Haag, Lina (1907-2012)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Haag, Lina

Geschlecht weiblich
Geburtsdatum 18. Januar 1907
Geburtsort Hagkling
Sterbedatum 18. Juni 2012
Sterbeort München
Tätigkeit Widerstandskämpferin, Krankengymnastin
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Lina Haag (geb. 18.01.1907 in Hagkling, gest. 18.06.2012 in München) wurde als uneheliches Kind in die Arbeiterfamilie Jäger hineingeboren. Sie hatte vier Brüder, die Mutter arbeitete als Magd, der Vater war Arbeiter. Sie besuchte die Volksschule und war anschließend Hilfsarbeiterin in verschiedenen Fabriken. Der Vater gehörte der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) an. Haag trat dem Kommunistischen Jugendverband (KJVD) bei, ab 1929 gehörte sie der KPD an. Hier lernte sie um 1920 ihren zukünftigen Mann Alfred Haag kennen, der ebenfalls aus einfachen Verhältnissen stammte. Das Paar heiratete 1927, im gleichen Jahr wurde die Tochter Kätle geboren. Alfred Haag war arbeitslos und die finanzielle Situation der Familie prekär. Daher entschloss sich Lina Haag, 1929 zu ihrem Onkel nach Buenos Aires zu gehen, wo sie als Haushälterin und Kindermädchen arbeitete. Mann und Kind sollten nachkommen, sobald sie das Geld für die Tickets verdient hatte. Alfred Haag entschied jedoch, dass er den politischen Kampf in Deutschland weiterführen wollte und so kehrte auch Lina Haag 1931 nach Deutschland zurück. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr ging Alfred Haag für neun Monate zu Ausbildungszwecken in die Sowjetunion. Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Herausgeber für die „Süddeutsche Arbeiterzeitung“ und wurde 1932 jüngster Abgeordneter der KPD im württembergischen Landtag. Lina Haag wurde seine Mitarbeiterin. Am 10. Februar 1933 wurde Alfred Haag verhaftet und in das KZ Oberer Kuhberg gebracht; im Juli 1935 wurde er nach einem missglückten Auswanderungsversuch nach Buenos Aires in das KZ Dachau überstellt.

Am 28. Februar 1933 wurde auch Lina Haag das erste Mal verhaftet, jedoch schon kurz darauf wieder freigelassen. Vom 10. April 1933 bis zum 21. Dezember 1933 wurde sie erneut festgenommen und zehn Monate im Frauenstrafgefängnis Gotteszell festgehalten. Nach einer erneuten Verhaftung im Mai 1936 verbrachte sie mehr als eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft in den Stuttgarter Gefängnissen in der Büchsenstraße und Weimarstraße und wurde am 24. Januar 1938 zu zwei Jahren Haft wegen ‚Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens‘ verurteilt. Die verbliebene Reststrafe bis zum 24. Mai 1938 musste sie im Frauenstrafgefängnis Gotteszell absitzen. Im Anschluss daran wurde sie direkt in das Frauen-Konzentrationslager Lichtenburg bei Torgau überstellt.

Nach ihrer Freilassung im April 1939 ging sie nach Berlin, um dort für die Freilassung ihres Mannes aus dem KZ zu kämpfen. Es gelang ihr, persönlich bei Heinrich Himmler vorsprechen zu können, um die Entlassung ihres Mannes zu erbitten. Sie war erfolgreich und Alfred Haag, der inzwischen im KZ Mauthausen inhaftiert war, wurde kurz nach Kriegsbeginn aus der Haft entlassen. In den folgenden eineinhalb Jahren lebte und arbeitete das Ehepaar mit der Tochter in Berlin. Haag legte ihr Staatsexamen als Krankengymnastin an der Berliner Charité ab und arbeitete anschließend in verschiedenen Lazaretten. Alfred Haag erhielt schließlich seinen Einberufungsbefehl zur Wehrmacht und wurde schon bald an die Ostfront geschickt, wo er 1944 in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet. 1944 verfasste Haag ihr autobiografisches Werk „Eine Handvoll Staub“ im Lazarett im Hotel Riessersee in Garmisch, wo sie als Krankenschwester tätig war.

Nach dem Krieg zog Lina Haag mit ihrer Tochter nach München, wo sie als Physiotherapeutin arbeitete. 1948 kehrte auch Alfred Haag aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Lina Haag eröffnete einen sozialistischen Buchladen, der jedoch bald wieder geschlossen werden musste und Alfred Haag arbeitete als Schreiner. Beide waren in der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) aktiv. Anlässlich ihres 100. Geburtstags ehrte die Stadt Dachau Lina Haag 2007 für ihren beispiellosen Mut mit dem Dachauer Preis für Zivilcourage.

Quellen: