Marcuse, Bruno (1878-1948)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Marcuse, Bruno

Geschlecht männlich
Geburtsdatum 6. Januar 1878
Geburtsort Berlin
Sterbedatum 27. Dezember 1948
Sterbeort Temmenhausen

Biografie

Der Kaufmann Bruno Marcuse (geb. 06.01.1878 in Berlin, gest. 27.12.1948 in Temmenhausen) war in verschiedenen Berliner Firmen tätig, die sich auf Maschinenbau spezialisiert hatten, unter anderem 1914/1915 als Direktor der Maschinenfabrik Montania in der Zweigniederlassung Berlin sowie im selben Jahr als Prokurist in der Aktiengesellschaft R. Dolberg Berlin und 1932 bei Orenstein & Koppel ebenfalls in Berlin (vgl. Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften 1914/1915 sowie 1932). Marcuse war zweimal verheiratet: Zuerst ab 1911 mit Katie Stargardt (geb. 14.11.1883 in London, gest. um 1968 in Israel) und ab 1916 mit Hedwig Ettling (geb. 09.05.1884 in Arnstadt, gest. 24.06.1940 in Berlin). Aus der ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor – namentlich bekannt ist der 1915 geborene Sohn Adi/Adolf Maroz –, die nach dem Krieg (evtl. auch schon zuvor) in einem Kibbuz in Haifa lebten. Mit seiner protestantischen Frau Hedwig bekam er in zweiter Ehe einen Sohn, Manfred, der während des Krieges zur Arbeit für die Organisation Todt in Lothringen zwangsverpflichtet wurde; 1945 lebte er in Berlin und war bei einer Militärregierung beschäftigt.

Marcuse selbst wurde auf Grund seines jüdischen Glaubens am 21. Januar 1944 nach Theresienstadt deportiert. Nach seiner Befreiung blieb er noch bis zum 10. Juli 1945 dort.

Marcuse begann erst während seiner Zeit in Theresienstadt zu schreiben. In dem von ihm verfassten Gedicht „Persönliches“, mit dem er seine Gedichtsammlung „Erlebnisse im KZ Theresienstadt“ von 1946 beginnt, heißt es in der letzten Strophe: „Sonderbar, höchst sonderbar! / Über 65 Jahr / Gab ich dem Erwerb mich hin, / Hattʼ für Dichten keinen Sinn. / Aber die Natur nicht träge, / Macht die Abwehrkräfte rege, / Die wir brauchen, um den Dingen / Unser Wollen aufzuzwingen“ (S. 10). Zu dieser neuen ‚Berufung‘ passt auch Marcuses Eintrag in einem Nachkriegs-Fragebogen der Israelitischen Kultusvereinigung Württemberg, in dem er als Beruf „Schriftsteller, früher Kaufmann“ angibt (Mitgliedsfragebogen, in: 1236_001, Archiv der Israelitischen Kultusvereinigung, Personenakte Bruno Marcuse).

Nach Kriegsende stellte er im Juli 1945 einen Antrag auf Auswanderung. Dazu kam es jedoch nicht, denn eine im ITS Bad Arolsen überlieferte Aufzählung führt ihn am 15. September 1946 als Mitglied der Israelitischen Kultusvereinigung Württemberg auf. Auf dem Fragebogen, den er für die Gemeinde ausfüllte, antwortete er auf die Frage, ob er auswandern wolle mit „im jetzigen Zustand nicht“ und erbat finanzielle Unterstützung. Er wohnte zu diesem Zeitpunkt in Temmenhausen im Kreis Ulm, wo er Ende 1948 verstarb.


Quellen:

  • Family Search. Online: https://familysearch.org/pal:/MM9.2.1/MW73-H41?view=basic (Stand: 17.09.2019).
  • Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften. Darmstadt u.a. 1914/1915, S. 674 sowie 1085-1088.
  • Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften. Darmstadt u.a. 1932, S. 3788f.
  • „Liste von Überlebenden des Ghetto Theresienstadt“, 1.1.42.1/4955915/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.
  • Manfred Marcuse Papers 2004.35.1. In: United States Holocaust Memorial Museum.
  • „Mitgliedsfragebogen“. In: 1236_001, Archiv der Israelitischen Kultusvereinigung (heute: Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg), Personenakte Bruno Marcuse.
  • „Mitgliederliste der Israelitischen Kultusvereinigung Württemberg“, 3.1.1.3/78792472/ITS Digital Archive, Arolsen Archives (F-18 Liste).