Juden (Christen)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Juden, Christen, Heiden im III. Reich
Autor Bert, Bidlo, Chéri, Curley, Dobrovolný, Duflos, Fritta, Fuck, Gilsi, Godal, Eric (1899-1969), Gogo, Katzer, Elias, Nikl, Pele, Pjotr, Wronkow, Čato
Genre Sonstige

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1935, Prag
Titel Juden Christen Heiden im III. Reich

Erscheinungsort Prag
Erscheinungsjahr 1935

Verlegt von Simpl-Verlag

Publiziert von Bert, Bidlo, Chéri, Curley, Dobrovolný, Duflos, Fritta, Fuck, Gilsi, Godal, Eric (1899-1969), Gogo, Katzer, Elias, Nikl, Pele, Pjotr, Wronkow, Čato

Illustriert von Bert, Bidlo, Chéri, Curley, Dobrovolný, Duflos, Fritta, Fuck, Gilsi, Godal, Eric (1899-1969), Gogo, Katzer, Elias, Nikl, Pele, Pjotr, Wronkow, Čato
Herausgegeben von Popper, M.
Umfang 50 Seiten
Abbildungen 57 Karikaturen

Bibliotheksnachweise DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)

Zusammenfassung

Der Band „Juden Christen Heiden im III. Reich“ versammelt zeitgenössische Karikaturen von über einem Dutzend Zeichnern, die den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland scharf kritisieren. Die Texte neben den zumeist großformatigen Bildern sind sowohl auf Deutsch, Englisch als auch Französisch abgedruckt.

Im Vorwort, das Alfred Kerr im Juli 1935 verfasst, beschreibt dieser wortmächtig den Zweck der Karikaturen: Im „Verzerrende[n]“ soll die nationalsozialistische „Verzerrung“ (beide Zitate, S. 3) gezeigt werden. Selbst wenn die Wirkung der Bilder zunächst unklar bleibe, sei dies kein Grund, nicht gegen die „Träger einer Quatschtheorie von unwahrscheinlichem Tiefstand“ (ebd.) zu handeln. Die „Heiterkeit als Angriff“ (S. 4) sieht er dabei als wichtiges Mittel an: „Alles wird willkommen sein – nur das Nichthandeln nicht. Man muss protestieren“ (ebd.).

Die Karikaturisten protestieren auf ihre Weise und beschreiben voller Sarkasmus den Alltag in Deutschland. Themen sind dabei unter anderem der Antisemitismus, die nationalsozialistische Propaganda, die Rolle der Kirche bei der Verfolgung und ihr Nichteingreifen sowie die Verwurzelung des Judentums in der deutschen Kultur. Des Weiteren werden die soziale Ungerechtigkeit in der deutschen Gesellschaft, die politisch motivierten Fehlentscheidungen der NS-Justiz und die zunehmend um sich greifende Gewalt beschrieben. Der Nationalsozialismus wird dabei von mehreren Zeichnern als Bewegung alter, seniler und ewig gestriger Männer dargestellt. Humorvoll wird aufgedeckt, dass führende Nationalsozialisten wie Goebbels nicht den ‚arischen‘ Idealen entsprechen. Bissig heißt es dazu: „Goebbels spricht – auf der Gründungsversammlung der deutschrassigen Staatsbürger jüdischen Aussehens“ (S. 12).

Vor allem die Veränderungen im Leben der deutschen Juden werden in den Zeichnungen verbildlicht, etwa in der Karikatur „Die Volksgemeinschaft“ (S. 10), die keinem Zeichner zugeordnet werden kann: Darin muss der jüdische Chef seinem nichtjüdischen Angestellten unterwürfig entgegentreten, selbst wenn dieser zu spät kommt oder seine Ehefrau belästigt. Aber auch die zunehmenden Pogrome und die Funktion der Juden als ‚Sündenböcke‘ für gesellschaftliche Entwicklungen werden dargestellt. Ein anderes Thema ist der „[d]eutschbewusste Jude“ (S. 11): In einem Cartoon erlaubt ein jüdischer Veteran des Ersten Weltkriegs stolz seiner Tochter, andere jüdische Verwandte zu beschimpfen; in der mit „Masochist“ (S. 37) betitelten Karikatur bezeichnet ein „nationaldeutsche[r] Jude“ die Streicherreden gar als „sexuelle[n] Genuss“ (beide Zitate, ebd.).

Konzentrationslager werden in einem Cartoon von Pjotr thematisiert: Ein jüdischer Emigrant muss aus Paris nach Deutschland zurückkehren, wird an der Grenze festgenommen und in ein Schulungslager gebracht, dessen Eingang ein ‚Herzlich Willkommen-Schild‘ schmückt, um „[e]twas Nachhilfeunterricht“ (S. 22) zu erhalten. Beendet ist der Kurs erst dann, wenn er das Lager im Sarg verlässt. Auch wird gezeigt, wie eine Frau zur Hinrichtung geführt wird. Unter dem Bild findet sich ein Zitat Goebbels: „Im dritten Reich wird die deutsche Frau endlich den ihr gebührenden Platz finden!“ (S. 33). In zwei Karikaturen von Gogo und Pjotr bleibt deutschen Frauen nur die Rolle der ausgezehrten Mutter zahlreicher Kinder.

Werkgeschichte

Die Karikaturensammlung wurde neben der deutschen Fassung 1935 auch mit einem französischen Cover und dem Titel „Juifs chrétiens paiens dans le III. Reich“ von M. Popper herausgegeben; die Bilder und Texte sind auch in diesem Buch dreisprachig. Eine englische Ausgabe ist nicht bekannt. In „gleicher Ausstattung“ (o. S.) – wie es in der Werbung im Anhang der deutschen Ausgabe heißt – war bereits im Vorjahr der Band „Das III. Reich in der Karikatur“ erschienen, der bereits andere Zeichnungen der Karikaturisten mit dreisprachiger Übersetzung der Texte vereinte. Das Vorwort des ebenfalls im Prager Simpl-Verlag publizierten Werks stammt von Heinrich Mann. Das Buch „Juden Christen Heiden im III. Reich“ wurde von den Nationalsozialisten auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt und verboten.

Quellen:



Bearbeitet von: Christiane Weber