Warum Judenfrage? (1939)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Angaben zum Werk

Titel Warum Judenfrage?

Genre Sonstige

Ausgaben des Werks

Ausgabe von 1939, Paris
Titel Warum Judenfrage?
Untertitel Rückfall ins Mittelalter oder...

Erscheinungsort Paris
Erscheinungsjahr 1939

Verlegt von Prometheus Verlag
Gedruckt von Impremerie Coopérative Etoile

Umfang 44 Seiten

Bibliotheksnachweise DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Print-dnb-icon.gif gedruckte Ausgabe)
DNB-icon.gif Deutsche Nationalbibliothek (Online-dnb-icon.gif elektronische Ausgabe)


Zusammenfassung

Die Broschüre ist eine umfassende, marxistisch begründete Auseinandersetzung mit der antisemitischen Ideologie und Praxis des Nationalsozialismus und deren Widerlegung durch weitgespannte historische Analysen. Sie setzt ein mit den kurz zuvor stattgefundenen Novemberpogromen, die in der ganzen Welt Abscheu und Empörung hervorgerufen haben. Gegen diese Gewalt verblassen, so heißt es, die Pogrome im zaristischen Russland. Es wurden in Deutschland Juden nicht nur verprügelt worden, sondern es „wurden Frauen und Mädchen vergewaltigt und geschändet. Dutzende Menschen wurden auf der Strasse erschlagen, nur weil sie Juden waren“ (S. 3). Tausende wurden in Konzentrationslager verschleppt, Wohnungen sowie Geschäfte zerstört und die Kosten den Juden selbst auferlegt. In den Wochen danach ist das Leben von Juden in Deutschland durch zahlreiche Verordnungen immer stärker eingeschränkt worden. Das Ziel dieser Politik wurde in der SS-Zeitung „Das Schwarze Korps“ Ende November 1938 klar benannt. „Es ist klar“, leiten die unbekannten Verfasser aus einem dort erschienenen Artikel ab, „dass alle diese Massnahmen nur ein Ziel haben: die physische Ausrottung von 600000 Menschen durchzuführen“ (S. 4).

Die Autoren deuten die Verfolgung der Juden als „ein Zeichen des untergehenden Kapitalismus, als ein Zeichen der inneren Schwäche des faschistischen Regimes in Deutschland, als ein Zeichen des herannahenden Unterganges des Faschismus“ (S. 5). Zwar habe es immer schon – auch blutige – Judenverfolgungen gegeben, aber nie hätten diese einen Tiefpunkt erreicht wie in NS-Deutschland. Überdies erkennen die Verfasser im Antisemitismus „einen Eckstein“ (S. 6) des Regimes und legen dessen menschenverachtende Seite und seine pseudowissenschaftlichen Wurzeln offen. Diese versuchen sie mit Argumenten aus den Schriften von Karl Marx, Friedrich Engels sowie Lenin zu widerlegen. Ein Abriss über „Judenfrage und Antisemitismus in der Geschichte“ von den Anfängen bis in die dreißiger Jahre soll zudem den Lügen und Legenden der NS-Propaganda und -Ideologie der Boden entziehen.

So plump und offensichtlich falsch den Verfassern der Antisemitismus der Nationalsozialisten auch scheint, stellen sie doch eine langsame Wirkung in der Bevölkerung fest: Diese macht Konzessionen dergestalt, dass sie dieser Ideologie nicht grundsätzlich widerspricht, sondern versucht, „sie nur in ihrem Ausmasse abzuschwächen“ (S. 25). Dessen ungeachtet sehen sie gerade in Deutschland eine breite Ablehnungsfront gegen den Antisemitismus, insbesondere in der Arbeiterschaft.

Die Autoren plädieren als Lösung einer offenbar grundsätzlich als gegeben anerkannten ‚Judenfrage‘ für die völlige „Verschmelzung der Juden mit den Völkern der Länder, in denen sie leben“ (S. 34). Den Zionismus lehnen sie vehement ab, da er dem Antisemitismus „immer wieder Waffen lieferte“ (ebd.). Es besteht kein Zweifel für sie, dass letztlich nur der Sozialismus die ‚Judenfrage‘ löse: „So wie der Sozialismus die Befreiung aller Völker bringt, so bringt er auch für die Juden die endgültige Befreiung von Verfolgung und Unterdrückung“ (S. 37), das zeige auch die Situation in der Sowjetunion.

Im Anhang werden drei Aufrufe gegen die Verfolgung der Juden, die aus Anlass der Novemberpogrome veröffentlicht wurden, abgedruckt: von der nicht näher bestimmten „Sowjetintelligenz“ (S. 39); vom Schutzverband deutscher Schriftsteller, stellvertretend unterzeichnet von Personen wie Willi Bredel, Egon Erwin Kirsch, Ludwig Marcuse und anderen; schließlich einen Protest von Heinrich Mann.



Bearbeitet von: Markus Roth