Zarębińska-Broniewska, Maria (1904-1947)

Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
Wechseln zu: Navigation, Suche
Die Karte wird geladen …
Name Zarębińska-Broniewska, Maria

Geschlecht weiblich
Geburtsdatum 22. April 1904
Geburtsort Oleśnica
Sterbedatum 5. Juli 1947
Sterbeort Zürich

Biografie

Maria Zarębińska (geb. 22. April 1904 in Oleśnica, gest. 5. Juli 1947 in Zürich) wuchs in wohlhabenden Verhältnissen in einer Kleinstadt der Woiwodschaft Kielce auf. Nach dem Abschluss des Gymnasiums absolvierte sie ein zweijähriges Schauspielstudium (1924 – 1926) am renommierten Reduta-Institut von Juliusz Osterwa in Wilna, wo sie von 1926 bis 1929 auch am Theater auftrat. Im Jahr 1928 lernte sie dort ihren Schauspielkollegen Henryk Szletyński, der später bekannter Theaterpädagoge werden sollte, und dessen Ehefrau Zofia Tymowska (ebenfalls Schauspielerin) kennen. In der Spielzeit 1929 bis 1931 schloss sie sich dem Ensemble des polnischen Theaters in Kattowitz an und von 1932 bis 1939 war sie auch an verschiedenen Schauspielhäusern in Radom, Stettin und Warschau engagiert. Diesen beruflichen Erfolg nennt Szletyński in seinem Vorwort eine „ungeheuer anerkennenswerte Pionierleistung“ (S. 7). Überdies sammelte sie in der Vorkriegszeit auch Filmerfahrung und besetzte kleinere Nebenrollen in erfolgreichen polnischen Spielfilmen: Zu ihren bekanntesten gehören unter anderem „Czarna perła“ (Schwarze Perle) (1934) sowie die Romanadaption „Granica“ (Die Grenze) (1938) des namhaften avantgardistischen Regisseurs Józef Lejtes. Weitere Filmprojekte waren „Młody Las“ (Junger Staat) (1934), „O czym marzą kobiety“ (Wovon Frauen träumen)  (1937) und „Sygnały“ (Signale) (1938).

Beruflich war sie ausgesprochen erfolgreich, ihr Privatleben jedoch von Abschieden und Schicksalsschlägen geprägt: Fünf Jahre nach ihrer Hochzeit verstarb im Jahre 1933 ihr erster Ehemann Zbigniew Kornacki und hinterließ ihr die gemeinsame Tochter Maria (auch Majka genannt, geb. am 8. Oktober 1931 in Warschau). Es vergingen weitere fünf Jahre, bis die Witwe im Mai 1938 bei einer Jubiläumsfeier in der Residenz des polnischen Malers Jan Nepomucen (1802-1847) mit dem angesehenen polnischen Dichter Władysław Broniewski (1897-1962) Bekanntschaft schloss und bald eine informelle Beziehung mit ihm einging. Der Lyriker, der zu diesem Zeitpunkt mit der Journalistin Janina Broniewska verheiratet war und es aus finanziellen Gründen bis 1946 blieb, brachte ebenfalls eine Tochter namens Joanna (Anka) in die Beziehung ein. Da die Beteiligten freundschaftliche Verhältnisse zueinander pflegten, beschlossen sie, ihren Kindern zuliebe mit ihren neuen Partnern in dasselbe Haus in Żoliborz zu ziehen. Sie lebten dort allerdings nur wenige Monate zusammen. Mit Ausbruch des Krieges wurden sie für sechs lange Jahre getrennt: Broniewski meldete sich im September 1939 freiwillig zur polnischen Armee, wurde in das sowjetisch besetzte Lemberg versetzt und verschwand im Januar 1940 für über ein Jahr als NKWD-Gefangener. Er kehrte erst in der zweiten Novemberhälfte 1945 aus dem Exil nach Polen zurück. Janina Broniewska und Tochter Anka flohen ebenfalls in die von der Roten Armee okkupierte Zone. Durch ihre Unterstützung sowie mithilfe einer Freundin der Familie, der Politikerin und Schriftstellerin Wanda Wasilewska, gelang auch Maria Zarębińska und ihrer Tochter im November 1939 die Flucht nach Lemberg. Dort fand Zarębińska eine Anstellung am polnischen Theater, an dem sie bis 1941 weilte. Nach dem Einmarsch der Deutschen im Juni kehrt sie mit ihrer Tochter zu ihrem Vater Pawel Zarębiński und ihrem Bruder Zdzisław in das besetzte Warschau zurück, weigerte sich aber, in den von Deutschen betriebenen Theatern zu arbeiten und verdiente ihren Lebensunterhalt als Kellnerin im Künstlercafé U Aktorek.

Am Morgen des 12. April 1943 fand die Gestapo bei einer Haussuchung Dokumente, die Untergrundaktivitäten ihres Bruders belegten. Außerdem stellte sie weiteres belastendes Material sicher, etwa einen Personal- und einen Dienstausweis Marias, der von sowjetischen Behörden in Lemberg ausgestellt worden war. Zarębińska und ihr Bruder wurden wegen des Verdachts auf konspirative politische Aktivitäten verhaftet und im Pawiak-Gefängnis inhaftiert. Nach Angaben von Marias Tochter wurde Zdzisław Zarębiński bereits während oder unmittelbar nach dem Verhör ermordet (o. A. 2016, S. 51). Maria Zarębińska aber überlebte und wurde nach einem einmonatigen Gefängnisaufenthalt am 13. Mai 1943 mit einer Gruppe von 23 weiblichen politischen Häftlingen nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie unter den Namen Maria Kornacka-Zarębińska mit der Häftlingsnummer 44739 registriert und der Strafkompanie (SK) im Block 25 des zweiten Außenlagers, dem sogenannten Todesblock des Frauenlagers, zugeteilt wurde. Hier musste sie körperliche Schwerstarbeit verrichten und massive Misshandlungen erdulden. So wurde sie etwa ein halbes Jahr später, im November 1943, von einem SS-Schergen brutal zusammengeschlagen und erlitt dabei einen Nierenschaden, der zur völligen Arbeitsunfähigkeit führte. Dank der Bemühungen ihrer Mithäftlinge konnte sie für vier Monate auf das Krankenrevier verlegt werden und sich dort von den unmittelbaren Folgen der Schläge erholen. Jedoch begünstigten ihre extreme Erschöpfung sowie die katastrophalen hygienischen Bedingungen weitere lebensbedrohliche Infektionen: Sie erkrankte an eitriger Krätze, der bakteriellen Ruhr und schließlich an Typhus.

Im Zuge der stufenweisen Räumung des Lagers wurde sie im Sommer 1944 zusammen mit Tausenden weiblichen Gefangenen zur Zwangsarbeit in deutschen Produktionsstätten ausgewählt. Sie wurde am 24. Juli 1944 in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück (Häftlingsnummer 46295) verbracht und unter Quarantäne gestellt. Am 1. September 1944 wird sie in das Konzentrationslager Buchenwald (Häftlingsnummer 27162) überführt, bis sie wegen ihrer guten Deutsch- und Schreibmaschinenkenntnisse mit einer Stelle in der Verwaltung der HASAG-Munitionsfabrik betraut und am 7. September 1944 in das Buchenwalder Frauen-Außenlager Altenburg überstellt wurde. Zarębińska blieb dort bis zur Auflösung des Lagers am 12. April 1945 – auf den Tag genau 2 Jahre nach ihrer Verhaftung. Sie gehörte zu den ersten Häftlingen, die im Mai nach Polen zurückkehren durften. Nach einer etwa zweiwöchigen Rückreise ließ sie sich im Juni 1945 in Lodz nieder. Dort traf sie ihre ehemaligen Theaterkollegen sowie ihre mittlerweile 13-jährige Tochter wieder, die nach ihrem Aufenthalt in einem Heim für Kriegswaisen in Stoczek von Janina, der ersten Frau von Broniewski, betreut wurde. Janina arbeitete als Chefredakteurin und Kriegsberichterstatterin für die auflagenreiche Tageszeitung „Polska Zbrojna“ und ermöglichte, dass die ersten Erzählungen Zarębińskas noch im selben Monat an die Öffentlichkeit gelangten (vgl. Werkgeschichte). Zarębińskas bedeutendster publizistischer Erfolg aber war ihr unvollendeter Roman „Dzieci Warszawy“ (Kinder von Warschau), der zunächst zwischen 1945 und 1946 in Fortsetzungen in der Kinderzeitschrift „Przyjaciielu“ veröffentlicht wurde und im Jahr 1958 posthum in Buchform erschien. Wegen seines hohen ästhetischen und pädagogischen Wertes wurde der fragmentarische Kinderroman während der kommunistischen Ära zur Pflichtlektüre an polnischen Grundschulen und bereitete damit den Boden für ihre literarische Karriere, die allerdings bis heute im Schatten des dichterischen Schaffens ihres Lebensgefährten steht.

Neben ihren schriftstellerischen Ambitionen widmete sich Zarębińska nach dem Krieg wieder ihrer Leidenschaft und spielte am polnischen Armeetheater in Lodz. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich jedoch zusehends. Nach der Uraufführung der Erfolgskomödie „Zemsta“ (Rache) nahm sie nur noch an wenigen Aufführungen teil. Es stellte sich heraus, dass sie schwer an einer Blutkrankheit erkrankt war – möglicherweise eine Begleiterscheinung der Kachexie (Auszehrung), die sie sich während ihrer Haft im Lager zugezogen hatte. Da die Behandlungsmethoden der heimischen Medizin begrenzt waren, begab sie sich im August 1946 in die Schweiz für eine experimentelle Therapie mit Schockdosen von Penicillin, die Broniewski für sie organisierte und finanzierte. Ihren Lebensabend verbrachte die Schauspielerin dann in dem Züricher Sanatorium Hirslanden, wo sie kurz vor ihrem Tod mit ihrem Geliebten eine symbolische Hochzeit feierte. Trotz intensiver Behandlung erlag Maria Zarębińska-Broniewska am 5. Juli 1947 im Alter von 43 Jahren den gesundheitlichen Spätfolgen ihres Lageraufenthalts.

Quellen:

  • „Altenburg Labour Camp“, 1.1.5.4/129640860/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive.
  • „Broniewski miał mieszkać w Londynie. Do Polski wrócił dla żony”. Online: https://polskieradio24.pl/39/156/artykul/2407012,broniewski-mial-mieszkac-w-londynie-do-polski-wrocil-dla-zony (Stand: 19.09.2022).
  • „Konzentrationslager Weimar-Buchenwald, Häftlings-Personal-Karte Maria Kornacka“, 1.1.5.4/7622445/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive.
  • „Maria Zarębińska“. In: Encyklopedia Teatru Polskiego. Online: https://encyklopediateatru.pl/osoby/15815/maria-zarebinska (Stand: 20.08.2022).
  • „New Arrivals Subcamp Altenburg“, 1.1.5.4/129641858/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive.
  • Lichodziejewska, Feliksa: „Korespondencja Broniewskiego z córką: 1941-1945.” In: Pamiętnik Literacki: czasopismo kwartalne poświęcone historii i krytyce literatury polskiej (1994), Nr. 85.3, S. 147-174.
  • „Kornacka-Zarębińska, Maria“. In: Memorial and Museum Auschwitz-Birkenau. Online: https://www.auschwitz.org/en/museum/auschwitz-prisoners/ (Stand: 19.08.2022)
  • Shore, Marci: Caviar and Ashes. A Warsaw Generation’s Life and Death in Marxism, 1918-1968. New Haven 2008.
  • Tramer, Maciej: „Jedenaście z dwudziestu czterech. O zapomnianych Opowiadaniach oświęcimskich Marii Zarębińskiej-Broniewskiej“. In: Narracje o Zagładzie (2020), Nr. 6, S. 332-340.
  • Tramer, Maciej: „‚Tęsknota, która każe myśleć i czuć inaczej‘. O listach Marii Zarębińskiej-Broniewskiej i Władysława Broniewskiego”. In: Bibliotekarz Podlaski Ogólnopolskie Naukowe Pismo Bibliotekoznawcze i Bibliologiczne (2021), Nr. 49.4, S. 195-226.
  • Uljasz, Adrian: „Maria Zarębińska-Broniewska (1904-1947). Aktorka, pisarka, więzień Oświęcimia”. In: Przeglad Nauk Historycznych (2014), Nr. 13, S. 101-125.
  • o. A.: 44739. Wspomnienie o Marii Zarębińskiej – aktorce. Toruń 2016.