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Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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K
Eugen Kogon (geb. 02.02.1903 in München, gest. 24.12.1987 in Falkenstein-Königstein im Taunus) kam als unehelicher Sohn zur Welt. Seine Mutter war eine Jüdin aus Nikolajew in der Ukraine, sein Vater unbekannt, nach Kogon aber ein russischer Diplomat. Seine ersten Lebensjahre verbrachte Eugen Kogon als Pflegekind in einer streng katholischen Familie in München. Den Rest seiner Jugend war er Internatsschüler in zwei katholischen Klöstern. Nach dem Abitur nahm er 1923 ein Studium der Nationalökonomie und Soziologie auf, das ihn über München nach Florenz und Wien führte. 1927 schließlich ließ sich Kogon in Wien nieder und schloss sich als Schüler des Soziologen Othmar Spann der Ständestaatsbewegung an, die auf einen nach Berufsgruppen organisierten Staat ohne politische Parteien und demokratisch gewähltes Parlament abzielte und sich somit gegen den von den Anhängern angenommen sozialen Abstieg traditioneller Berufsgruppen (etwa Bauern und Handwerker) innerhalb eines kapitalistischen Systems wendete. Auf seinem Studium des italienischen Faschismus unter Mussolini aufbauend, dem sich Kogon insbesondere während seines wissenschaftlichen Aufenthalts in Florenz widmete, promovierte er 1927 zum Thema „Faschismus und Korporativstaat“. Im selben Jahr heiratete Kogon seine Jugendfreundin Margarete Lang. Aus der Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor. Unmittelbar nach seiner Promotion trat Kogon in die Redaktion der katholisch-konservativen Wochenschrift „Schönere Zukunft“ in Wien ein. In dieser Zeit setzte sich Kogon weiterhin intensiv mit der Ständestaatsidee auseinander, nicht zuletzt weil er hoffte, dass dieses Gesellschaftsmodell den Nationalsozialismus in Deutschland ‚verchristlichen‘ könne. Kogon arbeitete von 1932 bis Anfang 1934 als Geschäftsführer und Mitgesellschafter der „Neuen Zeitung“. Für das Nachfolgeblatt „Österreichischer Beobachter“ setzte er von Februar bis April 1934 seine Tätigkeiten fort. Im Juni 1934 – insbesondere durch die Morde im Kontext der Röhm-Affäre seiner Hoffnung auf eine Veränderung in der NS-Ideologie beraubt – zog sich Kogon enttäuscht aus der österreichischen Publizistik zurück. Nach der Niederlegung seiner publizistischen Aktivitäten übernahm Kogon 1935 eine Anstellung als Vermögensverwalter des Prinzen Coburg des Hauses Sachsen-Coburg-Gotha-Cohary. Zu seinen Aufgaben gehörten in diesem Zusammenhang auch Geschäftsreisen nach Deutschland sowie in die angrenzenden Nachbarländer. Sowohl in Österreich als auch während seiner Auslandsreisen „brachte er emigrierte Hitler-Gegner miteinander in Verbindung und unterstützte ihre Aktivitäten auch finanziell“ (Munziger Archiv, o. S.). Infolgedessen kam Kogon zweimal in Deutschland vorübergehend in Haft. Die Gestapo legte ihm eine „Zuwiderhandlung gegen die deutschen Devisengesetze und […] die Unterstützung deutscher Emigranten in Österreich, der Tschechoslowakei und der Schweiz“ (E. Kogon zitiert nach M. Kogon 2014, S. 27f.) zur Last. Als es am 11. März 1938 zum ‚Anschluss‘ Österreichs kam, misslang Kogon die Flucht und er wurde sofort verhaftet. Die ersten Monate seiner insgesamt siebenjährigen Haftzeit verbrachte er im Wiener Polizeigefängnis, wo er auch ersten Verhören unterzogen wurde. Im September 1939 wurde er von Wien in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Zwei Mal wurde Kogon „zwecks Einvernahme als Zeuge“ (M. Kogon 2014, S. 18) von Buchenwald nach Wien und wieder zurück transportiert, bevor er ab August 1942 bis zum Kriegsende als politischer Häftling dauerhaft im KZ Buchenwald inhaftiert war. Ab 1942 gehörte Kogon im KZ Buchenwald dem illegalen Lagerwiderstand an und entging mit dessen Hilfe im Frühjahr 1943 nur knapp der Deportation nach Auschwitz. Unmittelbar nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 11. April 1945 durch die US-Armee wurde Kogon neben anderen ehemaligen Häftlingen des Lagers von einem Team der amerikanischen Psychological Warfare Division damit beauftragt, einen umfassenden Bericht zu verfassen, der erläutern sollte, „wie ein deutsches Konzentrationslager eingerichtet war, welche Rolle es im nationalsozialistischen Staat zu spielen hatte und welches Schicksal über jene verhängt wurde, die von der Gestapo in die Lager eingewiesen und von der SS dort festgehalten wurden“ (Kogon 1997, S. 74). Der sogenannte Buchenwald-Report diente Kogon als Hauptquelle für sein Werk „Der SS-Staat“ (1946). Nach 1945 setzte Kogon seine publizistische Tätigkeit in Zeitungen, Zeitschriften und auf Konferenzen sowie als (freier) Schriftsteller fort. Zusammen mit Walter Dirks gründete Kogon bereits im April 1946 die Monatszeitschrift „Frankfurter Hefte“ und blieb bis 1984 einer der Herausgeber. Des Weiteren zählt Kogon zu den Mitbegründern der Christlich-Demokratischen Union (CDU). Aufgrund seiner gesellschaftspolitischen Ansichten, die den Bestrebungen der Adenauer-Ära entgegenliefen, rückte er jedoch zunehmend weiter in die Nähe der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Als ein starker Befürworter der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus setzte er sich „für einen Läuterungsprozess in Deutschland ein, der die Vergangenheit nicht verdrängen, sondern aufarbeiten soll“ (Munziger Archiv, o.S.). Ab 1949 begleitete Kogon zudem das Amt des Präsidenten der Europa Union und setzte sich unter anderem für die Bildung der Europäischen Bewegung – ein Zusammenschluss von verschiedenen überparteilichen Interessengruppen im Bereich der Europapolitik – ein. Als Professor der Politikwissenschaften lehrte Kogon von 1951 bis 1968 an der Technischen Hochschule Darmstadt. Im Verlauf der 1960er Jahre avancierte Kogon zu einem der bekanntesten Moderatoren im deutschen Fernsehen und leitete verschiedene Sendungen, darunter das politische Magazin „Panorama“. ''Quellen:'' *Koepke, Wulf: „Eugen Kogon (1903-1987)“. In: Kremer, Lillian S. (Hg.): Holocaust Literature. An Encyclopedia of writers and their work. New York/London 2003 (Bd. I), S. 684-687. *Kogon, Eugen: „Dieses merkwürdige, wichtige Leben“ (=Gesammelte Schriften 6). Hg. von Kogon, Michael und Gottfried Erb. Weinheim/Berlin 1997. *Kogon, Michael: Lieber Vati! Wie ist das Wetter bei Dir? Erinnerungen an meinen Vater Eugen Kogon. Briefe aus dem KZ Buchenwald. München 2014. *„Kogon, Eugen“. In: Munzinger Internationales Biographisches Archiv Online. Online: https://www.munzinger.de/search/document?index=mol-00&id=00000002232&type=text/html&query.key=HBzq5I0Q&template=/publikationen/personen/document.jsp&preview= (Stand: 10.09.2019). *Sarkowicz, Hans: „Kogon, Eugen“. In: Kühlmann, Wilhelm (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2. völl. überarb. Aufl. Berlin/New York 1990, S. 585f.  
Kurt Kohlsche (geb. 17.12.1906 in Pulsnitz, gest. 1985 in Eitorf bei Bonn) wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater war im Ersten Weltkrieg gestorben, sodass die Familie auf das kärgliche Einkommen der Mutter angewiesen war und oft Hunger litt. Bereits als Kind war Kohlsche in Sportverbänden der Arbeiterbewegung aktiv und wurde Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterjugend. Kohlsche machte eine Ausbildung zum Ofensetzer. 1928 trat er aus der SPD aus und in die KPD ein, wo er unter anderem politische Zeitschriften verbreitete. 1930 gewann er beim Vertriebswettbewerb der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung“ eine Reise in die Sowjetunion. Kohlsche war in die mitunter gewalttätigen politischen Auseinandersetzungen in der Endphase der Weimarer Republik involviert und wurde 1930 wegen Landfriedensbruch zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Ab 1932 betrieb er einen Gaststättenbetrieb in Meißen und arbeitete zudem als selbstständiger Automatenaufsteller. Kohlsche wurde am 2. März 1933 in Breslau verhaftet. Nach seiner Entlassung kehrte er in seine Heimatstadt Meißen zurück, wo er seine Gaststätte aufgeben musste. Mit Blick auf seine Familie wollte er fortan nicht mehr politisch aktiv sein. Am 23. September 1935 wurde er im Konzentrationslager Sachsenburg inhaftiert und blieb dort wahrscheinlich bis Frühjahr 1936. Im Jahr darauf waren er und seine Frau erneut kurz in Haft, da sie der Spionage verdächtigt wurden. Im Mai 1940 wurde er zur Wehrmacht einberufen und leistete seinen Dienst unter anderem als Wachmann in einem Kriegsgefangenenlager, von wo er im Juni 1943 an die Ostfront verlegt wurde. Im Januar 1944 wurde Kohlsche wegen wehrkraftzersetzender Äußerungen in Glauchau verhaftet und im März 1944 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Einige Monate später gelang es ihm, in eines der Bewährungsbataillone zu kommen. Nach dem Krieg wurde Kohlsche Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), geriet wegen kritischer Äußerungen über das Verhalten führender Funktionäre aber bald schon in Konflikt mit der Partei. Gemeinsam mit seiner Frau betrieb er erneut eine Gaststätte. Im November 1947 verließ er die Sowjetische Besatzungszone und ging in die Britische Zone nach Hamburg. In den fünfziger Jahren lebte er in Bonn und arbeitete als Handelskaufmann. ''Quellen'': *'"`UNIQ--nowiki-00000006-QINU`"' *Kohlsche, Kurt: „So war es! Das haben sie nicht gewusst!“ Konzentrationslager Sachsenburg 1935/36 und Wehrmachtgefängnis Torgau-Fort Zinna 1944/45 – ein Häftlingsschicksal. Eingeleitet und kommentiert von Yvonne Hahn und Wolfgang Oleschinski. Dresden 2001.  
Erwin A. Komleitner (geb. 21.08.1908 in Wien) arbeitete ab 1929 bei der Polizei, ab 1932 als Kriminalbeamter. Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 wurde Komleitner – da offenbar ‚politisch unerwünscht‘ – aus dem Polizeidienst entlassen und er arbeitete als selbstständiger Vertreter im Buchhandel. Er meldete sich nach Kriegsbeginn freiwillig zur Wehrmacht und wurde im Januar 1940 eingezogen. 1941/42 gehörte er der Frontleitstelle 87 in Bukarest an, wo er Uhren aufkaufte, die er nach seiner Versetzung nach Dnjepropetrowsk im Winter 1942/43 mit erheblichem Gewinn an sowjetische Zivilisten verkaufte. Dafür wurde er wegen fortgesetzten Ungehorsams und Sachwuchers zu einem Jahr Gefängnis, einer Geldstrafe sowie dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für zwei Jahre verurteilt. Am 25. Juli 1943 traf Komleitner im Strafgefangenenlager II Aschendorfermoor ein. Schon wenige Tage später wurde er bei einem ‚Gesundheitsappell‘ wegen ‚Unsauberkeit‘ mit fünf Tagen einfachem Arrest bestraft. Am 7. September 1943 wurde er ins Strafgefangenenlager I Börgermoor verlegt. Von dort wurde er am 18. November 1943 auf Transport nach Wien geschickt. Hier klagte ihn das Landgericht Wien wegen zweier Hilfeversuche für Juden im Juli 1938 an, als er noch Polizeibeamter war. Er hatte versucht, für einen jüdischen Ingenieur ein sogenanntes Arier-Visum für Italien bei einem Beamten eines italienischen Reisebüros zu kaufen. Der Beamte erstattete jedoch Anzeige gegen Komleitner. Außerdem hatte er ohne Berechtigung einen Meldezettel für eine Passverlängerung für eine jüdische Frau – wahrscheinlich die Ehefrau des jüdischen Ingenieurs – ausgestellt. Dafür wurde er am 23. Dezember 1943 zu weiteren acht Monaten Gefängnis verurteilt. Von der Untersuchungshaftanstalt Wien wurde er zurück nach Börgermoor gebracht, wo er am 15. März 1944 nach einem Monat Transport eintraf. Drei Monate später wurde er bis zum 3. Oktober 1944 auf ein Außenkommando geschickt, das in Preußisch Oldendorf bei einem großen Luftwaffen-Tanklager arbeitete. Insgesamt dreimal fragte die Vollstreckungsbehörde im Verlauf seiner Inhaftierung nach, ob Komleitner für den Wehrdienst in einer Feldstrafgefangenenabteilung tauglich sei. Dies wurde jedoch wegen des Prozesses in Wien erst im August 1944 positiv beschieden. Der Kommandoführer im Lager Preußisch Oldendorf, wo sich Komleitner zu diesem Zeitpunkt befand, erstellte einen militärischen Tauglichkeitsbefund. Dem schloss sich auch der Börgermoorer Lagervorsteher an und gab an, dass er gegen eine weitere Strafverbüßung in einer Feldstrafabteilung keine Bedenken mehr habe. Am 15. November 1944 verließ Erwin Komleitner offenbar das Emsland in Richtung Brünn zum Infanterie-Ausbildungs- und Ersatzbataillon 500. ''Quelle:'' *Bührmann-Peters, Frank: Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in den Emslandlagern 1939 – 1945. Dissertation: Osnabrück. Online: 969779429/34 (Stand: 16.09.2019).  
Guido Kopp (geb. 17.03.1896 in Ruderting bei Passau, gest. 05.12.1971 in Salzburg) wurde als Sohn des Lehres Alois Kopp und dessen Frau Theresia geboren. Sein Geburtsdatum wird auf unterschiedlichen Dokumenten mit 17. März 1896 oder 27. März 1896 angegeben. Kopp selbst gab in seinem Bericht und auch auf dem Fragebogen für Insassen der Konzentrationslager 1945 den 17. März 1896 als Geburtsdatum an. Im Ersten Weltkrieg wurde Kopp zum Militär eingezogen, bei Kriegsende befand er sich in der Sanierungsanstalt in Rosenheim. Im November 1918 wurde er in Rosenheim zu einem der beiden Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrats gewählt, im Januar 1919 gründete Kopp die KPD-Ortsgruppe Rosenheim. Im April 1919 rief er nach Münchener Vorbild die Räteregierung für Rosenheim aus und setzte die Geiselnahme von 30 Rosenheimer wohlhabenden Bürgern durch. Die Räteherrschaft wurde jedoch durch die Bürger Rosenheims gestürzt und Kopp und andere Revolutionäre wurden festgenommen. Zwar wurde er zunächst durch die aus München anrückenden ‚Roten Garden‘ wieder befreit und zog sich nach Kolbermoor zurück. Dort wurde er jedoch Anfang Mai 1919 gefangengenommen und durch ein Feldgericht zum Tode verurteilt. Durch die Überstellung nach München entging Kopp dem Tod. Ein Münchener Standgericht wandelte die Strafe am 24. Juli 1919 in acht Jahre Festungshaft um, die er von 1919 bis 1927 im Zuchthaus Straubing verbüßt. Gleichzeitig wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte für zehn Jahre aberkannt. Am 24. Juli 1927 wurde er entlassen. Eine Rückkehr nach Rosenheim verhinderte die Stadt durch die Ausweisung. Kopp hatte noch im Gefängnis einen Pass beantragt, um nach Russland zu gehen, was er dann jedoch nicht verwirklichte. Sein Verbleib bis 1929 ist weitgehend unklar. Ab 1929 lebte er in Österreich, wo er sich im Juni 1930 in Strasshof niederließ. Am 17. September 1932 heiratet Kopp Antonia Anna Maria Seliger, die am 17. April 1902 in Wien geboren wurde. Unklar ist, warum Kopp von April bis Juni 1934 zuerst im Bezirksgericht Matzen und dann im Anhaltelager Wöllersdorf interniert war. Nach seiner Entlassung wurde er aus dem Bundesgebiet Österreich ausgewiesen und lebte ab Herbst 1934 in der Tschechoslowakei. Auch hier wurde er Mitte 1936 ausgewiesen und wanderte dann nach Spanien aus, wo er am Spanischen Bürgerkrieg teilnahm. 1937 kehrte er zurück nach Österreich und wurde dort am 5. oder 15. Mai in Salzburg verhaftet. Kopp selbst gibt in seinem Buch den 5. Mai 1937 als Tag der Festnahme an, in einem Gestapo-Schreiben wird das Datum jedoch mit dem 15. Mai angegeben. Auch über die Art der Festnahme gibt es zwei Versionen. Kopp selbst berichtet, er sei von der Polizeidirektion in Salzburg verhaftet und an die Gestapo in München ausgeliefert worden. Die Gestapo dagegen schrieb, Kopp sei von der österreichischen Grenzbehörde festgenommen und dem Grenzkommissariat Freilassing in Schutzhaft überstellt worden. Nach sechs Wochen Untersuchungshaft bei der Gestapo München wurde er am 26. Juni 1937 in das KZ Dachau eingewiesen, wo er bis September 1939 blieb. 29 Monate verbrachte er dort in Bunkerhaft, davon 10 Monate in Dunkelhaft. Am 27. September 1939 wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt. Er trug die Häftlingsnummer 7350. Seine zweite Häftlingsnummer war die 12523 (Schreibstubenkarte, 1.1.5.3/6326763/ITS Digital Archive, Arolsen Archive). Auch in Buchenwald verbrachte er viele Monat in Bunkerhaft, bis er am 11. April 1945 von den amerikanischen Truppen befreit wurde. In Buchenwald war er mehrmals im Arbeitskommando „Strumpfstopfer“. Im Mai 1945 notierte er auf einem Fragebogen für Insassen der Konzentrationslager seine Nationalität mit „staatenlos“ und als Beruf Landwirt an. Er gab zudem an, als Antifaschist verhaftet worden und ohne Glaubenszugehörigkeit zu sein. Im Juni 1945 ließ er sich vorübergehend in Salzburg nieder. Hier schrieb er die Erlebnisse seiner Haft in Dachau und Buchenwald in dem Buch „Ich aber habe leben müssen…. Die Passion eines Menschen des 20. Jahrhunderts“ nieder. Das Vorwort datiert vom 25. August 1945. 1946 verlegte er das Buch in dem für diesen Zweck gegründeten eigenen Ried-Verlag, den er bis 1957 betrieb. Im Februar 1947 erlangte Kopp die österreichische Staatbürgerschaft. Ein langwieriges Entschädigungsverfahren wurde 1950 von der Salzburger Landesregierung zu Kopps Gunsten entschieden. Er erhielt für die sieben Jahre im Konzentrationslager eine Opferrente. 1953 war Kopp Vorstandsmitglied des Salzburger Landesfriedensrats, einem Zweigverein des Österreichischen Friedensrats. 1960 heiratet er zum zweiten Mal. Er lebte bis zu seinem Tod am 5. Dezember 1971 in Salzburg. ''Quellen:'' *„Befreiungsliste“, 1.1.5.1/5358783/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Entlassungsliste“, 1.1.5.1/5358519/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Fuchs, Gernod: „Ich aber habe leben müssen ... - Guido Kopp - Zur Biographie eines (Berufs-)Revolutionärs“. In: Salzburg Archiv (1997), Nr. 23, S. 191-206. *o.A.:„Kopp, Guido. ÖsterreicherInnen für Spaniens Freiheit 1936-1939“. In: DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes). Online: http://www.doew.at/erinnern/biographien/spanienarchiv-online/spanienfreiwillige-k/kopp-guido (Stand: 19.06.2019). *o.A.: „Guido Kopp“. In: Stadtarchiv Rosenheim. Online: https://www.stadtarchiv.de/stadtgeschichte/rosenheim-im-20-jahrhundert/1910-1919/guido-kopp/?L=0 (Stand: 19.09.2019). *„Schreibstubenkarte“, 1.1.5.3/6326763/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.  
Walter Korodi (geb. 08.07.1902 in Sächsisch Reen, gest. 1983) wurde als Sohn des Lehrers Lutz Korodi und Therese Hermann in Siebenbürgen geboren. Die Familie gehörte dort zur deutschen Minderheit und siedelte 1904 nach Deutschland über. Korodi wurde 1918 Mitglied des Freikorps Reinhard und später Mitglied des Stahlhelm, einen rechtsgerichteten Verband von Veteranen des Ersten Weltkriegs. Als Journalist in Berlin schrieb Korodi ab Mitte der 1920er Jahre für rechtskonservative und nationalsozialistische Zeitungen wie die „Berliner Börsen-Zeitung“ (BBZ) und den „Reichsboten“ sowie für den „Völkischen Beobachter“. Ab 1927 trat Korodi im Auftrag des Stahlhelms aggressiv gegen das der Sozialdemokratie nahestehende Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold auf. Er veröffentlichte unter anderem eine Reihe von Schmähschriften gegen das Reichsbanner, die großen Absatz fanden, so etwa 1927 „Fort mit dem Reichsbanner! – Genug mit der Reichswehrhetze!“ oder 1928 „Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“. Anlass für seine Betätigung gegen das Reichbanner war die von Emil Julius Gumbel und Berthold Jacob im Auftrag der Deutschen Liga für Menschenrechte veröffentlichte Broschüre „Deutschlands Geheime Rüstungen“, in der die heimliche Aufrüstung der Reichswehr publik gemacht wurde. 1932 wurde Korodi Leiter der „Nationalen Abwehrstelle gegen bolschewistische Umtriebe“, die der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nahestand. Dem Machtantritt der Nationalsozialisten stand Korodi zunächst positiv gegenüber, am 1. Mai 1933 trat er selbst in die NSDAP ein. Seine Mitgliedsnummer lautete 2.644.609. Schon bald darauf geriet Korodi jedoch mit den Nationalsozialisten in Konflikt. Im August 1934 wurde er im Rahmen des sogenannten Röhm-Putsches im Berliner Columbia-Haus inhaftiert und aus der Partei ausgeschlossen. Nach seiner Freilassung emigrierte er 1935 in die Schweiz, wo er 1936 anonym das Buch „Ich kann nicht schweigen!“ veröffentlichte. Im Juli 1938 wurde er schließlich ausgebürgert. 1940 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Hansjürgen Koehler im Londoner Verlag Pallas Publication das Buch „Inside the Gestapo: Hitler‘s shadow over the world“. Nach den Erkenntnissen des Historikers Rainer Orth handelt es sich bei Teilen dieses Buches jedoch um ein Plagiat eines Manuskriptes, das Heinrich Pfeiffer 1940 beim Pallas-Verlag mit der Bitte um Veröffentlichung eingereicht hatte. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Korodi in Bellechasse im Kanton Fribourg interniert. Bei Kriegsende wurde Korodi aus der Schweiz ausgewiesen. Er lebte und arbeitete in Lörrach und Frankfurt am Main. Seit 1970 war er mit Irene Korodi (geb. 1938) verheiratet. ''Quellen:'' *„Walter Kor(r)odi". In: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. Dokument-ID: BHB-1888. Online: http://db.saur.de.ezproxy.uni-giessen.de/DGO/basicFullCitationView.jsf?documentId=BHB-1888 (Stand: 19.09.2019).  
Paul Kowollik (geb. 14.06.1911 in Krysanowitz (ab 1936 Kreuzhütte) in Oberschlesien, gest. 30.12.1996 in Waldkirch im Breisgau) wurde als unehelicher Sohn von Rosalia Kowollik und dem westfälischen Milchfahrer mit dem Vornamen Herrmann (gest. 1941) in eine bürgerliche Familie geboren. Seine fünf Geschwister Josef, Anna, Therese, Maria und Agnes waren Kinder des Maurers Anton Juchelka, den Rosalia 1916 heiratete. Nach Abschluss der Volksschule im Jahr 1925 besuchte Kowollik ein Reformrealgymnasium in Rosenberg (Kreisstadt in Oberschlesien), um auf den Wunsch seiner Mutter Priester zu werden. Aufgrund der Armut seiner Familie und der Aussichtslosigkeit, als unehelicher Sohn zum Priester geweiht zu werden, entschloss er sich jedoch im Jahr 1929 trotz guter Noten in Deutsch und Geschichte, die Schule zu verlassen. Schon bald darauf schlug Kowollik den Weg des Journalismus ein: Bereits 1931 erschien in einer katholischen Tageszeitung ein erster Bericht über seine Erlebnisse am Maisonntag 1921. Als ihm der Verleger des Blattes ein Honorar zahlte und ihn bat, weitere Aufsätze einzureichen, sah er darin eine Möglichkeit, sich aus seiner finanziellen Not herauszuschreiben. Durch seine anschließende Tätigkeit bei der katholischen Zeitung fand er Zugang zur Zentrumspartei, deren Mitglied er im Jahr 1931 wurde. Dort übernahm er bis zur erzwungenen Auflösung der Partei im Jahr 1933 die Funktionen eines Sekretärs und Redners bei Parteiveranstaltungen. Von 1932 bis 1936, mit einer Unterbrechung in den Jahren 1933 und 1934, in denen er arbeitslos war, arbeitete er als freier Journalist und schrieb kulturpolitische Artikel und Aufsätze für verschiedene schlesische Zeitungen. Als überzeugter „Verteidiger des Weimarer Staates“ („Das war Konzentrationslager Buchenwald“, S. 4) war er nicht gewillt, in die Reichspressekammer einzutreten, um sich nicht dem von den Nationalsozialisten eingeführten Schriftleitergesetz unterwerfen zu müssen. In der Folge konnte er ab 1936 seine journalistische Tätigkeit nicht mehr fortführen und war dann als Straßenbauarbeiter in einer Tiefbaufirma beschäftigt. 1937 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht und absolvierte eine achtwöchige Ausbildung bei der Infanterie. Anfang 1938 bot sich ihm ein beruflicher Lichtblick bei der Schlesischen Handwerksversicherung in Breslau, die in der ganzen Provinz neue Zweigstellen errichtete und deren Geschäftsstelle in Kreuzberg er ab dem 13. Juni 1938 hätte leiten sollen. Am frühen Morgen desselben Tages wurde er jedoch im Rahmen der zweiten reichsweiten Verhaftungswelle der sogenannten „Aktion ‚Arbeitsscheu Reich‘“ (ASR) in ‚Schutzhaft‘ genommen. An seinem 27. Geburtstag wurde er mit einem Eisenbahntransport nach Weimar verbracht und traf am 15. Juni 1938 gegen 11 Uhr vormittags im KZ Buchenwald ein. In seiner Häftlingspersonalkarte wurde er mit dem Kürzel „A.S.R.“ für „asozial/arbeitsscheu“ geführt und erhielt die Häftlingsnummer 6240. Während seiner Haftzeit wurde er mehreren Arbeitskommandos zugeteilt, unter anderem dem berüchtigten Außenkommando Steinbruch. Im Zuge der sogenannten „Amnestie“ zum 50. Geburtstag Adolf Hitlers am 20. April 1939 wurde Kowollik schließlich nach elf Monaten Haft aus Buchenwald entlassen. Ein Führungszeugnis, das er sich nur wenige Tage nach seiner Entlassung von der Ortspolizeibehörde Kreuzhütte ausstellen ließ, bescheinigte ihm, dass „in den polizeilichen Listen keine Strafe verzeichnet ist“ (Führungszeugnis der Ortspolizeibehörde Kreuzhütte, 9. Mai 1939, abgedruckt in Siegel/Kowollik 2023, S. 88), so dass er bei Kriegsbeginn 1939 eine Tätigkeit als Verlagsangestellter bei einer Zeitung in Breslau aufnehmen konnte. Kurz vor Ende des ersten Kriegsjahres nahm er die Arbeit bei seiner alten Zeitung, den Neuesten Breslauer Nachrichten, wieder auf. Im Januar 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Als Infanterist war er zunächst in Polen, dann in Niederösterreich und in Frankreich stationiert. Auf dem Weg an die Westfront kam seine Division nach Waldkirch, wo Kowollik seine spätere Frau, Rosl Unmüssig (1921-2008), kennenlernte. Nach seinem dortigen Einsatz bis Anfang Juli 1940 kehrte er nach Schlesien zurück. Ab Februar 1941 war er kurzzeitig als Leiter der Geschäftsstelle Kutno der Litzmannstädter Zeitung beschäftigt, bis er im März 1941 erneut zum Kriegsdienst in die Sowjetunion einberufen wurde. Nach einer Routineuntersuchung in einem Kriegslazarett in Smolesk wurde er im September 1941 wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes zunächst in seine Heimat zurückgestellt. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um die Folgen einer in der Kindheit erlittenen Hilusdrüsenerkrankung, und er wurde zu einem Ersatztruppenteil nach Perleberg und später nach Russland an die Reschew-Front geschickt. Dort erkrankte Kowollik schwer an Fleckfieber und wurde in verschiedene Lazarette verlegt, zunächst nach Smolensk, dann nach Schweidnitz, wo er wieder ins Leben zurückfand. Am 8. Juni 1943 heiratete er Rosl in der St. Margarethen-Kirche in Waldkirch. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, von denen das erste, Joachim, im Januar 1945 in Villingen im Schwarzwald das Licht der Welt erblickte. Nach weiteren Wehrmacht-Einsätzen in Litzmannstadt, Stettin und Neubrandenburg erlebte er das Kriegsende in Mecklenburg-Vorpommern zunächst in kurzer amerikanischer, dann in britischer Gefangenschaft. Ende Juni 1945 kehrte Kowollik nach langem Fußmarsch Waldkirch zurück, wo er zunächst als selbstständiger Schriftsteller und ab 1948 als Geschäftsstellen- und Redaktionsleiter der Regionalausgabe der Badischen Zeitung in Waldkirch tätig war, bis ihn 1959 eine mehrmonatige lebensbedrohliche Erkrankung zwang, auf ärztliche Empfehlung hin kürzerzutreten. Seine Erinnerungen an die Haft im Konzentrationslager Buchenwald schrieb er in verschiedenen Gattungen nieder. Bereits 1945 erschien sein Erlebnisbericht „Das war Konzentrationslager Buchenwald“, der bis circa 1948 in drei Auflagen veröffentlicht wurde (vgl. Werkgeschichte „Das war Konzentrationslager Buchenwald“). Es folgten 1947 die Erzählung „Henker und Heilige. Erzählungen aus unseren Tagen“, die starke biografische Züge trägt (vgl. Zusammenfassung „Henker und Heilige“), sowie die Abhandlung „Analyse eines Schandflecks“. Alle drei Publikationen erreichten um 1948 eine Gesamtauflage von rund 60.000 Exemplaren, wobei „Das war Konzentrationslager Buchenwald“ die höchste Auflage verzeichnete. 1948 veröffentlichte Kowollik seine politisch-philosophische Broschüre „Quo vadis Europa? Wer kann das Abendland retten?“. Im Juli 1948 beantragte er die Druckgenehmigung der Kurzschrift „Massenherrschaft und Menschenfurcht“, die jedoch nicht verlegt wurde. Auch sein politischer Roman „Der Dorfspion“ wird in einem Antrag auf Druckgenehmigung lediglich als „Werk in Arbeit“ aufgeführt. Dank des allgemein einsetzenden Wirtschaftsaufschwungs gelang es ihm, sich ab 1962 als Journalist selbstständig zu machen. Von März 1966 bis März 1972 übernahm er beim Heimat- und Verkehrsverein Waldkrich als Nachfolger von Max Barth die Redaktion des Waldkircher Heimatbriefs. Als Redakteur war er ab 1968 maßgeblich an der Herausgabe der Wochenzeitung „Elztäler Wochenbericht/Waldkircher und Elztäler Anzeiger“ beteiligt. Ab Mitte der 1960er Jahre war er auch als Autor von Heimatbüchern und Landkreisbeschreibungen erfolgreich tätig. Im Jahr 1975 legte er die 28 Gedichte umfassende Anthologie „Mit Feder, Spaten und Gewehr“ vor, in der er seine „Arbeit als Journalist, die Schrecken und Leiden des Krieges und die Tyrannei in der Diktatur“ (vgl. hinteres Vorsatzblatt des Bandes) literarisch verarbeitet. Sein autobiografischer Roman „Wege zwischen Dornen und Schlingen“, den er 1988 unter dem Pseudonym Peter Prosna im Verlag Kesselring in Emmendingen veröffentlichte, stellt sein umfangreichstes und letztes Werk dar. Das Stigma des „schwarzen Winkels“ haftete ihm zeitlebens an: Im November 1945 meldete die die Stadt Waldkirch dem Landratsamt in Emmendingen die in Waldkirch wohnenden einstigen politischen Häftlinge. Darunter befand sich auch Paul Kowollik, dessen „politische Tätigkeit in der Zentrumspartei“ somit als Grund für seine Haft in Buchenwald anscheinend bestätigt wurde. Sein Entschädigungsantrag auf Anerkennung als Verfolgter des Nationalsozialismus vom 7. Juni 1950 wurde jedoch vom Wiedergutmachungsausschuss des Badischen Ministeriums der Finanzen in Freiburg am 14. Juni 1951 abgelehnt, da er als ‚ASR-Häftling‘ nicht entschädigungsberechtigt sei. Kowollik erhob daraufhin im Juli 1951 beim Amtsgericht von Freiburg Klage gegen das Finanzministerium, die er jedoch im November desselben Jahres zurückzog, da er sich aufgrund der NS-Vergangenheit vieler Richter nur wenig Chancen ausrechnete. Auch sein letzter Versuch, vom Stigma des ‚Asozialen‘ rehabilitiert zu werden, blieb erfolglos: Das Justizministerium in Stuttgart teilte ihm im Jahr 1968 mit, dass auch in den Fahndungsbüchern des ehemaligen Reichskriminalamtes keine ihn betreffenden Eintragungen gefunden werden konnten; seinen tatsächlichen Haftgrund konnte er folglich nie in Erfahrung bringen. Dennoch glaubte er an eine baldige Rehabilitierung ''aller'' im KZ-Inhaftierten, doch wurde er in dieser Annahme bitter enttäuscht. Zwar erhielt er im Dezember 1948 den „Ehrenpass“ mit dem Aufdruck „Antifaschistischer Kämpfer“, der in Südbaden in der französischen Besatzungszone an politische Aktivisten ausgestellt wurde, doch die erhoffte Rehabilitation erlebte Kowollik zu Lebzeiten nicht; er starb nach kurzer Krankheit am 30. Dezember 1996 im Alter von 85 Jahren in Waldkirch. Die offizielle Anerkennung der von den Nationalsozialisten als ‚Asoziale‘ verfolgten KZ-Häftlinge erfolgte erst im Februar des Jahres 2020 durch den Deutschen Bundestag. ''Quellen:'' *„Akte von Kowollik, Paul, geboren am 14.06.1911“, 1.1.5/6357475/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *„Antrag auf Druckgenehmigung, Analyse eines Schandflecks, 12. Dezember 1946“. In: Archiv des französischen Außenministeriums/Gouvernement Militaire de la Zone Française d’Occupation, ohne Signatur. *„Antrag auf Druckgenehmigung, Analyse eines Schandflecks, 12. Dezember 1946“. In: Archiv des französischen Außenministeriums/Gouvernement Militaire de la Zone Française d’Occupation, ohne Signatur. *„Antrag auf Erteilung der Veröffentlichungsberechtigung, Das war Konzentrationslager Buchenwald, 5. Juni 1946. In: Archiv des französischen Außenministeriums/Gouvernement Militaire de la Zone Française d’Occupation, ohne Signatur. *„Antrag auf Erteilung der Veröffentlichungsberechtigung, Massenherrschaft und Menschenfurcht, 16. Juli 1948“. In: Archiv des französischen Außenministeriums/Gouvernement Militaire de la Zone Française d’Occupation, ohne Signatur. *„Brockhaus für Elztäler – 200. Ausgabe des ‚Waldkircher Heimatbriefs ist erschienen‘“, Badische Zeitung, 18.12.2004. *„BZ-Urgestein Wolfgang Meyer. 85 Jahre alt – Noch immer aktiv“, Badische Zeitung, 16.10.2013. *Deusche Nationalbibliothek: „Kowollik, Paul“. Online: https://d-nb.info/gnd/124550592 (Stand: 12.02.2023). *Fang, Chunguang: Das Täterbild in der Überlebenden-Literatur. Ein Vergleich der Täterbilder in der frühen und späten Lagerliteratur von Buchenwald und Dachau. Frankfurt a. M. 2017. *<span lang="EN-US">ITS, DocID: 86304818. ITS Digital Archive, Arolsen Archive. Online: https://collections.arolsen-archives.org/de/document/86304818 (Stand: 12.02.2023).</span> *Kirsten, Holm und Wulf Kirsten (Hrsg.): Stimmen aus Buchenwald. Ein Lesebuch. Göttingen 2002, S. 312. *Kowollik, Joachim: Ein das Schreiben gewohnter Reichsarbeitsscheuer. In: Nonnenmacher, Frank (Hrsg.): Die Nazis nannten sie „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“. Geschichten der Verfolgung vor und nach 1945. Frankfurt a.M. 2024. S. 325-341. *Kowollik, Joachim: E-Mail vom 19. Februar 2023 an Charlotte Kitzinger. *Kowollik, Joachim: Rede zur Buchveröffentlichung am 1. Dezember 2023 in Waldkirch. *Kowollik, Paul: Mit Feder, Spaten und Gewehr. Ettenheim 1975. *Siegel, Helmut/Kowollik, Joachim (2023). Verfolgt – verfemt – vergessen. Das Leben und Schicksal von Paul Kowollik. Waldrich 2023.  
Der Tscheche Franz Kozlik (geb. 28.09.1916 in Wien) lebte bis zu seiner Verhaftung als lediger, katholischer Friseurlehrling in Bregenz. Ab 1934 war er Mitglied der Kommunistischen Partei. In einem „Fragebogen für Insassen der Konzentrationslager“, den er am 5. Juli 1945 in Dachau ausfüllte, gibt er seinen Verfolgungsweg folgendermaßen an: Am 23. September 1937 wurde er durch die Gestapo München in Lindau am Bodensee verhaftet und vor dem Volksgerichtshof in München angeklagt. Es folgte eine längere Haftstrafe, bis er als ‚politischer Häftling‘ nach Dachau verlegt wurde. Dort wurde er am 18. Mai 1938 als ‚Neuzugang‘ aufgeführt und erhielt die Häftlingsnummer 14118, später 17902. Kürzere Transporte an unbekannte Ziele (vermutlich Arbeitskommandos) sind für den Juni 1938 zu vermerken. Vom 28. September 1939 bis zum 1. März 1940 war er in Flossenbürg, dann erneut in Dachau. Seine Angaben decken sich mit den überlieferten Dokumenten der KZ-Gedenkstätte Dachau. Dort wird Kozlik nur noch einmal am 29. Juni 1938 als Zugang geführt, ohne dass erkennbar ist, ob er vorher einmal verlegt worden war; er erhält dabei die Nummer 17902. In Dachau übte Kozlik, der selbst Harmonika spielte, das Amt des Kapellmeisters des Lagerorchesters und des Dachauer Blasorchesters – vermutlich auf Veranlassung des Lagerkommandanten Zills – aus und nahm an den musikalischen Darbietungen im Lager teil, etwa wenn die Häftlinge morgens das Lager verließen, bei Konzerten für die SS oder während offizieller Besuche. Die längste Zeit seiner Inhaftierung (vom 20. August 1942 bis 22. November 1944) verbrachte Kozlik im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Dort arbeitete er, wie auch in Dachau, als Friseur für die SS-Wachmannschaft; u.a. frisierte er den Lagerkommandanten Zill, wie er in seinen Erinnerungen erwähnt. Sein Mithäftling Hans Schwarz erinnert sich, dass Zill Kozlik bei seinem Wechsel nach Natzweiler mitgenommen habe. Kozliks herausgehobene Position wurde noch dadurch unterstrichen, dass es ihm erlaubt war, die Haare lang zu tragen. Auffallend ist, dass Kozlik seine Flucht nicht auf dem Fragebogen erwähnt, auch finden sich in den Unterlagen des ITS Bad Arolsen keine weiteren Hinweise darauf. In besagtem Fragebogen gab Kozlik an, zunächst nach München und dann nach Straßburg gehen zu wollen, wo er in der Folge seine Erinnerungen veröffentlichte. Als Kontaktperson gab er seine Ehefrau Annette Fraulob an, die er im Text Jacqueline Fraulob nennt. Über seinen Verbleib nach dem Krieg ist nichts Weiteres bekannt. ''Quellen:'' *„Befreiungsliste“, 1.1.6/10151901/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *„Fragebogen für Insassen der Konzentrationslager“, 1.1.6/10151900/ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *Häftlingsdatenbank der KZ-Gedenkstätte Dachau. *Kuna, Milan: Musik an der Grenze des Lebens. Musikerinnen und Musiker aus böhmischen Ländern in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und Gefängnissen. Frankfurt am Main 1998, hier besonders S. 91-95. *„Liste und Belege über Häftlingsgelder“, 1.1.29.1/3138218/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Liste“, 1.1.29.1/3140383/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.*Postenkontrollkarte, 1.1.29/3190530/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *Revierkarte“, 1.1.29/3190529/ ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *„Veränderungsmeldung“, 1.1.6.1/9909300/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Veränderungsmeldung“, 1.1.6.1/9909287/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.  
Max Krakauer (geb. 19.12.1888, gest. 06.03.1965) stammte aus Hindenburg in Oberschlesien und lebte mit Ehefrau Karoline, genannt Ines, in Leipzig. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Soldat teilnahm, leitete er eine Filmverleihfirma, die unter anderem 1932 die Rechte an Charlie Chaplins Film „Lichter der Großstadt“ erwarb. Als Jude traf ihn das Gewerbeverbot durch die Nationalsozialisten und er zog mit seiner Frau im Mai 1939 nach Berlin, von wo sie versuchten, ins Ausland zu emigrieren. Diese Bemühungen scheiterten jedoch. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges musste das Ehepaar Zwangsarbeit leisten. Sie wohnten bei Ines Krakauers Schwester Else Isaac, die am Kurfürstendamm eine Pension betrieb, bis sie Ende Januar 1943 festgenommen und nach Auschwitz deportiert wurde. Nur durch die Warnung einer Nachbarin entgingen Max und Ines Krakauer demselben Schicksal. Durch einen Bekannten kamen sie mit evangelischen Pfarrersfamilien in Kontakt, die der Bekennenden Kirche angehörten oder ihr nahe standen. Diese beherbergten das Ehepaar ab Januar 1943, dem Beginn der Massendeportationen von Juden aus Berlin. Fortan lebten Max und Ines Krakauer im Untergrund, zunächst von März bis Juli 1943 in Berlin, Brandenburg und Pommern, ab August 1943 dann in Württemberg in Häusern der Württembergischen Pfarrhauskette. Die Befreiung durch die amerikanischen Streitkräfte am 21. April 1945 erlebten sie in Stetten im Remstal. Insgesamt waren sie unter dem Decknamen Ackermann in 66 verschiedenen Verstecken untergebracht. Seine Erinnerungen über diese Zeit veröffentlichte Max Krakauer 1947. Ein Jahr nach Kriegsende konnte er in Stuttgart in seinen alten Beruf zurückkehren. Ende 1947 erhielt er von der amerikanischen Militärregierung eine Lizenz für den gewerbsmäßigen Verleih von Filmen, die Firma musste jedoch Konkurs anmelden. Im Johann-Ludwig-Fricker-Haus in Dettingen an der Erms wird an das Ehepaar Krakauer erinnert, ebenso am Pfarrhaus neben der Stiftskirche durch eine im Jahr 2009 angebrachte Gedenktafel, die das Ehepaar und das sie verbergende Pfarrerehepaar Adolf und Elisabeth Rittmann ehrt. An dem Haus in Stetten, in dem sie ab dem 10. April 1945 versteckt waren und die Befreiung erlebten, erinnert ebenfalls eine Hinweistafel an das Ehepaar und seine Helferin Hildegard Spieth. Elf der Helfer wurden inzwischen als ‚Gerechte unter den Völkern‘ ausgezeichnet. ''Quellen:'' *Krakauer, Max: Lichter im Dunkel. Flucht und Rettung eines jüdischen Ehepaares im Dritten Reich. Stuttgart 1947. *„Max Krakauer“. In: Gedenkstätte Stille Helden. Online: http://www.gedenkstaette-stille-helden.de/biografien/bio/krakauer-max/ (Stand: 16.09.2019). *Peitsch, Helmut: Deutschlands Gedächtnis an seine dunkelste Zeit. Zur Funktion der Autobiographik in den Westzonen Deutschlands und den Westsektoren von Berlin 1945 bis 1949. Berlin: Edition Sigmar Bohn 1990, S. 462.  
Willy Kreuzberg (geb. 21.11.1909, gest. nach 1986) wurde – vermutlich für sein kommunistisches Engagement, wie in seinem Bericht angedeutet wird – bereits 1933 mehrmals durch die SS verhaftet und 1934 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Vermutlich war er im Zuchthaus Luckau inhaftiert, bevor er in ein Konzentrationslager eingewiesen wurde. Überlieferte Dokumente belegen, dass er am 27. Februar 1940 in das Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt wurde, wo er im Häftlingsblock 65 untergebracht war. Laut seinen Angaben muss er auch in einem Außenlager von Sachsenhausen in Duisburg gewesen sein. 1942 wurde er als Teil der „Ersten Baubrigade West“ unter der Häftlingsnummer 20413 – die Nummer 16874, die er im Buch nennt, wurde nicht an ihn vergeben – aus dem KZ Sachsenhausen auf die Kanalinsel Alderney gebracht, wo er für die Organisation Todt am Aufbau des Atlantikwalls mitarbeiten musste. Im Juli 1944 wurde das Lager wegen der Invasion der alliierten Truppen in der Normandie aufgelöst; Kreuzberg und 600 weitere Häftlinge wurden wochenlang über Frankreich und Belgien evakuiert, um an einem anderen Ort weiterzuarbeiten. Am 13. August 1944 gelang ihm im belgischen Kortemark die Flucht aus dem Arbeitslager und er schlug sich durch Belgien und Nordfrankreich durch. Er kehrte mit Hilfe der vorrückenden amerikanischen Militäreinheiten nach Deutschland zurück. ''Quellen:'' * „Effektenkarte von Kreuzberg“, 1.1.5.3/6379374/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. * „Empfangsbestätigung für Effekten“, 1.1.30.1/3411068/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. * Kreuzberg, Willy: Schutzhäftlinge erleben die Invasion. Ein Tatsachenbericht von Willy Kreuzberg. Weimar 1946. * Kreuzberg, Willy: Die Flucht. Als KZ-Häftling durch fremdes Land. Berlin-Potsdam 1949. * „Nachtrag zur Veränderungsmeldung“, 1.1.5.1/5283578/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. * „Schreiben“, 1.2.2.1/11900454/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. * „Veränderungsmitteilung vom 27.02.1940“. In: FSB-Archiv Moskau, N-19092/Tom 96, Bl. 061 (Angaben über die Datenbank des Archivs der Gedenkstätte Sachsenhausen).  
Erich Kunter (geb. 29.01.1898 in Wuppertal-Barmen, gest. 13.02.1982 in Freiburg) war Sohn des Buchdruckers und Steindruckereileiters Hugo Kunter. Durch den häufigen Wohnortswechsel der Familie besuchte er verschiedene Realschulen in Leipzig, Hannover, Magdeburg und zuletzt in Heilbronn. Dort schloss er 1916 die Oberrealschule ab und absolvierte eine Buchhändlerlehre. Danach war er freier Schriftsteller in Heilbronn und von 1924 bis 1933 Verleger und Herausgeber der Zeitschriften „Weg und Wende“ sowie „Die Arche“. Im August 1928 heiratete er Maria Brunner, aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Kunter trat 1930 der KPD bei und gehörte seit 1929 dem Schutzverband deutscher Schriftsteller an. Von Juni 1933 bis zur Auflösung des Lagers im Dezember war er im wüttembergischen Konzentrationslager Heuberg inhaftiert, anschließend bis Juli 1934 im KZ Oberer Kuhberg. Nach der Haft lebte er ab 1937/1938 in Stuttgart und von 1939 bis 1943 in Geringen bei Stuttgart. Er wurde Mitglied der Reichsschrifttumskammer und schrieb unpolitische Romane und Zeitungsbeiträge, unter anderem für die „Magdeburger Zeitung“ und die „Württembergische Landeszeitung“. Zugleich aber engagierte sich auch im Widerstand; Kunter verhalf unter anderen Juden zur Flucht in die Tschechoslowakei. Nach der Befreiung wurde Kunter erster kommissarischer Bürgermeister Gerlingens und in Stuttgart Mitglied des Landesausschusses der Antifaschistischen. Ab 1946 war Kunter Kulturreferent des Landrats in Ludwigsburg sowie Leiter des Kreiskulturamts. Er kandidierte für die KPD für den Kreistag. 1961 ging er in den Ruhestand. Die Jahre 1962 bis 1970 verbrachte er in Sulzbach am Kocher, von 1979 bis zu seinem Tod war er in Nürtingen-Roßdorf beheimatet. Am 13. Februar 1982 starb er in Freiburg. ''Quellen:'' *„Akte der Reichskulturkammer zu Erich Kunter“. In: BArch Berlin (ehem. BDC), R 9361/V/7457. *„Landesamt für die Wiedergutmachung Baden-Württemberg an den Internationalen Suchdienst, betr.: Entschädigungssache Kunter, Erich, 2.7.1969“, 6.3.3.3/82901863/ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *o.A.: „Erich Kunter“. Online: [https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Kunter http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Kunter] (Stand: 18.09.2019).  
Edgar Kupfer (geboren 24.04.1906 in Koberwitz/Breslau, Polen, gestorben 07.07.1991 bei Stuttgart) wurde als Sohn eines Gutsverwalters geboren und war nach dem Abschluss seiner Realschulzeit zunächst in der Landwirtschaft und später als Büroangestellter tätig. Nebenberuflich schrieb er Gedichte und verfasste Zeitungsartikel. Später nahm er den Künstlernamen Kupfer-Koberwitz an. 1934 floh er vor der Gestapo nach Paris. Im Auftrag eines deutschen Reiseunternehmens zog er 1937 auf die italienische Insel Ischia und arbeitete als Touristenführer. Dort wurde er 1940 denunziert, weil er sich angeblich abfällig über das deutsche Regime geäußert habe. Am 11. November 1940 wurde er in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Ab November 1942 war er als Schreiber in einem Dachauer Außenlager, der Schraubenfabrik Präzifix, tätig. Während dieser Zeit verfasste er sein später als „Dachauer Tagebücher“ bekannt gewordenes Manuskript, das er zunächst an seinem Arbeitsplatz versteckte und später vergrub. Seine Zeit im KZ Dachau war unterbrochen von einer einjährigen Haftzeit im KZ Neuengamme, wo er unter noch menschenunwürdigeren Bedingungen als in Dachau ausharren musste und beinahe starb. Im April 1945 wurde er durch die amerikanischen Streitkräfte befreit. Nach dem Krieg lebte er sieben Jahre in den USA, wo er jedoch keine adäquate Arbeit fand. Schließlich zog er auf die Insel Sardinien, wo er in Armut und Einsamkeit lebte. 1984 kehrte er aufgrund gesundheitlicher Probleme nach Deutschland zurück, wo er 85-jährig in einem anthroposophischen Pflegeheim starb. Kupfer-Koberwitz war Autor mehrerer Bücher: Neben Publikationen zum KZ Dachau und zur Insel Ischia verfasste er auch als überzeugter Vegetarier mit dem Text „Die Tierbrüder − eine Betrachtung zum ethischen Leben“ (1947) einen Appell gegen den gleichgültigen und grausamen Umgang mit Tieren. ''Quellen:'' *Karl, Michaela: „Edgar Kupfer-Koberwitz“. Online: https://www.literaturportal-bayern.de/themen?task=lpbtheme.default&id=939 (Stand: 16.09.2019). *Nader, Andrés: Traumatic Verses. On Poetry in German from the Concentration Camps, 1933-1945. New York 2007. *Schubert, Elke: „Alltag im Lager. Das Dachauer Tagebuch des Häftlings Edgar Kupfer-Koberwitz“. In: Die Zeit vom 04.07.1997, Nr. 28. Online: https://www.zeit.de/1997/28/Alltag_im_Lager (Stand: 16.09.2019).  
Lili Körber, Pseudonym Agnes Muth (geb. 25.02.1897 in Moskau, gest. 11.10.1982 in New York City), wurde als Tochter einer polnischen Mutter und des österreichischen Exportkaufmanns Ignaz Körber geboren. Die Familie war wohlhabend und konnte sich für die Tochter französische Erzieherinnen leisten. Körber wuchs dreisprachig mit Deutsch, Russisch und Französisch auf. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde ihr Vater als Ausländer in Russland verhaftet, im Kriminalgefängnis Butyrki inhaftiert und nach einigen Tagen nach Zarizeno (Wolgograd) deportiert. Man verdächtigte ihn der Spionage. Nach seiner Freilassung musste die Familie 1915 das Land verlassen. Zunächst fuhr sie nach Berlin, die Eltern beschlossen jedoch, nach Zürich zu ziehen, um dort die Rückkehr nach Moskau abzuwarten. Nach der Abdankung des Zaren und der Oktoberrevolution beschloss der Vater in Wien zu leben. Körber blieb noch für ein Jahr in der Schweiz, legte ihr Abitur ab und studierte zwei Semester Literaturgeschichte in Genf, bevor auch sie nach Wien zog und dort ihr Studium fortsetzte. An der sehr konservativen Universität fühlte sie sich jedoch fremd. Sie wechselte nach Frankfurt am Main, wo sie 1923 mit einer Arbeit über die Lyrik Franz Werfels den Doktorgrad erwarb. Anschließend kehrte sie nach Wien zurück. Hier war sie journalistisch für die ‚Arbeiter-Zeitung‘ tätig. 1930 schloss sie sich einer Schriftstellerdelegation an, die vom Staatsverlag in Moskau eingeladen worden war. Körber war angetan von den Visionen und Einstellungen der russischen Arbeiterschaft. Sie fuhr nach Leningrad und ließ sich als Bohrerin in einer Traktorfabrik anstellen. Aus ihren Erlebnissen entstand der Tagebuch-Roman „Eine Frau erlebt den roten Alltag“. Der Roman, der 1932 im Rowohlt-Verlag erschien, wurde ein Erfolg und war schnell ausverkauft. In England wurde er unter dem Titel „Life in a Soviet Factory“ veröffentlicht. Im Januar 1933 besuchte Körber Berlin und schrieb unter dem Eindruck der heraufziehenden Herrschaft der Nationalsozialisten den Roman „Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland“. 1935 unternahm sie Reisen nach China und Japan, über die sie in ihren Büchern „Begegnungen im fernen Osten“ und „Sato-san, ein japanischer Held“ (eine Parodie auf den Faschismus) berichtete. Im März 1938 emigrierte Körber nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten über die Schweiz nach Frankreich. Hier schrieb sie ihren Roman „Eine Österreicherin erlebt den Anschluss“, ein Tagebuch eines Arbeitermädchens, deren Freund Jude ist. Diesmal benutzte sie das Pseudonym Agnes Muth, um ihre Familie in Österreich nicht zu gefährden. In Paris arbeitete Körber auch für das ‚Pariser Tagblatt‘. Ihr Freund, der Soziologe Eric Grave, eigentlich Eric Goldschmidt, konnte ihr im Juli 1938 illegal nach Paris folgen. Beide bekamen eine zweijährige Aufenthaltsbewilligung für Lyon. Als der Krieg ausbrach wurde Eric Grave interniert, im Sommer 1940 nach der deutschen Invasion jedoch wieder freigelassen. Lili Körber und er heirateten. Über das ‚International Rescue Committee‘ erhielten sie zwei der Visa, die Präsident Roosevelt den Kämpfern gegen den Faschismus bewilligt hatte. Im Juni 1941 trafen sie in New York ein. Der Neubeginn war ausgesprochen schwierig und massive finanzielle Nöte belasteten sie. Körber war zwar dreisprachig aufgewachsen, aber Englisch zählte nicht zu ihren Sprachen. So schlug sie sich anfangs hauptsächlich mit Russischunterricht und Fabrikarbeit durch. Körber nahm eine Stelle in einer Büstenhalterwerkstatt an und trat der ‚International Ladies Garment Workers Union‘ bei. Ihr literarisches Schaffen setzte sie fort. Sie schrieb zahlreiche Artikel, unter anderem für die New Yorker ‚Volkszeitung‘, das Zürcher ‚Volksrecht‘, die ‚Wiener Arbeiter-Zeitung‘ sowie den Pariser ‚Gavroche‘. Sie schrieb den Roman „Ein Amerikaner in Rußland“, in dem sie ihre Erfahrungen mit dem Stalinismus thematisiert. Eine schwere Operation ihres Mannes regte sie dazu an, 1949 eine Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. Viele Jahre arbeitete sie dann in diesem Beruf. Auch verarbeitete sie ihre Erfahrungen schriftlich. Ihr autobiografischer Roman „Call me nurse“ blieb jedoch unveröffentlicht. Wenige Jahre vor ihrem Tod entdeckte Viktoria Hertling, eine US-Germanistin, Lili Körbers Werk und machte einige Interviews mit ihr, sodass sie nicht vollends in Vergessenheit geriet und entsprechend ihr Nachlass gesichtet wurde. Allerdings verbrannte Lili Körber kurz vor ihrem Tod ihr Tagebuch. In einem Nachruf von Franzi Ascher-Nash schreibt diese über ihre Freundin Lili Körber: „[…] sie war bis zum letzten Atemzug ein pikantes ‚Enfant terrible. Ihr Geist war scharf und traf ins Schwarze, zutreffend, vielleicht zu treffend – und so mancher Unbeschwingte war leicht verletzt. […] [H]eute mag ihr Lebenswerk mehr oder minder im Dunkel sein. Es wird auferstehen, wie alles, was gekonnt und echt ist“ (DNB Frankfurt, Exilarchiv, Nachlass L. Körber). ''Quellen:'' *„Abschied von meiner Freundin Lili Körber - von Franzi Ascher-Nash“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Lili Körber, Signatur EB 2005/029, o.S. *Gürtler, Christa und Sigrid Schmid-Bortenschlager: Erfolg und Verfolgung. Österreichische Schriftstellerinnen 1918-1945, S. 247-255. *Lemke, Ute: Lili Körber: Von Moskau nach Wien. Eine österreichische Autorin in den Wirren der Zeit (1915-1938), Siegen 1999. *„Lili Körbers Biographie“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Lili Körber, Signatur EB 2005/029, o.S. *„Meine Biografie / Lili Körber“. In: Deutsche Nationalbibliothek, Deutsches Exilarchiv, Nachlass Lili Körber, Signatur EB 2005/029, o.S. *Seo, Yun Jung: Frauendarstellungen bei Adrienne Thomas und Lili Körber. Marburg 2002, S. 129-134. *Wolf, Herta: „Lili Körber – Eine Emigration in die Vergessenheit“. In: Holzner, Johann/Scheichl, Sigurd Paul und Wolfgang Wiesmüller (Hg.): Eine schwierige Heimkehr. Österreichische Literatur im Exil 1938-1945. Innsbruck 1991, S. 285-298.  
Ingeborg Küster (geb. 1909 in Barmen, gest. 2006), die unter dem Namen Ingeborg Andreas geboren wurde, lebte mit ihren drei Geschwistern, der Mutter sowie ihrer Großmutter in der Heide bei Hamburg. Ihr Vater arbeitete als städtischer Ingenieur im Rathaus Barmen. 1921 hatte er einen Unfall, der zu seiner Pensionierung führte. Er wurde SPD-Parteisekretär für den Bezirk Niederelbe, danach Bürgermeister. Ingeborg Küster besuchte das Lyzeum in Hamburg und wurde später Büroangestellte. Ab April 1938 arbeitete sie bei der pazifistischen Zeitschrift „Die Menschheit“. Schließlich wurde die Sekretärin des Herausgebers der Wochenschrift „Das Andere Deutschland“. Die Zeitschrift war die Verbandszeitschrift der Deutschen Friedensgesellschaft, deren Geschäftsführer und Herausgeber Fritz Küster war. Sie hatte eine Auflage von etwa 40.000. Als erster deutscher Journalist wurde Fritz Küster wegen Enthüllungen über die illegale „Schwarze Reichswehr” 1928 vom Reichsgericht in Leipzig zu Festungshaft verurteilt. Am 6. März 1933 wurde er erneut verhaftet. 1934 verlobten sich Fritz Küster und Ingeborg Andreas im KZ Oranienburg. Durch die Verhaftung Küsters war Ingeborg Küster in große materielle Not geraten, aus politischen Gründen wurden ihr sowohl eine Anstellung als auch Arbeitslosenunterstützung verweigert. Hartnäckig kämpfte sie um die Freilassung Fritz Küsters. Vier Jahre lang reicht sie Petitionen und Gesuche um Freilassungen ein, sie schrieb an Heinrich Himmler und versuchte auch, persönlich Kontakt zu ihm aufzunehmen. 1938 gelang es ihr, Fritz Küster freizubekommen. Beide mittellos gingen sie nach Hannover, wo Fritz Küster Arbeit als Techniker, dann als Bauleiter bekam. Am 17. Dezember 1938 heirateten sie. Zwei Kinder wurden geboren. Fritz Küster hielt seine Kontakte zu politischen Freunden aufrecht, unter anderem auch zu einer Gruppe um den 20. Juli (Carlo Mierendorff, Theodor Haubach, Julius Leber). Diese brach er jedoch nach dem Tod von Mierendorff im Dezember 1943 ab. Nach dem Krieg baute Ingeborg Küster gemeinsam mit ihrem Mann den Fritz-Küster-Verlag in Hannover auf und gab unter dem gleichen Titel wie in der Weimarer Zeit die pazifistische Zeitung „Das Andere Deutschland“ in einer Auflage von 150.000 Exemplaren heraus. Zusammen mit ihrem Mann engagierte sie sich gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland. 1952 war sie Mitbegründerin der Westdeutschen Frauen- und Friedensbewegung sowie Herausgeberin der Zeitschrift „Frau und Frieden“. Nach dem Tod ihres Mannes 1963 gab sie „Das Andere Deutschland“ alleine heraus. Aus finanziellen Gründen und wegen zurückgegangener Auflage musste Ingeborg Küster 1969 die Zeitschrift jedoch einstellen. Sie lebte mehr als ein Jahrzehnt in Lüdenscheid und publizierte pazifistische Texte. ''Quelle:'' *Peitsch, Helmut: Deutschlands Gedächtnis an seine dunkelste Zeit. Zur Funktion der Autobiographik in den Westzonen Deutschlands und den Westsektoren von Berlin 1945 bis 1949. Berlin: Edition Sigmar Bohn 1990, S. 463. *Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten: „Ingeborg Küster“. Online: http://hannover.vvn-bda.de/hfgf/h4_02_IngeborgKuester.htm (Stand: 11.06.2019).  
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Hermann Langbein (geb. 18.05.1912 in Wien, gest. 24.10.1995 in Wien) war vor dem Krieg Schauspieler am Deutschen Volkstheater. Nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 floh er und kämpfte in den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Truppen Francos. Anfang 1939 verließen er und viele Mitkämpfer nach der Niederlage Spanien. In Frankreich wurde Langbein gemeinsam mit den anderen Spanienkämpfern in den Lagern St. Cyprien, Gurs und Le Vernet interniert. 1941 wurde er an Deutschland ausgeliefert; er kam am 2. Mai 1941 als Häftling in das Konzentrationslager Dachau, wo er als Häftlingsschreiber im Krankenrevier arbeitete und den SS-Arzt Eduard Wirths kennenlernte. Im August 1942 wurde er von Dachau nach Auschwitz verlegt, wo er erneut auf den dorthin versetzten Wirths traf, für den er als Häftlingsschreiber arbeitete und zu diesem ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickelte. Langbein gehörte in Auschwitz der Leitung des organisierten Widerstands an und konnte sich durch seine Verbindung zu Wirths für einzelne Häftlinge einsetzen. Im August 1944 wurde Langbein nach Neuengamme verlegt, von wo er kurz darauf in das Außenlager Lerbeck kam. Im April 1945 floh er von einem Transport und schlug sich mit dem Fahrrad nach Wien durch. Nach dem Krieg engagierte sich Langbein erneut politisch. Er wurde Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) und stieg ins Zentralkomitee auf. Anfang der fünfziger Jahre schickte ihn die Partei nach Budapest. Dort arbeitete er beim deutschsprachigen Programm des Rundfunks. 1954 kehrte er nach Österreich zurück. Langbein war im gleichen Jahr Mitbegründer des Internationalen Auschwitzkomitees und wurde dessen Generalsekretär. Zudem war er von 1955 bis Anfang der sechziger Jahre Sekretär der österreichischen Lagergemeinschaft Auschwitz. 1958 wurde er aus der KPÖ ausgeschlossen, 1960 verlor er seinen Posten als Generalsekretär des Internationalen Auschwitzkomitees. 1963 wurde er Sekretär des Comité International des Camps. Langbein engagierte sich stark für eine Bestrafung der Täter, die Wiedergutmachung für die Opfer sowie in der Bekämpfung der Leugnung des Holocaust. Überdies veröffentlichte er zahlreiche Bücher und Beiträge über Auschwitz, den Auschwitz-Prozess, Widerstand in Konzentrationslagern und vieles mehr. ''Quelle:'' *Frei, Norbert: „Hermann Langbein und der Kampf gegen die ‚Auschwitz-Lüge‘. Eine Erinnerung“. In: Einsicht 10. Bulletin des Fritz Bauer Instituts. Herbst 2013, S. 25-28. *„Geldverwaltungskarte“, 1.1.6.2/10167757/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Halbmayr, Brigitte: Zeitlebens konsequent. Hermann Langbein 1912-1995. Eine politische Biographie. Wien 2012. *Häftlingsdatenbank der KZ-Gedenkstätte Dachau. *Langbein, Kurt: „Ein Held als Vater. Erinnerungen eines Sohnes“. In: Einsicht 10. Bulletin des Fritz Bauer Instituts. Herbst 2013, S. 29-33. *„Schreiben“, 6.3.3.2/101620876/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Steinbacher, Sybille: „‚Menschen in Auschwitz‘ und die Auschwitz-Forschung. Eine Analyse“. In: Einsicht 10. Bulletin des Fritz Bauer Instituts. Herbst 2013, S. 19-24. *Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. Frankfurt a.M./New York 2012.  
Wolfgang Langhoff (geb. 06.10.1901 in Berlin, gest. 24.08.1966 in Ost-Berlin) wurde als zweites von vier Kindern der Eltern Martha und Gustav Langhoff geboren. Sein Vater war Kaufmann und die Familie wirtschaftlich gut gestellt. 1903 zog die Familie nach Freiburg im Breisgau. Langhoff besuchte dort die Knabenbürgerschule und später das Realgymnasium. Mit Ausbruch des Krieges 1914 erlitt die Familie durch Fehlspekulationen des Vaters wirtschaftlich große Verluste. 1915 absolvierte er für sechs Monate die Seemannsschule in Hamburg und fuhr anschließend zwei Jahre als Leichtmatrose bei der Deutsche Handelsmarine zu See, um später die Laufbahn eines Offiziers einschlagen zu können. 1918 holte er in den letzten Kriegsmonaten die Mittlere Reife nach. Da die Situation im Elternhaus durch Spannungen mit dem Vater und finanziellen Nöten geprägt war, schloss sich Langhoff 1919 dem Freikorps von Medem an, das Freiwillige für die Kämpfe im Baltikum suchte. Im April 1919 nahm er als Meldereiter am Kampf um Riga teil, wurde jedoch vermutlich verwundet und aus der Einheit entlassen. 18-jährig gelangte er nach Königsberg, wo er zunächst als Statist und bald in Nebenrollen am Neuen Schauspielhaus arbeitete. Ab 1923 gehörte er zum Ensemble des Thalia Theater Hamburg und ab Sommer 1924 zum Theater Wiesbaden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, sich als Schauspieler in Wiesbaden zu etablieren, gelang ihm 1925 mit einer Inszenierung von Goethes „Torquato Tasso“ der Durchbruch. Hier traf Langhoff auch Paul Dessau, mit dem ihn fortan eine lange Freundschaft verband. 1925 lernte Langhoff die Tochter des bekannten Schauspielers Luis Rainer, die Darstellerin und Jüdin Renate Rainer kennen, die er 1926 heiratete. Aus der Ehe gingen 1938 und 1941 zwei Söhne hervor. 1926 schrieb Langhoff sein erstes eigenes Theaterstück, die Boxerkomödie „Knock Out“, deren Uraufführung am 17. Februar 1927 im Staatstheater Wiesbaden stattfand und sehr umjubelt wurde. Allerdings blieb diese Aufführung auch die einzige. Beeindruckt von den kommunistisch dominierten Arbeitervierteln in Wiesbaden wurde Langhoff zum Kommunisten. Langhoffs wirtschaftliche Situation war schlecht, immer wieder musste er etwa um Vorschüsse beim Theater bitten. Im September 1928 trat Langhoff ein Engagement am Düsseldorfer Schauspielhaus an, das ab 1932 zu den Städtischen Bühnen Düsseldorf gehörte. Ab Anfang 1930 spielte er auch in Dresden und am Deutschen Theater in Berlin. Im Frühjahr 1930 gründete Langhoff mit jungen Arbeiterinnen und Arbeitern, die meist Mitglieder des Kommunistischen Jugendverbands waren, eine Agitpropgruppe, die sich „Nordwest ran“ nannte. Bei ihrem ersten Auftritt am 15. Juni 1930 trat Langhoff zum ersten Mal als Kommunist in Erscheinung. Von jetzt an engagierte er sich neben seinen Theatertätigkeiten durch öffentliche Reden, Rezitationen und Auftritte mit „Nordwest ran“ stark für die kommunistische Sache. Ab 1931 kam es zunehmend zu Zwischenfällen mit der Polizei. Obwohl vermehrt Stimmen laut wurden, die auf Langhoffs Entlassung aus dem Theater drängten, durfte er zunächst bleiben. Am 4. Januar 1933 wurde er in der Premiere von Schillers „Die Räuber“ in der Rolle des Grafen Moor gefeiert. Zwei Monate später, am Tag nach dem Reichstagsbrand, wurde er am 28. Februar 1933 verhaftet und im Düsseldorfer Polizeigefängnis inhaftiert. Er bestritt in den Vernehmungen, Funktionär der KPD zu sein, und gab lediglich zu, in verschiedenen Arbeitertheaterbewegungen aktiv gewesen zu sein. Dennoch wurde er wenige Tage später in das Düsseldorfer Zuchthaus „Ulmer Höhe“ verlegt, von wo er im Juli 1933 ins Konzentrationslager Börgermoor im Emsland verbracht wurde. Hier entstand unter seiner Mitwirkung im August 1933 das später weltberühmt gewordene „Moorsoldaten-Lied“ nach einem Text von Johann Esser. Die Melodie komponierte der Mithäftling Rudi Goguel. Nach der Verlegung ins KZ Lichtenburg wurde Langhoff im April 1934 im Rahmen der sogenannten Osteramnestie entlassen. Er bekam am Zürcher Schauspielhaus ein Engagement, konnte jedoch ohne gültigen Pass nicht aus Deutschland ausreisen. Das Ehepaar Langhoff blieb zunächst in Berlin; in Deutschland gelang es ihm jedoch aufgrund seiner Vergangenheit als KZ-Häftling nicht, beruflich wieder Fuß zu fassen. Als er befürchten musste, erneut verhaftet zu werden, floh er mit seiner Frau auf getrennten Routen im Juni 1934 überstürzt über Freiburg in die Schweiz, wo er sich am 4. Juli 1934 in Zürich als politischer Flüchtling meldete. Dieser Status wurde ihm zwar nicht zuerkannt, er bekam jedoch einen Vertrag am Zürcher Schauspielhaus und erlangte so den unsicheren und befristeten Status eines geduldeten Ausländers. Hier wirkte er unter anderem von November 1934 bis Juni 1935 in einer ganz kleinen Rolle an der skandalträchtigen deutschsprachigen Erstaufführung von Friedrich Wolfs Stück „Professor Mamlock“ mit. Ende 1934 wurde Langhoff politischer Leiter einer kommunistischen Zelle sowie Gewerkschaftsobmann am Zürcher Schauspielhaus. Im Januar 1935 wurde Langhoffs autobiographischer Bericht „Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager“ in der Schweiz veröffentlicht. Nach der Übersetzung durch Lilo Linke ins Englische fand das Werk weltweit Beachtung als eine der ersten Augenzeugenschilderungen aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Bis 1945 hatte Langhoff nun als Schauspieler und Regisseur weitere Engagements am Zürcher Schauspielhaus. Im Frühjahr 1935 erhielt Langhoff ein Filmangebot aus Moskau. Da die sowjetische Botschaft in Prag sich jedoch weigerte, das erteilte Visum in Langhoffs Schweizer Identitätsausweis – der kein ordentlicher Pass war – zu drucken, blieb das Ehepaar Langhoff in Prag stecken. Schließlich wurde Langhoff dort verhaftet und ausgewiesen und kehrte nach Zürich zurück. Im März 1936 wurde er als ‚Landes- und Volksverräter‘ aus Deutschland ausgebürgert und war so lange staatenlos, bis er und seine Frau im Juli 1936 ungarische Pässe erhielten. Sie blieben jedoch weiterhin in der Schweiz, wo Langhoff nach wie vor am Zürcher Schauspielhaus tätig war. Häufig beherbergten sie vorübergehend deutsche Flüchtlinge, Untergetauchte und Illegale bei sich. Da die Situation sich immer weiter zuspitzte, erwog Langhoff die Emigration in die USA oder die Sowjetunion. Nach Kriegsausbruch im September 1939 arbeitete Langhoff zum ersten Mal als Regisseur und inszenierte das Familiendrama „Die Zeit und die Conways“ von John B. Priestley. Wieder bekam er Ärger mit den Schweizer Behörden, da er durch diese Tätigkeit seine Duldungsauflagen verletzen würde. Über die gesamte Kriegsdauer setzte Langhoff sowohl seine Theaterarbeit als auch seine illegale Arbeit für die Kommunisten fort. Er führte Gespräche mit dem amerikanischen Geheimdienst, dem Office of Strategic Service (OSS). Vielen Exilkommunisten erschien eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern sinnvoll, etwa um die Einschleusung exilierter Genossen nach Deutschland zu organisieren. Auch nach Kriegsende konferierte Langhoff im Mai 1945 mit dem OSS-Chef Allen W. Dulles, um sich mit den Amerikanern auf eine gemeinsame Linie zu einigen. Das Ziel war die Repatriierung kommunistischer Funktionäre sowie die Legalisierung der KPD, die im Juni 1945 in Deutschland wiederbegründet wurde, in der amerikanischen Besatzungszone zu erreichen. Trotz schwerer gesundheitlicher Probleme seines Vaters und des Sohnes sowie der eigenen Erschöpfung trieb Langhoff zusätzlich zu seinem Bühnenengagement nach Kriegsende die Rückkehr nach Deutschland voran. In Zürich sorgte sein Abschied für große Resonanz. In den Zeitungen erschienen überschwängliche Artikel über ihn, immer wieder wurde sein Mut gelobt. Im Oktober 1945 kehrte Langhoff – illegal und durch eine Uniform als Angehöriger der US-Armee getarnt – nach Deutschland zurück. Zunächst kam er in Heidelberg und Frankfurt unter anderem bei Alexander Mitscherlich unter. Im November 1945 wurde er vom OSS-Offizier Hans Holstein nach Düsseldorf gebracht, wo er Unterstützung durch ehemalige Kameraden fand. Im Dezember 1945 erneuerte Langhoff seine Mitgliedschaft in der KPD. Zudem wurde er auf Beschluss des Kulturausschusses in Düsseldorf zum Generalintendanten der Düsseldorfer Bühnen ernannt. Die erste Aufführung seiner Intendanz war Lessings „Nathan, der Weise“ am 28. Februar 1946. Ende März 1946 kehrte auch Renate Langhoff mit den Kindern von Zürich nach Düsseldorf zurück. Langhoff inszenierte Friedrich Wolfs Theaterstück „Professor Mamlock“ – das seit seiner Erstaufführung 1935 weltweit sehr erfolgreich war; es thematisiert die Ausgrenzung eines jüdischen Arztes und seiner Familie. Die Inszenierung wurde ein großer Erfolg, war aber auch umstritten. Spannungen zwischen Langhoff und der Düsseldorfer Stadtverwaltung spitzten sich zu, da er seinen eigenen theaterinternen Entnazifizierungsausschuss eingerichtet hatte. Im Sommer 1946 übernahm Langhoff die Leitung des Deutschen Theaters in Ost-Berlin, wo er erfolgreich als Regisseur arbeitete und schon bald ein einflussreicher Kulturfunktionär war. Wie schon in der Exilzeit pflegte er viele Kontakte und Freundschaften mit den führenden Kulturschaffenden seiner Zeit, wie etwa Bertolt Brecht, Paul Dessau, Hanns Eisler, Bodo Uhse, Anna Seghers oder Friedrich Wolf. Seine Frau war eng mit Lilly Becher, der Frau Johannes R. Bechers, Greta Kuckhoff oder Grete Witkowski befreundet. Wichtige Inszenierungen der Berliner Zeit waren „Faust“ (1949 und 1954), „Egmont“ (1951), „Don Carlos“ (1952), „König Lear“ (1957) sowie „Minna von Barnhelm“ (1960). Vor allem die letzte Inszenierung mit Käthe Reichel in der Hauptrolle gilt als eine seiner wichtigsten. Langhoff förderte am Deutschen Theater auch zeitgenössische Dramatik und spielte etwa sowjetische Stücke wie „Die russische Frage“ von Konstantin Simonow. Die Inszenierung führte 1947 zur endgültigen Spaltung der Berliner Theaterlandschaft in Ost und West, da das Stück der amerikanischen Presse Manipulation der öffentlichen Meinung vorwarf. Mit der Gründung der DDR wurde das Deutsche Theater zum Staatstheater. Langhoff erhielt einen der ersten Nationalpreise der DDR und spielte in der Kulturpolitik der DDR eine bedeutende Rolle, unter anderem war er Mitglied der Akademie der Künste. Im Juli 1950 geriet Langhoff jedoch zwischen die Fronten des Kalten Krieges. Auch mit Bertolt Brecht kam es über die Stellungen des Brechtschen Berliner Ensembles und dem Deutschen Theater zum Zerwürfnis. Im Westen inzwischen aufgrund seiner Ideologie verpönt, geriet er auch in der DDR wegen seiner Verbindungen zu den Amerikanern unter Druck. Nur knapp entging er einer Verhaftungswelle im August 1950. Man beließ ihn trotz allem auf der Position des Intendanten des Deutschen Theaters und langsam gelang es ihm, die Gunst der Partei zurückzugewinnen. Erst im November 1954 wurde in aller Stille der Entzug aller Funktionen zurückgenommen. Mit der Ernennung Johannes R. Bechers zum Kulturminister der DDR lockerten sich 1954 die Bedingungen für das Deutsche Theater dann wieder. 1956 wurde Langhoff Präsident des DDR-Zentrums des Internationalen Theaterinstituts der UNESCO. Nach wie vor galt er als antifaschistische Symbolfigur. So sprach er bei der Einweihung der Mahn- und Gedenkstätte KZ Buchenwald am 14. September 1958 am Ende des Staatsakts den „Schwur der Hunderttausend“. Zunehmend traten jedoch künstlerische Differenzen zwischen Langhoff und der Partei zutage. In den sechziger Jahren spitzte sich der Konflikt immer weiter zu. Langhoff wehrte sich zunehmend gegen einseitige Propaganda und weigerte sich, viele Stücke auf den Spielplan zu setzen. In Auseinandersetzungen mit der Kulturkommission des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wurden ihm mangelnde Umsetzung des Sozialistischen Realismus vorgeworfen und seine Spielpläne kritisiert. Diese Differenzen resultierten 1963 im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um das von Langhoff inszenierte Stück „Die Sorgen und die Macht“ von Peter Hacks in seinem Rücktritt. Langhoff blieb dem Deutschen Theater jedoch bis zu seinem Lebensende verbunden und führte dort weiterhin Regie und übernahm selbst Rollen. 1963 erkrankte er jedoch an Lungenkrebs und war zeitweise nur eingeschränkt arbeitsfähig. Im Dezember 1963 starb seine Frau Renate, die ebenfalls an Krebs erkrankt war. 1965 wurde Langhoff zum Ehrenmitglied des Theaters ernannt. Am 25. August 1966 erlag er schließlich im Alter von 65 Jahren seinem Krebsleiden. ''Quellen:'' *Archiv Akademie der Künste, Archiv Wolfgang Langhoff, diverse Signaturen. *Bundesstiftung Aufarbeitung. Biographische Datenbank „Wer war wer in der DDR?“. Online: http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=486 (Stand: 16.09.2019). *Defa-Stiftung. Online: http://defa-stiftung.de/langhoff-wolfgang (Stand: 16.09.2019). *Slevogt, Esther: Den Kommunismus mit der Seele suchen. Wolfgang Langhoff – ein deutsches Künstlerleben im 20. Jahrhundert. Köln 2011.  
Das Leben Heinz Liepmanns (geb. 27.08.1905 in Osnabrück als Heinz Max Liepmann, gest. 06.06.1966 in Agarone/Schweiz; ab ca. 1940 verkürzt zu Liepman) gleicht einem Roman, viele Gerüchte ranken sich um ihn und einzelne Jahre seines Lebens lassen sich nicht gänzlich rekonstruieren oder wurden von Liepmann selbst zu Legenden umgestaltet. Liepmann wuchs als Sohn assimilierter jüdischer Kaufleute in Hamburg auf, verlor seine Eltern jedoch bereits früh: Sein Vater fiel 1917 im Krieg und seine Mutter starb im darauffolgenden Jahr. Es ist unsicher, was mit Heinz nach dem Tod der Eltern geschah, es ist von einem Ausreißen aus dem Haus des Onkels, bei dem er in Bielefeld leben sollte, und von einem Aufenthalt in den USA bis 1922 die Rede. Fest steht, dass er ab 1923 an der Universität Frankfurt Veranstaltungen zu den Themen Literatur, Philosophie, Medizin und Psychologie besuchte, aber nicht als Student eingeschrieben war. Mit 20 Jahren begann er seine journalistische Karriere bei der „Frankfurter Zeitung“. Zeit seines Lebens schrieb er Kritiken, politische Essays unter anderem für die „Weltbühne“ und vermutlich 14 weitere deutsche sowie verschiedene ausländische Zeitungen. Ab 1924 wandte er sich zunächst der Arbeit am Theater als Dramaturgie- und Regieassistent an den Städtischen Bühnen Frankfurt und ab 1927 als Dramaturg bei den renommierten Kammerspielen in Hamburg zu, bevor er durch seine Romane, Dramen, Zeitungsartikel und Kritiken als freier Schriftsteller leben konnte. Sein Theaterstück „Drei Apfelbäume“ erschien unter seinem Pseudonym Jens C. Nielsen. Sein zweiter Roman „Die Hilflosen“ von 1930 wurde bereits 1931 ins Englische, Französische und Niederländische übersetzt und mit dem renommierten Harperpreis geehrt – laut seiner Ehefrau Ruth Liepmann gab es zudem Übersetzungen ins Jugoslawische und Schwedische. Themen seiner Romane waren bereits damals tagesaktuelle Phänomene wie die Inflation. Liepmann hatte sich bis 1933 einen „beachtlichen Ruf“ (Müller-Salget 1985, S. 295) als Schriftsteller erarbeitet. Auch als Journalist war er gefragt und schrieb unter anderem für „Die Tribüne“, das „Berliner Tageblatt“, die „Frankfurter Zeitung“ und die „Weltbühne“. In seinen Artikeln schrieb er offen gegen die nationalsozialistische Politik an. Sowohl in seinem Roman „Das Vaterland“ (1933) als auch in „… wird mit dem Tode bestraft“ von 1935 beschreibt Liepmann den Eklat, der sein weiteres Leben bestimmen sollte: Im März 1933 wurde der jüdische Journalist Justin Steinfeld aus dem Altonaer Stadttheater geworfen, was Liepmann in einem Artikel publik machte. Damit trat er als Jude und Journalist in offene Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten und wurde in deren Zeitungen diskreditiert; seine Werke standen auf der ersten Verbotsliste vom April 1933 – die auch unter anderem die Werke von Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger und Kurt Tucholsky aufführte – und wurden bei öffentlichen Bücherverbrennungen verbrannt. Obwohl er untertauchte, wurde er laut eigenen Angaben gefasst und im KZ Wittmoor inhaftiert. Ihm gelang die Flucht aus dem Lager nach Amsterdam, wo er seinen Roman „Das Vaterland“ verfasste. Allerdings sind der KZ-Aufenthalt und die Flucht in keinen Dokumenten – auch nicht beim International Tracing Service Bad Arolsen – nachgewiesen und werden daher oft als Legende gehandelt. Auch will Liepmann noch zweimal inkognito nach Deutschland gereist sein, u.a. zur Eröffnung des Leipziger Reichstagsbrandprozesses am 21. September 1933 – dies konnte bisher in der Forschung jedoch nicht belegt werden. In Amsterdam erschien 1933 sein Roman „Das Vaterland“, wegen dem er im Februar 1934 wegen ‚Beleidigung des Staatsoberhaupts einer befreundeten Macht‘ für einen Monat verhaftet und nach Belgien abgeschoben wurde. In „Das Vaterland“ wird Reichspräsident Hindenburg von Liepmann als Wegbereiter der Nationalsozialisten dargestellt, der sich durch persönliche Bereicherung auf eine Zusammenarbeit mit ihnen einließ und ihren Erfolg erst möglich gemacht habe; gleichzeitig kritisiert eine Figur im Roman das fehlende Vorgehen Hindenburgs gegen die Gewalt- und Verfolgungsexzesse gegen politische Gegner. Liepmanns Auslieferung an das Deutsche Reich wurde nur durch heftige Proteste internationaler Schriftsteller verhindert. Selbst Albert Einstein solidarisierte sich öffentlich mit ihm. Im Juni 1935 wurde Liepmann offiziell ausgebürgert; mit ihm auf derselben Liste standen unter anderem Bertolt Brecht, Erika Mann und Friedrich Wolf. Als Grund heißt es: „Heinz Liepmann, jüdischer Schriftsteller, treibt in aller Welt üble Greuelhetze durch seine Schriften und in öffentlichen Vorträgen“ (zitiert nach Pohl, o.S.). Liepmann reiste 1935 von Belgien nach Paris und verfasste dort „… wird mit dem Tode bestraft“ sowie zahlreiche Artikel für die „Neue Weltbühne“, das „Pariser Tageblatt“ und weitere Exilzeitungen. Über seine Position als öffentlicher Gegner der Nationalsozialisten heißt es'"`UNIQ--nowiki-000009C0-QINU`"'lt;nowiki'"`UNIQ--nowiki-000009C1-QINU`"'gt; im Vorwort zum Roman „Vaterland“: „Ich habe mein Vaterland – für das mein Vater 1914 freiwillig in den Weltkrieg ging und 1917 mit einem Bauchschuß starb – Ende Juni verlassen; im Juli und September habe ich es – inkognito – noch zweimal besucht. Daß man mich – seit Februar – ununterbrochen verfolgte (und im Juni zu finden wußte), das erstaunt mich nicht, und darüber beschwere ich mich nicht. Auch daß man meine Bücher verbrannt und verfemt, ist mir nicht unverständlich […]. Ich beklage mich nicht darüber. Ich war ein Gegner“ (S. 8).'"`UNIQ--nowiki-000009C2-QINU`"'lt;/nowiki'"`UNIQ--nowiki-000009C3-QINU`"'gt; Silke Pohl spricht in dieser „Stilisierung zum Widerstandskämpfer“ von einer „Alternativ-Biographie“ beziehungsweise von einem „Wunsch-Lebenslauf“ (alle Zitate Pohl, o.S.), den sich Liepmann in seinen Büchern selbst schrieb. 1934 ging Liepmann auf eine Lese- und Vortragsreise durch die USA und Kanada. 1935/1936 siedelte er nach London und 1937 nach New York über, von wo aus er jeweils für das „Pariser Tageblatt“, „Die neue Weltbühne“, „Neue deutsche Blätter“ und andere Exilzeitschriften sowie amerikanische und britische Zeitungen wie die „Saturday Evening Post“ oder „New York Times Book Review“ und andere berichtete. Liepmann trat ebenfalls als Redner gegen das nationalsozialistische Deutschland, unter anderem bei durch das Jewish Center Lecture and Concert Bureau organisierten Vortragsreisen, auf. Auch gibt es ungesicherte Informationen, die meist auf Aussagen Liepmanns beruhen, dass er in den ersten Jahren in den USA in der Gastronomie und auf einer Pferderanch arbeiten musste, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen bis sein Englisch gut genug war für das Verfassen englischsprachiger Publikationen. Seine Zeit im Ausland war auch durch seine langjährige Morphiumsucht und daraus resultierende mehrmalige Verhaftungen, Geldstrafen und Entziehungskuren bestimmt. Nach zehn Jahren in den USA kehrte er 1947 als Journalist nach Hamburg zurück. Er wurde wegen mehrfachen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen im Zusammenhang mit seiner Drogensucht aus den USA ausgewiesen. Sein Weg in Deutschland war, so Schneider, „der eines vergessenen Autors zurück an die Öffentlichkeit, ein Zurückgewinnen schriftstellerischer öffentlicher Kompetenz“ (Schneider 2004, S. 68). Neben den journalistischen Artikeln für die „Hamburger Freie Presse“ oder das „Hamburger Echo“ schrieb er unter anderem auch unpolitische Biografien über Grigori Jefimowitsch Rasputin (1956), Romane wie „Verbrechen im Zwielicht“ (1959; 1961 auf Niederländisch) sowie Hörspiele, Übersetzungen für den Rundfunk und Theaterkritiken. Er engagierte sich zudem auch als „Literarischer Agent für hauptsächlich amerikanischer Verlage“, weshalb er bereits Ende der 1940er Jahre in die Schweiz reiste, um mit dortigen Publikationshäusern wie dem Oprecht Verlag verhandelte. 1961 zog Liepmann, der seit 1934 Mitglied des deutschen (Exil-)P.E.N. war, zum letzten Mal weiter: Er wurde Kulturkorrespondent der „Welt“ sowie des Norddeutschen Rundfunks in Zürich und gründete mit seiner Ehefrau Dr. Ruth Liepmann-Lilienstein eine Literaturagentur. Bereits in Hamburg hatte das Ehepaar eine wichtige Rolle im dortigen Kulturleben gespielt, kannten sie doch viele seiner Akteure persönlich. Der Umzug in die Schweiz wird von Liepmann als ‚zweite Emigration‘ angesehen, da er enttäuscht über das Ausbleiben einer Aufarbeitung der Geschehnisse auf diese Weise eine Distanz zu Deutschland schuf. Seine Artikel über das Leben als Jude im Deutschland der Nachkriegsjahrzehnte und über die Ausgrenzung sowie das Vergessen der deutschen Mehrheitsgesellschaft publizierte er gesammelt 1961 unter dem Titel „Ein deutscher Jude denkt über Deutschland nach“. 1964 wurden seine Tagebücher, die er als Beobachter der Frankfurter Auschwitzprozesse verfasste, für den NDR und das Schweizer Radio bearbeitet und gesendet. Bis zu seinem Tod schrieb der überzeugte Pazifist für verschiedene Zeitungen weltweit und verfasste weitere, auch im Ausland verlegte Romane sowie streitbare Essays über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen wie die viel diskutierte Kriegsdienstverweigerung, den Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit ihrer nahen Vergangenheit und seine eigenen Exilerfahrungen. ''Quellen:'' * „Dossier: Liepmann, Heinz Max, 1905“. In: Schweizerisches Bundesarchiv BAR, Bestand: E4320B, Aktenzeichen: C.19.1205 P. * Hans, Jan: „‚Lieber Gott mach mich stumm, daß ich nicht nach Wittmoor kumm!‘ Heinz Liepmanns Dokumentarromane aus Nazi-Hamburg“. In: Stephan, Inge und Hans-Gerd Winter (Hg.): „Liebe, die im Abgrund Anker wirft“. Autoren und literarisches Feld im Hamburg des 20. Jahrhunderts. Hamburg 1989, S. 161-174. * Institut für Zeitgeschichte: „Liepmann, Heinz“. In: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 2: The Arts, Sciences, and Literature. München [u.a.] 1983, S. 729. * Liepmann, Heinz: „Vorwort“. In: ders.: Vaterland. Ein Tatsachen-Roman aus dem heutigen Deutschland. Amsterdam 1933, S. 7-11. * Liepmann, Ruth: „Heinz Liepmann. Ein biographischer Abriß“. In: Liepmann, Heinz: … wird mit dem Tode bestraft. Hg. von Walter, Hans-Albert und Werner Berthold. Hildesheim 1986, S. V-VIII. * „Liepman, Heinz“. In: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. Dokument-ID:  DBE-4975. Online: '"`UNIQ--nowiki-000009C4-QINU`"' (Stand: 19.09.2019). * Müller-Salget, Klaus: „Zum Beispiel: Heinz Liepmann“. In: Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch (1985), Nr. 3, S. 286-312. * Müller-Salget, Klaus: „Liepmann, Heinz“. In: Neue Deutsche Biographie (1985), Nr. 14, S. 533f. Online: '"`UNIQ--nowiki-000009C5-QINU`"' (Stand: 16.09.2019). * Schneider, Thomas F.: „‚Müssen wir wieder emigrieren?‘ Heinz Liepmann (1905-1966) und die Emigration als Chiffre politisch-moralischen Handelns“. In: Siebenpfeiffer, Jania und Ute Wölfel (Hg.): Krieg und Nachkrieg. Konfiguration der deutschsprachigen Literatur (1940-1965). Berlin 2004, S. 65-79. * Walter, Hans-Albert: „Heinz Liepmanns Reportage-Roman als Dokument eines Konflikts“. In: Liepmann, Heinz: … wird mit dem Tode bestraft. Hg. von Walter, Hans-Albert  und Werner Berthold. Hildesheim 1986, S. 1*-16*. * Weinke, Wilfried: „‚Ich werde vielleicht später einmal Einfluß zu gewinnen suchen …‘ Der Schriftsteller und Journalist Heinz Liepmann (1905-1966)“. In: Erich-Maria-Remarque Jahrbuch XVI (2006), S. 7-24.  
Irmgard Litten (geb. 30.08.1879 in Halle/Saale, gest. 30.06.1953 in Ost-Berlin) wurde unter dem Namen Irmgard Wüst als Tochter einer schwäbischen Gelehrtenfamilie geboren. Die Familie brachte einige evangelischen Pastoren und Universitätsprofessoren hervor, auch ihr Vater Albert Wüst war an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Professor für landwirtschaftliche Maschinenkunde und Meliorationswesen. In Halle besuchte sie trotz der strengen Restriktionen für Frauen Vorlesungen an der Universität. Hier lernte sie 1898 auch den sechs Jahre älteren Fritz Litten kennen, den sie im September 1900 heiratete, nachdem er sein Assessor Examen als Jurist abgelegt hatte. Nach Hans wurden 1905 und 1909 noch die Söhne Heinz und Rainer geboren. Fritz Litten, der aus einer assimilierten und konvertierten jüdischen Familie stammte, wurde Professor an der juristischen Fakultät der Universität Königsberg, später Dekan und schließlich sogar Rektor der Universität. Er war konservativ-nationalistisch gesinnt und war stolz auf seine vier Jahre Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg, für den er mit dem Eisernen Kreuz Erster und Zweiter Klasse ausgezeichnet wurde. Irmgard Littens ältester Sohn Hans war von 1928 bis 1933 in Berlin als linker Strafverteidiger bekannt. 1931 führte er in einer Zeugenvernehmung Adolf Hitler als Führer der NSDAP vor. Nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 wurde Hans Litten verhaftet und fünf Jahre lang in Sonnenburg, Esterwegen, Lichtenburg, Buchenwald und Dachau gefoltert und schikaniert. Irmgard Litten bemühte sich sehr um die Freilassung ihres Sohnes, während ihr Mann bis 1934 in die Tschechoslowakei floh. Weil der Familie jedoch seine Pension nicht ausgezahlt wurde, solange er im Ausland war, kehrte er schließlich zurück. Auch nach seiner Rückkehr lebte das Ehepaar fortan getrennt. Zehn Tage nach dem Selbstmord von Hans Litten am 5. Februar 1938 im KZ Dachau emigrierte sie mit Heinz über die Schweiz und Paris nach Großbritannien. Dort schrieb sie ihren Bericht „Die Hölle sieht Dich an“ über das Schicksal ihres Sohnes und die Zustände in den deutschen Konzentrationslagern. Fritz Litten blieb zunächst in Deutschland, bis er schließlich nach Nordirland floh, wo er 1940 starb. Das Verhältnis zwischen den Ehepartnern scheint in den letzten Jahren angespannt gewesen zu sein. Ihren Lebensunterhalt verdiente Irmgard Litten hauptsächlich als Mitarbeiterin des Ministry of Information und als Sprecherin der British Broadcasting Corporation (BBC). Regelmäßig sprach sie in einer Serie „For the German Woman“ („Für die deutsche Frau“). Sie wurde außerdem Mitglied im P.E.N. Club in London, ebenso im „Initiativausschuss für die Einheit der deutschen Emigration“ und der „Freien Deutschen Bewegung“ (FDB) im Sommer 1943. Sie trat jedoch Anfang 1944 aus Protest gegen die Deutschlandpolitik der KPD wieder aus. Zum Ende des Krieges kümmerte sie sich vor allem um Kriegsgefangene. 1945 erschien ihre Broschüre „‚All the Germans’ – are they really guilty?“ im Verlag Victor Gollancz. Darin sprach sie sich gegen die These der Kollektivschuld aus und setzte sich für einen antifaschistischen Neuaufbau von Deutschland ein. 1950 kehrte sie nach Deutschland zurück. Sie lebte zunächst in Bayern. Viele Deutsche nahmen ihr jedoch das Exil übel und behandelten sie wie eine Verräterin. Zudem wurde ihr die Pension ihres verstorbenen Mannes verweigert. Enttäuscht und frustriert zog sie nach Ostberlin, wo sie als „Opfer des Faschismus“ anerkannt wurde und auch eine Pension erhielt. Hier lebte sie bis zu ihrem Tod. Auch Heinz Litten kehrte aus Großbritannien nach Ostberlin zurück, wo er schließlich eine Theaterschule leitete. An schweren Depressionen leidend nahm er sich jedoch 1953 das Leben. Rainer Litten, der Deutschland bereits 1934 verlassen hatte, kehrte nicht nach Deutschland zurück. Nach einigen anderen Stationen lebte er sein Leben schließlich in der Schweiz. ''Quellen:'' *Hett, Benjamin Carter. Crossing Hitler. The Man Who Put the Nazis on the Witness Stand. Oxford 2008. *Homepage zu Hans Litten. Online: https://www.hans-litten.de (Stand: 19.09.2019).  
Jakob Littner (geb. 17.04.1883 in Budapest, gest. 06.05.1950 in New York) lebte in München, wo er ein Briefmarkengeschäft betrieb. Littner, der die polnische Staatsangehörigkeit besaß, konnte der Ausweisung polnischer Juden im Oktober 1938 knapp entgehen. Er reiste Anfang März 1939 nach Prag aus. Nach dem deutschen Einmarsch in Prag floh er nach Polen. Als die Wehrmacht dort einmarschierte, floh er gemeinsam mit Janina Korngold Richtung Osten und lebte im sowjetisch besetzten Teil Polens, zunächst in Zaleczyki, ab September 1940 in Zbaracz. Dort erlebte er die deutsche Besetzung im Juli 1941 und er und Janina mussten bald ins Getto umziehen. Nach der Auflösung des Gettos Anfang Juni 1943 lebten sie über neun Monate in einem unterirdischen Versteck. Im März 1944 schließlich wurde Zbaracz von der Roten Armee befreit. Im Jahr darauf heirateten die beiden im Juni in Krakau und zogen im August nach München, wo sie bis Juni 1947 lebten. Ende Juni 1947 emigrierten sie in die USA und lebten in New York. ''Quelle:'' *Zachau, Reinhard: „Auf der Suche nach dem Urtext. Das Originalmanuskript zu Wolfgang Koeppens ‚Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch‘“. In: Littner, Jakob: Mein Weg durch die Nacht. Mit Anmerkungen zu Wolfgang Koeppens Textadaption. Hg. von Ulrich, Roland und Reinhard Zachau. Berlin 2002, S. 173-188.  +
Horst Lommer (geb. 19.11.1904 in Lichterfelde bei Berlin, gest. 17.10.1969 in Berlin) wurde als Sohn des Arztes Hermann Lommer geboren. Er besuchte ein humanistisches Gymnasium und studierte danach in Berlin Geschichte, Germanistik und Philosophie. Er besuchte die Staatliche Schauspielschule Berlin und hatte neben kleineren Rollen am Staatstheater Berlin unter der Intendanz Gustav Gründgens‘ auch Engagements in Gera, Königsberg, Düsseldorf und Köln. 1934 wurde er Mitglied der NSDAP. Im selben Jahr begann er jedoch ebenfalls seine satirischen Zeitgedichte zu schreiben, die er auswendig lernte und nach dem Krieg unter dem Titel „Das Tausendjährige Reich“ herausgab und auch öffentlich vortrug. Auch erste eigene Bühnenstücke, vor allem Lustspiele, entstanden. Nach der Schließung sämtlicher deutscher Theater im September 1944 erhielt er seinen Einberufungsbefehl, wie er selbst in einem kurzen undatierten Manuskript aus seinem Nachlass mit dem Titel „Über die Entstehung des Buches DAS TAUSENDJÄHRIGE REICH“ darlegt. Diesem folgte er jedoch nicht. Stattdessen tauchte Lommer unter: Sein Freund Peter Huchel versteckte ihn bis Kriegsende im Haus einer Freundin. Nach Kriegsende lebte Lommer als Schriftsteller in West- und Ost-Berlin. Er war Mitarbeiter der „Weltbühne“, der „Täglichen Rundschau“, des „Tagesspiegels“, des „Ulenspiegels“ sowie des Berliner Rundfunks. Als Vorstandsmitglied gehörte er dem „Schutzverband deutscher Autoren“ bis zu dessen Auflösung im Mai 1951 an. Er veröffentlichte neben dem „Tausendjährigen Reich“ in den ersten Nachkriegsjahren auch die Revue „Die Höllenparade“, sowie politische Rundfunksendungen, weitere Gedichte und Schauspiele. Lommer verließ 1951 die DDR und zog nach Frankfurt am Main. Der „Tagesspiegel“ vom 29. März 1951 berichtete dazu: „Der bisher im Ostsektor tätige Schriftsteller und frühere Schauspieler Horst Lommer hat sich vor wenigen Tagen nach Westberlin begeben. Lommer, der Verfasser von ‚Das Tausendjährige Reich‘, ‚Höllenparade‘, ‚Arche Noah‘, ‚Das unterschlug Homer‘ u.a. war Theaterkritiker der ‚Täglichen Rundschau‘ bis vor wenigen Monaten ständiger Mitarbeiter der neuen ‚Weltbühne‘ und gehört zu den bekanntesten satirischen Autoren der östlichen Lager“ (Archiv der Akademie der Künste, Horst-Lommer-Archiv 32, o.S.). In Westdeutschland widmete sich „Der Spiegel“ vom 11. April 1951 der Flucht Lommers. Diese habe der Schriftsteller in einem Schreiben an den „Kongreß für Kulturelle Freiheit“ mit dem „Todesurteil der Ostjustiz gegen den Schüler Joseph Flade“ (Der Spiegel vom 11.04.1951, S. 21) begründet. Dieses habe „mit einem Schlage alle Illusionen zum Einsturz [gebracht], die ich mir künstlich aufgebaut hatte“ (ebd.), zitiert „Der Spiegel“. Er wisse nun, „daß die Volkspolizei von ehemaligen Nazis gedrillt wird und daß die amusischen Funktionäre der SED gewillt sind, die deutsche Kultur restlos zu vernichten“ (ebd.). Er habe das Bedürfnis, alle Menschen der freien Welt, die er verhöhnt habe, um Verzeihung zu bitten und ihnen für die Verteidigung der Freiheit zu danken, deren Schutz ihm jetzt unverdientermaßen zuteil werde. In Frankfurt arbeitete Lommer als Redakteur bei der Kulturzeitschrift „Die Aktion“ sowie später als Werbetexter. In der Bundesrepublik galt er als Kommunist, was seine Möglichkeiten, unter seinem eigenen Namen zu veröffentlichen oder als Schauspieler aufzutreten, einschränkte. Mitte der 1950er Jahre arbeitete er als Autor und Schauspieler des Düsseldorfer literarischen Kabaretts „Das Kommödchen“. Ende der fünfziger Jahre entstanden die ersten Fernsehspiele, zunächst noch für die Hörfunkabteilung des damaligen NWDR. Bis 1969 war er zudem als Autor von Fernsehspielen im NDR und Südwestfunk bekannt und in der Fernsehspielabteilung des NDR unter Egon Monk für das satirisch-komödiantische Element zuständig. Bei allen vom Norddeutschen Rundfunk produzierten Lommer-Stücken führte Peter Beauvais Regie. ''Quellen:'' *Lommer, Horst: „Über die Entstehung des Buches DAS TAUSENDJÄHRIGE REICH“. [unveröffentlichtes, undatiertes Manuskript], 6 Seiten. In: Archiv der Akademie der Künste, Horst-Lommer-Archiv 236, o.S. *o.A.: „Der Tagesspiegel“ vom 29.03.1951, o.S. In: Archiv der Akademie der Künste, Horst-Lommer-Archiv 32. *o.A.: „Horst Lommer“. In: Der Spiegel (1951), Nr. 15, S. 21. Online: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-29193657.html (Stand: 17.09.2019).  
Zivia Lubetkin, auch Cywia Lubetkin und Zivia Lubetkin-Zuckerman, (geb. 09.11.1914 in Byten bei Slonin, gest. 11.07.1978 im Kibbuz Lochamej haGeta’ot) wurde als eines von sieben Kindern in eine wohlhabende jüdische Familie hineingeboren. Sie wurde an einer polnischen staatlichen Schule unterrichtet und erhielt zusätzlich Hebräischunterricht von privaten Lehrern. Früh schloss sie sich der zionistischen Jugendorganisation ‚Freiheit’ in Polen an und arbeitete in Warschau als Funktionärin für die Organisationen ‚Hechaluz‘ und ‚Habnim Dor‘. 1939 war sie Delegierte beim 21. Zionistenkongress in Genf. Nach der Besetzung Polens 1939 half sie vom sowjetisch besetzten Kowel aus polnischen Juden bei der Emigration in das besetzte litauische Wilna. Im Januar 1940 ging sie in das deutsch besetzte Warschau. Unter dem Pseudonym Celina war sie nach der Bildung des Gettos im Oktober 1940 dort für die Organisation der Untergrundbewegung und die Kommunikation nach außen zuständig. Als sich die Situation im Getto Lodz/Litzmannstadt zuspitzte, verlangte sie, dass die weiblichen Mitglieder der Untergrundbewegung von dort evakuiert werden sollten. Sie beteiligte sich auch an der Kulturarbeit des Judenrats. Sie beendete 1941 jedoch die Zusammenarbeit, als das Ausmaß der Vernichtungsaktionen im Getto Wilna und im Vernichtungslager Kulmhof bekannt wurden. Im Juli 1942 begründete Lubetkin die jüdische Kampforganisation (ŻOB) mit, die im Januar 1943 unter der Leitung von Mordechaj Anielewicz eine bewaffnete Widerstandsaktion gegen die Deportationen durchführte. Daran beteiligt war auch der Untergrundführer und ihr späterer Ehemann Jitzhak Zuckermann. Im April 1943 war sie eine Organisatorin beim Aufstand im Warschauer Getto und sorgte für die Kommunikation zwischen den einzelnen Gruppen von Kämpfern, die sich in verschiedenen Bunkern eingegraben hatten. Am 10. Mai 1943 konnte sie mit einigen der letzten Kämpfer das Getto durch die Kanalisation verlassen. Nach einer 48-stündigen Flucht erreichten sie einen Stadtteil Warschaus außerhalb des Gettos und gehörten damit zu den wenigen Überlebenden. Lubetkin blieb bis zum Ende des Krieges versteckt in Warschau und nahm im August 1944 in den Reihen der Armia Ludowa am Warschauer Aufstand der Polen gegen die deutsche Besatzung teil. Nach Kriegsende gehörte sie der jüdischen Organisation ‚Bricha‘ an, die die Auswanderung der überlebenden Juden aus Osteuropa nach Westeuropa und deren Immigration nach Palästina organisierte. Sie selbst konnte erst im Juni 1946 nach Palästina auswandern. 1946 war sie Delegierte beim 22. Zionistenkongress in Basel. Viele Familienmitglieder Lubetkins kamen im Holocaust um. So wurden ihr Vater sowie ihre Mutter, die im Untergrund gelebt hatten, 1942 entdeckt und auf der Stelle erschossen. Zwei ihrer Schwestern überlebten den Holocaust ebenfalls nicht, der einzige Bruder sowie eine Schwester übersiedelten nach Palästina. In Israel halfen Lubetkin und ihr Mann später beim Aufbau des Kibbuz Lochamej haGeta’o mit. 1947 wurde hier ihr Sohn Simon und 1949 die Tochter Yael geboren. Lubetkin arbeitete außerdem bei der israelischen Einwanderungsorganisation Jewish Agency und leitete die Abteilung für Integration. Außerdem war sie eine der Mitbegründerinnen des ‚Itzhak Katzenelson House of Testimony and Rebellion‘ und half das ‚Ghetto Fighters’ Kibbutz‘ sowie das ‚Ghetto Fighter’s Museum‘ zu gründen. 1954 studierte sie am ersten Seminar in Ramat Efal, dem Studienzentrum der Vereinigten Kibbuzbewegung. 1961 wurde Lubetkin als Zeugin im Eichmann-Prozess gehört. Nach dem Sechstagekrieg 1967 trat sie der Bewegung für ein Großisrael bei, die die im Krieg eroberten Gebiete annektieren wollte und die später eine Fraktion des sich gründenden Likud wurde. Ihr Buch „In the Days of Destruction and Revolt“ wurde 1979 posthum publiziert. Ihre Rede auf der Tagung im Kibbuz Yagur 1980 ist in mehreren Auflagen auf Hebräisch und anderen Sprachen erschienen. Im Jahr 2001 wurde sie im Film „Uprising“ über den Aufstand im Warschauer Ghetto von Sadie Frost dargestellt. ''Quellen:'' *Dror, Zvika: The dream, the revolt, and the vow: the biography of Zivia Lubetkin-Zuckerman (1914–1978). Israel 1983. *Gutman, Israel: „Lubetkin, Zivia“. In: Encyclopedia of the Holocaust. Band III. New York 1990, S. 914f. *Käppner, Joachim: „Die Anführerin. Der Kampf um das Warschauer Ghetto vor 70 Jahren. Zivia Lubetkin war die einzige Frau in den Führungskadern des jüdischen Aufstands“. In: Süddeutsche Zeitung vom 20.04.2013, S. V2/9. *„Lubetkin, Zivia“. In: Shoah Resource Center. Online: http://www.yadvashem.org/odot_pdf/Microsoft%20Word%20-%206447.pdf (Stand: 17.09.2019). *„Zivia Lubetkin“. In: Jewish Women's Archive. Online: https://jwa.org/encyclopedia/article/lubetkin-zivia (Stand: 17.09.2019).