Goldschmidt, Arthur (1873-1947)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Goldschmidt, Arthur

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 30. April 1873
Geburtsort Berlin
Sterbedatum 9. Februar 1947
Sterbeort Reinbek
Tätigkeit Jurist, Richter, Autor, Schriftsteller
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Dr. Arthur Goldschmidt (geb. 30.04.1873 in Berlin, gest. 09.02.1947 in Reinbek) entstammte einer gebildeten, gutbürgerlichen Familie und wuchs als eines von fünf Geschwistern in Berlin und Hamburg auf. In Hamburg besuchte er ein humanistisches Gymnasium und vertrat eine starke deutsch-patriotische Haltung. So meldete er sich 1914 als Freiwilliger zum Kriegseinsatz, wurde jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht einberufen. Seine Eltern waren bereits vor Goldschmidts Geburt vom Judentum zum Protestantismus übergetreten und lebten assimiliert. Er galt nur auf Grund der Nürnberger Gesetze als Jude, weil seine Großeltern ‚mosaischen Glaubens‘ waren. Er selbst, seine Eltern und seine Schwiegereltern lebten hingegen als Christen; seine drei Kinder und die Enkelkinder wurden sofort nach der Geburt evangelisch getauft und später konfirmiert. Sein Enkel Detlev Landgrebe fasst den Zwiespalt folgendermaßen zusammen: „Er sah sich nicht als Jude, wurde allerdings von den nichtjüdischen Deutschen immer wieder mit seiner jüdischen Herkunft konfrontiert“ (Landgrebe 2009, S. 40).

Der promovierte Jurist arbeitete von 1917 bis 1933 als Oberlandesgerichtsrat in Hamburg und betätigte sich nebenbei als Maler. Politisch vertrat er die konservative Deutsche Volkspartei auf Gemeindeebene und war in zahlreichen Vereinen und Clubs aktiv. Seine Familie war in Reinbek anerkannt und das Einkommen Goldschmidts erlaubte der Familie ein gehobenes gutbürgerliches Leben. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte das Leben der Familie schließlich abrupt: Arthur Goldschmidt durfte ab April 1933 seinen Beruf nicht mehr ausüben, die finanzielle Lage verschlechterte sich wegen reduzierter Rentenzahlungen, die Familie musste das Haus untervermieten und Hypotheken aufnehmen, um den Alltag finanziell zu meistern. Goldschmidt musste auch die beiden spät geborenen Söhne 1939 nach Italien und später nach Frankreich schicken und das Ehepaar erlebte in Reinbek die Ausgrenzung aus der evangelischen Heimatgemeinde und der Gesellschaft. Am 20. Juli 1942 wurde Goldschmidt nach Theresienstadt deportiert; das Angebot, sich bei einem Freund auf dem Land zu verstecken, hatte er abgelehnt. Seine Frau Kitty, die ebenfalls als Jüdin zum Christentum übergetreten war, war im Juni 1942 nach langer psychischer Krankheit verstorben. In Theresienstadt engagierte sich der damals 70-Jährige umgehend beim Aufbau einer evangelischen Gemeinde, deren Vorsitzender und Prediger er wurde. In dieser Funktion verhandelte er mit dem Judenrat und trat so auch als Sprecher der dortigen katholischen Gemeinde auf. Nach der Befreiung, die er im Getto Theresienstadt erlebte, kehrte er im September 1945 nach Hamburg zurück, wo er energisch versuchte, eine Normalität als geachteter Bürger aufzubauen: Er „richtete sein Leben so ein, als wolle er an die Zeit vor 1933 anknüpfen“ (Landgrebe 2009, S. 176). Goldschmidt engagierte sich bis zu seinem Tod beim Aufbau eines neuen Deutschlands: Er schloss sich der CDU an, wurde zweiter Bürgermeister von Reinbek, erteilte Nachhilfeunterricht, hielt Lesezirkel für junge Leute ab und initiierte die Gründung der Reinbeker Volkshochschule.

Quellen:

  • Goldschmidt, Arthur: Geschichte der evangelischen Gemeinde Theresienstadt 1942-1945. Tübingen 1948.
  • Landgrebe, Detlev: Kückallee 37. Eine Kindheit am Rande des Holocaust. Hg. von Thomas Hübner. Rheinbach 2009.
  • Landgrebe, Detlev: „Eine Kindheit am Rande des Holocaust“. In: Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages (Hg.): Kirche, Christen, Juden in Nordelbien 1933-1945. Die Ausstellung im Landtag 2005 (=Schriftenreihe des Schleswig-Holsteinischen Landestages 7). o.O. 2006, S. 17-23.
  • Theresienstadt Lexikon. Online: http://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/g/goldschmidta.htm (Stand: 17.06.2019).