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Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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Luise Rinser (geb. 30.04.1911 in Pitzling am Lech, gest. 17.03.2002 in Unterhaching) verbrachte ihre Kindheit in Oberbayern. Ihre Eltern waren streng katholisch. Mit dreizehn Jahren kam sie in ein Lehrerinnenseminar in München, wo sie eine Ausbildung zur Volksschullehrerin begann. Sie studierte Pädagogik und Psychologie und war danach ab 1935 als Aushilfslehrerin in verschiedenen kleinen Orten tätig. Ab 1931 schrieb sie Artikel für die „Deutsche Junglehrzeitung“. Außerdem veröffentlichte sie ihre ersten kleinen Erzählungen in der Zeitschrift „Herdfeuer“, über eine dem Nationalsozialismus positiv gegenüberstehende junge Frau. 1934 verfasste sie unter dem Titel „Junge Generation“ ein Lobgedicht auf Adolf Hitler. Sie gehörte seit 1936 der NS-Frauenschaft und bis 1939 dem NS-Lehrerbund an. Sie engagierte sich auch stark im BDM, organisierte etwa Schulungslager für junge Lehrerinnen. Mitglied der NSDAP wurde sie jedoch auch dann nicht, als sie ihre erste feste Anstellung als Lehrerin erhielt. Weitere Dokumente bezeugen eine (teilweise) kritischere Haltung zum Nationalsozialismus in den späteren Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft. 1939 verließ sie freiwillig den Schuldienst. Im selben Jahr heiratete sie im Mai ihren Verlobten Horst-Günther Schnell, einen jungen Pianisten und Dirigenten, der eine Anstellung als Kapellmeister an der Oper Braunschweig erhielt, wo das Paar hinzog. Am 27. Februar 1940 wurde der erste Sohn Christoph geboren, ein Jahr später zog die Familie nach Rostock, wo im Oktober 1941 der zweite Sohn Stephan zur Welt kam – vermutlich aus einer außerehelichen Beziehung, wie der Biograph José Sánchez de Murillo von Luise Rinser persönlich erfahren haben soll. Im Mai 1941 erschien ihre Erzählung „Die gläsernen Ringe“, die die begeisterte Zustimmung Hermann Hesses fand, mit dem sie über viele Jahre in Kontakt stand. Auch mit Ernst Jünger entwickelte sich in diesen Jahren ein intensiver Briefwechsel. Für die UFA arbeitete sie 1942 an einem Drehbuch über den weiblichen Arbeitsdienst. Im Juni 1942 wurde die Ehe mit Horst-Günther Schnell geschieden. Schnell begann bereits vor der Geburt von Rinsers zweitem Sohn eine Beziehung zur Schriftstellerin Hedwig Rohde. Noch im selben Jahr wurde er zur Wehrmacht einberufen und nach Russland abkommandiert, wo er 1943 fiel. Luise Rinser zog in das bayerische Dorf Kirchanschöring bei Freilassing, wo sie mit ihren beiden Kindern in ärmlichen Verhältnissen lebte. Zeitweise war der Sohn Stephan in einem Kinderheim untergebracht. 1943 schrieb sie für den NS-Propagandafilm-Regisseur Karl Ritter das Drehbuch für den geplanten Film „Schule der Mädchen“ über den Reichsarbeitsdienst. Der Film wurde jedoch nie realisiert. Im Januar 1944 heiratete sie den Schriftsteller und Kommunisten Klaus Herrmann, die Ehe wurde 1952 geschieden. In ihrer Biografie „Den Wolf umarmen“ stellt Luise Rinser diese Ehe als humanitäre Scheinehe zwischen zwei Antifaschisten dar, die sie eingeht, um den politisch und zusätzlich als Homosexuellen gefährdeten Mann vor dem KZ zu retten. Am 12. Oktober 1944 wurde sie nach einer Denunziation durch die ehemalige Mitschülerin Lisl Grünfelder wegen Wehrkraftzersetzung verhaftet und im Frauen-Untersuchungsgefängnis Traunstein inhaftiert. Grünfelder war verzweifelt, da ihr Mann an der Front in Ostpreußen stationiert war und sie um sein Leben fürchtete. Luise Rinser versuchte, ihr Mut zu machen und riet ihr, ihrem Mann eine Flucht vorzuschlagen, da der Krieg ohnehin bald vorbei sei. Diesen Rat beherzigte die Frau, der Mann jedoch zeigte Rinser umgehend an. Nach der Verhaftung kam der ältere Sohn Christoph zu den Großeltern nach Rosenheim, Stephan blieb im Kinderheim. Ein Prozess scheint nicht stattgefunden zu haben. Am 21. Dezember 1944 erhielt Rinser Hafturlaub zu Weihnachten. Ob sie danach, wie sie in der 1981 veröffentlichten Autobiografie „Den Wolf umarmen“ schrieb, bis zum Einmarsch der Amerikaner im Gefängnis war, ist unklar. Dokumente, die dies nahelegen oder bezeugen, scheint es nicht zu geben, wie Michael Kleeberg feststellt. Nach dem Krieg arbeitete Luise Rinser von 1945 bis 1953 als freie Mitarbeiterin bei der „Neuen Zeitung“, wo sie Bücher rezensierte und Artikel zu kulturellen Themen schrieb. Auch in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) engagierte sie sich. 1946 erschien außerdem Rinsers „Gefängnistagebuch“ sowie 1947 eine Arbeit zu Johann Heinrich Pestalozzi mit dem Titel „Pestalozzi und wir“, danach 1948 der Roman „Erste Liebe“. Als ‚politisch Verfolgte‘ des Hitler-Regimes bekam Rinser Anfang 1948 eine Wohnung in München zugeteilt, die sie ohne ihren Mann bezog. Sie setzte ihre schriftstellerische Tätigkeit fort und veröffentlichte 1949 unter anderem das Kinderbuch „Martins Reise“ und 1950 den Roman „Mitte des Lebens“, der große Anerkennung fand und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. In den folgenden Jahren veröffentlichte sie viele weitere Romane sowie unzählige Rezensionen, Feuilletons und Essays. Auch als Rednerin trat sie auf, etwa zu Entnazifizierungs- oder gesellschaftspolitischen Themen. Sie verkehrte mit den führenden Kulturschaffenden der Zeit, wie etwa Erich Kästner, Wolfgang Koeppen, Fritz Arnold oder Ernst Petzold. Von 1954 bis 1959 war Rinser mit dem Komponisten Carl Orff verheiratet. 1957 studierte sie im Spätsommer an der Ausländeruniversität Perugia und erhielt ein Stipendium der Villa Massimo in Rom. Hier entstand 1959 „Geh fort wenn du kannst“. Seit 1959 lebte sie bei und in Rom, hielt sich jedoch bis zu ihrem Lebensende auch oft in München auf. Drei Jahre schrieb sie regelmäßige Kolumnen für die Frauen-Zeitschrift „Für Sie“, die zwischen 1966 und 1968 in drei Bänden als Buch veröffentlicht wurden. Auch mit kirchlichen Fragen setzte sie sich immer wieder in ihren Schriften auseinander. 1981 veröffentlichte Rinser den ersten Teil ihrer inzwischen umstrittenen Autobiografie „Den Wolf umarmen“, die bis zum Jahre 1950 reicht und die häufig als Grundlage für Biografien über Luise Rinser herangezogen wurde. Wie de Murillo ausführt, besteht jedoch an vielen Stellen eine Diskrepanz zwischen den Berichten Rinsers und den historischen Fakten: „Das gängige Bild von Luise Rinser stellt also in entscheidenden Punkten, die sowohl ihr Leben als auch ihre Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus betreffen, geradezu eine Fälschung dar“ (De Murillo 2011, S. 214.). 1994 folgte der zweiten Teil der Autobiografie unter dem Titel „Saturn auf der Sonne“. Im Herbst desselben Jahres reiste Rinser nach Dharamsla, wo sie mehrere Gespräche mit dem Dalai Lama führte, die 1995 unter dem Titel „Mitgefühl als Weg zum Frieden. Meine Gespräche mit dem Dalai Lama“ veröffentlicht wurden. Luise Rinser mischte sich immer wieder aktiv in politische und gesellschaftliche Diskussionen in der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie galt als „Linkskatholikin“ (Kleeberg 2011, S. 101) und wurde zu einer scharfen Kritikerin der katholischen Kirche, aus der sie jedoch nicht austrat. In den 1970er Jahren engagierte sie sich für die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen §218 und kritisierte 1968 in einem offenen Brief das Urteil gegen die späteren RAF-Terroristen Andreas Baader und Gudrun Ensslin. 1972 unterstützte sie Willy Brandt im Wahlkampf. In den Jahren ab 1972 unternahm sie zahlreiche Auslandsreisen, unter anderem nach Süd- und Nordkorea sowie in den Iran, wo sie den Revolutionsführer Ajatollah Chomeini als Vorbild für die Länder der Dritten Welt lobte. Rinser war eine Bewunderin des nordkoreanischen Diktators Kim Il-sung. Anfang der 1980er Jahre demonstrierte sie zusammen mit den Schriftstellern Heinrich Böll und Günter Grass gegen den NATO-Doppelbeschluss, und wurde 1984 von den Grünen als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Als Schriftstellerin war Rinser äußerst produktiv und erfolgreich. Sie veröffentlichte dreizehn Romane, neun Erzählbände, dreizehn autobiografische Bücher, dazu Jugendbücher und mehr als dreißig Reiseberichte, Gesprächs- und Essaysammlungen. Ihre Bücher wurden Schullektüre und verkauften sich millionenfach. Rinser erhielt auch zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, so erhielt sie unter anderem 1977 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der BRD und 1987 den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR. 1986 verlieh ihr die Universität Pjöngjang in Nordkorea die Ehrendoktorwürde. 1987 wurde sie Autor des Jahres in Palestrina in Italien. Rinsers Positionierung im Dritten Reich ist umstritten und ambivalent. Ihr wird vorgeworfen, dass sie nach dem Krieg und insbesondere in ihrer Autobiografie ihre anfängliche Begeisterung für den Nationalsozialismus heruntergespielt und ihre Rolle im Widerstand übertrieben habe. Luise Rinser soll nicht nur ihre politischen Überzeugungen, sondern auch viele ihrer Lebensdaten für die Nachwelt gezielt verschleiert und verfälscht haben. Michael Kleeberg konstatierte beispielsweise: „Luise Rinser hat ihre Erfahrungen mit Diktaturen und Diktatoren gemacht und darüber auf unterschiedlichste Art und Weise geredet und geschwiegen“ (Kleeberg 2011, S. 101). Sie habe offenbar genau darauf geachtet, welche Version ihres Lebens an die Öffentlichkeit gekommen sei. Ihre Selbstdarstellung als Widerständlerin halte keiner Nachprüfung stand. An vielen Beispielen belegt er, wie Luise Rinsers Selbstzeugnisse oft durch andere Informationen widerlegt werden können. Ausführlich widmet sich auch José Sánchez de Murillo den widersprüchlichen Selbstzeugnissen Rinsers in seiner Biografie, die im April 2011 in Deutschland unter dem Titel „ Luise Rinser – Ein Leben in Widersprüchen“ erschien, und an der auch Rinsers Sohn Christoph mitarbeitete. Darin nimmt dieser wesentliche Richtigstellungen an Rinsers eigener Lebensdarstellung in der Nazi-Zeit vor. So soll Rinser zum Beispiel ab Sommer 1933 als engagierte Nazi-Pädagogin gegolten und ihren jüdischen Schuldirektor Karl Würzburger beim Schulrat denunziert und damit ihre eigene Karriere befördert haben. De Murillo schreibt zu Rinsers Umdeutung ihrer Rolle im frühen Nationalsozialismus: „Die Umdeutung ist verständlich. Luise Rinser hat Generationen von deutschen und nichtdeutschen Frauen als weibliches Ideal gegolten. Der Gedanke, dass eines Tages die Wahrheit ans Licht treten könnte, versetzte sie in Panik“ (De Murillo 2011, S. 106). Zu Rinsers Biografie und Leben gehört diese Widersprüchlichkeit: Sie schrieb vom Nationalsozialismus begeisterte Gedichte und Texte, verfasste sogar ein Drehbuch für die UFA, war BDM-Führerin. „Dann aber saß sie als Feindin des Dritten Reichs im Gefängnis, hatte nach 1945 am geistigen Aufbau der Bundesrepublik maßgeblich mitgewirkt und war als führende Schriftstellerin im demokratischen Deutschland zum Vorbild für Generationen von Frauen und auch Männern geworden“ (ebd., S. 418). ''Quellen:'' *De Murillo, José Sánchez/Rinser, Christoph und Martin Thurner (Hg.): Luise Rinser und / y Ronda. München 2007. *De Murillo, José Sánchez: Luise Rinser. Ein Leben in Widersprüchen. Frankfurt a.M. 2011. *Kleeberg, Michael: „Luise Rinsers Vergesslichkeit“. In: Der Spiegel (2011) Nr. 2, S. 100-106. Online: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-76229390.html (Stand: 17.09.2019). *Luise Rinser. In: Literaturportal Bayern. Online: https://www.literaturportal-bayern.de/autorinnen-autoren?task=lpbauthor.default&pnd=118601172 (Stand: 19.09.2019). *Rinser, Christoph: „Luise Rinser - Persönlichkeit und Werk“. Online: http://www.rinser.org/downloads/kurzbiographie_luise_rinser.pdf (Stand: 17.09.2019). *Rinser, Luise: Den Wolf umarmen. Frankfurt a.M. 1984.  
Erich Roßmann (geb. 10.01.1884 in Pößneck, gest. 29.09.1953 in Meran) wurde als jüngstes von sieben Kindern einer Arbeiterfamilie geboren und verbrachte seine ersten Lebensjahre in Pößneck. Dort beendete er 1902 seine kaufmännische Lehre und trat anschließend der Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) bei. Von 1904 bis 1915 wirkte er als Redakteur bei der „Schwäbischen Tagewacht“ sowie als Chefredakteur bei der „Donau-Wacht“ in Ulm. Nach seinem Kriegsdienst übernahm Roßmann 1918 die Position eines Referenten im Reichsausschuss der Kriegsbeschädigten-Fürsorge und wurde Regierungsrat im Reichsarbeitsministerium. 1920 begleitete er das Amt des Direktors des Hauptversorgungsamtes Stuttgart und war vom selben Jahr an bis 1933 Landesvorsitzender der Sozialdemokratischen Partei in Württemberg und zudem von 1924 bis 1933 Mitglied des Deutschen Reichstages. Durch den Erlass des Reichsarbeitsministers vom 8. März 1933 wurde Roßmann „aus politischen Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt“ (Schumacher 1994, S. 1269). Während einer Haussuchung wurde die Bibliothek Roßmanns beschlagnahmt. Am 26. Juni 1933 – in seinem Buch „Ein Leben für Sozialismus und Demokratie“ gibt Roßmann irrtümlich den 23. Juni an – wurde er erstmalig verhaftet und über das Polizeigefängnis Stuttgart in das Konzentrationslager Heuberg überführt. Von dort wurde er im Oktober 1933 in das Militärgefängnis nach Ulm verschleppt und schließlich Ende Oktober entlassen. Nach seiner Entlassung kehrte Roßmann zunächst zu seiner Familie nach Stuttgart zurück, bevor er gegen Ende des Jahres 1933 seinen Wohnsitz nach Berlin verlegte und dort bis 1944 als selbstständiger Kaufmann Makler und Hausverwalter tätig war. Während dieser Zeit stand er unter Polizeiaufsicht. Aufgrund der Geschehnisse des 20. Juli 1944 tauchte Roßmann vorübergehend in Süddeutschland unter. Jedoch wurde er im Zusammenhang mit der ‚Sonderaktion Gewitter‘ am 22. August 1944 – auch hier gibt Roßmann in seinem Buch „Ein Leben für Sozialismus und Demokratie“ irrtümlich mit dem 25. August ein anderes Datum an – erneut verhaftet und bis zum 23. Oktober 1944 zunächst im Polizeigefängnis Berlin-Alexanderplatz, und schließlich im KZ Sachsenhausen interniert. Nach seiner erneuten Freilassung kehrte Roßmann zwar nach Berlin zurück, aber aus Angst vor einer weiteren Verhaftung tauchte er gegen Kriegsende unter. In dieser Zeit verfasste er seine Publikation „Ein Leben für Sozialismus und Demokratie“, die 1946 im Rainer Wunderlich Verlag erschien. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Roßmann bis 1948 Generalsekretär des Länderrates der amerikanischen Besatzungszone und von 1948 bis 1949 Generalsekretär der Europa-Union sowie Intendant bei Radio Stuttgart. Anschließend war er bis 1951 Vorsitzender der Einigungskommission vom Reichsbund und dem Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands e.V. Das Bundesarchiv in Koblenz verwaltet seinen Nachlass. ''Quellen:'' *„Nachlass Erich Roßmann“. In: Bundesarchiv Koblenz, Signatur N 1011. *o.A.: „Roßmann, Erich“. In: Killy, Walther und Rudolf Vierhaus (Hg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Bd. 8. München 1995, S. 406. *o.A.: „Roßmann, Erich“. In: Schumacher, Martin (Hg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933-1945. Eine biographische Dokumentation. 3. Auflage. Düsseldorf 1994, S. 1268f. *Raberg, Frank: „Rossmann, Hermann Erich“. In: Neue Deutsche Biographie. Online: www.deutsche-biographie.de/ppn116632771.html (Stand: 11.09.2019).  
Nico Rost (geb. 21.06.1896 in Groningen/Niederlande, gest. 01.02.1967 in Amsterdam/Niederlande) verließ nach einer nicht abgeschlossenen Schulausbildung am Praedinius Gymnasium in Groningen sein Elternhaus, um Schriftsteller zu werden. Auf Einladung der Internationalen Arbeiterhilfe reiste er 1923 erstmals in die UdSSR, ein Jahr später folgte der zweite Besuch. Er schrieb daraufhin auch über das Kunst- und Kulturleben in der Sowjetunion. Zwischen 1923 und 1933 lebte er in Berlin und war dort als Übersetzer und als Korrespondent der Zeitung „De Telegraaf“ und des Wochenblatts „De Groene Amsterdammer“ tätig. In deutscher Sprache publizierte er im Monatsheft „Der Querschnitt“(1923–1933). Schon früh sah sich Rost auch als geistiger Mittler zwischen seinem Heimatland, den Niederlanden, und Deutschland. So übersetzte er Werke von Egon Erwin Kisch, Ernst Toller, Alfred Döblin, Anna Seghers, Hans Fallada, Lion Feuchtwanger, Gottfried Benn und Arnold Zweig. Er wurde Mitglied der KPD und kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im Februar 1933 im Konzentrationslager Oranienburg inhaftiert. Nach drei Wochen wurde er wieder entlassen und veröffentlichte seine Erlebnisse in seinem Buch „Brief uit een concentratiekamp“ (deutsch: „Bericht aus einem Konzentrationslager“). Er zog nach Brüssel und schrieb 1933 seinen „Open brief aan Gottfried Benn“ (deutsch: „Offener Brief an Gottfried Benn“, in: Groot Nederland, 1933). Von Brüssel ging er nach Spanien, wo er im Spanischen Bürgerkrieg gegen Franco kämpfte. Nach Francos Sieg kehrte er nach Brüssel zurück, wo er im Juli 1941 die Jüdin Edith Blumberg heiratete. Am Widerstand gegen die Nationalsozialisten beteiligte er sich vor allem in literarischer Form, indem er unter dem Pseudonym Abel Eppens die Werke von R.C. Bakhuizen van den Brink und Pieter Corneliszoon Hooft übersetzte. Unter dem Namen N. de Praetere veröffentlichte er Gedichte des deutschen Philosophen und Physikers Georg Christoph Lichtenberg. In Briefen an W. Sternfeld vom 28.11.1950 und 17.05.1960 legt er dar, er habe zwischen 1933-1945 etwa 40 Bände von deutscher Emigrantenschriftstellern ins Niederländische übersetzt und hunderte Artikel über moderne deutsche Literatur geschrieben (Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass W. Sternfeld, EB 75/117). Unter anderem übersetzte er das 1935 zum KZ Börgermoor publizierte Werk „Die Moorsoldaten“ von Wolfgang Langhoff ins Niederländische. Nico Rost wurde Anfang Mai 1943 von der Gestapo verhaftet und zuerst nach Scheveningen gebracht. Später wurde er ins KZ Herzogenbusch und schließlich ins KZ Dachau überstellt, wo er am 29. April 1945 von amerikanischen Soldaten befreit wurde. Nach seiner Befreiung veröffentlichte er seine in Dachau aufgezeichneten Tagebuchaufträge unter dem Titel „Goethe in Dachau : Literatuur en werkelijkheid ; Dagboek 1944-45“. Das Buch wurde auch ins Deutsche und Tschechische übersetzt, die deutsche Ausgabe erschien unter dem Titel „Goethe in Dachau. Literatur und Wirklichkeit“ 1948 im Verlag Volk und Welt. Anna Seghers schrieb dafür das Vorwort. Nach seiner Befreiung lebte Rost mit seiner Frau in Brüssel. Er war Mitglied des niederländischen P.E.N.-Centers. In der Bundesrepublik war er als Schriftsteller zwar erfolgreich, als Kommunist jedoch vor allem in der DDR, Ungarn und der Tschechoslowakei hoch angesehen. Ihm wurde angeboten, das literarisches Archiv der DDR im Schloss Wiepersdorf, dem Wohnsitz von Achim und Bettina von Arnim zu leiten. Dazu kam es jedoch nicht. Rost wurde von der Niederländischen Kommunistischen Partei (CPN) als Mitglied gestrichen, da er dem Parteiführer nicht sympathisch war und in Folge dessen aus Ost-Berlin ausgewiesen. Er kehrte in die Niederlande zurück, wo er in einer unbedeutenden kleinen Partei aktiv wurde, die sich „Socialistische Werkers Partij“ (deutsch: „Sozialistische Arbeiterpartei“) nannte. 1955 veröffentlichte er sein Buch „De vrienden van mijn vader“ (deutsch: „Die Freunde meines Vaters“, 1955), das ein Porträt der Juden, die im Groninger Judenviertel um die Folkingestraat gelebt haben, enthält. In den Nachkriegsjahren setzte er sich außerdem für die Anerkennung der Roma und Sinti als Kriegsopfer ein. Nico Rost schrieb zudem zahlreiche humorvolle oder informierende Beiträge in Prospekten, Vereinszeitungen und für Fremdenverkehrszentralen. Er war Mitglied sowohl im Niederländischen als auch im Internationalen Dachau-Komitee und beteiligte sich daran, aus dem ehemaligen KZ Dachau eine Gedenkstätte zu machen. Nach 1955 hat Nico Rost nur noch wenig publiziert. Im Jahre 1958 wurde er für sein literarisches Schaffen mit dem „Marianne-Philips-Preis“ ausgezeichnet. 1966 erhielt er den „Kulturpreis der Provinz Groningen“, im gleichen Jahr wurde ihm zu Ehren in Israel ein Baum gepflanzt. ''Quellen:'' *„Brief von Nico Rost an W. Sternfeld vom 28.11.1950“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass W. Sternfeld, EB 75/117. *Fiero, Petra S.: „Remembered Literature in the Camps: The Cases of Jean Améry, Primo Levi, Ruth Klüger, Cordelia Edvardson and Nico Rost“. In: Germanic Notes and Reviews (1997), Nr. 28, Heft 1, S. 3-11. *„Rost, Nico“. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv. Online: http://www.munzinger.de/document/00000003361 (Stand: 17.09.2019).  
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Nelly Sachs, eigentlich Leonie Sachs (geb. 10.12.1891 in Berlin, gest. 12.05.1970 in Stockholm), wurde als einziges Kind des Erfinders und Fabrikanten William Sachs und seiner jungen Frau Margarete in eine assimiliert jüdisch-großbürgerliche Familie geboren. 1903 trat sie nach drei Jahren Privatunterricht in eine Höhere Töchterschule ein, die sie fünf Jahre später mit der Mittleren Reife abschloss. Mit 15 Jahren begeisterte sie der Debütroman „Gösta Berling“ der schwedischen Schriftstellerin Selma Lagerlöf so sehr, dass sie eine Brieffreundschaft mit ihr begann, die 35 Jahren anhielt. Mit 17 Jahren verfasste sie bereits erste eigene Gedichte. Nelly Sachs lebte mit ihren Eltern zurückgezogen und nahm wenig am gesellschaftlichen Leben der zwanziger Jahre teil. Sie blieb unverheiratet, nachdem ihr Vater eine Liebesbeziehung zu einem geschiedenen Mann unterbunden hatte. Sie hielt diese Beziehung jedoch vermutlich über Jahrzehnte hinweg aufrecht und wurde zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zusammen mit ihm verhaftet. Der Geliebte kam vermutlich im Konzentrationslager um. Genaueres ist jedoch nicht bekannt. 1921 erschien mit Unterstützung des Schriftstellers Stefan Zweig Nelly Sachs’ erster Gedichtband unter dem Titel „Legenden und Erzählungen“. Bei der Herausgabe ihrer gesammelten Werke nahm Nelly Sachs diese Gedichte später jedoch nicht mit auf. Gegen Ende der 1920er Jahre wurden ihre Gedichte in verschiedenen Berliner Zeitungen gedruckt, darunter die „Vossische Zeitung“, das „Berliner Tageblatt“ und die Zeitschrift „Die Jugend“. Publikum und Kritik lobten sie gleichermaßen. Wiederholt wurde Sachs‘ nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zu Gestapo-Verhören einbestellt und ihre Wohnung von SA-Leuten geplündert. Mit Hilfe von ‚arischen‘ Freunden konnte Sachs mit ihrer Mutter im Mai 1940 aus Deutschland im letzten Moment der Deportation nach Schweden entgehen; ihr Vater war bereits 1930 verstorben. In Stockholm lebten Mutter und Tochter in ärmlichen Verhältnissen, Nelly Sachs arbeitete zeitweise als Wäscherin. Sie begann Schwedisch zu lernen und moderne schwedische Lyrik ins Deutsche zu übersetzen. Neben den Gedichten, die sie 1947 in den „Wohnungen des Todes“ veröffentlichte, entstanden in diesen Jahren auch die beiden Dramen „Eli“ und „Abram im Salz“. Anfang 1950 starb Sachs’ Mutter, ebenfalls in den 1950er Jahren begann Sachs eine Korrespondenz mit Paul Celan, den sie 1960 auch in Paris besuchte. Weitere ihrer Werke erschienen, etwa 1957 „Und niemand weiß weiter“ und 1959 „Flucht und Verwandlung“ , Das Mysterienspiel „Eli“ wurde 1959 als Hörspiel beim Südwestdeutschen Rundfunk ausgestrahlt. Im selben Jahr wurde ihr der Lyrikpreis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie in Abwesenheit verliehen, da Nelly Sachs nicht nach Deutschland reisen wollte. Erst 1960 betrat sie zur Verleihung des Meersburger Droste-Preises für Dichterinnen das erste Mal seit zwanzig Jahren Deutschland. Dieser Besuch löste jedoch einen psychische Erkrankung aus, so dass sie nach ihrer Rückkehr nach Schweden zusammenbrach. Insgesamt verbrachte sie drei Jahre in einer Nervenheilanstalt bei Stockholm. Als erste Frau erhielt Sachs‘ 1965 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, was sie dann erneut zu einer Reise nach Deutschland veranlasste. Am 10. Dezember 1966, ihrem 75. Geburtstag, wurde ihr der Literaturnobelpreis verliehen. Nelly Sachs verschenkte ihr Preisgeld an Bedürftige, die Hälfte ging an ihre Freundin Gudrun Harlan. In den letzten Jahren ihres Lebens zog Sachs sich aus der Öffentlichkeit zurück. Ihr psychisches Leiden machte einen weiteren Aufenthalt in einer Nervenklinik notwendig, hinzu kam eine Krebserkrankung, an der sie schließlich starb. ''Quellen:'' *o.A.: „Nelly Sachs. Berlin 1891 - Stockholm 1970“. Online: http://www.nelly-sachs.de/ (Stand: 11.09.2019). *o.A.: „Nelly Sachs - Biografie & Lebenslauf“. Online: http://www.gedichte.xbib.de/biographie_Sachs,+Nelly.htm (Stand: 11.09.2019). *o.A.: „Biografie Nelly Sachs“. Online: http://www.whoswho.de/bio/nelly-sachs.html (Stand: 11.09.2019).  
Fritz Sattler (geb. 01.06.1896 in Suhl, gest. 01.11.1964 in Suhl) wurde als Sohn eines Graveurs und eines Dienstmädchens geboren. Nach der Volksschule absolvierte er eine Lehre als Verwaltungsangestellter und war anschließend beim Magistrat der Stadt Suhl tätig. Im August 1919 wurde Sattler Mitglied der USPD und ab 1920 war er Mitglied der KPD. Ab Januar 1921 übernahm er die Leitung der Druckerei und des Verlages Volkswille. 1928 gründete er den Verlag Arbeiterwille in Suhl und wurde 1929 Leiter des Thüringer Volksverlages Gotha. Am 1. August 1930 wurde er Leiter des KPD-Verlages Tribüne in Magdeburg und vom 8. Juni 1932 bis März 1933 stand er dem KPD-Verlag Kämpfer in Chemnitz vor. Im Juni/Juli 1933 wurde Sattler in Haft genommen, aber wieder freigelassen. Von 1934 bis 1935 war er als politischer Leiter des KPD-Bezirks Chemnitz illegal tätig. Am 16. April 1935 wurde er erneut verhaftet und am 18. Oktober 1935 durch den Volksgerichtshof in Berlin zu sieben Jahren Zuchthaus in Waldheim verurteilt, von wo er im April 1942 in das KZ Sachsenhausen überstellt wurde. Nach dem Krieg war Fritz Sattler vom 1. August 1945 bis zum 18. September 1946 zweiter Bürgermeister und Polizeidezernent der Stadt Suhl. Vom 19. September 1946 bis zum 25. November 1946 war er als kommissarischer Landrat des Landkreises Eichsfeld in Heiligenstadt und vom 26. November 1946 bis 31. Dezember 1947 erneut als zweiter Bürgermeister der Stadt Suhl eingesetzt. 1948 war er Bürgermeister der Stadt Zella-Mehlis. Außerdem war er von 1946 bis 1950 Abgeordneter des Thüringer Landtages und wurde Hauptabteilungsleiter im Thüringer Finanzministerium in Weimar, später in Erfurt. Von 1952 bis 1958 war er Bezirksratsvorsitzender für den neugebildeten Bezirk Suhl. Von 1952 bis 1964 war Sattler Abgeordneter des Bezirkstages Suhl und Mitglied der Bezirksleitung Suhl der SED. Zudem war Sattler von 1959 bis 1964 Vorsitzender der Bezirkskommission Suhl zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung. ''Quelle:'' * „Sattler, Fritz“. In: Biographische Datenbanken. Bundesstiftung Aufarbeitung. Online: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363;-1424.html?ID=2971 (Stand: 02.10.2019).  
Hildegard Schaeder (geb. 13.04.1902 in Kiel, gest. 11.04.1984 in Frankfurt a.M.) wurde als das vierte von fünf Geschwistern des Professors für Systematische Theologie Erich Schaeder und seiner Frau Anna geb. Sellschopp geboren. Sie besuchte ein privates Gymnasium zunächst in Kiel und später, nachdem ihr Vater einen Ruf der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität angenommen hatte, in Breslau, wo sie 1920 als Externe das Abitur ablegte. Nach ihrem Studium der klassischen und der slawistischen Philologie, der osteuropäischen Geschichte, der Byzantinistik und der Philosophie in Breslau und Hamburg, promovierte sie 1927 in Hamburg zu „Moskau, das dritte Rom“. Nach Forschungsaufenthalten in Prag und Nordrussland war sie ab 1935 wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Publikationsstelle für Osteuropäische Forschungen des Preußischen Geheimen Staatsarchivs. 1934 trat sie der Bekennenden Kirche bei, ab 1935 arbeitete die seit ihrer Kindheit Hörbehinderte auch aktiv in der Jesus-Christus-Gemeinde in Berlin-Dahlem mit, die von Martin Niemöllers betreut wurde. Ab 1936 studierte sie Theologie. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Gemeindearbeit lag in der Betreuung von Juden, die in das Getto Lublin verschleppt worden waren, und die sie mit Briefen und Paketen versorgte. Nach einer Denunziation wurde Hildegard Schaeder am Morgen des 14. September 1943 wegen „Begünstigung flüchtiger Juden“ in „Schutzhaft“ genommen und im Gefängnis am Berliner Alexanderplatz inhaftiert. Im Frühjahr 1944 wurde sie als politischer Häftling mit der Nummer 31795 in das KZ Ravensbrück überstellt. Hier bearbeitete sie ab August 1944 in der Bürokolonne der Verwaltung des Lagers die Häftlingskartei. Durch die Auflösung des Lagers beim Anmarsch der Roten Armee am 28. April 1945 wurde die Haft schließlich beendet. Nach dem Krieg arbeitete sie zunächst als Gemeindehelferin in Mecklenburg, bis sie nach Göttingen zog, wo nach dem Krieg bereits ihre Mutter und Geschwister lebten. Von 1948 bis 1970 arbeitete sie als Referentin für die Orthodoxen Kirchen des Ostens im Außenamt der Evangelische Kirche in Deutschland in Frankfurt am Main. Außerdem lehrte sie von 1965 bis 1978 als Honorarprofessorin für die Geschichte der Ostkirchen an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. In Frankfurt-Oberrad ist eine Straße nach Hildegard Schaeder benannt. 2000 wurde sie postum als Gerechte unter den Völkern geehrt. ''Quellen:'' *Degen, Barbara: Das Herz schlägt in Ravensbrück. Die Gedenkkultur der Frauen. Opladen/Farmington Hills 2010. *Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Hg. von Fraenkel, Daniel und Jakob Borut. Göttingen 2004, S. 237f. *Schaeder, Hildegard: Ostern im KZ. Berlin 1947. *Schwöbel, Gerlinde: Leben gegen den Tod. Hildegard Schaeder: Ostern im KZ. Frankfurt am Main 1995.  
Manfred Schifko-Pungartnik (geb. 22.10.1921 in Bleiburg/Kärnten oder St. Margareten) wurde am 18. September 1938 im Gefängnis in Graz inhaftiert. Einem anderen Dokument des ITS zufolge wurde er bereits im Juli 1938 in Leibnitz verhaftet und dann nah an Graz gebracht. Im Oktober 1939 wurde er in das Konzentrationslager Dachau überstellt, ab September 1940 war er unter der Häftlingsnummer 2407 im KZ Mauthausen festgesetzt. Von dort wurde er am 3. oder 4. November 1943 entlassen. ''Quellen:'' *„Geldverwaltungskarte“, 1.1.6.2/10286615/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„T/D-Akte“, 6.3.3.2/99151316/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.  +
Albert Friedrich (genannt Frieder) Schlotterbeck (geb. 06.01.1909 in Reutlingen, gest. 07.04.1979 in Berlin-Buch) wurde als Sohn des Metallarbeiters Gotthilf Schlotterbeck und dessen Frau Maria geboren. Er machte eine Lehre zum Tischler, war jedoch nach der Ausbildung arbeitslos. 1923 trat er dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) in Ostsachsen bei. 1929 kam er ins Zentralkomitee des KJVD und wurde 1929/30 Kursant an der Internationalen Leninschule in Moskau. Nach seiner Rückkehr war er zunächst Sekretär des KJVD in Württemberg, bis er nach Berlin geholt wurde, wo er hauptamtlicher Agitpropsekretär und Mitarbeiter am KJVD-Organ „Junge Garde“ war. Nach Auseinandersetzungen innerhalb des Sekretariats wurde Schlotterbeck seiner Funktionen enthoben und Ende 1931 als Instrukteur der KJI nach Skandinavien geschickt. An Pfingsten 1933 organisierte er anlässlich des Europäischen Antifa-Kongresses in Paris eine antifaschistische Jugendkonferenz. Anfang August 1933 kehrte er zur illegalen Arbeit nach Deutschland zurück, wo er Instrukteur des KJVD in Ostsachsen wurde. Am 1. Dezember 1933 wurde er festgenommen und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt und ab Mai 1937 im Konzentrationslager Welzheim in sogenannte Schutzhaft genommen. Nach seiner Entlassung am 28. August 1943 war Schlotterbeck zusammen mit seiner ganzen Familie und seiner Verlobten Else Himmelheber im Stadtteil Luginsland in Stuttgart-Untertürkheim im Widerstand aktiv. Eine Woche vor der geplanten Hochzeit im Mai 1944 wurde die Gruppe durch Eugen Nesper an die Gestapo verraten. Fluchtversuche der Gruppenmitglieder in die Schweiz scheiterten, einzig Schlotterbeck gelang der Grenzübertritt. Am 16. Juni 1944 wurde er durch das Polizeikommando Zürich „mit Steckbrief wegen Verdacht des Mordes an einem Zollbeamten beg[angen] am 10. Juni 1944 zur lokalen Fahndung aufgegeben“ (Schweizerisches Bundesarchiv BAR, E4320B 1978/121_6. Schreiben der Stadtpolizei Zürich vom 20.10.1945, o.S.). Am 10. Juni 1944 wurden die Eltern Maria und Gotthilf Schlotterbeck mit ihrer Tochter verhaftet. In den nächsten Tagen wurden weitere Gruppenmitglieder festgesetzt. Am 27. November 1944 wurden seine Verlobte, seine Schwester Trude sowie seine Eltern von Stuttgart in das Konzentrationslager Dachau deportiert und dort ohne Gerichtsverhandlung am 30. November 1944 erschossen. Sein Bruder Herman wurde, nachdem er wochenlang untergetaucht war, ebenfalls verhaftet. Nach monatelanger Haft und Folter im KZ (Gestapogefängnis) Welzheim wurde er am 19. April 1945 in einem Wald bei Riedlingen durch den SS- und Gestapo-Mann Albert Rentschler erschossen. Schlotterbeck traf nach seiner Flucht in die Schweiz dort seine frühere Jugendfreundin Anna von Fischer, geborene Wiedmann, wieder. Sie schrieb das Vorwort für seinen 1945 herausgegebenen kurzen Bericht „... wegen Vorbereitung zum Hochverrat hingerichtet“, den er nach seiner Rückkehr nach Stuttgart im Juni 1945 veröffentlichte, nachdem er vom Schicksal seiner Familie und seiner Freunde erfahren hatte. Weitaus ausführlicher hat er seine eigenen Erlebnisse in dem Werk „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“ geschildert, das er ebenfalls 1945 veröffentlichte. In Deutschland wurde Schlotterbeck Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Württemberg und engagierte sich als Präsident des Deutschen Roten Kreuzes im damaligen Land Württemberg-Baden. Außerdem war er Mitglied der KPD-Landesleitung. Schlotterbeck nahm die Tochter seiner Schwester Trude bei sich auf, die im Alter von zwei Jahren der Mutter bei der Verhaftung weggenommen worden war. Gemeinsam mit Anna von Fischer, die er 1951 heiratete, zog er im April 1948 in die Sowjetische Besatzungszone, nachdem in Stuttgart seine kommunistische Gesinnung zunehmend problematisch wurde. Er wurde Stadtrat für Kultur in Dresden und kam in Kontakt mit Künstlern wie Martin Hellberg, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verband. Anfang 1951 verlor er sein Amt als Stadtrat und ging Mitte April 1951 als Bergarbeiter der SDAG Wismut ins Erzgebirge. Als Mitglieder der SED gerieten Friedrich und Anna Schlotterbeck bei der Überprüfung von Westemigranten in das Visier der Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK) und des Ministeriums für Staatssicherheit. Am 15. Februar 1951 wurde Schlotterbeck wegen ‚Spionageverdachts‘ aus der SED ausgeschlossen. Ihm wurde vorgeworfen, ein V-Mann der Gestapo gewesen zu sein, vor allem wurden ihm seine Kontakte zu Noel Field und Herta Jurr-Tempi in der Schweiz zur Last gelegt. Die ZPKK ordnete die Einstampfung seines Buches „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“ an. Die Schweiz verhängte 1953 eine Einreisesperre gegen Schlotterbeck als „[m]ilitanter Kommunistenführer“ (Schweizerisches Bundesarchiv BAR, E4320B 1978/121_6. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft, 04.11.1953, o.S.). Am 15. Februar 1953 wurden er und seine Frau in der DDR verhaftet und am 27. April 1954 vom 1. Strafsenat des Bezirksgerichts Rostock wegen „Verbrechens gemäß Artikel 6 der DDR in Verbindung mit einem Vergehen gegen die Kontrollratsdirektive 38“ und wegen „verbrecherischen Beziehungen zu dem amerikanischen Agenten Noel H. Field“ zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Strafe wurde 1954 auf drei Jahre Haft reduziert. Beide wurden am 15. Februar 1956 nach genau drei Jahren Haft freigelassen. Es folgte dann bei einer nichtöffentlichen „Rehabilitierung“ (Strafregistertilgung) die Wiederaufnahme in die SED. Friedrich und Anna Schlotterbeck lebten danach in Groß Glienicke und arbeiteten als Schriftsteller und Hörspielautoren. Gemeinsam schrieben sie unter anderem „Die Memoiren der Frau Viktoria“ (1962). Sie waren eng befreundet mit der Schriftstellerin Christa Wolf und ihrem Mann Gerhard. Zu den bekanntesten Werken Schlotterbecks gehörten „Im Rosengarten von Sanssouci“ (1968), eine polemische Abrechnung mit der preußischen Geschichte. Der Name Schlotterbeck ist in Baden-Württemberg Inbegriff antifaschistischen Widerstands und Märtyrertums. Auf dem Untertürkheimer Friedhof wurde für die Familie ein Ehrengrab angelegt und ein Ehrenmal errichtet, des Weiteren wurde eine Straße nach ihnen benannt. ''Quellen:'' *Die Widerstandsgruppe Schlotterbeck aus Luginsland. Online: http://www.wirtemberg.de/widerstandsgruppe-schlotterbeck.htm (Stand: 17.09.2019). *„Die Schweizerische Bundesanwaltschaft vom 04.11.1953“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, E4320B 1978/121_6., o.S. *o.A.: „Je dunkler die Nacht ... Die Gefängnisbriefe der Gertrud Schlotterbeck“. In: Neues Deutschland. Sozialistische Tageszeitung vom 05.05.2011. Online: http://www.neues-deutschland.de/artikel/196831.je-dunkler-die-nacht.html (Stand: 17.09.2019). *Peitsch, Helmut: Deutschlands Gedächtnis an seine dunkelste Zeit. Zur Funktion der Autobiographik in den Westzonen Deutschlands und den Westsektoren von Berlin 1945 bis 1949. Berlin: Edition Sigmar Bohn 1990, S. 471. *„Schlotterbeck, Friedrich“. In: Biographische Datenbanken. Bundestiftung Aufarbeitung. Online: http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3b-1424.html?ID=5084 (Stand: 17.09.2019). *„Schreiben der Stadtpolizei Zürich, 20.10.1945“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, E4320B 1978/121_6., o.S.  
Oskar Schnetter war Kriegsgefangenenseelsorger.  +
Karl Schnog (geb. 14.06.1897 in Köln, gest. 23.08.1964 in Ost-Berlin), der auch die Pseudonyme Anton Emerenzer, Carl Coblentz, Ernst Huth, Kornschlag, Tom Palmer und Charly vom Thurm verwendete, wurde als Sohn eines Handwerkers geboren und war jüdischen Glaubens. Er absolvierte die Volksschule und danach eine Handelslehre. 1915 zog Schnog in den Ersten Weltkrieg, nach dessen Ende gründete er 1918 einen Arbeiter- und Soldatenrat in Hagenau. Er nahm außerdem Sprach- und Schauspielunterricht und wirkte als Schauspieler und Regisseur auf zahlreichen deutschen Bühnen mit. Unter anderem trat er in Erwin Piscators Revue „Roter Rummel“ und als Conférencier und Rezitator in namhaften Kabaretts, wie dem Küka, dem Cabaret Größenwahn und im Kabarett der Komiker auf. Ab 1925 war Schnog freier Schriftsteller und Mitarbeiter von Zeitungen wie „Die Weltbühne“, „Simplizissimus“ und „Stachelschwein“. Ab 1927 war er zudem Sprecher beim Rundfunk. Im gleichen Jahr begründete er die Gruppe Revolutionärer Pazifisten in Berlin mit. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden zwei Haftbefehle gegen Schnog erlassen und er wurde auf offener Straße schwer misshandelt. Im Mai 1933 emigrierte er in die Schweiz und arbeitete als Texter für das Kabarett Cornichon. Im Oktober zog er nach Luxemburg, wo er eine Anstellung als Conférencier im Kabarett Rond-Point fand. Er war außerdem Mitarbeiter deutscher Exilzeitschriften und -zeitungen wie dem „Pariser Tagblatt“ und dem „Neuen Vorwärts“, aber auch verschiedener Luxemburger Zeitungen. Am 3. Dezember 1936 wurde Schnog durch Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Unter dem Pseudonym Charlie vom Thum betreute Schnog zwischen 1937 und 1940 im „Tagblatt“ die Chronik in Versen „Weltwochenschau“ und für die Wochenzeitschrift „A-Z“ lieferte er verschiedene Artikelfolgen. Versuche, in die USA zu emigrieren, scheiterten, und nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Luxemburg wurde er am 25. Mai 1940 verhaftet und zunächst im Konzentrationslager Dachau festgehalten. Vermutlich Ende August 1940 gelangte er in das KZ Sachsenhausen, hier erhielt er die Nummer 30523, wurde jedoch offenbar am 17. September 1940 zurück nach Dachau geschickt. Hier gestaltete er als Rezitator und Conférencier eine Silvesterfeier. Er trug in Dachau die beiden Häftlingsnummern 15637 und 19876. Am 12. Juli 1941 wurde er von dort in das KZ Buchenwald überstellt, wo er die Häftlingsnummer 8466 bekam und dem Block 16 zugeteilt wurde. Bei seiner Einlieferung in Buchenwald wog er nur noch 54 Kilo. Er wurde auf einer Liste der Mischlinge I. und II. Grades geführt. Besonders machte ihm sein Rheuma zu schaffen, er war häufig krank und wurde zu leichteren Arbeiten, in der Strumpfstopferei und dem Holzhof eingeteilt. Er war außerdem einer der Initiatoren des Lagerkabaretts. Nach seiner Befreiung aus dem KZ Buchenwald im Mai 1945 kehrte er nach Luxemburg zurück, wo er bei Radio Luxemburg arbeitete. Im gleichen Jahr erschien sein Erinnerungsbericht „Unbekanntes KZ“ über seine fünfjährige Haftzeit als politischer Häftling in den Konzentrationslagern Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald. 1946 zog er nach Ostberlin und übernahm den Posten des Chefredakteurs des „Ulenspiegel“. Im April 1947 wurde er Mitglied einer Theatertruppe, die in jiddischer Sprache für das Durchgangslager der Hilfsorganisation United Nations Relief und Rehabilitation (UNRRA) in Berlin spielte. 1947 veröffentlich er zudem seine satirischen Gedichte zum Nationalsozialismus und Holocaust unter dem Titel „Jedem das Seine“ im Berliner Ulenspiegel-Verlag. Später arbeitete er als freier Schriftsteller und war unter anderem für das Ostberliner Kabarett „Die Distel“ tätig. Er trat der SED bei und war von 1948 bis 1951 Redakteur beim Berliner Rundfunk. Karl Schnog verfasste zeitkritische Gedichte, Erzählungen, Satiren, Theaterstücke und Kabarett-Texte. 1957 wurde er in der DDR mit dem Heinrich-Heine-Preis ausgezeichnet. ''Quellen:'' *„Gestapo-Karte“, 1.2.3.1/12268001/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Häftlingskarte“, 1.1.6.2/10290532/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Häftlingskarte“, 1.1.6.2/10290533/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Häftlingsbogen“, 1.1.5.3/7051456/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Liste der Rücküberstellungen“, 1.1.6.1/9907783/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Liste der Juden und Mischlinge I. und II. Grades“, 1.1.5.1/5344512//ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Liste von befreiten und entlassenen Häftlingen“, 1.1.5.1/5358984/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Materialien zu Karl Schnog“. Aus: Landesarchiv Berlin C Rep.118-01, Nr. 19828. *o.A.: „Eintrag zu Karl Schnog“. In: Autorenlexikon des Literaturport. Online: https://www.literaturport.de/literaturlandschaft/autoren-berlinbrandenburg/autor/karl-schnog/ (Stand: 17.09.2019). *o.A.: „Eintrag zu Karl Schnog“. In: Luxemburger Autorenlexikon. Online: https://www.autorenlexikon.lu/page/author/111/1116/DEU/index.html (Stand: 17.09.2019). *„Revierkarte“, 1.1.5.3/7051457/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Zugangsliste“, 1.1.38.1/4095194/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.  
Karl Bernhard Fritz Schröder, geb. am 13. November 1884 in Bad Polzin, gest. am 6. April 1950 in West-Berlin, Pseudonym Karl Wolf, wurde als Sohn eines Lehrers geboren. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Köslin, studierte er in Berlin Philosophie, Literaturwissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte. 1912 wurde er in Marburg mit einer literaturgeschichtlichen Dissertation promoviert. Zurück in Berlin trat er 1913 der SPD bei, wo er sich ab 1914 als wissenschaftliche Hilfskraft im Zentralbildungsausschuss der SPD für die Arbeiterbildung engagierte. Schröder nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1917 Mitglied der USPD und des Spartakusbundes sowie 1918/19 Gründungsmitglied der KPD. Wenig später wurde er Redakteur des KPD-Zentralorgans ‚Rote Fahne‘. 1919 war er einer der Leiter der linken Opposition der KPD, deshalb wurde er nach dem II. Heidelberger Parteitag im Oktober 1919 mit Dreiviertel der Berliner KPD-Organisation ausgeschlossen. Im April 1920 war er ein Gründungsmitglied der Kommunistischen Arbeiter-Partei Deutschlands (KAPD) und gab die „Kommunistische Arbeiter-Zeitung“ sowie „Proletarier“ heraus. Daneben publizierte er politische Bücher wie „Vom Werden der neuen Gesellschaft“ (1920) und „Wesen und Ziele der revolutionären Betriebsorganisation“ (gemeinsam mit Friedrich Wendel, 1920). Im November 1920 reiste er mit einer Delegation im November 1920 nach Moskau. Dort erreichte er in zähen Verhandlungen mit Lenin, Trotzki und Bucharin, dass die KPD am 5. Dezember 1920 provisorisch in die Komintern aufgenommen wurde. Nach dem 3. Weltkongress der Komintern 1921 ging er jedoch auf Distanz zu ihr und wurde 1922 aus der KPD ausgeschlossen. Daraufhin kehrte er 1924 zur SPD zurück und war Lektor für sozialdemokratische Verlage und in der Arbeiterbildung, etwa bei der Sozialistischen Arbeiterjugend, tätig. Im Jahr 1928 übernahm Schröder die Leitung der Berliner Buchgemeinschaft „Der Bücherkreis“, dem damals größten Lesering für Arbeiter, die er bis 1932 innehatte. Als Schriftsteller veröffentlichte Schröder außerdem einige Zeitromane, darunter „Der Sprung über den Schatten“ (1928) oder„Die Geschichte Jan Beeks“ (1929). Ebenfalls ab 1928 begann Schröder gemeinsam mit Alexander Schwab, einen Kreis Gleichgesinnter um sich zu sammeln, aus dem 1931/32 die rätekommunistischen Roten Kämpfer hervorgingen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten arbeitete Schröder in Berlin-Neukölln als Buchhändler und setzte seine politische Tätigkeit in der Illegalität fort. 1936 zerschlug die Gestapo die Widerstandsgruppe Rote Kämpfer und Schröder wurde am 29. November 1936 verhaftet. Am 20. Oktober 1937 wurde er vom Volksgerichtshof wegen ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘ zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und danach in mehreren Emslandlagern, unter anderem ab 1943 im Konzentrationslager Börgermoor, inhaftiert. Über die Zeit als Gefangener berichtet Schröder in seinem autobiographischen Erlebnisbericht „Die letzte Station“, den er 1947 veröffentlichte. Nach dem Krieg war er als Lehrer im Volksbildungswesen tätig. Durch Lager und Zuchthaus gesundheitlich schwer geschädigt, arbeitete er am Wiederaufbau des Berliner Schulwesens und der Erwachsenenbildung mit. 1945 trat er wieder in die SPD ein und leitete bis 1948 die Volkshochschule in Berlin-Neukölln. Während der Berliner Blockade trat Schröder 1948 der SED bei und wurde von der Volkshochschule entlassen. Er wurde dann Lektor im Ostberliner Schulbuchverlag Volk und Wissen. Gleichzeitig versuchte er, in West-Berlin einen Kreis ehemaliger Roter-Kämpfer-Mitglieder um sich zu sammeln. ''Quellen:'' * Schröder, Karl: Die letzte Station, S. 208. * Autorenlexikon Emsland: Schröder, Karl. Online: [https://archive.is/20020601051803/http:/www.autorenlexikon-emsland.de/karl_schroeder.htm https://archive.is/20020601051803/http://www.autorenlexikon-emsland.de/karl_schroeder.htm] (Stand: 28.06.2016). * Diethart Kerbs: Schröder, Karl Bernhard Fritz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007. Online: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00019558/images/index.html?seite=589 (Stand: 28.06.2016). * Bundesstiftung Aufarbeitung, Biographische Datenbank: Schröder, Karl. Online: [http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=5135 http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3b-1424.html?ID=5135] (Stand: 28.06.2016).  
Arnold Schulz (geb. 30.07.1898 in Stendal) hatte dreizehn Geschwister und wuchs als Sohn eines einfachen Bahnbeamten in ärmlichen Verhältnissen auf. Mit dreizehn Jahren begann er eine Lehre als Schneider, die er nach einem Jahr abbrach. Schulz ging anschließend auf Wanderschaft, in der Absicht in Amerika ein neues Leben anzufangen. Er wurde jedoch von der Polizei aufgegriffen und nach Hause zurückgebracht, wo er seine Lehre fortsetzen musste. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs arbeitete er in Berlin als Laufbursche, Hausdiener, Kellner und Fabrikarbeiter. 1917 verließ er die Hauptstadt und ging nach Westdeutschland, wo er in Köln, Essen und Leverkusen Anschluss an die Arbeiterbewegung fand, für die er sich in den folgenden Jahren engagierte. Kurz nach Regierungsantritt der Nationalsozialisten wurde Schulz im Juni 1933 verhaftet. Er war in zahlreichen Gefängnissen sowie in den Konzentrationslagern Esterwegen und Sachsenhausen inhaftiert, bis er am 3. Oktober 1938 entlassen wurde. Anschließend arbeitete Schulz wieder als Fabrikarbeiter am Niederrhein. Im September wurde er kurzzeitig erneut verhaftet. In der Kriegsendphase begann Schulz bereits mit seinen Aufzeichnungen über seine Haftzeit im NS-Regime. ''Quelle:'' *Schulz, Arnold: Schutzhäftling 409. Essen 1947, S. 36f.  +
Hans Otto Alfred Schwalm (geb. 02.07.1906 in Berlin, gest. 11.11. 1969 in Berlin) wurde als Sohn eines Maurers geboren. Er erlernte zunächst den Beruf eines Drehers und Werkzeugmachers, bevor er sich dem Schreiben zuwandte. Als Fünfzehnjähriger engagierte sich Schwalm erstmals in der Widerstandsbewegung, trat der Kommunistischen Arbeiterjugend bei und wurde 1930 schließlich Mitglied der KPD. Erste Gedichte, Texte und Sprechchöre erschienen vor 1933 in verschiedenen Zeitschriften, wie „Rote Fahne“, „Arbeiterstimme“, „Illustrierte Rote Post“ und „Illustriertes Volksecho“. Von 1931 bis 1932 war Schwalm Leiter des „Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller Deutschlands“, von 1933 bis 1935 Leiter der „Widerstandsgruppen der antifaschistischen deutschen Schriftsteller“. Zudem arbeitete er als Redakteur der Literaturzeitschriften „Neue Deutsche Blätter“ und „Stich und Hieb“. Neben seiner Tätigkeit als Journalist widmete sich Hans Schwalm ebenfalls seinem literarischen Werk. Unter den Pseudonymen Jan Petersen, Klaus bzw. Claus Halm, Otto Erdmann und Erich Otto veröffentlichte er mehrere Romane und zwei Drehbücher. Sein Debüt, der Roman „Unsere Straße“, erschien erstmalig 1936 in Deutschland. Seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt. 1935 emigrierte Schwalm zunächst nach Frankreich und in die Schweiz, 1937 nach England. 1938 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Von 1938 bis 1946 war er Vorsitzender der „Schriftstellersektion des antifaschistischen Freien Deutschen Kulturbundes“ in England und darüber hinaus Mitglied des englischen PEN-Clubs. Nachdem Hans Schwalm 1946 nach Deutschland zurückgekehrt war, trat er in die SED ein. 1950 wurde ihm der Goethe-Preis der Stadt Berlin für seinen Roman „Unsere Straße“ verliehen. Bis 1955 war Schwalm erster Vorsitzender der „Volksbühne“ in Berlin sowie des Deutschen Schriftstellerverbandes in Berlin, Bezirk Berlin. Darüber hinaus wurde er 1953 zum Mitglied des deutschen PEN-Zentrums ernannt. 1958 erhielt er den Vaterländischen Verdienstorden (VVO). ''Quellen:'' *Petersen, Jan: Unsere Strasse. Eine Chronik. Geschrieben im Herzen des faschistischen Deutschlands 1933/34. Berlin 1963. *„Petersen, Jan“. In: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Online: http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=2637 (Stand: 17.09.2019). *„Petersen, Jan“. In: Neue Deutsche Bibliographie. Online: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016338/images/index.html?id=00016338&groesser=&fip=eayaewqsdaseayaxsfsdrxdsydwxdsydeayaxdsydxs&no=1&seite=269 (Stand: 17.09.2019). *Schwalm, Hans Otto Alfred: „Fragebogen“. In: Landesarchiv Berlin, C Rep. 118-01, Signatur 4360, o.Bl.  
Heinrich Schödler (geb. 11.07.1896 in Dietlikan/Schweiz, gest. 30.09.1954 in Baden) war vor seiner Inhaftierung wegen Landesverrats Schneidermeister und/oder Kaufmann in Wettingen im Kanton Aargau, wo er in ärmlichen Verhältnissen lebte. Er wurde am 28. September 1934 in das Gerichtsgefängnis Lörrach eingeliefert und von dort aus am 15. November 1934 in das Bezirksgefängnis Freiburg weitergeleitet. Schödler wird ebenfalls als Häftling im Zuchthaus Ludwigsburg geführt. In einer Aktennotiz vom 8. August 1961, die sich im Schweizer Bundesarchiv erhalten hat, heißt es: „Schödler liess sich dazu verleiten, mit einem Agenten der NSDAP über den Verkauf von geheimen Parteiakten zu verhandeln. Er wurde Ende September 1934 mit einem diesbezüglichen Angebot einer Parteistelle nach Lörrach gelockt, wo man ihm einige wertlose Dokumente in die Hände spielte und ihn darauf festnahm. Bis Ende November 1934 war er im Amtsgerichtsgefängnis Lörrach, um in Untersuchungshaft ins Landesgefängnis Freiburg überführt zu werden. Am 15. März 1936 gelangte er in die Strafanstalt Bruchsal. Von dort transferierten ihn die deutschen Behörden am 5. April 1936 nach Ludwigsburg und dann auf den Hohenasperg. Mitte Juni 1938 kam er zurück nach Ludwigsburg. Freilassung 12. November 1938.“ Schödler wurde monatelang nicht verhört, ihm war lange keine juristische Unterstützung durch einen Anwalt erlaubt und zu einem gerichtlichen Prozess, bei dem er zu vier Jahren Zuchthausstrafe verurteilt wurde, kam es erst nach 15 Monaten Haft; ein Gnadengesuch wurde zudem im Mai 1938 trotz der schlechten Gesundheit Schödlers abgewiesen. Schödler selbst, so wird in den im Schweizer Bundesarchiv überlieferten Dokumenten deutlich, fühlte sich während der gesamten Haft unschuldig, lediglich seine schlechte finanzielle Lage habe ihn dazu gebracht, auf den Trick hereinzufallen. Er habe das Geld für einen Aufenthalt seiner Frau in einem „Nervensanatorium“ benötigt, heißt es im Gnadengesuch vom 23. Dezember 1937. Zwar intervenierte der Schweizerische Hilfsverein, der Schweizer Konsul in Berlin und andere Stellen ab 1934 vielfach für Schödler und die mit ihm verhafteten Schweizer unter anderem beim Auswärtigen Amt, jedoch konnten sie nichts ausrichten. Eventuell hinderte auch der nicht „einwandfrei[e] Leumund“, der Schödler von Schweizer Seite attestiert wurde, und die Tatsache, dass Schödler vorbestraft war, erfolgreiche Hilfsmaßnahmen. Schödler litt in der Haft vor allem wegen der Sorge um seine Familie, wie er seiner Frau in Briefen mitteilte. Im Bericht des Schweizer Hilfsvereins, der Schödler am 21. Januar 1936 besuchte, heißt es ebenfalls: „Schödler ist sehr verbittert, zermürbt und seelisch vollständig aus dem Gleichgewicht gebracht, daher auch völlig halt- und mutlos.“ Im Oktober 1937 erhielt die Schweizerische Gesandtschaft in Berlin einen weiteren Bericht, der betonte, dass Schödler „in physischer Hinsicht ausserordentlich gelitten und er körperlich stark abgegeben hat, sodass ich ihn fast nicht wieder erkannt habe“ – der Berichtende sorgte sich sogar, ob Schödler das letzte Haftjahr überleben werde. Schödler kehrte nach seiner Entlassung im November 1938 zu seiner Familie nach Wettingen zurück und lebte bis zu seinem Tod in bescheidenen Verhältnissen. Entschädigungsanträge Schödlers beziehungsweise seiner Ehefrau zur Anerkennung Schödlers als Verfolgter des Nationalsozialismus wurden mehrfach abgelehnt, zu sehr galt Schödler noch Jahrzehnte nach dem Krieg als Spion: „Auf deutscher Seite wird der Fall als Straftat angesehen, die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ihre Ahndung erfahren habe. Es wird in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass Spionagetätigkeit in allen Rechtsstaaten strafbar ist, und dass ein Spion, der gegen Bezahlung tätig ist, nicht als politischer Ueberzeugungstäter angesehen werden kann“, heißt es in einem offiziellen Schweizer Schreiben vom Mai 1955. ''Quellen:'' *„Dossier Schödler Heinrich, Surbeck Eugen, Wenger Viktor, Hurst Fritz“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, Bestand E2001C, Aktenzeichen: B.51.13.12. *„Dossier Schödler, Heinrich, Wettingen“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, Bestand E2001-08, Aktenzeichen: B.34.95.1.  
Gerhart Seger (geb. 16.11.1896 in Leipzig, gest. 21.01.1967 in New York/USA) wuchs in einem sozialdemokratischen Elternhaus in Leipzig auf. Sein Vater war Redakteur der SPD-Zeitung „Leipziger Volkszeitung“, Mitglied der Nationalversammlung in Weimar und bis 1928 Reichstagsabgeordneter. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Seger eine Ausbildung zum Steindrucker. Er war bereits in der sozialdemokratischen Jugendbewegung aktiv und folgte seinem Vater 1917 in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). Nach dem Ersten Weltkrieg begann er ein Studium der Zeitungskunde und Kulturgeschichte. Anfang der zwanziger Jahre arbeitete er als Redakteur für „Die Freiheit“ in Berlin. 1922 wurde Seger Mitglied der SPD, im Jahr darauf Generalsekretär der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG). Ab 1928 arbeitete er wieder hauptberuflich als Journalist in Dessau. Seger veröffentlichte in den zwanziger Jahren einige Bücher zur Bildungsarbeit in der Arbeiterbewegung sowie zu politischen Fragen wie einer Neutralität Deutschlands oder der wehrhaften Demokratie. 1930 zog Seger als Abgeordneter der SPD für Dessau in den Reichstag ein und engagierte sich in den folgenden Jahren vehement gegen den erstarkenden Nationalsozialismus. Unter anderem leitete er in Dessau die Eiserne Front, in der sich das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Gewerkschaften und SPD zum Kampf gegen den Nationalsozialismus zusammengeschlossen hatten. Seger wurde am 12. März 1933 in Leipzig verhaftet und verbrachte daraufhin mehrere Monate im Dessauer Gerichtsgefängnis in Einzelhaft. Am 14. Juni 1933 wurde er in das Konzentrationslager Oranienburg gebracht. Wenige Monate später, am 4. Dezember, floh Seger von einem Außenkommando und konnte sich in die Tschechoslowakei retten, wo er zunächst Unterkunft in Prag fand. Am 19. Januar 1934 verhaftete die Gestapo Segers Frau Elisabeth und ihre Tochter Renate und hielt sie als Geiseln in ‚Erzwingungshaft‘ im Konzentrationslager Roßlau gefangen. Nach internationalen Protesten, vor allem aus Großbritannien, wurden die beiden am 19. Mai 1934 entlassen und durften ausreisen. Monatelang ging Seger auf Vortragsreise durch Europa und klärte über die Verbrechen des NS-Regimes auf. Im Oktober 1934 emigrierte die Familie in die USA, im November verlor Seger die deutsche Staatsbürgerschaft. 1935 wurde Gerhart Seger in New York Chefredakteur der dortigen „Neuen Volks-Zeitung“, 1941 zudem Vorsitzender des „German-American Council for the Liberation of Germany from Nazism“. Überdies war er in weiteren antinazistischen Organisationen aktiv. In den Vereinigten Staaten war er während des Kriegs und danach vor allem auch als umtriebiger Vortragsredner bekannt, der im ganzen Land mehrere tausend Vorträge hielt. In Amerika setzte er auch seine publizistische Tätigkeit fort. ''Quellen:'' *o.A.:„Biographie Gerhart Seger“. In: Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Online: https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/gerhart-seger/?no_cache=1 (Stand: 19.09.2019). *o.A.:„Das gefangene Kind. Wirkung des Falles Seger in England“. In: Neuer Vorwärts vom 20.05.1934, S. 1. *o.A.:„Genosse Gerhart Seger frei! Flucht aus der Hölle von Oranienburg“. In: Neuer Vorwärts vom 28.01.1934. *o.A.:„Frau und Kind Segers gefangen.“ In: Neuer Vorwärts vom 25.03.1934, S. 1. *Sagner, Reinhard: Gerhard Seger und Familie 1933 bis 1934. Mechanismen des Terrors. Dessau 2014. *Seger, Gerhart: Reisetagebuch eines deutschen Emigranten. Zürich 1936.  
Anna Seghers (geb. 19.11.1900 in Mainz, gest. 01.06.1983 in Berlin), bürgerlicher Name Netty Radványi (geb. Reiling), wurde als einzige Tochter des jüdischen Kunst- und Antiquitätenhändlers Isidor Reiling und dessen Ehefrau Hedwig (geborene Fuld) in Mainz geboren. Ab 1920 studierte sie in Köln und Heidelberg Geschichte, Kunstgeschichte und Sinologie. 1924 promovierte sie an der Philosophischen Fakultät in Heidelberg zum Thema „Jude und Judentum im Werke Rembrandts“. 1925 heiratete Anna Seghers den ungarischen Schriftsteller und Soziologen László Radvanyi, mit dem sie in Berlin lebte und zwei Kinder bekam. Seghers trat 1928 der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei und war im Jahr darauf Gründungsmitglied des „Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“. Wegen ihrer Parteizugehörigkeit und ihrer jüdischen Abstammung floh sie 1933 über die Schweiz nach Paris, sieben Jahre später in den noch unbesetzten Teil Frankreichs. 1935 war sie eine der Gründerinnen des „Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller“ in Paris. 1940 emigrierte sie nach Mexiko. Im Exil arbeitete sie an Zeitschriften deutscher Emigranten mit, unter anderem war sie Mitglied der Redaktion der „Neuen Deutschen Blätter“. 1947 kehrte Seghers nach Deutschland zurück und ließ sich in Ostberlin nieder. In der Exilliteratur spielte sie nicht nur als Organisatorin eine wichtige Rolle, sondern schrieb mit „Das siebte Kreuz“ und „Transit“ auch zwei der literarisch bedeutendsten Romane dieser Zeit. Anna Seghers hat für ihr schriftstellerisches Schaffen zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten. Unter anderem ehrte die DDR sie 1951 mit dem Nationalpreis und von 1952 bis 1978 war sie Präsidentin des Schriftstellerverbands der DDR. ''Quellen:'' *Anna Seghers. Online: http://anna-seghers.de (Stand: 17.09.2019). *Leis, Mario: Anna Seghers. „Das siebte Kreuz“. Stuttgart 2009. *Neugebauer, Heinz: Anna Seghers. Berlin 1980. *Vogt, Jochen: „Anna Seghers – ‚Das siebte Kreuz’“. In: Kindlers Literatur Lexikon. 3, völlig neu bearbeitete Auflage. Hg. von Ludwig Arnold. Stuttgart/Weimar 2009. Online: www.kll-online.de (Stand: 17.09.2019).  
Der österreichische Jude Mark Siegelberg (geb. 11.06.1895 in Luck/Russland, gest. 04.12.1986 in Katzelsdorf/Österreich) wurde nach seinem Studium in Bern und Wien zum Dr. jur. et rer. pol. promoviert. Seit 1922 arbeitete er als Journalist, unter anderem für „Der Morgen“ und „Der Tag“. Von 1934 bis 1938 war er Redakteur bei der „Stunde“. 1938/1939 war er ein Jahr lang im Konzentrationslager Dachau und im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert, bevor er 1939 nach Shanghai emigrieren konnte. Dort schrieb er den Roman „Schutzhaftjude Nr. 13877“, der auf seinen eigenen Erlebnissen basiert. Gemeinsam mit Hans Schubert, der ebenfalls aus Österreich stammte, schrieb er 1940 das Drama „Die Masken fallen“, das am 9. November 1940 in den Räumen des Britischen Konsulats uraufgeführt, aber erst 1996 publiziert wurde. Es handelt von der zerrütteten Ehe eines Juden mit einer ‚Arierin‘, die unter dem Druck der Verfolgung wieder zur alten Liebe zurückfinden. In Shanghai arbeitete Siegelberg als Redakteur des „Shanghai Jewish Chronicle“. Im August 1941 wurde er ausgebürgert. Im Jahr darauf emigrierte er nach Australien, wo er ab 1954 Herausgeber der deutschsprachigen Zeitung „Neue Heimat und Welt“ war. In den sechziger Jahren kehrte Siegelberg nach Österreich zurück. ''Quellen:'' *Jakobi, Carsten: Der kleine Sieg über den Antisemitismus. Darstellung und Deutung der nationalsozialistischen Judenverfolgung im deutschsprachigen Zeitstück des Exils 1933-1945. Tübingen 2005, S. 113. *„Liste 249 – Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger vom 07.08.1941, Nr. 182“. In: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. Dokument-ID: ADS-0257. Online: http://db.saur.de/DGO/basicFullCitationView.jsf?documentId=ADS-0257 (Stand: 19.09.2019). *Schubert, Hans und Mark Siegelberg: „‚Die Masken fallen‘ – ‚Fremde Erde‘. Zwei Dramen aus der Emigration nach Shanghai 1939-1947“. Hg. von Philipp, Michael und Wilfried Seywald. Hamburg 1996. *Vierhaus, Rudolf (Hg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 9. München 2008, S. 434. *„Siegelberg, Mark“. In: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. Dokument-ID: BHB-8001. Online: http://db.saur.de.ezproxy.uni-giessen.de/DGO/basicFullCitationView.jsf?documentId=BHB-8001 (Stand: 19.09.2019). *„Siegelberg, Mark“. In: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. Dokument-ID: DBE-7704. Online: http://db.saur.de.ezproxy.uni-giessen.de/DGO/basicFullCitationView.jsf?documentId=DBE-7704 (Stand: 19.09.2019).  
Robert Eduard Siewert (geb. 30.12.1887 in Schwersenz/Poznań, gest. 02.11.1973 in Berlin) wuchs als Kind eines Zimmermanns auf. Als die Mutter 1889 starb, zog der Vater mit der Familie nach Berlin, wo Siewert eine Maurerausbildung absolvierte. Danach ging er auf Wanderschaft durch Deutschland, die Schweiz und Dänemark. Nach dem Abschluss seiner Lehre 1905 schloss er sich der Gewerkschaft und 1906 der SPD an. Während seiner Zeit in der Schweiz von 1908 bis 1915 gründete er nicht nur eine Familie, sondern engagierte sich auch dort in der Gewerkschaftsarbeit, im Vorstand des Internationalen Arbeitervereins „Eintracht“, bei der Verteilung von politischer Literatur und als Sekretär des Schweizer Bauarbeiterverbandes. Wegen der „führenden Funktion“ (BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 1) bei mehreren Streiks, vor allem von Schweizer Maurern, wurde er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. 1915 wurde Siewert aus der Schweiz ausgewiesen und musste als Soldat an der Ostfront dienen. In dieser Zeit war er im Spartakusbund und im November 1918 im Soldatenrat aktiv. Nach Kriegsende kehrte er zunächst als Sekretär der KPD ins Vogtland zurück, ließ sich dann aber vorübergehend in Chemnitz nieder und arbeitete im Literatur- und Zeitungsvertrieb der KPD, der er am 1. Januar 1919 beigetreten war. Damit war sein Weg in Richtung Verlagswesen eingeschlagen: 1925 wurde er Leiter der Berliner Vereinigung der Internationalen Verlagsanstalten, im Jahr darauf übernahm er den Verlag „Einheit“, von 1931 bis 1932 war er im Verlag „Arbeiterpolitik“ angestellt. In diese Zeit fielen auch mehrere Aufenthalte in der Sowjetunion. 1929 wurde Siewert wegen innerparteilicher Konflikte aus der KPD ausgeschlossen und trat der neugegründeten KPD-Opposition (KPDO) bei. Er organisierte in dieser Position den Aufbau der illegalen Untergrundarbeit der Partei, teilte Gruppen ein und plante geheime Versammlungen. Seine Arbeit auf dem Bau als Maurer und Fliesenleger nutzte er, um Kontakte zu pflegen und Flugschriften zu verteilen. Er war ebenfalls an der Einfuhr von in Deutschland verbotenen Schriften aus dem Ausland beteiligt. Er schreibt dazu in einem mit „Aus der Kampfzeit gegen den Nazismus“ betitelten Bericht: „Im Ausland erschienen damals eine Reihe von Kampfschriften gegen den Faschismus. Es war außerordentlich wichtig, dafür zu sorgen, daß diese Schriften über die Grenze geholt wurden. Wir organisierten dafür besondere Kolonnen. […] Diese Arbeit war immer mit einem großen Risiko verbunden und forderte im Laufe der Zeit viele Opfer. Aber auch diese Opfer haben sich gelohnt, denn die illegale Literatur trug wesentlich zur Klärung der Lage bei“ (BArch, SgY 30/0890/1, S. 209f.). 1933 wurde Siewert verhaftet: Ein SA-Trupp wartete nach dem Reichstagsbrand auf ihn in seiner Wohnung in Berlin-Tegel, verwüstete diese und nahm ihn mit, da er im Verdacht stand, illegale Flugblätter hergestellt zu haben. Siewert lebte nach seiner Entlassung aus den Gefängnissen am Alexanderplatz und in Moabit illegal und arbeitslos in Berlin. Nach eigenen Angaben soll die Äußerung „Bei uns gilt nach wie vor der alte Gruß ‚Guten Morgen‘, ‚Guten Tag‘, ‚Guten Abend‘. Ich kenne den Gruß ‚Heil Hitler‘ nicht!“ (Provinzialverwaltung Sachsen 1945, S. 8) der Grund für seine erneute Inhaftierung am 8. April 1935 gewesen sein. Siewert wurde daraufhin vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Haft verurteilt. Am 25. Dezember 1935 wurde er in das Zuchthaus Luckau überstellt, wo er – eigenen Angaben folgend – erneut den Untergrundwiderstand organisierte und politische Diskussionen sowie Schulungen leitete. Da er auch im Zuchthaus als Maurer arbeitete, war es ihm möglich, auf diese Weise mit vielen Mithäftlingen in Kontakt zu kommen. Nach drei Jahren Zuchthaus wurde er jedoch nicht entlassen, sondern ein halbes Jahr durch die Gestapo in Berlin inhaftiert. Im September 1938 brachte man ihn nach Buchenwald, wo er sich wieder der KPD annäherte und zum internationalen Lagerkomitee gehörte. Siewert war dort Kapo eines Baukommandos und bildete jüdische und polnische Häftlinge zu Maurern aus. Nachdem er Ende August 1944 auf einer illegalen Gedenkfeier für Ernst Thälmann eine Rede gehalten hatte, war er zusätzlichen Schikanen von Seiten der SS ausgesetzt und wurde mehrmals zwischen dem Weimarer Gefängnis, dem Bunker im KZ Buchenwald und dem Gefängnis Ichtershausen verlegt. Siewert wurde schließlich erneut in das KZ Buchenwald überstellt und dort auf eine Liste derjenigen gesetzt, die hingerichtet werden sollten – das Lager wurde jedoch rechtzeitig von den Amerikanern befreit. Nach dem Ende seiner 10-jährigen Haft schloss er sich am 18. Mai 1945 der KPD an und unterstützte von Halle – das damals noch amerikanisch besetzt war – aus den Neuaufbau der KPD und der Gewerkschaften in Sachsen. Er stieg zum Ersten Vizepräsidenten der Provinz Sachsen auf, war bis zum 31. März 1950 Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt und schließlich bis 1967 Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Aufbau der DDR, wo er sich aktiv an der Durchführung der Bodenreform beteiligte. Siewert war Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und in dessen Zentralvorstand ebenso aktiv wie im Buchenwaldkomitee. Die DDR-Führung zeichnete ihn mit verschiedenen Ehrungen aus, so wurde ihm unter anderem der Karl-Marx-Orden, der Vaterländische Verdienstorden in Silber und Gold sowie 1972 der Stern der Völkerfreundschaft in Silber zu seinem 85. Geburtstag verliehen. ''Quellen:'' * Bundesstiftung Aufarbeitung. Online: http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=3302 (Stand: 25.06.2019). * Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945. * Siewert, Robert: „Lebenslauf und Fragebogen der SED“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 1-4. * Siewert, Robert: „Eine unangenehme Überraschung“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 206f. * Siewert, Robert: „Aus der Kampfzeit gegen den Nazismus“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, SgY 30/0890/1, Bl. 208-2013. * Siewert, Robert: „Lebenslauf“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, DH/1 23961 Personalakte Robert Siewert, o.S. * Siewert, Robert: „Personalbogen“. In: Bundesarchiv Berlin BArch, DH/1 23961 Personalakte Robert Siewert, o.S.  
Abraham Silberschein (geb. 1881 in Lemberg als Adolf Henryk Silberschein, gest. am 30. Dezember 1951 in Genf) war Rechtsanwalt. Er eröffnete eine Anwaltskanzlei in Lemberg und im Ersten Weltkrieg beteiligte er sich in Wien an humanitären Aktionen für jüdisch-galizische Kriegsflüchtlinge. In den 1920er-Jahren war er Führer der zionistischen Arbeiterpartei Poale-Hitachut in Ostgalizien. 1922 wurde er als deren Abgeordneter in das polnische Parlament, den Sejm, gewählt. Hier schuf er vor allem jüdische Kreditgenossenschaften. Im März 1930 nominierte Joseph C. Hyman ihn und Isaac Joffe aus Riga zum C-Mitglied des ''Joint Distribution Committee (''JDC). Den Kriegsausbruch erlebte er in Genf als Teilnehmer am 21. Zionistenkongress. Er beschloss, in der Schweiz zu bleiben, wo er Hilfslieferungen für verfolgte Juden in Polen und Deutschland organisierte. 1939 gründete er in Genf das Hilfskomitee RELICO (Relief Committee for Jewish War Victims), das vom World Jewish Congress (WJC) unterstützt wurde. Ab Sommer 1942 musste er das Genfer Büro verlassen und arbeitete allein weiter. In der Schweiz legte er auch seinen ursprünglichen Vornamen Adolf ab, später auch den zweiten Namen Alfred. Durch seine Kontakte zu jüdischen Organisationen und anderen Informationsquellen, etwa Flüchtlingen aus Polen, konnte er Informationen über die deutschen Verbrechen erlangen und weitergeben. Er vervielfältigte diese Berichte 1944 und gab sie an Zeitungen und Diplomaten weiter. 1944 heiratete er Fanny Hirsch. Im gleichen Jahr gab er die Serie „Die Judenausrottung in Polen“ heraus. ''Quelle:'' „Abraham Silberschein“. In: EHRI Personalities. Online:'''<span lang="EN-US">[https://portal.ehri-project.eu/authorities/ehri-pers-000475 <span lang="DE">https://portal.ehri-project.eu/authorities/ehri-pers-000475</span>]</span>''' (05.07.2022).  +
Friedrich Sober wurde am 30. Mai 1933 verhaftet und in das KZ Lichtenburg in Sachsen eingeliefert, wo er bis April 1939 blieb. Nach einem Verhör in Halle wurde er zunächst nach Lichtenburg zurückgebracht, kam dann aber über das Fort Zinna bei Torgau nach Berlin-Moabit. Dort wurde Sober zu zehn Jahren Zuchthaus wegen Hochverrats verurteilt. Wo er diese Strafe absitzen musste, ist nicht bekannt. ''Quelle:'' * Sober, Friedrich: „Von Lichtenburg nach Halle“. In: Provinzialverwaltung Sachsen (Hg.): Sadisten. Repräsentanten des Hitlerstaates. Halle 1945, S. 40ff.  +