Schwester der Nacht (1947)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Schwester der Nacht
Autor Edel, Peter (1921-1983)
Genre Roman

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1947, Wien
Titel Schwester der Nacht

Erscheinungsort Wien
Erscheinungsjahr 1947

Verlegt von Verlag Erwin Müller
Gedruckt von Gotlieb Gistel & Cie.
Publiziert von Edel, Peter (1921-1983)
Umschlaggestaltung von Bregartbauer, Lois

Herausgegeben von Fontana, Oskar Maurus (1889-1969)
Umfang 206 Seiten

Bibliotheksnachweise DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)


Zusammenfassung

Der teilweise autobiografische Roman thematisiert anhand der Geschichte der jüdischen Kunststudentin Esther nationalsozialistische Verfolgung, Zwangsarbeit und Gestapo- sowie Lagerhaft. Esther steht dabei symbolisch für Millionen junger Mädchen, wie aus den Vorbemerkungen des Romans hervorgeht. Das Geschilderte sei nicht erfunden, heißt es weiter: „Alles in diesem Buch Erzählte hat sich leider genau so zugetragen, wie es in ihm aufgezeichnet steht“ (S. VII). Die Geschichte werde erzählt von einem, der sich dem Mädchen verbunden fühle, er sei ein Maler und Dichter. Ein gütiges Schicksal habe ihn davor bewahrt, den gleichen Weg zu gehen. Er sei nur Weggefährte gewesen und Zeuge: „Und so fühlt er denn, daß es heute seine Pflicht ist, auf die Zeugenbank zu treten und Zeugnis abzulegen von der Passion eines Menschenkindes, das Esther hieß“ (S. VIII).

Esther ist zu Beginn der Erzählung eine junge, sehr talentierte und aufstrebende Kunststudentin. Aufgrund ihrer Begabung ist die aus armen Verhältnissen stammende Jüdin auf Stipendien angewiesen, was ihr den Neid und die Missgunst einiger Kolleginnen einbringt. Auf den Ich-Erzähler, der ebenfalls ein jüdischer Kunststudent ist, übt sie eine seltsame, für ihn selber unerklärliche Faszination aus. Über den Zeitraum mehrerer Jahre behält er ihr Schicksal im Blick, verliert es jedoch für einige Zeit aus den Augen, bis sich ihre Wege wieder kreuzen. Der Erzähler selbst weist den Leser auf die Grenzen seiner Geschichte in Bezug auf Esthers Schicksal hin. Sein Leben habe das ihre ja nur gestreift. Weder habe er ihre Gedanken deuten, noch ihren Leidensweg im Lager schildern können. Oft habe er ihre Spur verloren, er habe jedoch den Anfang und das Ende ihrer Tragödie miterlebt: „Und so leite ich denn von diesen beiden Erlebnissen her das Recht für mich ab, nun auch die letzten Wege meiner Kameradin Esther zu schildern, so gut ich es vermag“ (S. 161).

Nachdem zunächst Esther und später der Ich-Erzähler aus rassischen Gründen die Kunstakademie verlassen müssen, begegnen sich die beiden im Atelier einer berühmten Künstlerin, die offenbar ihre Ausbildung illegal fortsetzt, wieder. Hier lernt er Esther erst richtig kennen und verbringt unvergesslich schöne Stunden des gemeinsamen Arbeitens mit ihr. Die Arbeit gibt ihnen Kraft und Ruhe in einem Leben, „das für uns beide nur noch aus Angst und Sorge bestand“ (S. 8). Denn inzwischen müssen sie den Judenstern tragen und sind so dem „Gespött des Pöbels“ (ebd.) preisgegeben.

Esther, die mit ihrer körperlich und seelisch gebrochenen Mutter alleine lebt, liebt diese so sehr, dass sie ihr weder eine Flucht zumuten noch sie verlassen will. Lieber will sie „mit ihr zusammen in die, von allen so schrecklich geschilderte Verbannung gehen, nach Riga, Lublin, ins Ghetto Theresienstadt oder wohin immer“ (S. 10f.). Denn: „Was Tausende müssen, das will ich auch tun! So schlimm wird es nicht sein, wenn man arbeiten kann und will“ (S. 11). So haben sie sich selbst betrogen und gehofft, es möge doch nicht so schlimm kommen, wie es den Anschein habe, kommentiert der Erzähler retrospektiv.

Esther arbeitet wie eine Besessene, vielleicht ahnend, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, mutmaßt der Erzähler. Er lernt die jüdische Tänzerin Marion, eine Freundin Esthers, kennen und bald darauf heiraten sie. Er verbringt ein glückliches Jahr mit ihr, „wenn man in Betracht zog, was für uns das Wort ‚glücklich‘ bedeutete“ (S. 13). Marion setzt sich so lange es geht über das Berufsverbot hinweg, schließlich werden jedoch beide zur Zwangsarbeit gezwungen.

Eines Tages – der Erzähler bereitet den Leser bereits durch unheilverkündende Vorausdeutungen darauf vor – wird Marion verhaftet und kurze Zeit später mit 500 weiteren Menschen vergast. Der Erzähler verfällt in bodenlose Verzweiflung. Auch sein Vater, mit dem er so gut wie keinen Kontakt mehr hat, und Esthers Mutter werden verschleppt. Die Verhaftung von Esthers Mutter wird ausführlich und über weite Teile dialogisch erzählt. Die Mutter soll gezwungen werden, den Aufenthaltsort ihres geschiedenen Mannes preiszugeben, Als sie dies nicht tut, wird sie bis zur Ohnmacht misshandelt. Die gerade von der Arbeit heimkehrende Esther kann sich durch einen gefährlichen Sprung aus dem Fenster retten und entkommen. Sie flieht erschöpft und blutend zum Erzähler. Wie schon zuvor ähnelt seine Schilderung Esthers der Beschreibung eines Porträts: „In ihrem bleichen Gesicht, auf ihren nun entblößten Armen, an den nackten Beinen, brannten die Wundmale wie rubinrote Blitze. Eigentlich sah sie schön aus. – So geschunden, so dornengekrönt“ (S. 42). Da der Erzähler sich selbst und Esther dauerhaft nicht schützen kann, beschließt sie anderweitig Hilfe zu suchen. Der Erzähler begleitet sie bis zu einem Haus, an dessen Tür der Name, Dr. med. Mergentheim steht, und lässt sie dort zurück. Er selbst sucht bei seiner Mutter Zuflucht, die er – wie an mehreren Stellen des Romans deutlich wird – nahezu vergöttert. Er sorgt sich weiterhin um Esther, erfährt jedoch zunächst nichts über sie.

Eines Morgens wird der Erzähler schließlich in der Wohnung seiner Mutter verhaftet und in das Polizeigefängnis gebracht. Wie auch an anderen Stellen der Erzählung wendet er sich an den Leser und fragt diesen, ob er selbst einmal im Gefängnis gewesen sei: „Weiß du, wie ein Gefängnis aussieht? Ich kenn dich nicht und weiß nicht, wer diese Zeilen liest, und deshalb muß ich fragen“ (S. 62). Im Gefängnis trifft er auf Esther. Sie ist verhaftet worden, als sie das Haus von Dr. Mergentheim betreten hat, der in diesem Moment wegen Judenbegünstigung festgesetzt worden ist.

Im Keller, in dem auf der einen Seite Männer, auf der anderen Frauen untergebracht sind, herrschen blutrünstige Sadisten, die wie aus der Hölle entsprungene Wesen beschrieben werden. Sie erscheinen jeglicher menschlicher Züge beraubt. Brutal werden die Häftlinge misshandelt, gedemütigt und auf Nahrungs- und Wasserentzug gesetzt. Auch der Ich-Erzähler bleibt davon nicht verschont. Er verliert Zeit- und Orientierungsgefühl, phantasiert und verliert kurzzeitig den Verstand.

Nachdem die Verbindung zwischen Esther und dem Erzähler aufgedeckt ist, werden beide grausam gefoltert, um den Aufenthaltsort von Esthers Vater zu verraten. Schließlich wird er durch die Folter bewusstlos. Zurück im Keller sieht er in der Zelle gegenüber Esther nackt und zerbrochen auf dem kahlen Boden liegen, ihre Hände und Füße sind nach hinten zusammengebunden. Mit großer Anstrengung gelingt es ihm, der ausgehungerten Esther ein Stück Brot hinüberzuwerfen, dennoch beschämt es ihn zutiefst, dass er nicht widerstehen kann, seine Suppe gierig in sich hineinzuschlürfen, „wie irgend ein niederes Tier, das in seinem Trog herumwühlt“ (S. 121). Inmitten all der misshandelten und zerbrochenen Menschen im Keller trifft der Erzähler auf drei katholische Priester. Es entsteht ein langes Gespräch über die Fragen der Vergebung und der Liebe zu den Menschen und zu Gott. Der Erzähler, der seinen Glauben inzwischen verloren hat, fragt einen der Priester, ob er denn selber angesichts der Gefolterten im Keller und des millionenfachen Blutvergießens seinen Feinden vergeben würde. Mit dem Hinweis darauf, dass die Liebe den Tod überwinde, bejaht dieser dies. Der Erzähler lässt sich von der engagierten Rede des Priesters ergreifen und stellt fest: „Christ und Jude. – Zwei Welten waren es draußen. – Abgründe. Und hier unten im Keller eines Folterhauses beweist es sich, daß die Worte der Liebe und des Verständnisses für einander stärker sind als jeder andere trennende Grundsatz, der künstlich gezüchtet wird“ (S. 133). Für ihn wird diese Stunde des Gesprächs sogar zu „eine[r] der schönsten in meinem Leben“ (S. 134).

Schließlich wird der Erzähler aus dem Keller herausgeholt, es gelingt ihm noch knapp, sich von Esther zu verabschieden. Im Präsidium trifft er auf Esthers Vater, der inzwischen nach ihrer, unter Folter erzwungenen, Denunziation auch verhaftet wurde. Dieser erkundigt sich weder nach seiner Frau noch nach seiner Tochter, ihn interessiert nur, wie er sich selber retten kann. Dies verärgert den Erzähler so sehr, dass er den Mann beschimpft und ihm vorwirft, zur gleichen Kreatur zu gehören, die sie peinigen und verfolgen.

Nach einigen Tagen wird er nach Auschwitz überstellt, wo er schließlich Esther wiedertrifft. Sie ist eine „wandelnde Leiche“ (S. 156) geworden, die auf den Weitertransport wartet. Sie ist spärlich bekleidet und trägt keine Schuhe, die Menschen und Dinge um sie herum scheint sie nicht mehr wahrzunehmen, auch ihn erkennt sie nicht: „Sie sieht nichts und hört nichts und denkt nichts. Sie ist ein Schatten, ein wesenloses Ding geworden“ (S. 158). Von seinen eigenen Erfahrungen in Auschwitz berichtet der Erzähler nur wenig, dies möchte er sich und dem Leser ersparen: „Soll ich dir nun, mein Freund, erzählen von jenem ungeheuren Inferno, das sich dann vor meinen Augen auftat? – Soll ich dein ohnehin schon genug mit fürchterlichem beladenes Hirn weiter martern mit den Geschichten von Mord und Totschlag? – Soll ich den unzähligen Berichten über die Schrecknisse der Konzentrationslager, welche aus berufenerer Feder als der meinigen kamen, einen neuen hinzufügen?“ (S. 158f.) Er fürchtet zudem, dass der Leser es nicht glauben wollen wird und das vertrage das Herz des ehemaligen Häftlings nicht, „denn nichts ist abscheulicher für ihn, als tauben Ohren Wahrheiten zu predigen“ (S. 159). Ohnehin sei es unmöglich, die Geschichten der Ermordeten zu erzählen, sie selbst könnten nicht mehr reden, schreiben und anklagen: „Denn keine zu Asche gewordene Mutter wird jemals aufstehen und erzählen, welches ihre geheimen Gedanken waren, als sie ihr lebendiges Kind auf Feuerrosten zu Staub zerfallen sah. Keine – zu Asche gewordenen Kinder werden mehr schildern, wie ihre Eltern in den Gaskammern mit dem Tode rangen – und keine Frau, die im Gas erstickte, wird von den Toten erwachen und sagen: ‘So war das‘“ (S. 160).

Als sich der Erzähler aufgrund einer schweren und beinahe tödlichen Krankheit mit hohem Fieber im Krankenbau befindet, hilft ihm dort ein Häftlingsarzt mit Aspirin. Dieser trägt ein Foto von Esther aus vergangenen Tagen mit sich und bittet ihn, den Maler, darum, eine Zeichnung davon zu machen. Es ist Dr. Mergentheim, der Esther offenbar noch immer liebt. Ein Gespräch entsteht zwischen den beiden, in dem der Erzähler einiges über Esthers Leben, ihre Beziehung zu Mergentheim und ihre Verhaftung erfährt. Noch auf dem Krankenbett malt der Erzähler das Porträt Esthers. Mergentheim holt es jedoch nie mehr ab, es stellt sich heraus, dass er freiwillig in den Draht gelaufen ist und so Selbstmord begangen hat.

Nach Mauthausen überstellt, muss der Erzähler dort einige Zeit später „als Geheimnisträger und Angehörige[r] eines besonders ausgewählten Kommandos“ (S. 191) im Auftrage Heinrich Himmlers geheime graphische Arbeiten verrichten. Hier sieht er Esther anderthalb Jahre nach der Begegnung in Auschwitz zum letzten Mal. Ihre äußeren Wunden sind verheilt, ihre ganze Erscheinung ist jedoch trostlos. Drei Tage lang sehen sie sich jeweils für kurze Moment: „Drei Minuten also insgesamt haben wir uns angeblickt und still mit den Augen gegrüßt“ (S. 204). Am vierten Tag, am 8. April 1945, erfährt der Erzähler, dass Esther in der Nacht vergast wurde. Übrig ist ein Berg gestreifter Kleider am Boden aus dem – wie es im letzten Satz des Romans heißt – Esthers rostroter Schal hervorleuchtet, „der sich wie schützend um zwei Kinderschuhe schlang“ (S. 206.)

Den Roman durchzieht eine melancholisch-traurige Stimmung. Von Anfang an liegt etwas Drohendes und Unheilvolles über dem Erzählten. Beschreibungen von Licht, Schatten, Farben und Formen werden immer wieder eingesetzt, um Stimmungen und Atmosphäre herzustellen. So vermitteln sich dem Leser eindrücklich Verzweiflung, Schmerz und Fassungslosigkeit des Ich-Erzählers angesichts der Geschehnisse.

Die Ereignisse werden im Wesentlichen chronologisch geschildert, der Erzähler greift jedoch dem Geschehen immer wieder durch Vorausdeutungen, etwa in Leseranreden, vor. Er äußert auch klare Vorstellungen, wie er sich seinen Leser vorstellt und welche Leser er nicht wünscht. Ein Leser, dem der Bericht „rührselig und sentimental“ (S. 63) erscheine und der stolz auf seine in schweren Jahren erworbene Härte sei, solle das Buch ruhig aus der Hand legen: „Es ist dann nicht für Dich geschrieben worden“ (ebd.). Beinahe zornig fährt er fort: „Dein spöttelndes Mitleid hat Esther nicht nötig“ (ebd.). Er wende sich an den Leser, der ihm bisher aufmerksam gefolgt sei: „An dich, der diesen holprigen Sätzen nicht schnell genug folgen konnte und oft das Buch aus der Hand legte, um nachzudenken und sich zurechtzufinden in einer fremden Welt“ (ebd.).

Handlungsort und Zeit der Erzählung bleiben bis auf wenige Ausnahmen unkonkret, aufgrund der zeitlichen Zuordnung bestimmter historischer Ereignisse (wie etwa der Kennzeichnungspflicht für Juden), kann man den jeweiligen Handlungszeitraum jedoch grob zuordnen.

Den Roman widmet der Autor „Meiner tapferen Mutter“.


Biografie

Peter Edel (geb. am 12.07.1921 in Berlin als Peter Hirschweh, gest. am 07.05.1983 in Berlin) wurde in eine bürgerliche deutsch-jüdische Familie geboren. Der jüdische Vater Erich Hirschweh war Kaufmann, die katholische Mutter Margarete Hirschweh (geb. Edel) Schneiderin. Sein Großvater war der Illustrator und Schriftsteller Edmund Edel. Peter Edel wuchs als Einzelkind auf, die Familie war Mitglied der reformierten Jüdischen Gemeinde in Berlin.

Edel besuchte von 1926 bis 1931 die Volksschule, danach bis 1935 das Prinz-Heinrich-Gymnasium in Berlin, das er jedoch aufgrund der nationalsozialistischen Rassegesetze verlassen musste. Bis 1940 absolvierte er eine Ausbildung als Maler und Grafiker an der Grafischen Privatschule Hausdorf und erhielt illegal Unterricht bei Otto Arpke sowie Julie Wolfthorn und Käthe Kollwitz im Contempora Lehratelier für neue Werkkunst. Edel plante, nach Großbritannien zu emigrieren. Diese Pläne scheiterten jedoch im Herbst 1939 mit Kriegsbeginn. Um den Sohn zu schützen, sahen die Eltern 1940 nur die Möglichkeit einer formalen Scheidung – so führte Edel fortan nicht mehr den Nachnamen Hirschweh, sondern den Geburtsnamen der Mutter. Erich Hirschweh wurde im August 1942 nach Theresienstadt und im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Im August 1940 heiratete Peter Edel die Jüdin Lieselotte Reichmann und konvertierte zum Protestantismus. Doch dies schützte ihn nicht vor den Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten: Von November 1941 bis Januar 1943 musste er Zwangsarbeit im Rüstungsbetrieb Siemens & Halske in Berlin leisten. Hier knüpfte er auch Kontakte zum antifaschistischen Widerstand, dem er bis zu seiner Verhaftung zuarbeitete. Im Zuge der Deportation fast aller noch in Berlin verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter Ende Februar 1943 wurde er festgenommen, jedoch zunächst wieder freigelassen.

Edel wurde am 2. Juli 1943 erneut verhaftet und nach Verhören bei der Gestapo im Polizeigefängnis Alexanderplatz, im Gestapo-Gefängnis Burgstraße und im Gestapo-Gefängnis Lehrterstraße in Schutzhaft genommen und schließlich wegen ‚artfremder Kunstbetätigung‘ und wegen der ‚Verbreitung reichsfeindlicher Schriften‘ im sogenannten Arbeitserziehungslager Großbeeren interniert. Nach einem Aufenthalt im Transportgefängnis Moabit wurde er dann im November 1943 nach Auschwitz deportiert. Von dort brachte man ihn Ende Januar/Anfang Februar 1944 in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin. Aufgrund seiner Ausbildung als Grafiker wurde er der ‚Operation Bernhard‘ zugewiesen, einer in Block 19 dieses Lagers streng geheim und abgeschirmt arbeitenden Gruppe von Häftlingen, die vor allem gefälschte Banknoten und Ausweispapiere herstellen mussten. Anfang 1945 wurden diese Häftlinge sowie sämtliche Materialien und Druckmaschinen nach Österreich in das Konzentrationslager Mauthausen verlegt. Am 5. Mai 1945 erlebte Peter Edel dort die Befreiung. Seine Frau entging der Deportation nicht und wurde im Januar 1944 in Auschwitz-Birkenau ermordet.

Im Konzentrationslager Mauthausen entstanden zahlreiche Zeichnungen von ihm, die in der Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen sowie in den Städtischen Sammlungen Wien aufbewahrt werden. Seine Zeichnungen aus den Konzentrationslagern wurden 1947 in der Wiener Ausstellung „Niemals vergessen“ gezeigt.

Ab Mai 1945 war Edel als Maler, Buchillustrator, Publizist und Schriftsteller in Bad Ischl in Österreich tätig. Er arbeitete dort auch als Bühnenbildner am Stadttheater und als Mitarbeiter des Zentralorgans der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) „Neue Zeit“ in Linz. Er heiratete erneut, die Ehe mit seiner Frau Ellen wurde jedoch 1948 geschieden. 1947 erschien sein Roman „Schwestern der Nacht“. Ende 1947 kehrte er zunächst nach West-Berlin zurück, wo er wieder als Journalist und Illustrator – unter anderem für die „BZ am Abend“ und die „Weltbühne“ – arbeitete. Neben dieser Arbeit war er vor allem auch in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) aktiv, der er am 3. März 1949 beitrat und in deren Hauptvorstand er gewählt wurde. Als die VVN in Westdeutschland verboten wurde, verfasste er eine Protestresolution. 1949 siedelte er nach Ost-Berlin über. Von 1947 bis 1951 war er ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift „Die Weltbühne“, von 1951 bis 1964 Kulturredakteur der „BZ am Abend“, wo er vor allem als Kunst-, Theater- und Filmkritiker tätig war. 1953 heiratet er Helga Korff.

Peter Edel war überzeugter Bürger der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Ab März 1956 war er Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Die Bundesrepublik war für ihn der Teil Deutschlands, in dem Nationalsozialisten wieder zu Amt und Würden kamen. Edel trat bis zu seinem Tod als Sprecher auf vielen antifaschistischen Kundgebungen, Lesungen und Gedenktagen auf. So sprach er etwa auch 1980 zum 35. Jahrestag der Befreiung von Mauthausen. Peter Edel nutzte viele – zum größten Teil humoristische – Pseudonyme: Lieschen Bratfisch, Frank Bussard, Peggie Plauder-Pocket, Sergeant Babble, Bobby Box, Hans Dampf, Erik Walter Regarsch und Edmund Zeichner.

Seit 1964 lebte er als freischaffender Schriftsteller. 1972 wurde er Mitglied des P.E.N.-Zentrums der DDR und 1978 Vorstandsmitglied des Deutschen Schriftstellerverbandes. Ab 1974 war er als Kontaktperson (KP) für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR erfasst, ab 1978 als inoffizieller Mitarbeiter (IM „Thomas“). 1979 erschien seine Autobiografie „Wenn es ans Leben geht“. Ab 1982 gehörte er der Zentralleitung des Komitees der Antifaschisten und Widerstandskämpfer an.

Peter Edel erhielt mehrere Auszeichnungen, so etwa 1958 die Medaille der Kämpfer gegen den Faschismus, 1961 den Heinrich-Heine-Preis des Ministeriums für Kultur der DDR und 1964 die Johannes-R.-Becher-Medaille. Außerdem wurde er 1969 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold, 1970 mit dem Nationalpreis der DDR für den Roman „Die Bilder des Zeugen Schattmann“ und 1979 mit dem Karl-Marx-Orden ausgezeichnet sowie 1981 zum „Held der Arbeit“ ernannt. Nach Peter Edel wurde in Berlin-Hellersdorf 1986 eine Straße benannt.

Quellen:





Bearbeitet von: Charlotte Kitzinger