Vermehren, Isa (1918-2009)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Vermehren, Isa

Geschlecht weiblich
Geburtsdatum 21. April 1918
Geburtsort Lübeck
Sterbedatum 15. Juli 2009
Sterbeort Bonn

Biografie

Isa Vermehren (geb. 21.04.1918 in Lübeck, gest. 15.07.2009 in Bonn) wuchs in Lübeck in einem protestantischen Elternhaus auf. Sie war das zweite Kind von Dr. jur. Kurt Vermehren und Petra Vermehren, geborene Schwabroch. Ihr Großvater Julius Vermehren war Senator.

Nach Besuch des Ernestinen-Gymnasiums zog Vermehren mit ihrer Mutter, die Journalistin war, nach Berlin. Während Petra Vermehren im April 1934 auf Empfehlung des Berliner Rechtsanwalts und Freundes der Familie Paul Leverkuehn als erste Frau in der außenpolitischen Redaktion beim „Berliner Tageblat“ angestellt wurde, machte sich Vermehren mit Auftritten im politisch-literarischen Kabarett von Werner Finck, der Katakombe, schnell einen Namen. Ihr Markenzeichen wurde die Ziehharmonika, die sie „Agathe“ nannte und zu der sie Seemannslieder und Balladen sang. Mit ihren Sticheleien gegen das NS-Regime galt sie als Nachwuchstalent des Berliner Kabaretts.

1938 konvertierte sie durch den Kontakt zu Elisabeth Gräfin von Plettenberg, die später die Ehefrau ihres jüngeren Bruders Erich wurde, zur katholischen Kirche. Am Abendgymnasium holte sie ihr Abitur nach und spielte zwischen 1934 und 1941 in mehreren Spielfilmen mit. Ein Antrag auf Aufnahme in den Sacré-Coeur-Orden wurde wegen ihrer Tätigkeit als Unterhaltungskünstlerin abgelehnt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde sie mit ihrer Ziehharmonika zur Truppenbetreuung an die Front einberufen. Sie gehörte dem regimekritischen Solf-Kreis um Hanna Solf, der Witwe von Wilhelm Solf an. Auch unter anderem Albrecht Graf von Bernstorff, Otto Kiep und Herbert Mumm von Schwarzenstein an zählten dazu.

Im Januar 1944 setze sich ihr Bruder Erich Vermehren, der Mitglied der Abwehr unter Admiral Wilhelm Canaris war, zusammen mit seiner Frau von seinem Einsatzort Istanbul nach London ab. Isa Vermehren, ihre Eltern, ihre Schwester und ein weiterer Bruder wurden in Sippenhaft genommen und in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. Sie überlebte die Lageraufenthalte in Ravensbrück, Buchenwald und Dachau. Als Mitglied des Geiseltransports von prominenten KZ-Häftlingen und Sippenhäftlingen wurde sie nach Südtirol verschleppt und dort am 4. Mai 1945 durch Wichard von Alvensleben befreit. Nach ihrer Rückkehr nach Hamburg Ende Juni 1945 nahm sie ein Engagement bei Radio Hamburg und später beim Nordwestdeutschen Rundfunk an. Anfang 1946 erschien im Verlag von Christian Wegner ihr Bericht über ihre Lagerhaft unter dem Titel „Reise durch den letzten Akt“, in dem sie auch zu einer Fehlinterpretation des Hitler-Attentäters Georg Elser beitrug. 1947 übernahm sie eine Rolle in Helmut Käutners Trümmerfilm „In jenen Tagen“.  

Von 1946 bis 1951 studierte Vermehren an der Universität Bonn Katholische Theologie, Deutsch, Englisch, Geschichte und Philosophie. Dort förderte sie von 1949 bis 1951 das Studentenkabarett „Wintergärtchen“. Am 15. September 1951 trat sie in das Herz-Jesu-Kloster in Beuel-Pützchen der Kongregation der Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu ein. Dieser Frauenorden war während der Französischen Revolution von der heiligen Sophie Barat in Frankreich gegründet worden, um Kindern aus dem Proletariat ein Mindestmaß an Bildung zu vermitteln. Sie unterrichtete dort und wurde ab 1961 mit der Leitung des Sankt-Adelheid in Beuel-Pützchen betraut; von 1969 bis zum Eintritt in den Ruhestand 1983 leitete sie die Sophie-Barat-Schule in Hamburg. Von 1986 bis 1998 sprach sie regelmäßig das „Wort zum Sonntag“ in der ARD. Vor allem ihrer Bildschirm-Präsenz verdankte die zuletzt in Bonn lebende Ordensfrau eine erhebliche Popularität. Für ihre Arbeit erhielt sie das Bundesverdienstkreuz, den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen und den Deutschen Predigtpreis. Sie starb im Alter von 91 Jahren und wurde im Herz-Jesu-Kloster in Bonn-Pützchen beerdigt. Ihre Ziehharmonika ‚Agathe‘ hat seit 2005 einen Ehrenplatz im Bonner Haus der Geschichte.

Quellen: