Kalmar, Rudolf (1900-1974)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
Wechseln zu: Navigation, Suche
Die Karte wird geladen …
Name Kalmar, Rudolf

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 18. September 1900
Geburtsort Wien
Sterbedatum 18. Januar 1974
Sterbeort Wien
Tätigkeit Journalist, Schriftsteller, Autor
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Dr. Rudolf Kalmar (geb. 18.09.1900 in Wien, gest. 18.01.1974 in Wien) wurde in eine Journalistenfamilie hineingeboren: Sein Vater war Chefredakteur verschiedener österreichischer Zeitungen und später Vizepräsident der Schriftsteller- und Journalistengewerkschaft. Kalmar selbst schlug nach dem Abitur an einer katholischen Schule die Laufbahn als Journalist ein und begann seine Ausbildung beim „Deutschen Volksblatt“, der Zeitung, für die auch sein Vater schrieb. Später arbeitete er als Auslandskorrespondent und wurde als Staatswissenschaftler an der Universität Wien promoviert. Als Chefredakteur des „Wiener Tag“ und als Autor bzw. ab 1934 Eigentümer und Herausgeber der fortschrittlich-demokratischen Zeitung „Der Morgen“ wurde er zu einem bekannten Journalisten in Österreich, der sich aktiv in die Entwicklung des Landes einmischte. In seinen Artikeln vor 1938 wendete sich Kalmar dezidiert gegen Nationalsozialismus, Austrofaschismus und Pressezensur. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde Kalmar am 17. März 1938 verhaftet und am 1. April 1938 mit dem ersten Transport von Wien in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Am 27. September 1939 wurde er nach Flossenbürg verlegt: „Er hatte sein demokratisches Bekenntnis und den bis zuletzt geführten Kampf gegen den Nationalsozialismus mit einer fast siebenjährigen Haft zu bezahlen“ (Klappentext). Insgesamt neunzig Monate bleibt Kalmar in deutschen Konzentrationslagern. Seine Lage verbesserte sich durch seine Rückkehr nach Dachau im Sommer 1940, da er dort nicht mehr körperlich arbeiten musste, wie noch zuvor im Steinbruch in Flossenbürg. Kalmar war in Dachau als Funktionshäftling in der Buchhaltung des Lagers eingesetzt. So war es ihm auch möglich, gemeinsam mit anderen Häftlingen an dem Theaterstück „Die Blutnacht auf dem Schreckenstein oder Die wahre Liebe ist das nicht“ zu arbeiten, welches insgesamt an sechs Wochenenden 1943 im Lager Dachau aufgeführt wurde. Im November 1944 wurde Kalmar mit dem Strafbataillon „Dirlewanger“ an die Ostfront gebracht, wo die gesamte Gruppe überlief und so im Januar 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet. Von dieser Zeit berichtet er in seinen Erinnerungen allerdings nicht.

Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im September 1945 kehrte er nach Wien zurück, wo ihm der Wiedereinstieg in den Journalismus gelang. Kalmar schrieb dazu in einem Brief an einen Freund, dass er „nach 1945 nichts anderes [sei], als vor 1938“ (zitiert nach Maurer 2009, S. 238). Er arbeitete wieder als Journalist und ab dem 6. Dezember 1947 als Chefredakteur für die Zeitung „Neues Österreich. Organ der demokratischen Einigung“ sowie als Autor; zudem war er im österreichischen P.E.N. aktiv. In seinen Artikeln propagierte er als überzeugter Pazifist einen Neuanfang für Österreich, eine Wiedereingliederung ehemaliger Täter in die Gesellschaft und die Ablehnung der Musealisierung von KZ-Gedenkstätten. Mit dieser Einstellung eckte Kalmar an und seine Anstellung als Chefredakteur wurde 1957 nicht mehr verlängert. Kalmar betätigte sich in den folgenden Jahren als Präsident des Presseclubs Concordia und moderierte unter anderem auch die erste Pressediskussion im österreichischen Fernsehen.

Quellen:

  • Kalmar, Rudolf: Zeit ohne Gnade. Wien 1946.
  • Maurer, Stefan: „‚Es bleibt in der Regel nicht mehr als ein Stoss bedrucktes Papier zurück‘. Rudolf Kalmar (1900-1974)“. In: Kalmar, Rudolf: Zeit ohne Gnade. Hg. von Stefan Maurer und Martin Wedl. Wien 2009, S. 229-245.
  • „Rudolf Kalmar“. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv. Online: http://www.munzinger.de/search/portrait/Rudolf+Kalmar/0/5402.html (Stand: 11.09.2019).
  • „Schreibstubenkarte“, 0.1/26916725/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive.