Torberg, Friedrich (1908-1979)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Name Torberg, Friedrich
Namensvarianten Friedrich Ephraim Kantor (alias)
Geschlecht männlich
Geburtsdatum 16. September 1908
Geburtsort Wien
Sterbedatum 10. November 1979
Sterbeort Wien
Tätigkeit Schriftsteller, Publizist, Herausgeber, Theaterkritiker, Übersetzer, Linguist, Kritiker
Externe Referenzen Deutsche Nationalbibliothek Virtual International Authority File Deutsche Biographie Wikidata

Biografie

Friedrich Torberg (geb. 16.09.1908 in Wien als Friedrich Ephraim Kantor, gest. 10.11.1979 ebenfalls in Wien) wuchs als Sohn tschechisch-jüdischer Eltern im gutbürgerlichen Milieu Wiens auf. Anders als seine assimilierten Eltern lebte er sein Jüdischsein und sah sich selbst als Jude: „Ich wußte, daß ich Jude war. Ich habe Hitler dazu nicht gebraucht“ (zit. nach Reich-Ranicki 1979, S. 21). In seiner Kindheit war Torberg sportlich sowie kulturell aktiv, gründete Lesezirkel an seinem Gymnasium und pflegte einen großen Freundeskreis. 1921 zog die Familie nach Prag, da der Vater zum Prokuristen seiner Firma aufgestiegen war. Auch dort konnte Torberg seinem Interesse für Literatur nachgehen, besuchte Prager Literaturcafés, schickte seine ersten Manuskripte an (zionistische) Zeitungen und lernte bekannte Schriftsteller wie Max Brod, der zu seinem Mentor und ‚geistigen Vater‘ wurde, oder Joseph Roth kennen. Sein literarischer Durchbruch gelang Torberg schon früh durch „Der Schüler Gerber hat absolviert“, einem Schulroman, der allein fünf tschechische Auflagen bis in die 1930er Jahre und die Übersetzung in zehn Sprachen erlebte. In den folgenden Jahren publizierte Torberg in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, u.a. auch in der „Weltbühne“ und der „Neuen Rundschau“. 1933 wurden seine Bücher in Deutschland verboten, da er sich politisch gegen die Nationalsozialisten engagierte und Jude war. Torberg, der auf der „Liste der deutschfeindlich tätigen Journalisten und Schriftsteller“ von 1936 stand, musste 1938 über die Schweiz nach Frankreich und in der Folge über Portugal in die USA emigrieren. Einer Verhaftung in Wien war er noch durch die zeitige Umsiedlung nach Prag zuvorgekommen. Die tschechoslowakische Exilarmee, der er sich in Frankreich noch anschließen wollte, musterte ihn aufgrund eines Herzfehlers aus. Torberg kam, wie seine Romanfigur in „Mein ist die Rache“, 1940 in New Jersey an und wurde von Freunden in Empfang genommen. Durch die Vermittlung des PEN-Clubs, der ihn auf Vorschlag von Erika Mann als einen der ‚Ten Outstanding Anti-Nazi-Writers‘ bereits bei der Ausreise aus Europa unterstützt hatte, erhielt er direkt einen Vertrag als Scriptwriter bei der Produktionsfirma Warner Brothers. Dies sicherte zwar Torbergs finanzielles Auskommen in den ersten Jahren in Hollywood, jedoch wurden seine Arbeiten zunächst nicht wahrgenommen. Umso wichtiger waren Torberg daher seine Freundschaften, die er mit anderen Emigranten wie dem Ehepaar Werfel schloss. Durch mehrere Drehbucherfolge wurde Torberg schließlich auch in den USA bekannt. 1945 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft und heiratete zum ersten Mal. Sechs Jahre blieb er noch in New York, kehrte dann aber nach Österreich zurück, wo er zu einer wichtigen Person des Wiener literarisch-kulturellen Lebens wurde. Er war bis zu seinem Tod ein gefragter Redner und Schriftsteller. Torberg gilt heute als „der bekannteste und einflußreichste österreichisch-jüdische Schriftsteller der Nachkriegszeit“ (Adunka 2000, S. 572) oder – wie Marcel Reich-Ranicki in seinem Nachruf auf ihn schreibt – als „Wiener Institution, ein österreichisches Wunder und ein deutsches Ärgernis“ (Reich-Ranicki 1979, S. 21). Als Autor fand Torberg Zeit seines Lebens viele Betätigungsfelder, verfasste Romane, Gedichte, Dramen, Kritiken, Drehbücher und vieles mehr; auch fungierte er als Herausgeber des kulturpolitischen „FORUM“, als Übersetzer der satirischen Texte von Ephraim Kishon und als Herausgeber anderer Autoren.

Quellen:

  • Adunka, Evelyn: „Torberg, Friedrich“. In: Kilcher, Andreas B. (Hg.): Metzler Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur. Jüdische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Stuttgart/Weimar 2000, S. 572f.
  • Atze, Marcel: „Nachwort“. In: Torberg, Friedrich: Mein ist die Rache. Novelle. München 2008, S. 79-102.
  • Axmann, David: Friedrich Torberg. Die Biographie. München 2008.
  • Reich-Ranicki, Marcel: „Europäer, Österreicher, Jude. Zum Tode von Friedrich Torberg“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.11.1979, S. 21.