Komödie im K.Z. (1946)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Komödie im K.Z.
Autor Bollendorff, Léon (1915-2011)
Genre Erinnerungsbericht

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1946, Luxemburg
Titel Komödie im K.Z.

Erscheinungsort Luxemburg
Erscheinungsjahr 1946

Verlegt von St. Paulus-Druckerei AG
Gedruckt von St. Paulus-Druckerei AG
Publiziert von Bollendorff, Léon (1915-2011)

Umfang 34 Seiten

Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)


Zusammenfassung

Es ist das Anliegen Bollendorffs, in seinem Text eine Seite der nationalsozialistischen Haftstätten zu zeigen, die nicht nur auf das Leid bezogen ist: „Es soll vom leichteren Alltag erzählt werden, von aufgedunsenen SS-Größen, von komischen und paradoxalen Situationen, in die jeder Gefangene mehr als einmal geriet, von Galgenhumor, der über manches Schwere hinweghalf.“ (S. 6) Dabei geht es dem Autor nicht um ein Herunterspielen der Gefahr, in der die Häftlinge leben müssen, sondern um eine Form der Katharsis: „Schon damals fühlten wir die Lächerlichkeit mancher Szene, die Widersprüche mancher Situation, aber Stimmung und Umstände erlaubten ein befreiendes Lachen nicht.“ (ebd.) So stellt er insgesamt sechs dieser, wie er es nennt, „paradoxalen“ (ebd.) Episoden als Ergänzung neben die Vielzahl jener Erinnerungstexte, welche das Leid und Elend der nationalsozialistischen Verfolgung in seiner Grausamkeit schildern. Bollendorf schreibt in nüchterner, direkter Sprache, die zumeist in der Vergangenheitsform gehalten ist und häufig direkte Rede nutzt. Er thematisiert in sechs Kapiteln seine Haftzeit im Konzentrationslager Hinzert bei Trier, den gemeinsamen Transport von 40 Luxemburgern nach Polen sowie die Zwangsarbeit im „Meckerer Bautrupp“ (S. 27ff.) auf einem Gutshof bei Dombrowika und seine geglückte Heimkehr. Schlimme Situationen schildert er dabei äußerst knapp und gibt ihnen so gut wie keinen Raum. Den Transport vom Berliner Gefängnis Alexanderplatz nach Posen im Januar 1943 handelt er beispielweise in zwei kurzen Sätzen ab: „Es ist dies der schrecklichste und schwerste Teil des Transportes gewesen. Kälte, Hunger, Trostlosigkeit und Tod erstickten sogar jeden Galgenhumor.“ (S. 22) Sofort darauf folgt dann jedoch die positive Erinnerung an hilfsbereite Polen, die die Häftlinge mit großen Mengen an Nahrungsmitteln versorgten. Auffallend ist, dass Bollendorff kaum Namen nennt, weder von Häftlingen noch von SS-Männern.

Der Fokus der Erinnerungen Bollendorffs liegt zum einen auf den unsinnigen Aufgaben, die sich die Deutschen für die Häftlinge ausdenken. So beschreibt er z.B. das Bearbeiten einer sandigen Straße mit Rechen, damit der Kommandant sowohl bei der Hin- als auch bei der Rückfahrt immer auf einer glatten Straße fahren kann oder das strenge Einhalten von unnötigen Regeln beim Mittagessen. Zum anderen bezieht er sich immer wieder auf die Dummheit der deutschen Bewacher. So beschreibt Bollendorff ausführlich den Revierführer Joseph Brendel im KZ-Hinzert, ein ehemaliger Maurer, der sich nun lächerlich als Arzt aufführt und seine Macht ausspielt. Bollendorf verkehrt die Rollen: Durch Spott steht der ehemalige Häftling nach Kriegsende über dem einstigen ‚Herrenmenschen‘, der nun nur noch wie ein dümmlicher Hochstapler wirkt.


Biografie

Léon Bollendorff (geb. März 1915 in Wasserbillig/Luxemburg, gest. 2011) wuchs in Luxemburg auf und besuchte das „Kolléisch“ in Diekirchen. Er studierte in Luxemburg, Paris und Wien Philosophie und Philologie, mit dem Ziel, Lehrer zu werden. 1942 verhaftete ihn die Gestapo als Widerstandskämpfer und hielt ihn ein Jahr in verschiedenen Lagern und Haftstätten fest. Nach seiner Rückkehr in die Heimat im März 1943 begann er sich politisch zu engagieren: Bollendorff wurde Mitglied im Gemeinderat der Stadt Luxemburg, später auch im Schöffenrat und im Luxemburger Parlament. Den Karrierehöhepunkt des vierfachen Vaters stellt der zehnjährige Vorsitz in der Abgeordnetenkammer dar. Bollendorff wurde mit vielen nationalen und internationalen Auszeichnungen geehrt.

Quelle:


Werkgeschichte

Die kurze Textsammlung wurde als sechster Band der Reihe „Luxemburger in Krieg, Exil und Gefangenschaft“ herausgegeben.



Bearbeitet von: Christiane Weber