Buber-Neumann, Margarete (1901-1989)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Buber-Neumann, Margarete

Geschlecht weiblich
Geburtsdatum 21. Oktober 1901
Geburtsort Potsdam
Sterbedatum 6. November 1989
Sterbeort Frankfurt am Main
Tätigkeit Autorin, Publizistin, Schriftstellerin, Journalistin
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Margarete Buber-Neumann (geb. am 21.10.1901 in Potsdam, gest. am 06.11.1989 in Frankfurt am Main) wurde als Margarete Thüring in ein bürgerlich-protestantisches Elternhaus geboren. Von 1908 bis 1918 besuchte sie das Lyzeum in Potsdam. Nach dem Abschluss begann sie 1919 eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und Hortnerin am „Pestalozzi-Fröbel-Haus“ in Berlin. 1920 legte sie das Examen als Kindergärtnerin ab und lernte über die Wandervogelbewegung Rafael Buber, den Sohn des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber kennen, mit dem sie nach Heidelberg zog, wo beide dem Kommunistischen Jugendverband beitraten. 1921 wurde ihre erste Tochter Barbara geboren, 1922 heirateten sie und 1924 wurde die zweite Tochter Judith geboren. Die Familie lebte zeitweise im Haus des Schwiegervaters Martin Buber in Heppenheim. 1925 trennte sich Buber-Neumann von Rafael Buber. Bei der Scheidung wurden die Kinder den Schwiegereltern Paula und Martin Buber zugesprochen.

1926 absolvierte Buber-Neumann einen Handelsschulkurs und trat in Potsdam in die KPD ein. Von 1928 bis 1932 arbeitete sie als Sekretärin bei der Komintern-Zeitschrift „Internationale Pressekorrespondenz“ in Berlin. Im Haus ihrer Schwester Babette Gross lernte sie 1929 Heinz Neumann, einen leitenden KPD- und Kominternfunktionär, kennen. 1931 wurde sie als Delegierte nach Moskau geschickt und begleitete Neumann 1932 erneut nach Moskau, als dieser seiner Funktionen im Politbüro der KPD enthoben und von der Komintern nach Moskau beordert wurde. Dort war er als Übersetzer für einen Komintern-Verlag tätig. Von 1933 bis 1935 lebte das Paar in Spanien, wo Neumann einer illegalen ‚Kominterndelegation‘ angehörte. Mit Hitlers Machtübernahme verlor Neumann die deutsche Staatsbürgerschaft und das Paar lebte nun illegal in Spanien. Da Neumann verbotenerweise Briefe an Freunde in Deutschland schrieb, wurde er aus Moskau jeglicher Kominternarbeit enthoben und nach Zürich beordert. Hier wurde Neumann im Dezember 1934 wegen seines falschen Passes verhaftet. Da die deutschen Behörden seine Auslieferung verlangten, erklärte Sowjetrussland sich bereit, ihn aufzunehmen. Auch Margarte Buber-Neumann erhielt ein Einreisevisum. In Moskau wurden sie im Hotel Lux, dem Gemeinschaftshaus der Komintern, einquartiert. Von 1935 bis 1937 arbeitete Neumann für die „Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter“; Margarete Buber-Neumann wurde seine Sekretärin. Immer wieder wurde Neumann zu Verhören der Komintern gerufen, ihm wurden politische Fehler oder parteifeindliche Äußerungen vorgeworfen. In der Nacht vom 27. auf den 28. April 1937 wurde Heinz Neumann durch die sowjetische Geheimpolizei (NKWD) verhaftet, zum Tode verurteilt und kurze Zeit später ermordet. Buber-Neumann erhielt jedoch erst 1959 durch ein Schreiben des Roten Kreuzes von seinem Schicksal Kenntnis. Margarete Buber-Neumann wurde nach der Verhaftung ihres Mannes sofort aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen, da sie sich weigerte, eine Erklärung über die Schuld ihres Mannes abzugeben. Sie blieb zunächst allein in Moskau zurück, bis sie im Frühjahr 1938 selbst verhaftet und ohne Gerichtsverfahren zu fünf Jahren Haft im Lager Karaganda in Kasachstan verurteilt wurde. Gemeinsam mit weiteren Personen wurde sie im Rahmen des Hitler-Stalin-Pakts noch im Februar 1940 an das Deutsche Reich ausgeliefert und im August 1940 in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert. In Ravensbrück lernte Buber-Neumann die tschechische Journalistin Milena Jesenská kennen, die als Freundin und Übersetzerin Franz Kafkas bekannt ist. Ihre enge Freundschaft mit Milena Jesenská schilderte Margarete Buber-Neumann in ihrer 1963 erschienen Biografie „Kafkas Freundin Milena“.

Kurz vor der Befreiung des Lagers durch die sowjetischen Streitkräfte im April 1945 wurde Buber-Neumann am 21. April 1945 aus Ravensbrück entlassen und schlug sich zu den amerikanischen Streitkräften durch, um nicht von sowjetischen Einheiten aufgegriffen zu werden. In Boizenburg an der Elbe musste sie vier Wochen auf amerikanischem Gebiet darauf warten, weiterreisen zu dürfen. Am 23. Mai 1945 schrieb sie an ihre Freundin Martha Desrumeaux, sie sei krank und am Ende ihrer Kräfte und bat sie um Hilfe, einen Transport für die Ravensbrücker deutschen Antifaschistinnen über die Elbe zu erzwingen. Sie fuhr fort: „Gute Neuigkeiten: gestern habe ich auf der Strasse in Boizenburg den Ravensbrücker Gestapo-Agent, unseren wohlbekannten Ramdor, verhaften lassen. Ich hoffe, die Amerikaner haben die Wichtigkeit dieser Verhaftung begriffen und lassen ihn nicht laufen. Ich habe ein Protokoll gegen diese Bestie geschrieben“ (Buber-Neumann an Martha Desrumeaux, 23.05.1945, o.S.).

Nach Kriegsende lebte Buber-Neumann zunächst in Thierstein, dann in Frankfurt am Main. Zwischen 1946 und 1949 hielt sie sich jedoch auch häufig als Gast des Internationalen Roten Kreuzes (IRRC) in Schweden auf. Am 17. September 1946 wurde ihr ein dreimonatiges Visum für Schweden zum Zwecke der Erholung ausgestellt. Hier schrieb sie auch ihre Erinnerungen „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“ auf, die 1949 erstmals erschienen. Im November 1946 kehrte sie nach Deutschland zurück und zog nach Frankfurt am Main. Wie aus einem Schreiben an die Filmkontrollstelle in Frankfurt hervorgeht, plante sie, hier ein Lichtspieltheater zu eröffnen und ersuchte um eine Lizenz für dieses Vorhaben. 1948 heiratete sie Helmuth Faust, die Ehe wurde jedoch einige Jahre später wieder geschieden. Helmuth Faust war 1950 als Cheflektor im Verlag „Frankfurter Hefte“ unter der Leitung Eugen Kogons beschäftigt. 1949 trat Buber-Neumann als Zeugin im Victor Krawtschenko-Prozess in Paris auf. Krawtschenko hatte im amerikanischen Asyl ein Buch über den stalinistischen Terror verfasst und war daraufhin von einer französischen kommunistischen Zeitung als Lügner und CIA-Agent diffamiert worden.

In den folgenden Jahren gründete Buber-Neumann in Frankfurt das „Befreiungskomitee für die Opfer totalitärer Willkür“ und leitete 1951 und 1952 das „Institut für politische Erziehung“. Sie startete zudem die Monatszeitschrift „Aktion“ und setzte ihre publizistische Tätigkeit in den nächsten Jahrzehnten fort. Sie hielt in der Bundesrepublik und im Ausland zahlreiche Vorträge, um vor dem Kommunismus zu warnen. 1975 trat sie der Frankfurter CDU bei. 1982 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Im Februar 1989 wurde Buber-Neumann vom Verband der Heimkehrer Deutschlands für ihre Werke „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“ und „Von Potsdam nach Moskau“ (1957) mit dem Friedlandpreis der Heimkehrer ausgezeichnet.

Quellen:

  • Buber-Neumann, Margarete: „Biographische Informationen“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Margarete Buber-Neumann EB 89/193 III.A.001 (6), o.S.
  • Buber-Neumann, Margarete: „Biographische Informationen“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Margarete Buber-Neumann EB 89/193 I.C. 189, o.S.
  • Buber-Neumann, Margarete: Brief an Martha Desrumeaux, 23.05.1945. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Margarete Buber-Neumann EB 89/193 I.C. 181, o.S.
  • Buber-Neumann, Margarete: „Brief an Herrn Lubliner, Filmkontrollstelle, 07.02.1946“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Margarete Buber-Neumann EB 89/193 I.C. 119, o.S.
  • „Entlassungsschein aus dem KZ Ravensbrück von Margarete Buber-Neumann, 21.04.1945“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Margarete Buber-Neumann EB 89/193 II.B.004, o.S.
  • „Military Exit Permit für Margarete Buber-Neumann, 1946“ In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Margarete Buber-Neumann EB 89/193 II.A.004, o.S.
  • Peitsch, Helmut: Deutschlands Gedächtnis an seine dunkelste Zeit. Zur Funktion der Autobiographik in den Westzonen Deutschlands und den Westsektoren von Berlin 1945 bis 1949. Berlin: Edition Sigmar Bohn 1990, S. 452.
  • Wunderle, Michaela: Apropos Margarete Buber-Neumann. Frankfurt am Main 2001.