Siewert, Robert (1887-1973)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
Wechseln zu: Navigation, Suche
Autor von: Sadisten (1945)
Die Karte wird geladen …
Name Siewert, Robert

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 30. Dezember 1887
Geburtsort Swarzędz
Sterbedatum 2. November 1973
Sterbeort Berlin
Tätigkeit Politiker, Journalist, Widerstandskämpfer
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Robert Eduard Siewert (geb. 30.12.1887 in Schwersenz/Poznań, gest. 02.11.1973 in Berlin) wuchs als Kind eines Zimmermanns auf. Als die Mutter 1889 starb, zog der Vater mit der Familie nach Berlin, wo Siewert eine Maurerausbildung absolvierte. Danach ging er auf Wanderschaft durch Deutschland, die Schweiz und Dänemark. Nach dem Abschluss seiner Lehre 1905 schloss er sich der Gewerkschaft und 1906 der SPD an. Während seiner Zeit in der Schweiz von 1908 bis 1915 gründete er nicht nur eine Familie, sondern engagierte sich auch dort in der Gewerkschaftsarbeit, im Vorstand des Internationalen Arbeitervereins „Eintracht“, bei der Verteilung von politischer Literatur und als Sekretär des Schweizer Bauarbeiterverbandes. Wegen der „führenden Funktion“ (BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 1) bei mehreren Streiks, vor allem von Schweizer Maurern, wurde er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. 1915 wurde Siewert aus der Schweiz ausgewiesen und musste als Soldat an der Ostfront dienen. In dieser Zeit war er im Spartakusbund und im November 1918 im Soldatenrat aktiv. Nach Kriegsende kehrte er zunächst als Sekretär der KPD ins Vogtland zurück, ließ sich dann aber vorübergehend in Chemnitz nieder und arbeitete im Literatur- und Zeitungsvertrieb der KPD, der er am 1. Januar 1919 beigetreten war. Damit war sein Weg in Richtung Verlagswesen eingeschlagen: 1925 wurde er Leiter der Berliner Vereinigung der Internationalen Verlagsanstalten, im Jahr darauf übernahm er den Verlag „Einheit“, von 1931 bis 1932 war er im Verlag „Arbeiterpolitik“ angestellt. In diese Zeit fielen auch mehrere Aufenthalte in der Sowjetunion. 1929 wurde Siewert wegen innerparteilicher Konflikte aus der KPD ausgeschlossen und trat der neugegründeten KPD-Opposition (KPDO) bei. Er organisierte in dieser Position den Aufbau der illegalen Untergrundarbeit der Partei, teilte Gruppen ein und plante geheime Versammlungen. Seine Arbeit auf dem Bau als Maurer und Fliesenleger nutzte er, um Kontakte zu pflegen und Flugschriften zu verteilen. Er war ebenfalls an der Einfuhr von in Deutschland verbotenen Schriften aus dem Ausland beteiligt. Er schreibt dazu in einem mit „Aus der Kampfzeit gegen den Nazismus“ betitelten Bericht: „Im Ausland erschienen damals eine Reihe von Kampfschriften gegen den Faschismus. Es war außerordentlich wichtig, dafür zu sorgen, daß diese Schriften über die Grenze geholt wurden. Wir organisierten dafür besondere Kolonnen. […] Diese Arbeit war immer mit einem großen Risiko verbunden und forderte im Laufe der Zeit viele Opfer. Aber auch diese Opfer haben sich gelohnt, denn die illegale Literatur trug wesentlich zur Klärung der Lage bei“ (BArch, SgY 30/0890/1, S. 209f.).

1933 wurde Siewert verhaftet: Ein SA-Trupp wartete nach dem Reichstagsbrand auf ihn in seiner Wohnung in Berlin-Tegel, verwüstete diese und nahm ihn mit, da er im Verdacht stand, illegale Flugblätter hergestellt zu haben. Siewert lebte nach seiner Entlassung aus den Gefängnissen am Alexanderplatz und in Moabit illegal und arbeitslos in Berlin. Nach eigenen Angaben soll die Äußerung „Bei uns gilt nach wie vor der alte Gruß ‚Guten Morgen‘, ‚Guten Tag‘, ‚Guten Abend‘. Ich kenne den Gruß ‚Heil Hitler‘ nicht!“ (Provinzialverwaltung Sachsen 1945, S. 8) der Grund für seine erneute Inhaftierung am 8. April 1935 gewesen sein. Siewert wurde daraufhin vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Haft verurteilt. Am 25. Dezember 1935 wurde er in das Zuchthaus Luckau überstellt, wo er – eigenen Angaben folgend – erneut den Untergrundwiderstand organisierte und politische Diskussionen sowie Schulungen leitete. Da er auch im Zuchthaus als Maurer arbeitete, war es ihm möglich, auf diese Weise mit vielen Mithäftlingen in Kontakt zu kommen. Nach drei Jahren Zuchthaus wurde er jedoch nicht entlassen, sondern ein halbes Jahr durch die Gestapo in Berlin inhaftiert. Im September 1938 brachte man ihn nach Buchenwald, wo er sich wieder der KPD annäherte und zum internationalen Lagerkomitee gehörte. Siewert war dort Kapo eines Baukommandos und bildete jüdische und polnische Häftlinge zu Maurern aus. Nachdem er Ende August 1944 auf einer illegalen Gedenkfeier für Ernst Thälmann eine Rede gehalten hatte, war er zusätzlichen Schikanen von Seiten der SS ausgesetzt und wurde mehrmals zwischen dem Weimarer Gefängnis, dem Bunker im KZ Buchenwald und dem Gefängnis Ichtershausen verlegt. Siewert wurde schließlich erneut in das KZ Buchenwald überstellt und dort auf eine Liste derjenigen gesetzt, die hingerichtet werden sollten – das Lager wurde jedoch rechtzeitig von den Amerikanern befreit. Nach dem Ende seiner 10-jährigen Haft schloss er sich am 18. Mai 1945 der KPD an und unterstützte von Halle – das damals noch amerikanisch besetzt war – aus den Neuaufbau der KPD und der Gewerkschaften in Sachsen. Er stieg zum Ersten Vizepräsidenten der Provinz Sachsen auf, war bis zum 31. März 1950 Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt und schließlich bis 1967 Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Aufbau der DDR, wo er sich aktiv an der Durchführung der Bodenreform beteiligte. Siewert war Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und in dessen Zentralvorstand ebenso aktiv wie im Buchenwaldkomitee. Die DDR-Führung zeichnete ihn mit verschiedenen Ehrungen aus, so wurde ihm unter anderem der Karl-Marx-Orden, der Vaterländische Verdienstorden in Silber und Gold sowie 1972 der Stern der Völkerfreundschaft in Silber zu seinem 85. Geburtstag verliehen.

Quellen:

  • Bundesstiftung Aufarbeitung. Online: http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=3302 (Stand: 25.06.2019).
  • Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945.
  • Siewert, Robert: „Lebenslauf und Fragebogen der SED“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 1-4.
  • Siewert, Robert: „Eine unangenehme Überraschung“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 206f.
  • Siewert, Robert: „Aus der Kampfzeit gegen den Nazismus“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 208-2013.
  • Siewert, Robert: „Lebenslauf“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, DH/1 23961 Personalakte Robert Siewert, o.S.
  • Siewert, Robert: „Personalbogen“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, DH/1 23961 Personalakte Robert Siewert, o.S.