Kogon, Eugen (1903-1987)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Kogon, Eugen

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 2. Februar 1903
Geburtsort München
Sterbedatum 24. Juli 1987
Sterbeort Königstein im Taunus
Tätigkeit Politologe, Hochschullehrer, Schriftsteller, Publizist, Journalist, Historiker, Politiker
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Eugen Kogon (geb. 02.02.1903 in München, gest. 24.12.1987 in Falkenstein-Königstein im Taunus) kam als unehelicher Sohn zur Welt. Seine Mutter war eine Jüdin aus Nikolajew in der Ukraine, sein Vater unbekannt, nach Kogon aber ein russischer Diplomat. Seine ersten Lebensjahre verbrachte Eugen Kogon als Pflegekind in einer streng katholischen Familie in München. Den Rest seiner Jugend war er Internatsschüler in zwei katholischen Klöstern. Nach dem Abitur nahm er 1923 ein Studium der Nationalökonomie und Soziologie auf, das ihn über München nach Florenz und Wien führte. 1927 schließlich ließ sich Kogon in Wien nieder und schloss sich als Schüler des Soziologen Othmar Spann der Ständestaatsbewegung an, die auf einen nach Berufsgruppen organisierten Staat ohne politische Parteien und demokratisch gewähltes Parlament abzielte und sich somit gegen den von den Anhängern angenommen sozialen Abstieg traditioneller Berufsgruppen (etwa Bauern und Handwerker) innerhalb eines kapitalistischen Systems wendete. Auf seinem Studium des italienischen Faschismus unter Mussolini aufbauend, dem sich Kogon insbesondere während seines wissenschaftlichen Aufenthalts in Florenz widmete, promovierte er 1927 zum Thema „Faschismus und Korporativstaat“.

Im selben Jahr heiratete Kogon seine Jugendfreundin Margarete Lang. Aus der Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor. Unmittelbar nach seiner Promotion trat Kogon in die Redaktion der katholisch-konservativen Wochenschrift „Schönere Zukunft“ in Wien ein. In dieser Zeit setzte sich Kogon weiterhin intensiv mit der Ständestaatsidee auseinander, nicht zuletzt weil er hoffte, dass dieses Gesellschaftsmodell den Nationalsozialismus in Deutschland ‚verchristlichen‘ könne. Kogon arbeitete von 1932 bis Anfang 1934 als Geschäftsführer und Mitgesellschafter der „Neuen Zeitung“. Für das Nachfolgeblatt „Österreichischer Beobachter“ setzte er von Februar bis April 1934 seine Tätigkeiten fort. Im Juni 1934 – insbesondere durch die Morde im Kontext der Röhm-Affäre seiner Hoffnung auf eine Veränderung in der NS-Ideologie beraubt – zog sich Kogon enttäuscht aus der österreichischen Publizistik zurück.

Nach der Niederlegung seiner publizistischen Aktivitäten übernahm Kogon 1935 eine Anstellung als Vermögensverwalter des Prinzen Coburg des Hauses Sachsen-Coburg-Gotha-Cohary. Zu seinen Aufgaben gehörten in diesem Zusammenhang auch Geschäftsreisen nach Deutschland sowie in die angrenzenden Nachbarländer. Sowohl in Österreich als auch während seiner Auslandsreisen „brachte er emigrierte Hitler-Gegner miteinander in Verbindung und unterstützte ihre Aktivitäten auch finanziell“ (Munziger Archiv, o. S.). Infolgedessen kam Kogon zweimal in Deutschland vorübergehend in Haft. Die Gestapo legte ihm eine „Zuwiderhandlung gegen die deutschen Devisengesetze und […] die Unterstützung deutscher Emigranten in Österreich, der Tschechoslowakei und der Schweiz“ (E. Kogon zitiert nach M. Kogon 2014, S. 27f.) zur Last.

Als es am 11. März 1938 zum ‚Anschluss‘ Österreichs kam, misslang Kogon die Flucht und er wurde sofort verhaftet. Die ersten Monate seiner insgesamt siebenjährigen Haftzeit verbrachte er im Wiener Polizeigefängnis, wo er auch ersten Verhören unterzogen wurde. Im September 1939 wurde er von Wien in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Zwei Mal wurde Kogon „zwecks Einvernahme als Zeuge“ (M. Kogon 2014, S. 18) von Buchenwald nach Wien und wieder zurück transportiert, bevor er ab August 1942 bis zum Kriegsende als politischer Häftling dauerhaft im KZ Buchenwald inhaftiert war. Ab 1942 gehörte Kogon im KZ Buchenwald dem illegalen Lagerwiderstand an und entging mit dessen Hilfe im Frühjahr 1943 nur knapp der Deportation nach Auschwitz. Unmittelbar nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 11. April 1945 durch die US-Armee wurde Kogon neben anderen ehemaligen Häftlingen des Lagers von einem Team der amerikanischen Psychological Warfare Division damit beauftragt, einen umfassenden Bericht zu verfassen, der erläutern sollte, „wie ein deutsches Konzentrationslager eingerichtet war, welche Rolle es im nationalsozialistischen Staat zu spielen hatte und welches Schicksal über jene verhängt wurde, die von der Gestapo in die Lager eingewiesen und von der SS dort festgehalten wurden“ (Kogon 1997, S. 74). Der sogenannte Buchenwald-Report diente Kogon als Hauptquelle für sein Werk „Der SS-Staat“ (1946). Nach 1945 setzte Kogon seine publizistische Tätigkeit in Zeitungen, Zeitschriften und auf Konferenzen sowie als (freier) Schriftsteller fort. Zusammen mit Walter Dirks gründete Kogon bereits im April 1946 die Monatszeitschrift „Frankfurter Hefte“ und blieb bis 1984 einer der Herausgeber. Des Weiteren zählt Kogon zu den Mitbegründern der Christlich-Demokratischen Union (CDU). Aufgrund seiner gesellschaftspolitischen Ansichten, die den Bestrebungen der Adenauer-Ära entgegenliefen, rückte er jedoch zunehmend weiter in die Nähe der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Als ein starker Befürworter der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus setzte er sich „für einen Läuterungsprozess in Deutschland ein, der die Vergangenheit nicht verdrängen, sondern aufarbeiten soll“ (Munziger Archiv, o.S.).

Ab 1949 begleitete Kogon zudem das Amt des Präsidenten der Europa Union und setzte sich unter anderem für die Bildung der Europäischen Bewegung – ein Zusammenschluss von verschiedenen überparteilichen Interessengruppen im Bereich der Europapolitik – ein. Als Professor der Politikwissenschaften lehrte Kogon von 1951 bis 1968 an der Technischen Hochschule Darmstadt. Im Verlauf der 1960er Jahre avancierte Kogon zu einem der bekanntesten Moderatoren im deutschen Fernsehen und leitete verschiedene Sendungen, darunter das politische Magazin „Panorama“.

Quellen:

  • Koepke, Wulf: „Eugen Kogon (1903-1987)“. In: Kremer, Lillian S. (Hg.): Holocaust Literature. An Encyclopedia of writers and their work. New York/London 2003 (Bd. I), S. 684-687.
  • Kogon, Eugen: „Dieses merkwürdige, wichtige Leben“ (=Gesammelte Schriften 6). Hg. von Kogon, Michael und Gottfried Erb. Weinheim/Berlin 1997.
  • Kogon, Michael: Lieber Vati! Wie ist das Wetter bei Dir? Erinnerungen an meinen Vater Eugen Kogon. Briefe aus dem KZ Buchenwald. München 2014.
  • „Kogon, Eugen“. In: Munzinger Internationales Biographisches Archiv Online. Online: https://www.munzinger.de/search/document?index=mol-00&id=00000002232&type=text/html&query.key=HBzq5I0Q&template=/publikationen/personen/document.jsp&preview= (Stand: 10.09.2019).
  • Sarkowicz, Hans: „Kogon, Eugen“. In: Kühlmann, Wilhelm (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2. völl. überarb. Aufl. Berlin/New York 1990, S. 585f.