Frankl, Viktor E. (1905-1997)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Frankl, Viktor E.

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 26. März 1905
Geburtsort Wien
Sterbedatum 2. September 1997
Sterbeort Wien
Tätigkeit Neurologe, Psychiater, Hochschullehrer, Psychologe, Psychotherapeut, Chirurg, Logotherapeut, Schriftsteller
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Viktor E. Frankl (geboren am 26.03.1905 in Wien, gestorben am 02.09.1997 in Wien) wurde als zweites von drei Kindern in eine fromme jüdische Familie geboren, die über Generationen viele Rabbiner hervorgebracht hat. Die Mutter stammte aus Prag, der Vater – Direktor im Ministerium für soziale Verwaltung – aus Südmähren. Frankl besuchte das Wiener Sperlgymansium und beschäftigte sich bereits früh mit Philosophie und Psychologie. Er korrespondierte mit Sigmund Freud und schrieb seine Abiturarbeit über „Die Psychologie des philosophischen Denkens“. Nach dem Abitur studierte er Medizin und nebenbei auch Philosophie und Psychologie. Seine anfängliche Begeisterung für Sigmund Freud ging zunächst auf den Individualpsychologen Alfred Adler, später auf Max Scheler über. Bereits als 21-Jähriger publizierte er erste Fachartikel und hielt Vorträge. 1926 sprach er bereits über Logotherapie als sinnzentrierte Psychotherapie, die den Menschen helfen sollte, ihren individuellen Lebenssinn zu entdecken und ihre ureigene Aufgabe in der Welt zu übernehmen. Wesentliches Merkmal des Ansatzes ist die Freiheit des menschlichen Geistes, die Welt zu gestalten und mitzuformen.

Schon als Medizinstudent arbeitete er in den von Alfred Adler initierten Erziehungs- und Jugendberatungsstellen mit. Sein Anliegen war es insbesondere, Selbstmorde unter Jugendlichen zu verhindern. Nach Abschluss des Studiums spezialisierte sich Frankl zum Psychiater und Neurologen und arbeitete ab 1933 in der psychiatrischen Klinik am Steinhof, wo er die Abteilung für suizidgefährdete Patientinnen leitete. 1937 ließ er sich mit einer eigenen Praxis nieder.

Nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs wurde ihm 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft untersagt, arische Patienten zu behandeln. 1940 übernahm er die Leitung der neurologischen Abteilung des Rothschild-Spitals, des einzigen Krankenhauses, in dem in Wien noch jüdische Patienten behandelt werden konnten. Auch hier stand die Suizidfrage im Zentrum von Frankls Tätigkeit. Einige seiner Gutachten aus dieser Zeit sollen Patienten davor bewahrt haben, dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm zum Opfer zu fallen.

Viktor Frankl hoffte auf eine Emigration in die USA. Im November 1941 erhielt er das ersehnte Visum, zögerte jedoch aus Sorge um seine Eltern die Abreise hinaus bis dieser Weg versperrt war. Im Dezember 1941 heiratete er seine Freundin Tilly Grosser, eine Stationsschwester des Rotschild-Spitals, die vierzehn Jahre jünger war als er. Er begann mit der Niederschrift seines Buches „Ärtzliche Seelsorge“.

Er selbst, seine Frau sowie seine Eltern wurden am 25. September 1942 in das Getto Theresienstadt deportiert. Seine Schwester war zuvor nach Australien entkommen und sein Bruder Walter befand sich mit seiner Frau auf der Flucht in Italien.

Frankl arbeitete – getrennt von seiner Familie – in Theresienstadt als Arzt und war daher besser gestellt als die meisten anderen Häftlinge. Er wohnte zusammen mit Ärzten und war Leiter eines psychologischen Beratungsdienstes, des ‚Referats für psychische Hygiene‘. Er baute eine Interventionsgruppe zur Verhinderung von Suiziden auf und hielt zahlreiche Vorträge. Diese Zeit bezog er jedoch nicht in seinen Bericht über die Konzentrationslager mit ein.

Sein Vater starb 82-jährig am 13. Februar 1943 im Getto. Frankl und seine Frau erhielten Mitte Oktober 1944 die Aufforderung zum Osttransport. Frankl nähte einen Durchschlag des Manuskripts in das Futter seines Mantels ein. Das Manuskript ging jedoch verloren. Am 19. Oktober 1944 wurden sie von Theresienstadt nach Auschwitz gebracht, vier Tage später folgte seine Mutter, die dort sofort getötet wurde. An der Rampe wurde er von seiner Frau getrennt, sie starb später in Bergen-Belsen nach der Befreiung durch die britischen Truppen.

Seine Erinnerungen an die Ankunft in Auschwitz schrieb Frankl erstmal in seinen 1995 publizierten Lebenserinnerungen „Was nicht in meinen Büchern steht“ auf. Der Grund sei, so legt er dar, dass er sich nicht sicher sei, ob er es sich nicht „vielleicht nur einrede“ (Frankl 1995, S. 71). In seiner Erinnerung sei er von Mengele bei der Selektion am Bahnhof von Auschwitz zunächst für die Vergasung selektiert worden. Er sei jedoch hinter dem Rücken von Mengele nach rechts gegangen.

Wahrscheinlich war Viktor Frankl nur zwei Tage in Auschwitz, bevor er nach Kaufering, einem Außenlager des KZ Dachau, transportiert wurde. Hier musste er fünf Monate lang auszehrende Erdarbeiten verrichten. Am 8. März 1945 kam er in das ebenfalls zu Dachau gehörende Lager Türkheim. Hier starb er beinahe an einer Fleckfieberinfektion und versuchte, sein Buch „Ärztliche Seelsorge“ stenografisch zu rekonstruieren. Am 27. April 1945 wurde er dort von der US-Armee befreit. Im August kehrte er nach Wien zurück. Innerhalb weniger Tage erfuhr er dort vom Tod seiner Frau, seiner Mutter und seines Bruders, die in Auschwitz und dessen Nebenlagern ums Leben kamen. Ende 1945 erschien sein Buch „Ärztliche Seelsorge“ in Wien, 1946 der Bericht „Ein Psycholog erlebt das Konzentrationslager“.

1947 heiratete er Eleonore Schwindt, im Dezember wurde die Tochter Gabriele geboren. Außerdem veröffentlichte er sein Werk „Psychotherapie in der Praxis“ sowie zwei weitere Bücher. Er wurde 1948 mit einer philosophischen Dissertation über das Thema „Der unbewusste Gott“ promoviert und war als Privatdozent für Neurologie und Psychiatrie an der Wiener Universität tätig. 1950 gründete er die „Österreichische Ärztegesellschaft für Psychotherapie“, deren erster Präsident er wurde. Sein Buch „Logos und Existenz“ erschien 1951 im Amandus Verlag und rundete die Grundlage der Logotherapie ab. Diese wird auch die ‚Dritte Wiener Richtung‘ nach der Psychoanalyse von Freud und der Individualpsychologie von Alfred Adler genannt.

1955 wurde er Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien, hatte aber auch Gastprofessuren in Harvard, Dallas und Pittsburgh inne. Von Universitäten in aller Welt wurden ihm 29 Ehrendoktorate verliehen. Neben zahlreichen Würdigungen und Auszeichnungen wurden ihm 1995 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien sowie das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen. 1992 wurde in Wien das „Viktor-Frankl-Institut“ gegründet, dessen Vorstand sich aus akademischen Freunden und Familienmitgliedern Frankls zusammensetzt. 1995 veröffentlichte er seine Autobiographie „Was nicht in meinen Büchern steht“, die englische Übersetzung erschien 1997 unter dem Titel „Viktor Frankl-Recollections“. Insgesamt hat er mehr als 30 Bücher geschrieben, die in weit über 20 Sprachen übersetzt wurden. „Man's search for meaning“ ist sein erfolgreichstes Buch und wurde weltweit 12 Millionen Mal verkauft. Das letzte Buch Frankls erschien 1997. Viktor Frankl war in seiner Freizeit begeisterter Bergsteiger und Alpinist. Mit 67 Jahren machte er auch den Pilotenschein.

Quellen: