgau. Langhoff besuchte dort die Knabenbürgerschule und später das Realgymnasium. Mit Ausbruch des Krieges 1914 erlitt die Familie durch Fehlspekulationen des Vaters wirtschaftlich große Verluste. 1915 absolvierte er für sechs Monate die Seemannsschule in Hamburg und fuhr anschließend zwei Jahre als Leichtmatrose bei der Deutsche Handelsmarine zu See, um später die Laufbahn eines Offiziers einschlagen zu können. 1918 holte er in den letzten Kriegsmonaten die Mittlere Reife nach. Da die Situation im Elternhaus durch Spannungen mit dem Vater und finanziellen Nöten geprägt war, schloss sich Langhoff 1919 dem Freikorps von Medem an, das Freiwillige für die Kämpfe im Baltikum suchte. Im April 1919 nahm er als Meldereiter am Kampf um Riga teil, wurde jedoch vermutlich verwundet und aus der Einheit entlassen. 18-jährig gelangte er nach Königsberg, wo er zunächst als Statist und bald in Nebenrollen am Neuen Schauspielhaus arbeitete. Ab 1923 gehörte er zum Ensemble des Thalia Theater Hamburg und ab Sommer 1924 zum Theater Wiesbaden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, sich als Schauspieler in Wiesbaden zu etablieren, gelang ihm 1925 mit einer Inszenierung von Goethes „Torquato Tasso“ der Durchbruch. Hier traf Langhoff auch Paul Dessau, mit dem ihn fortan eine lange Freundschaft verband. 1925 lernte Langhoff die Tochter des bekannten Schauspielers Luis Rainer, die Darstellerin und Jüdin Renate Rainer kennen, die er 1926 heiratete. Aus der Ehe gingen 1938 und 1941 zwei Söhne hervor. 1926 schrieb Langhoff sein erstes eigenes Theaterstück, die Boxerkomödie „Knock Out“, deren Uraufführung am 17. Februar 1927 im Staatstheater Wiesbaden stattfand und sehr umjubelt wurde. Allerdings blieb diese Aufführung auch die einzige. Beeindruckt von den kommunistisch dominierten Arbeitervierteln in Wiesbaden wurde Langhoff zum Kommunisten. Langhoffs wirtschaftliche Situation war schlecht, immer wieder musste er etwa um Vorschüsse beim Theater bitten. Im September 1928 trat Langhoff ein Engagement am Düsseldorfer Schauspielhaus an, das ab 1932 zu den Städtischen Bühnen Düsseldorf gehörte. Ab Anfang 1930 spielte er auch in Dresden und am Deutschen Theater in Berlin. Im Frühjahr 1930 gründete Langhoff mit jungen Arbeiterinnen und Arbeitern, die meist Mitglieder des Kommunistischen Jugendverbands waren, eine Agitpropgruppe, die sich „Nordwest ran“ nannte. Bei ihrem ersten Auftritt am 15. Juni 1930 trat Langhoff zum ersten Mal als Kommunist in Erscheinung. Von jetzt an engagierte er sich neben seinen Theatertätigkeiten durch öffentliche Reden, Rezitationen und Auftritte mit „Nordwest ran“ stark für die kommunistische Sache. Ab 1931 kam es zunehmend zu Zwischenfällen mit der Polizei. Obwohl vermehrt Stimmen laut wurden, die auf Langhoffs Entlassung aus dem Theater drängten, durfte er zunächst bleiben. Am 4. Januar 1933 wurde er in der Premiere von Schillers „Die Räuber“ in der Rolle des Grafen Moor gefeiert. Zwei Monate später, am Tag nach dem Reichstagsbrand, wurde er am 28. Februar 1933 verhaftet und im Düsseldorfer Polizeigefängnis inhaftiert. Er bestritt in den Vernehmungen, Funktionär der KPD zu sein, und gab lediglich zu, in verschiedenen Arbeitertheaterbewegungen aktiv gewesen zu sein. Dennoch wurde er wenige Tage später in das Düsseldorfer Zuchthaus „Ulmer Höhe“ verlegt, von wo er im Juli 1933 ins Konzentrationslager Börgermoor im Emsland verbracht wurde. Hier entstand unter seiner Mitwirkung im August 1933 das später weltberühmt gewordene „Moorsoldaten-Lied“ nach einem Text von Johann Esser. Die Melodie komponierte der Mithäftling Rudi Goguel. Nach der Verlegung ins KZ Lichtenburg wurde Langhoff im April 1934 im Rahmen der sogenannten Osteramnestie entlassen. Er bekam am Zürcher Schauspielhaus ein Engagement, konnte jedoch ohne gültigen Pass nicht aus Deutschland ausreisen. Das Ehepaar Langhoff blieb zunächst in Berlin; in Deutschland gelang es ihm jedoch aufgrund seiner Vergangenheit als KZ-Häftling nicht, beruflich wieder Fuß zu fassen. Als er befürchten musste, erneut verhaftet zu werden, floh er mit seiner Frau auf getrennten Routen im Juni 1934 überstürzt über Freiburg in die Schweiz, wo er sich am 4. Juli 1934 in Zürich als politischer Flüchtling meldete. Dieser Status wurde ihm zwar nicht zuerkannt, er bekam jedoch einen Vertrag am Zürcher Schauspielhaus und erlangte so den unsicheren und befristeten Status eines geduldeten Ausländers. Hier wirkte er unter anderem von November 1934 bis Juni 1935 in einer ganz kleinen Rolle an der skandalträchtigen deutschsprachigen Erstaufführung von Friedrich Wolfs Stück „Professor Mamlock“ mit.

Ende 1934 wurde Langhoff politischer Leiter einer kommunistischen Zelle sowie Gewerkschaftsobmann am Zürcher Schauspielhaus. Im Januar 1935 wurde Langhoffs autobiographischer Bericht „Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager“ in der Schweiz veröffentlicht. Nach der Übersetzung durch Lilo Linke ins Englische fand das Werk weltweit Beachtung als eine der ersten Augenzeugenschilderungen aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Bis 1945 hatte Langhoff nun als Schauspieler und Regisseur weitere Engagements am Zürcher Schauspielhaus.

Im Frühjahr 1935 erhielt Langhoff ein Filmangebot aus Moskau. Da die sowjetische Botschaft in Prag sich jedoch weigerte, das erteilte Visum in Langhoffs Schweizer Identitätsausweis – der kein ordentlicher Pass war – zu drucken, blieb das Ehepaar Langhoff in Prag stecken. Schließlich wurde Langhoff dort verhaftet und ausgewiesen und kehrte nach Zürich zurück. Im März 1936 wurde er als ‚Landes- und Volksverräter‘ aus Deutschland ausgebürgert und war so lange staatenlos, bis er und seine Frau im Juli 1936 ungarische Pässe erhielten. Sie blieben jedoch weiterhin in der Schweiz, wo Langhoff nach wie vor am Zürcher Schauspielhaus tätig war. Häufig beherbergten sie vorübergehend deutsche Flüchtlinge, Untergetauchte und Illegale bei sich. Da die Situation sich immer weiter zuspitzte, erwog Langhoff die Emigration in die USA oder die Sowjetunion.

Nach Kriegsausbruch im September 1939 arbeitete Langhoff zum ersten Mal als Regisseur und inszenierte das Familiendrama „Die Zeit und die Conways“ von John B. Priestley. Wieder bekam er Ärger mit den Schweizer Behörden, da er durch diese Tätigkeit seine Duldungsauflagen verletzen würde. Über die gesamte Kriegsdauer setzte Langhoff sowohl seine Theaterarbeit als auch seine illegale Arbeit für die Kommunisten fort. Er führte Gespräche mit dem amerikanischen Geheimdienst, dem Office of Strategic Service (OSS). Vielen Exilkommunisten erschien eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern sinnvoll, etwa um die Einschleusung exilierter Genossen nach Deutschland zu organisieren. Auch nach Kriegsende konferierte Langhoff im Mai 1945 mit dem OSS-Chef Allen W. Dulles, um sich mit den Amerikanern auf eine gemeinsame Linie zu einigen. Das Ziel war die Repatriierung kommunistischer Funktionäre sowie die Legalisierung der KPD, die im Juni 1945 in Deutschland wiederbegründet wurde, in der amerikanischen Besatzungszone zu erreichen. Trotz schwerer gesundheitlicher Probleme seines Vaters und des Sohnes sowie der eigenen Erschöpfung trieb Langhoff zusätzlich zu seinem Bühnenengagement nach Kriegsende die Rückkehr nach Deutschland voran. In Zürich sorgte sein Abschied für große Resonanz. In den Zeitungen erschienen überschwängliche Artikel über ihn, immer wieder wurde sein Mut gelobt. Im Oktober 1945 kehrte Langhoff – illegal und durch eine Uniform als Angehöriger der US-Armee getarnt – nach Deutschland zurück. Zunächst kam er in Heidelberg und Frankfurt unter anderem bei Alexander Mitscherlich unter. Im November 1945 wurde er vom OSS-Offizier Hans Holstein nach Düsseldorf gebracht, wo er Unterstützung durch ehemalige Kameraden fand. Im Dezember 1945 erneuerte Langhoff seine Mitgliedschaft in der KPD. Zudem wurde er auf Beschluss des Kulturausschusses in Düsseldorf zum Generalintendanten der Düsseldorfer Bühnen ernannt. Die erste Aufführung seiner Intendanz war Lessings „Nathan, der Weise“ am 28. Februar 1946. Ende März 1946 kehrte auch Renate Langhoff mit den Kindern von Zürich nach Düsseldorf zurück.

Langhoff inszenierte Friedrich Wolfs Theaterstück „Professor Mamlock“ – das seit seiner Erstaufführung 1935 weltweit sehr erfolgreich war; es thematisiert die Ausgrenzung eines jüdischen Arztes und seiner Familie. Die Inszenierung wurde ein großer Erfolg, war aber auch umstritten. Spannungen zwischen Langhoff und der Düsseldorfer Stadtverwaltung spitzten sich zu, da er seinen eigenen theaterinternen Entnazifizierungsausschuss eingerichtet hatte. Im Sommer 1946 übernahm Langhoff die Leitung des Deutschen Theaters in Ost-Berlin, wo er erfolgreich als Regisseur arbeitete und schon bald ein einflussreicher Kulturfunktionär war. Wie schon in der Exilzeit pflegte er viele Kontakte und Freundschaften mit den führenden Kulturschaffenden seiner Zeit, wie etwa Bertolt Brecht, Paul Dessau, Hanns Eisler, Bodo Uhse, Anna Seghers oder Friedrich Wolf. Seine Frau war eng mit Lilly Becher, der Frau Johannes R. Bechers, Greta Kuckhoff oder Grete Witkowski befreundet. Wichtige Inszenierungen der Berliner Zeit waren „Faust“ (1949 und 1954), „Egmont“ (1951), „Don Carlos“ (1952), „König Lear“ (1957) sowie „Minna von Barnhelm“ (1960). Vor allem die letzte Inszenierung mit Käthe Reichel in der Hauptrolle gilt als eine seiner wichtigsten. Langhoff förderte am Deutschen Theater auch zeitgenössische Dramatik und spielte etwa sowjetische Stücke wie „Die russische Frage“ von Konstantin Simonow. Die Inszenierung führte 1947 zur endgültigen Spaltung der Berliner Theaterlandschaft in Ost und West, da das Stück der amerikanischen Presse Manipulation der öffentlichen Meinung vorwarf. Mit der Gründung der DDR wurde das Deutsche Theater zum Staatstheater. Langhoff erhielt einen der ersten Nationalpreise der DDR und spielte in der Kulturpolitik der DDR eine bedeutende Rolle, unter anderem war er Mitglied der Akademie der Künste. Im Juli 1950 geriet Langhoff jedoch zwischen die Fronten des Kalten Krieges. Auch mit Bertolt Brecht kam es über die Stellungen des Brechtschen Berliner Ensembles und dem Deutschen Theater zum Zerwürfnis. Im Westen inzwischen aufgrund seiner Ideologie verpönt, geriet er auch in der DDR wegen seiner Verbindungen zu den Amerikanern unter Druck. Nur knapp entging er einer Verhaftungswelle im August 1950. Man beließ ihn trotz allem auf der Position des Intendanten des Deutschen Theaters und langsam gelang es ihm, die Gunst der Partei zurückzugewinnen. Erst im November 1954 wurde in aller Stille der Entzug aller Funktionen zurückgenommen. Mit der Ernennung Johannes R. Bechers zum Kulturminister der DDR lockerten sich 1954 die Bedingungen für das Deutsche Theater dann wieder. 1956 wurde Langhoff Präsident des DDR-Zentrums des Internationalen Theaterinstituts der UNESCO. Nach wie vor galt er als antifaschistische Symbolfigur. So sprach er bei der Einweihung der Mahn- und Gedenkstätte KZ Buchenwald am 14. September 1958 am Ende des Staatsakts den „Schwur der Hunderttausend“. Zunehmend traten jedoch künstlerische Differenzen zwischen Langhoff und der Partei zutage. In den sechziger Jahren spitzte sich der Konflikt immer weiter zu. Langhoff wehrte sich zunehmend gegen einseitige Propaganda und weigerte sich, viele Stücke auf den Spielplan zu setzen. In Auseinandersetzungen mit der Kulturkommission des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wurden ihm mangelnde Umsetzung des Sozialistischen Realismus vorgeworfen und seine Spielpläne kritisiert. Diese Differenzen resultierten 1963 im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um das von Langhoff inszenierte Stück „Die Sorgen und die Macht“ von Peter Hacks in seinem Rücktritt. Langhoff blieb dem Deutschen Theater jedoch bis zu seinem Lebensende verbunden und führte dort weiterhin Regie und übernahm selbst Rollen. 1963 erkrankte er jedoch an Lungenkrebs und war zeitweise nur eingeschränkt arbeitsfähig. Im Dezember 1963 starb seine Frau Renate, die ebenfalls an Krebs erkrankt war. 1965 wurde Langhoff zum Ehrenmitglied des Theaters ernannt. Am 25. August 1966 erlag er schließlich im Alter von 65 Jahren seinem Krebsleiden.

Quellen:





Bearbeitet von: Charlotte Kitzinger