Sadisten (1945)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Sadisten
Autor Borchert, Alfred, Franz, Helmut, Reiser, Adolf, Siewert, Robert (1887-1973), Sober, Friedrich, Wesiger, Werner
Genre Sammlung von Erinnerungsberichten

Ausgaben des Werks

Digitalisat in DIGISAM öffnen
Ausgabe von 1945, Halle
Titel Sadisten
Untertitel Repräsentanten des Hitlerstaates

Erscheinungsort Halle
Erscheinungsjahr 1945

Publiziert von Borchert, Alfred, Franz, Helmut, Reiser, Adolf, Siewert, Robert (1887-1973), Sober, Friedrich, Wesiger, Werner

Illustriert von Carolus, Piech, Richard

Umfang 48 Seiten
Abbildungen 10 Zeichnungen, die den einzelnen Berichten als Titelbilder vorangestellt sind, 1 Grundriss der „Genickschuß-Anlage der SS im Pferdestall des Konzentrationslagers Buchenwald“

Preise 0,50 Mark
Bibliotheksnachweise UBGI-icon.gif UB Gießen (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)


Zusammenfassung

In sieben kurzen Texten berichten Überlebende verschiedener Konzentrationslager über ihre zumeist langjährige Inhaftierung. Dabei stehen neben der Beschreibung des Alltags und der Strafen im Lager immer auch das Lob der Kameradschaft und der Hilfsbereitschaft zwischen den Häftlingen – vor allem zwischen den aus politischen Gründen Inhaftierten – im Vordergrund. Die deutschen Intellektuellen, die Vertreter der kapitalistischen Wirtschaft und Deutsche aus dem Bürgertum werden von den Autoren an mehreren Stellen für ihre Feigheit oder ihre Zugehörigkeit zum NS-System kritisiert.

Den Anfang macht Robert Siewert: In einem Auszug aus einer Rede berichtet er über seine zehnjährige Haft als politischer Häftling. Darin schildert er detailliert sowohl die grausame Behandlung der Häftlinge durch die SS in Buchenwald und die Errichtung des dortigen Bordells als auch das Schicksal des KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmanns. Auch die internationale Zusammensetzung der Häftlinge und die Ermordung der russischen Kriegsgefangenen durch Genickschüsse, während diese glaubten, vermessen zu werden, thematisiert er. Diese Genickschussanlage ist in der Broschüre abgebildet, um dem Leser die Prozedur zu veranschaulichen und Authentizität zu vermitteln. Dass die wie „Schauermärchen“ (S. 10) wirkenden Geschichten schwer zu glauben seien, weiß Siewert, umso mehr beteuert er, dass es die „ungeschminkte Wahrheit“ (ebd.) sei. Der Autor charakterisiert die SS-Mannschaften als dumm, brutal und rücksichtslos. Die Ehefrau des Kommandanten Koch habe sich gar Brieftaschen und Lampenschirme aus tätowierter Menschenhaut herstellen lassen. Demgegenüber steht das Verhalten der Häftlinge, deren Handlungen er fast durchgehend in der Wir-Form beschreibt. Siewert hebt an mehreren Stellen hervor, wie stark die Kameradschaft und der Zusammenhalt zwischen allen Häftlingen – auch den jüdischen – war. Am Ende seiner Niederschrift hält Siewert den Mythos der Selbstbefreiung Buchenwalds durch die kommunistischen Häftlinge aufrecht: „Heimlich wurden Waffen ins Lager geschmuggelt. Eine kleine bewaffnete Gruppe hatte sich im Lager zusammengefunden, und so halfen wir selbst an unserm Befreiungswerk mit“ (S. 14).

Von Siewert stammt auch der letzte Bericht der Sammlung, in dem er die Foltermethoden besonders grausamer SS-Männer aus Buchenwald darstellt, darunter die des Scharführers Abraham. Die von ihm beschriebenen SS-Männer, die oft aus Vergnügen quälen, „waren keine Menschen, keine Männer mehr, sie waren wie die Tiere“ (S. 44). Daran ändert auch nach den Beschwerden, die Siewert beim Kommandanten des Lagers vorbringt, nichts. Der Text, der durchaus literarischen Ansprüchen genügt, wirkt durch die Wahl des Präsens, den Ich-Erzähler und durch die atmosphärische Schilderung der Geschehnisse eindringlich und nah.

Helmut Franz berichtet über seine Zeit im Aschendorfer Moor im Emsland vor 1939. Hatten er und seine Mitgefangenen im Zuchthaus Amberg zunächst die Verlegung in das Moorlager mit der Hoffnung auf eine Besserung ihrer Lage verknüpft, wird schnell deutlich, dass die SS und die von ihr bevorzugten ‚Berufsverbrecher‘ den Häftlingen mit Schikanen und Appellen bei jeder Witterung das Leben zur Hölle machen werden. Im Vordergrund dieses Textes steht erneut der Zusammenhalt der Häftlinge: Selbst Strafen nehmen sie gerne auf sich, wenn nur einem anderen Häftling die Flucht gelingt, so der Autor. Franz schreibt sehr poetisch: „Die Freiheit winkte wie ein Traumland; sie war so unwahrscheinlich nahe und doch so fern“ (S. 17). Am Ende fordert er alle ehemaligen ‚Moorsoldaten‘ auf, Berichte über ihre Erlebnisse einzusenden.

Der Erinnerungsbericht „Natzweiler“ ist von zwei nicht namentlich genannten ehemaligen politischen Häftlingen verfasst, die im Sanitätsrevier des Konzentrationslagers und beim Straßenbau arbeiten. Im gesamten Text wechseln sich Ich- und Wir-Perspektive ab, wodurch dennoch eine klare und wertende Trennung zwischen politischen und ‚kriminellen‘ Häftlingen deutlich wird. Die geschilderten Szenen legen einen Fokus auf die Grausamkeiten, die von der SS, aber auch von den ‚Berufsverbrechern‘ gegen ihre Mithäftlinge ausgeübt werden. Oft töten sie andere Häftlinge, um deren Essensportion zu erhalten. Geschildert werden auch die Menschenversuche und die Ermordung von 120 Franzosen im Rahmen der ‚Nacht- und Nebelaktion‘ 1944. Der Text ist durch kleinere Zwischenüberschriften gegliedert und zeichnet sich durch eine adjektivreiche Sprache aus; allein in einem Absatz nutzt er gehäuft Adjektive wie „primitive“, „unmenschlichsten“ oder „entmenschten“ (S. 23).

In dem kurzen Erlebnisbericht „Durgy“ schildert Alfred Borchert in einfacher, aber eindringlicher Sprache zwei Szenen aus dem Konzentrationslager Durgy, in denen die SS-Wachmannschaften zwei Häftlinge, einen Juden und einen auf der Flucht Gefangenen, durch Prügel und Schikanen quälen bis „{{{Text}}}“ (S. 35, Hervorhebung im Original). Am Ende des Textes macht Borchert dem Leser deutlich, dass die Häftlinge auch damals, als die Lage aussichtslos zu sein schien, die Hoffnung auf den Tag der Freiheit nicht aufgegeben haben.

Adolf Reiser berichtet von seiner Haftzeit im ‚Meckererlager Lublin‘ – vermutlich ist damit das KZ Majdanek gemeint – sowie von den sadistischen Grausamkeiten der SS-Männer, die er mit Namen nennt. Besonders deutlich wird, dass einzelne SS-Männer wie der Hauptscharführer Tanzhaus aus Vergnügen quälen. Als „größte Erniedrigung“(S. 38, Hervorhebung im Original) nimmt Reiser jedoch den täglichen ‚Parademarsch‘ durch die Stadt Lublin wahr, auf dem die Häftlinge von deutschen Zivilpersonen beleidigt und bespuckt wurden. Beiläufig erwähnt er, dass nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 zwei Juden als Strafe in einer Jauchegrube ertränkt wurden. Abschließend berichtet Reiser von dem chaotischen Transportmarsch nach Radom, während dem die deutschen Wachmannschaften fliehen: „Durch den siegreichen Vormarsch der Roten Armee wurden wir für immer befreit, von den Sadisten des hitlerischen Henkerstaates“ (S. 39).

Friedrich Sober schildert in seinem Erinnerungsbericht schlaglichtartig die Foltermethoden im KZ Lichtenburg, in dem er seit Mai 1933 inhaftiert ist, sowie seine Vernehmung in Halle im April 1939. Da er unter Hochverratsverdacht steht, aber keine hilfreichen Aussagen machen kann, wird er von den Beamten der Politischen Polizei gefoltert. Die verschiedenen Foltermethoden beschreibt er ebenso wie seine Selbstmordgedanken. Der Bericht endet abrupt mit der Information, dass er im Anschluss an die KZ-Haft zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt wird; über diese Zeit berichtet er jedoch nicht weiter.

Die einzelnen Texte unterscheiden sich in Stil und Aufbau, da es sich um mehrere Autoren handelt. Allerdings gibt es auch Gemeinsamkeiten; so werden etwa als anklagendes Element einheitlich alle Namen mit Rang und oft auch Heimatort des SS-Mannes oder des Kapos genannt, die Namen sind sogar gesperrt gedruckt. Am Ende der Broschüre werden alle ehemaligen Häftlinge aufgerufen, ihre Erinnerungen niederzuschreiben und zur Publikation freizugeben. Dabei heißt es: „Bloße Tatsachenschilderungen genügen nicht. Die politische Einstellung muß mehr in den Vordergrund treten. – Schreibt uns auch von der Kameradschaft unter den Gefangenen, von den Verhören bei der Gestapo, schildert uns die Behandlung in den Strafanstalten! […] Es interessieren uns außerdem die Namen Eurer Unterdrücker“ (o.S.). Diesen Vorgaben folgen alle hier abgedruckten Berichte.

Der Sammlung der Erinnerungsberichte sind drei Texte vorangestellt: ein Gedicht, ein Vorwort und der Text des „Buchenwaldliedes“. Das Gedicht „Wider die Tyrannen!“ von Werner Wesiger ist zwar nicht mit einem Datum versehen, scheint aber aufgrund des Inhalts für den noch kommenden Tag der Befreiung geschrieben worden zu sein. Es heißt in der abschließenden Strophe: „Ja! Einmal muß aus Morgenwolken / Die Freiheitssonne uns aufgehn: / Sorgt, daß dem Ruf dann alle folgen / Und alle dann gerüstet stehn!“ (S. 3) Es wird darin kämpferisch zum Neuanfang in Freiheit aufgerufen. Danach folgt ein kurzes, am 30. Dezember 1945 verfasstes Vorwort, das mit dem Kürzel „F. Br.“ gezeichnet ist. Blinde Begeisterung aller Deutschen für die SS habe in den vergangenen Jahren geherrscht, jede Familie sei stolz auf einen Sohn bei der SS gewesen, jedes Mädchen habe eine besondere Ehre darin gesehen, mit einem dieser „{{{Text}}}“ (S. 4, Hervorhebung im Original) verlobt zu sein. Jedoch habe dieses Mädchen „bestimmt nicht daran [gedacht], daß ihr Auserwählter lächelnd zusehen konnte, wenn Frauen ausgepeitscht wurden“ (S. 4). Nun sei es an der Zeit, das „{{{Text}}}“ (S. 5, Hervorhebung im Original), zu zeigen. Diesem Anliegen entspricht auch der Aufruf am Ende des Buchs, ein „antifaschistisches demokratisches Deutschland“ (S. 47) aufzubauen. Die Opfer, „die dafür kämpften und starben“ (ebd.), mahnen – so der Appell – jeden einzelnen Deutschen zur Mitarbeit.

Besonderer Wert wird in der Broschüre auf die grafische Gestaltung gelegt. Jedem Bericht ist eine Zeichnung vorangestellt, die den Alltag in dem jeweiligen Lager darstellt: die schwere Arbeit im Aschendorfer Moor, das Schieben der mit Steinen gefüllten Loren im Steinbruch Natzweiler, gewalttätige Übergriffe eines SS-Mannes in Durgy bis hin zu zerrissenen Handschellen am Ende des Buches. Auch die Gedichte und Lieder sind grafisch umrandet mit Szenen aus den Konzentrationslagern. Sinnsprüche wie „Der Antisemitismus ist eine Angelegenheit der zurückgebliebenen Kultur“ (S. 33) von Friedrich Engels sind ebenfalls grafisch hervorgehoben.

Autorbiografien

Borchert, Alfred

Über Alfred Borchert ist bisher nur wenig bekannt. In seinem Erlebnisbericht gibt er an, dass er – vermutlich als politischer Häftling – im Konzentrationslager Durgy gewesen sei. Wo sich dieses Lager jedoch befand, ist unklar.

Quelle:

  • Borchert, Alfred: „Durgy“. In: Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945, S. 34f.

Franz, Helmut

Helmut Franz war bis Februar 1937 im Zuchthaus Amberg/Oberpfalz inhaftiert, bevor er zur Arbeit im Aschendorfer Moor, einem Gefangenenlager im Emsland, transportiert wurde. Er war mindestens bis zum Beginn des Krieges dort inhaftiert.

Quelle:

  • Franz, Helmut: „Aschendorfer Moor“. In: Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945, S. 16-21.

Reiser, Adolf

Adolf Reiser wurde über Kiew im Januar 1943 in ein von ihm als ‚Meckererlager‘ bezeichnetes KZ in Lublin gebracht; vermutlich ist damit Majdanek gemeint. Der Grund für seine Verhaftung ist unklar. Reiser und seine Mithäftlinge wurden zunächst noch von den deutschen Wachmannschaften für einen Marsch nach Radom zusammengestellt, um vor der heranrückenden Roten Armee zu fliehen. Am 22. Juli 1944 wurden er und seine Mithäftlinge jedoch von dieser befreit.

Quelle:

  • Reiser, Adolf: „Meckererlager Lublin“. In: Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945, S. 36-39.

Siewert, Robert (1887-1973)

Robert Eduard Siewert (geb. 30.12.1887 in Schwersenz/Poznań, gest. 02.11.1973 in Berlin) wuchs als Kind eines Zimmermanns auf. Als die Mutter 1889 starb, zog der Vater mit der Familie nach Berlin, wo Siewert eine Maurerausbildung absolvierte. Danach ging er auf Wanderschaft durch Deutschland, die Schweiz und Dänemark. Nach dem Abschluss seiner Lehre 1905 schloss er sich der Gewerkschaft und 1906 der SPD an. Während seiner Zeit in der Schweiz von 1908 bis 1915 gründete er nicht nur eine Familie, sondern engagierte sich auch dort in der Gewerkschaftsarbeit, im Vorstand des Internationalen Arbeitervereins „Eintracht“, bei der Verteilung von politischer Literatur und als Sekretär des Schweizer Bauarbeiterverbandes. Wegen der „führenden Funktion“ (BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 1) bei mehreren Streiks, vor allem von Schweizer Maurern, wurde er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. 1915 wurde Siewert aus der Schweiz ausgewiesen und musste als Soldat an der Ostfront dienen. In dieser Zeit war er im Spartakusbund und im November 1918 im Soldatenrat aktiv. Nach Kriegsende kehrte er zunächst als Sekretär der KPD ins Vogtland zurück, ließ sich dann aber vorübergehend in Chemnitz nieder und arbeitete im Literatur- und Zeitungsvertrieb der KPD, der er am 1. Januar 1919 beigetreten war. Damit war sein Weg in Richtung Verlagswesen eingeschlagen: 1925 wurde er Leiter der Berliner Vereinigung der Internationalen Verlagsanstalten, im Jahr darauf übernahm er den Verlag „Einheit“, von 1931 bis 1932 war er im Verlag „Arbeiterpolitik“ angestellt. In diese Zeit fielen auch mehrere Aufenthalte in der Sowjetunion. 1929 wurde Siewert wegen innerparteilicher Konflikte aus der KPD ausgeschlossen und trat der neugegründeten KPD-Opposition (KPDO) bei. Er organisierte in dieser Position den Aufbau der illegalen Untergrundarbeit der Partei, teilte Gruppen ein und plante geheime Versammlungen. Seine Arbeit auf dem Bau als Maurer und Fliesenleger nutzte er, um Kontakte zu pflegen und Flugschriften zu verteilen. Er war ebenfalls an der Einfuhr von in Deutschland verbotenen Schriften aus dem Ausland beteiligt. Er schreibt dazu in einem mit „Aus der Kampfzeit gegen den Nazismus“ betitelten Bericht: „Im Ausland erschienen damals eine Reihe von Kampfschriften gegen den Faschismus. Es war außerordentlich wichtig, dafür zu sorgen, daß diese Schriften über die Grenze geholt wurden. Wir organisierten dafür besondere Kolonnen. […] Diese Arbeit war immer mit einem großen Risiko verbunden und forderte im Laufe der Zeit viele Opfer. Aber auch diese Opfer haben sich gelohnt, denn die illegale Literatur trug wesentlich zur Klärung der Lage bei“ (BArch, SgY 30/0890/1, S. 209f.).

1933 wurde Siewert verhaftet: Ein SA-Trupp wartete nach dem Reichstagsbrand auf ihn in seiner Wohnung in Berlin-Tegel, verwüstete diese und nahm ihn mit, da er im Verdacht stand, illegale Flugblätter hergestellt zu haben. Siewert lebte nach seiner Entlassung aus den Gefängnissen am Alexanderplatz und in Moabit illegal und arbeitslos in Berlin. Nach eigenen Angaben soll die Äußerung „Bei uns gilt nach wie vor der alte Gruß ‚Guten Morgen‘, ‚Guten Tag‘, ‚Guten Abend‘. Ich kenne den Gruß ‚Heil Hitler‘ nicht!“ (Provinzialverwaltung Sachsen 1945, S. 8) der Grund für seine erneute Inhaftierung am 8. April 1935 gewesen sein. Siewert wurde daraufhin vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Haft verurteilt. Am 25. Dezember 1935 wurde er in das Zuchthaus Luckau überstellt, wo er – eigenen Angaben folgend – erneut den Untergrundwiderstand organisierte und politische Diskussionen sowie Schulungen leitete. Da er auch im Zuchthaus als Maurer arbeitete, war es ihm möglich, auf diese Weise mit vielen Mithäftlingen in Kontakt zu kommen. Nach drei Jahren Zuchthaus wurde er jedoch nicht entlassen, sondern ein halbes Jahr durch die Gestapo in Berlin inhaftiert. Im September 1938 brachte man ihn nach Buchenwald, wo er sich wieder der KPD annäherte und zum internationalen Lagerkomitee gehörte. Siewert war dort Kapo eines Baukommandos und bildete jüdische und polnische Häftlinge zu Maurern aus. Nachdem er Ende August 1944 auf einer illegalen Gedenkfeier für Ernst Thälmann eine Rede gehalten hatte, war er zusätzlichen Schikanen von Seiten der SS ausgesetzt und wurde mehrmals zwischen dem Weimarer Gefängnis, dem Bunker im KZ Buchenwald und dem Gefängnis Ichtershausen verlegt. Siewert wurde schließlich erneut in das KZ Buchenwald überstellt und dort auf eine Liste derjenigen gesetzt, die hingerichtet werden sollten – das Lager wurde jedoch rechtzeitig von den Amerikanern befreit. Nach dem Ende seiner 10-jährigen Haft schloss er sich am 18. Mai 1945 der KPD an und unterstützte von Halle – das damals noch amerikanisch besetzt war – aus den Neuaufbau der KPD und der Gewerkschaften in Sachsen. Er stieg zum Ersten Vizepräsidenten der Provinz Sachsen auf, war bis zum 31. März 1950 Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt und schließlich bis 1967 Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Aufbau der DDR, wo er sich aktiv an der Durchführung der Bodenreform beteiligte. Siewert war Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und in dessen Zentralvorstand ebenso aktiv wie im Buchenwaldkomitee. Die DDR-Führung zeichnete ihn mit verschiedenen Ehrungen aus, so wurde ihm unter anderem der Karl-Marx-Orden, der Vaterländische Verdienstorden in Silber und Gold sowie 1972 der Stern der Völkerfreundschaft in Silber zu seinem 85. Geburtstag verliehen.

Quellen:

  • Bundesstiftung Aufarbeitung. Online: http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=3302 (Stand: 25.06.2019).
  • Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945.
  • Siewert, Robert: „Lebenslauf und Fragebogen der SED“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 1-4.
  • Siewert, Robert: „Eine unangenehme Überraschung“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 206f.
  • Siewert, Robert: „Aus der Kampfzeit gegen den Nazismus“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 208-2013.
  • Siewert, Robert: „Lebenslauf“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, DH/1 23961 Personalakte Robert Siewert, o.S.
  • Siewert, Robert: „Personalbogen“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, DH/1 23961 Personalakte Robert Siewert, o.S.

Sober, Friedrich

Friedrich Sober wurde am 30. Mai 1933 verhaftet und in das KZ Lichtenburg in Sachsen eingeliefert, wo er bis April 1939 blieb. Nach einem Verhör in Halle wurde er zunächst nach Lichtenburg zurückgebracht, kam dann aber über das Fort Zinna bei Torgau nach Berlin-Moabit. Dort wurde Sober zu zehn Jahren Zuchthaus wegen Hochverrats verurteilt. Wo er diese Strafe absitzen musste, ist nicht bekannt.

Quelle:

  • Sober, Friedrich: „Von Lichtenburg nach Halle“. In: Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945, S. 40ff.




Bearbeitet von: Kathy Gareis, Christiane Weber