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Aus Frühe Texte der Holocaust- und Lagerliteratur 1933 bis 1949
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A
Max Abraham (geb. 27.04.1904 in Samter, gest. 23.06.1977 in London) wuchs in einem religiösen Elternhaus in Posen auf. Nach Ende des Ersten Weltkriegs zog die Familie nach Berlin. Nachdem Abraham das Gymnasium abgeschlossen hatte, absolvierte er in Würzburg eine Ausbildung zum Prediger und arbeitete anschließend als Lehrer und Kantor in Vacha und in Swinemünde. 1929 wechselte er nach Rathenow, von wo aus er weitere Gemeinden in der Region betreute. Neben seiner Arbeit engagierte sich Abraham auch politisch vor allem gegen die erstarkende NSDAP und trat der SPD bei. Bereits 1930 kam es zu einem gewaltsamen Zusammenstoß mit der SA: Abraham wurde von SA-Sturmführer Jackzentis überfallen, der daraufhin zu fünf Monaten Haft verurteilt wurde. Gut drei Jahre später, im Juni 1933, wurde Abraham kurz vor seiner geplanten Ausreise nach Brüssel auf dem Heimweg erneut Opfer eines Angriffs. Er setzte sich zur Wehr und rief die Polizei, die ihn jedoch verhaftete. Vom ersten Tag seiner Haft an war er im Gefängnis und später in den Konzentrationslagern Oranienburg, Börgermoor und Lichtenburg schweren Misshandlungen ausgesetzt. Vom 27. Juni bis zum 7. September 1933 war er Häftling des Lagers Oranienburg und erhielt die Häftlingsnummer 352. Anschließend war er kurzzeitig im Lager Börgermoor, bevor er bis zum 30. Oktober 1933 im Konzentrationslager Lichtenburg inhaftiert war. Am 6. November 1933 fand in Rathenow wegen des Überfalls im Juni ein Prozess gegen Abraham statt. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt. Nach kurzer Haft im Amtsgefängnis Rathenow wurde Abraham entlassen und lebte in Berlin bei seinem Bruder. Dort heiratete er im April 1934. Im Mai 1934 sollte er seine Haftstrafe antreten, er floh jedoch gemeinsam mit seiner Frau in die Tschechoslowakei. Noch im gleichen Jahr veröffentlichte er seinen Bericht über seine Leidenszeit in den Gefängnissen und Lagern in NS-Deutschland, weswegen er im Juni 1935 ausgebürgert wurde. Ab 1937 arbeitete Abraham als Prediger und Lehrer in Kutná Hora östlich von Prag. Nach dem Einmarsch der Deutschen im März 1939 floh er über Deutschland nach Frankreich und von dort schließlich weiter nach Großbritannien, wo er am 24. August 1939 ankam. In London war er zunächst wieder auf Unterstützung des jüdischen Hilfskomitees angewiesen, absolvierte eine Umschulung zum Metallarbeiter und arbeitete ab 1941 in einer Rüstungsfabrik. 1949 machte er sich mit einem Metallgeschäft selbstständig und erhielt überdies mit seiner Frau die englische Staatsbürgerschaft. In London war er aktives und engagiertes Mitglied einer jüdischen Gemeinde. ''Quelle:'' *o.A.: Jüdischer Kantor und Religionslehrer in Rathenow. Online: https://www.dielinke-rathenow.de/fileadmin/lcmsovrathenow/Geschichte/Max_Abraham.pdf (Stand: 18.09.2019).  
Walter Adam (geb. 06.01.1886 in Klagenfurt, gest. 26.02.1947 in Innsbruck) besuchte zunächst die Kadettenschule in Innsbruck, anschließend bis 1912 die Kriegsschule in Wien. Während des Ersten Weltkriegs war er Offizier des Generalstabs in Südosteuropa, zuletzt in der Türkei. Nach dem Krieg blieb Adam zunächst bis 1924 bei der österreichischen Armee. Danach arbeitete er als stellvertretender Chefredakteur der Wiener Tageszeitung „Reichspost“. 1934 wurde Adam Staatsrat und Bundeskommissar für den Heimatdienst, zeitgleich war er bis 1936 Generalsekretär der Vaterländischen Front. Ab 1937 leitete Adam den Pressedienst im Bundeskanzleramt. Nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs wurde Adam entlassen und in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen; zeitweise war er in Flossenbürg inhaftiert. Nach seiner Entlassung 1943 war ihm der Aufenthalt in Österreich verboten, daher lebte Adam im Rheinland. 1947 starb er an Tuberkulose. ''Quellen:'' *Adam, Walter: Nacht über Deutschland. Erinnerungen an Dachau. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Dritten Reiches. Wien 1947. *„Adam, Walter“. In: Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation. Online: https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_A/Adam_Walter_1886_1947.xml;internal&action=hilite.action&Parameter=walter%20adam (Stand: 18.09.2019). *„Der erste Dachau-Transport aus Wien, 1. April 1938. Dokumente und biographische Angaben zu den Häftlingen.“ In: Dokumentationsarchiv Österreichischer Widerstand. Online: http://www.doew.at/erinnern/fotos-und-dokumente/1938-1945/der-erste-dachau-transport-aus-wien-1-april-1938/adam-walter-dr (Stand: 18.09.2019).  +
Hermann Adler, geb. am 2. Oktober 1911 in Diószeg, Österreich-Ungarn, gest. am 18. Februar 2001 in Basel, wuchs in Nürnberg auf und lehrte nach seiner Ausbildung zum Lehrer am jüdischen Lehrerseminar in Würzburg und Breslau sowie an einer Schule für Schwererziehbare in Landeshut (Kamienna Gora). 1934 kehrte er in die Tschechoslowakei zurück und diente ab 1939 in der ‚Tschechoslowakischen Legion‘. Während des Zweiten Weltkrieges schloss er sich dem jüdischen Widerstand in Litauen und Polen an und spielte eine wichtige Rolle bei den Getto-Aufständen in Vilnius und Warschau. Er entkam zunächst nach Budapest, wurde aber nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Getto von Wilna inhaftiert. Mit seiner Frau Anita Distler lebte er mehrere Monate lang versteckt in der Wohnung des aus Wien stammenden Feldwebels Anton Schmid. Schmid wurde 1942 wegen seiner Hilfe für Juden hingerichtet. 1943 konnte Adler aus dem Getto von Wilna nach Warschau fliehen, wo er am Aufstand im Warschauer Getto teilnahm. Er wurde jedoch gefangengenommen und in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert, wo er medizinischen Experimenten ausgesetzt war. Nach dem Krieg zog Adler in die Schweiz. Hier entstanden ab 1945 Werke, in denen er sowohl in berichtender als auch erzählender und fiktionaler Form über das Getto von Vilnius und den jüdischen Widerstand schrieb. 1945 erschien die Gedichtsammlung „Gesänge aus der Stadt des Todes“ und die Erzählung „Ostra Brama ‑ Eine Legende aus der Zeit des großen Untergangs“. 1948 folgten „Fieberworte von Verdammnis und Erlösung und 1950 „Bilder nach dem Buche der Verheissung“. Er schrieb auch Texte für Radio und Fernsehen, ebenso wie Bücher mit psychologischen Themen. 1967 drehte der israelische Filmregisseur Nathan Jariv nach dem Drehbuch von Hermann Adler den ZDF-Fernsehfilm „Feldwebel Schmid“<u><sup>.</sup></u> <div> '''Quelle:''' *Eintrag zu Adler, Hermann. Online: https://web.archive.org/web/20160325060917/http://www.vilnius-ip.de/index.php?option=com_content&view=article&id=246&Itemid=201&lang=de (Stand: 25.03.2016). *Walter Habel: Wer ist wer?, Bd. 1 (West), Berlin 1967, S. 7. *Renate Heuer (Hg.): Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 1, München: Saur 1992, S. 60f. *[http://judaism_enc.enacademic.com/ Encyclopedia of Judaism]. Eintrag zu Hermann Adler. Online: [http://judaism_enc.enacademic.com/414/ADLER%2C_HERMANN <span lang="EN">http://judaism_enc.enacademic.com/414/ADLER%2C_HERMANN</span>] </div>  
Ilse Aichinger (geb. 01.11.1921 in Wien, gest. 11.11.2016 in Wien) und ihre Zwillingsschwester wurden als Töchter eines Lehrers und einer jüdischen Ärztin in Wien geboren. Die Familie lebte in Linz, bis der Vater die Scheidung einreichte, da er seine berufliche Karriere nicht durch die Ehe mit einer Jüdin gefährden wollte. Die Mutter zog mit den Kindern zurück nach Wien, wo Aichinger bei ihrer jüdischen Großmutter und in Klosterschulen lebte. Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich bedeutete für die Familie Verfolgung und Lebensgefahr. Die Schwester konnte am 4. Juli 1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien entkommen. Ilse Aichinger blieb bei ihrer Mutter, um sie durch ihren besseren Status als ‚Halbjüdin‘ vor der Deportation zu bewahren. Ein Studienplatz wurde Aichinger verweigert. Mit ihrer Mutter wurde sie in den Kriegsjahren dienstverpflichtet. Als Aichinger volljährig wurde und damit der Schutz der Mutter aufgrund ihrer Sorgepflicht für ein minderjähriges Kind erlosch, versteckte sie diese in einem ihr zugewiesenen Zimmer direkt gegenüber dem Gestapo-Hauptquartier im ehemaligen Hotel Metropol am Morzinplatz. 1942 wurden die Großmutter und die jüngeren Geschwister der Mutter verschleppt und kamen im Vernichtungslager Maly Trostinez in der Nähe von Minsk um. Nach Kriegsende begann Aichinger 1945 Medizin zu studieren, brach das Studium jedoch nach fünf Semestern ab, um ihren Roman „Die grössere Hoffnung“ zu schreiben. Bereits 1945 schrieb sie auch einen Text über die Konzentrationslager mit dem Titel „Das vierte Tor“. 1949/50 arbeitete Ilse Aichinger als Verlagslektorin für den S. Fischer Verlag und 1950/51 war sie Assistentin von Inge Aicher-Scholl an der Hochschule für Gestaltung in Ulm. 1951 wurde sie erstmals zur Gruppe 47 eingeladen und lernte hier Günter Eich kennen, den sie 1953 heiratete. 1952 gewann sie mit ihrer „Spiegelgeschichte“ den Preis der Gruppe. Im selben Jahr erschien ihre vielbeachtete „Rede unter dem Galgen“. Aichinger engagierte sich in den folgenden Jahren politisch, etwa im Komitee gegen Atomrüstung e.V. 1960 unterzeichnete sie eine Boykott-Erklärung gegen das von Konrad Adenauer geplante Staatsfernsehen mit. Aichinger gehörte 1996 außerdem zu den über 100 Unterzeichnern der „Frankfurter Erklärung“ gegen die geplante Rechtschreibreform und untersagte 1997, ihre Texte in Schulbüchern den neuen Regeln anzupassen. Aichinger bekam zwei Kinder und lebte mit ihrer Familie zunächst in Lenggries, dann in Breitbrunn am Chiemsee und ab 1963 in Großgmain im Bundesland Salzburg. 1972 starb Günter Eich. 1981 zog Ilse Aichinger nach Frankfurt am Main und 1988 nach Wien. 2001 erschien nach 14-jähriger Schreibpause ihre Autobiografie „Film und Verhängnis. Blitzlichter auf ein Leben“ und 2005 das Buch „Unglaubwürdige Reisen. Es folgten noch zwei Bände, die Texte für die Tageszeitung „Die Presse“ versammelten. Ilse Aichinger wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, etwa 1971 mit dem Nelly-Sachs-Preis, 1982 mit dem Petrarca-Preis sowie 1983 mit dem Franz-Kafka-Preis. 1995 erhielt sie für ihr Lebenswerk den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur und 2000 den Joseph-Breitbach-Preis. Zu ihrem 70. Geburtstag 1991 erschien Aichingers Gesamtwerk in acht Bänden. Ab 1977 war sie Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Außerdem war sie ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und gehörte nach der Fusion seit 1993 der Akademie der Künste Berlin an. Seit 1957 war sie Mitglied in der internationalen Schriftstellervereinigung PEN. ''Quellen:'' *Lebendiges Museum Online. Online: http://www.hdg.de/lemo//biografie/ilse-aichinger.html (Stand: 10.09.2019). *Literatur Portal Bayern. Online: http://www.literaturportal-bayern.de/autorenlexikon?task=lpbauthor.default&pnd=118501232 (Stand: 10.09.2019). *Moser, Samuel: Ilse Aichinger. Leben und Werk. Frankfurt am Main 1990.  
Karl Alt (geb. 12.08.1897 in Nürnberg, gest. 16.06.1951, vermutlich in München) wurde als Sohn des Architekten Friedrich Alt geboren. Nachdem er das Abitur an einem humanistischen Gymnasium abgelegt hatte, wurde er zum Kriegsdienst in den Ersten Weltkrieg berufen, in dessen Folge sein rechter Arm durch Granatensplitter 1915 irreparabel geschädigt wurde. Alt kehrte daraufhin nach Bayern zurück und studierte von 1916 bis 1920 Theologie in Nürnberg und Erlangen. Nachdem er 1923 das Anstellungsexamen für die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern bestanden hatte, arbeitete er als Präfekt, Stadtvikar sowie als Pfarrer in Regensburg, Heilig-Kreuz bei Augsburg und Kaufbeuren im Allgäu. 1926 promovierte er über Jakob Brucker an der Philosophischen Fakultät der Universität Erlangen, von welcher ihm auch das Lizentiat erteilt wurde. Von 1920 bis 1934 führte ihn seine Tätigkeit in die „Heil- und Pflegeanstalt“ nach Ansbach, ab 1934 dann in die Lutherskirche in München-Giesing, wo er ebenfalls für die Seelsorge im Gefängnis Stadelheim verantwortlich war. Neben seiner Tätigkeit als Seelsorger und Theologe veröffentlichte Karl Alt mehrere Aufsätze zu den Themenkomplexen Religion, Glaube und Krankheit, so „Willst Du Gesund Werden? Beratung und Betrachtung für Kranke an Leib, Seele und Geist“ (1932) und „Dass Christus Verkündet Wird. Lutherische Zeugnisse aus der bekennenden bayerischen Landeskirche“ (1934). Quellen: *o. A.: „Karl Alt“ und „Veröffentlichungen des Verfassers“. In: Todeskandidaten. Erlebnisse eines Seelsorgers im Gefängnis München-Stadelheim mit zahlreichen im Hitlerreich zum Tode verurteilten Männern und Frauen. Neubau-Verlag: München 1946, S. 97-98. *Peitsch, Helmut: Deutschlands Gedächtnis an seine dunkelste Zeit. Zur Funktion der Autobiographik in den Westzonen Deutschlands und den Westsektoren von Berlin 1945 bis 1949. Berlin: Edition Sigmar Bohn 1990, S. 448. *Schmidt, Karl: „Der Pfarrer an der Seite von Hans und Sophie Scholl. Film zeichnet authentisches Bild des Gefängnisseelsorgers (Korrespondenzbericht) (mit Bild).“ Online: http://archive.today/kuEQK (Stand: 02.10.2019).  
Ruth Andreas-Friedrich (geb. 23.09.1901 in Berlin, gest. 17.09.1977 in München) war in der Wandervogelbewegung aktiv. Anfang der zwanziger Jahre absolvierte sie eine Ausbildung zur Wohlfahrtspflegerin und 1922/23 zur Buchhändlerin. 1924 heiratete sie den Fabrikdirektor Otto A. Friedrich; ein Jahr später wurde ihre gemeinsame Tochter geboren. Schon in den zwanziger Jahren begann sie für verschiedene Zeitungen und Frauenzeitschriften zu schreiben, auch über den Regierungsantritt der Nationalsozialisten hinaus, vor allem für die Zeitschrift „Die junge Dame“. Nach der Scheidung lebte Ruth Andreas-Friedrich mit dem Dirigenten Leo Borchardt zusammen, dem 1933 ein Auftrittsverbot auferlegt wurde. Ruth Andreas-Friedrich und ihr Lebensgefährte waren Teil der Widerstandsgruppe „Onkel Emil“, die sich vor allem um Verfolgte des NS-Regimes kümmerte, Juden falsche Papiere, Unterkünfte, Lebensmittelkarten usw. beschaffte, Männer mit Attesten vor dem Wehrdienst bewahrte und schließlich auch Parolen an Häuser malte, Flugblätter verteilte sowie Sabotage etwa in der Rüstung oder auch der NS-Propaganda betrieb. Nach dem Krieg arbeitete Ruth Andreas-Friedrich weiter als Journalistin, sie wurde Herausgeberin von zwei Frauenzeitschriften, unter anderem der Wochenzeitung „sie“. 1948 zog sie nach München, wo sie vor allem zahlreiche erfolgreiche Ratgeber verfasste. Im September 1977 nahm sie sich das Leben. ''Quellen:'' *Drews, Jörg: "Nachwort". In: Andreas-Friedrich, Ruth: Der Schattenmann. Tagebuchaufzeichnungen 1938-1945. Frankfurt am Main 1986, S. 291-313. *Friedrich, Karin: Zeitfunken. Biographie einer Familie. München 2000. *Gretter, Susanne: „Kurzbiographie“. Online: http://fembio.org/biographie.php/frau/biographie/ruth-andreas-friedrich (Stand: 09.09.2019).  +
Siehe [[Andrzejewski, Jerzy (1909-1983)]]  +
Robert Antelme (geb. 05.01.1917 in Sarténe/Korsika, gest. 26.10.1990 in Paris) studierte in Paris Jura und arbeitete als Buchverleger sowie als Redakteur im französischen Innenministerium in Paris. Während des Zweiten Weltkrieges schloss er sich der politischen Widerstandsgruppe MNPGD („Le Mouvement National des Prisonniers de Guerre et Déportés“) um Francois Mitterand an. Als politischer Widerstandskämpfer wurde Antelme am 1. Juni 1944 von der Gestapo verhaftet und am 21. August 1944 nach Buchenwald deportiert. Seine Schwester Marie-Louise wurde ebenfalls im gleichen Jahr deportiert und überlebte den Transport nicht. Nach der Befreiung 1945 gelang es Antelme, nach Paris auszureisen, wo er 1946 der Kommunistischen Partei beitrat. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit war Antelme von 1951 bis 1960 als Redakteur im französischen Rundfunk und als Lektor für die „Encyclopedia of the Pléiade“ tätig. Er engagierte sich weiterhin politisch, unter anderem gegen den Algerienkrieg. ''Quellen:'' *„Antelme, Robert.“ In: Datenbank der DNB Frankfurt. Online: gnd/118824910 (Stand: 10.09.2019). *Dobbels, Daniel: On Robert Antelme’s The Human Race. Essays and Commentary. Evanston 2003. *Hirte, Ronald: „Über Spiegel in Konzentrationslagern“. In: Gedenkstättenforum. Gedenkstättenrundbrief 125 (2005). S. 18-24. Online: http://www.gedenkstaettenforum.de/nc/gedenkstaetten-rundbrief/rundbrief/news/ueber_spiegel_in_konzentrationslagern/ (Stand: 10.09.2019). *Klein, Judith: „Erfahrung der Vernichtungslager und Literatur. Robert Antelmes ‚L’espèce humaine‘“. In: Sprache und Literatur 66 (1990), S. 37-46.  +
B
Theodor Balk, eigentlich Fodor Dragutin, auch T.K. Fodor, (geb. am 22.09.1900 in Semlin bei Belgrad, gest. am 25.03.1974 in Prag) wurde in eine deutsch-jüdische Familie geboren und studierte in Zagreb und Wien Medizin. Er promovierte 1925. Danach ließ er sich in Belgrad nieder, wo er auch Beiträge für die kommunistische Presse verfasste. 1929 wanderte er aus politischen Gründen nach Deutschland aus und wurde Mitglied der KPD. Er schrieb für „Die Linkskurve“ und „Die Rote Fahne“. 1933 emigrierte er über Prag nach Paris, wo er Mitarbeiter deutschsprachiger Exilperiodika wie „Internationale Literatur“, „Neue Deutsche Blätter“ und „Das Wort“ war. Hier lernte er auch seine zukünftige Frau Lenka Reinerová kennen, die er 1943 heiratete. Seit 1936 nahm Balk als Bataillonsarzt der Internationalen Brigade am Spanischen Bürgerkrieg teil. 1939 kehrte er nach Frankreich zurück, wo er interniert wurde. 1941 konnte er nach Mexiko emigrieren, wo er einer der führenden Mitarbeiter der Zeitschrift „Freies Deutschland“ wurde. Nach Kriegsende kehrte Balk 1945 nach Jugoslawien zurück, wo in Belgrad seine Tochter geboren wurde. Wegen einer schweren Erkrankung wurde Balk dort in eine Klinik eingeliefert. Bei dem anschließenden Kuraufenthalt in Karlsbad beschloss die Familie, nicht mehr nach Jugoslawien zurückzukehren. Ab 1948 lebte die Familie in Lenka Reinerovás Heimatstadt Prag. ''Quellen:'' *Künstlerkolonie Berlin. Online: http://www.kuenstlerkolonie-berlin.de/bewohner/balk.htm (Stand: 10.09.2019). *o.A.: „Balk Theodor“. In: Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Leipzig 1964, S. 80f.  +
Franz Ballhorn, geb. am 29. November 1908 in Münster, gest. am 27. Februar 1979 in Nottuln, wuchs als Sohn des Schreiners Heinrich Ballhorn und der Mutter Elisabeth Ballhorn, geb. Sprenger, die Hausfrau war, in Münster mit den Geschwistern Hedwig und Heinrich katholisch auf. Ballhorn war vier Jahre auf der katholischen Overbergschule und besuchte ab 1919 die Konrad-Schlaun-Oberrealschule, an der er im Februar 1928 die Reifeprüfung ablegte. Im April 1928 immatrikulierte sich Ballhorn an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er studierte Philologie mit den Fächern Germanistik und Anglistik. Ende des Wintersemesters 1932/33 exmatrikulierte sich Ballhorn und engagierte sich in der Katholischen Jugendbewegung und versuchte sich gegen deren Gleichschaltung zu wehren. Um nicht verhaftet zu werden, floh er im September 1934 nach Oldenzaal in den Niederlanden und lebte dort unter dem Decknamen Jan van Degen. 1936 heiratete er heimlich Hildegart Jacobs. Am 19. Oktober 1938 kam ihre Tochter Elisabeth Ballhorn zur Welt. In Holland versuchte Ballhorn den Nationalsozialismus weiter zu bekämpfen, indem er als Redakteur für die Zeitschrift „Der Deutsche Weg“ tätig war. Im Mai 1940 wurde Ballhorn wegen Hoch- und Landesverrats festgenommen und blieb bis 1945 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Am 24. Oktober 1942 erfolgte die standesamtliche Vermählung im KZ Sachsenhausen, für die Hildegart Jacobs extra anreiste. Nach Kriegsende war Ballhorn ab 1945 Angestellter der Stadtverwaltung Münster und Mitbegründer der CDU. 1947 kam der Sohn Franz-Josef zur Welt. Ab 1947 war Ballhorn bis zu seiner Pensionierung Amtsdirektor in Nottuln. 1949 war er Mitglied des Kreissonderhilfsausschusses für politisch, rassisch und religiös Verfolgte in Münster, er wurde Vorsitzender des Entnazifizierungsausschusses und 1958 trat er als Zeuge in einem Kriegsverbrecherprozess auf. 1953 wurde ihm das Verdienstkreuz der niederländischen Widerstandsbewegung verliehen. Ferner erhielt er im Jahr 1964 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 1974 wurde ihm der Orden „Ritter vom Heiligen Orden Gregors des Großen“ durch Papst Paul VI. verliehen. Quelle: * Diekmann, Joel und Bernd Hammerschmidt: Zum Gedenken an Franz Ballhorn. Online: http://www.flurgespraeche.de/wp-content/uploads/2017/02/Lebenslauf_Ballhorn_Franz_neu.pdf (Stand: 12.09.2018).  
Karl Barthel (geb. 20.03.1907 in Lohmen (Pirna) in Sachsen, gest. 21.02.1974 in Jena) entstammte einer Arbeiterfamilie, sein Vater war Fabrikarbeiter. Nach Tätigkeiten als Hilfs- und Landarbeiter absolvierte er in Dresden eine Lehre als Metallarbeiter und Werkzeugmacher. 1922 wurde er Mitglied im Kommunistischen Jugendverband Deutschland (KJVD) und 1924 in der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Im Rahmen seines politischen Engagements bekleidete er zahlreiche Ämter. So war er ab 1927 Bezirksleiter der KJVD in Ostsachsen und von November 1927 bis März 1931 Sekretär des KJVD in Thüringen. Von Dezember 1929 bis März 1931 war er Abgeordneter im Thüringer Landtag sowie ab Juni 1931 KPD-Ortsgruppenleiter in Hessen-Waldeck. Im Juli 1932 zog er als jüngster Abgeordneter in den Reichstag (Wahlkreis Hessen-Nassau) ein. Ab Februar 1933 war Barthel ZK-Instrukteur in Halle und Berlin, ab August 1933 in Niederschlesien. Am 28. Oktober 1933 wurde Karl Barthel in Breslau wegen angeblicher ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘ verhaftet. Nach elfmonatiger Untersuchungshaft im Polizeigefängnis wurde er im September 1934 durch das Oberlandesgericht Breslau zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Von Oktober 1934 bis Oktober 1936 war er daraufhin im Zuchthaus Wohlau in Schlesien inhaftiert. Im Anschluss daran wurde Barthel in das Konzentrationslager Lichtenburg überstellt, wo er bis August 1937 verblieb. Unmittelbar danach wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald verlegt, wo er zunächst Blockältester und ab 1939 Lagerältester war. Barthel blieb dort bis zur Befreiung am 11. April 1945 inhaftiert. Bereits im Juli 1945 knüpfte Karl Barthel an seine politische Karriere an: Bis April 1946 war er Bürgermeister der Stadt Jena. Im Anschluss daran leitete er als Direktor den volkseigenen Betrieb (VEB) Wasserversorgung in Jena. Barthel setzte auch sein politisches Engagement fort. Bis 1953 war er als Sekretär des Bezirksvorstands der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) beziehungsweise Mitglied der Bezirkskommission der Verfolgten des Naziregimes (VdN) in Gera tätig. Von 1957 bis 1962 arbeitete er als Vorsitzender des Kreisausschusses der Nationalen Front in Jena und wurde mit dem Vaterländischen Verdienstorden ausgezeichnet. ''Quellen:'' *Fragebogen für Insassen der Konzentrationslager, 25. April 1945, NARA, A 3355, Lists and Registers of German Concentration Camp Inmates, compiled 1946-1958, documenting the period 1942-1945. Online: Datenbank Holocaust Collection (Stand: November 2013). *Niethammer, Lutz (Hg.): Der ‚gesäuberte‘ Antifaschismus. Die SED und die roten Kapos in Buchenwald. Berlin 1994. *Weber, Hermann und Andreas Herbst: „Barthel, Karl“. In: dies. Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Zweite, überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Berlin 2008, S. 87.  
Bruno Baum (geb. 03.02.1910 in Berlin, gest. 13.12.1971 in Potsdam) wurde in eine jüdische Familie geboren, der Vater war Schneider und Bügler. Von 1916 bis 1924 besuchte Baum die jüdische Knabenschule in Berlin, von 1924 bis 1928 absolvierte er eine Ausbildung zum Elektriker und arbeitete danach bis 1930 in diesem Beruf. Ab 1926 war er Mitglied des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV), des Kommunistischen Jugendverbands Deutschland (KJVD) sowie der Roten Jungfront, dem Jugendverband des Roten Frontkämpferbunds (RFB), der paramilitärischen Kampforganisation der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in der Weimarer Republik. 1927 trat er der KPD bei und 1928 aus der Jüdischen Gemeinde aus. Er besuchte die KJVD-Verbandsschule in Dresden und wurde 1929 Mitglied des RFB und Unterbezirksleiter sowie Gauführer der Roten Jungfront Berlin-Brandenburg. Mehrmals war er kurzzeitig inhaftiert: 1931 etwa verbrachte er einen Monat im Gefängnis wegen der Weiterführung des verbotenen Roten Frontkämpferbundes. 1933/34 war er Leiter des KJVD-UB Berlin-Friedrichshain und Instrukteur bei der Siemens AG. 1934/35 besuchte er unter dem Decknamen Fritz Anders die Internationale Lenin-Schule in Moskau und arbeitete ab 1935 unter den Decknamen Fritz Anders und Walter Schwarz als politischer Leiter und Sekretär der KJVD in Berlin zusammen mit Erich Honecker, Gerhard Rolack und Kurt Hager. Im Dezember 1935 wurde er zusammen mit Erich Honecker und Edwin Lautenbach verhaftet. Er verbrachte 18 Monate in Untersuchungshaft; wegen ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘ wurde er 1937 zu einer 13-jährigen Haftstrafe verurteilt. Von 1937 bis 1943 war Baum im Zuchthaus Brandenburg-Görden inhaftiert und wurde 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz überstellt. Dort war er im Stammlager als Elektriker tätig, was ihm seine Mitgliedschaft in der illegalen internationalen Lagerleitung erleichterte. Am 18. Januar 1945 wurde Baum ins KZ Mauthausen verbracht, wo er das Internationale Komitee des Krankenlagers leitete, bis er am 5. Mai 1945 durch die amerikanischen Truppen befreit wurde. Nach Kriegsende heiratete Baum. Er war von 1945 bis 1949 Sekretär für Kultur und Erziehung der KPD-Bezirksleitung. Ab 1948 gehörte er der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) an. Von 1949 bis 1951 war er Stadtrat für Wirtschaft beim Magistrat Groß-Berlin und von 1951 bis 1959 Sekretär der SED-Bezirksleitung Groß-Berlin, wo er von 1953 bis 1959 für den Bereich Berlin West zuständig war. Ab 1958 war Baum Mitglied des Zentral-Komitees der SED und wurde 1959/60 Bereichsleiter im Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel (MAI). Ab 1960 war er Mitglied der SED-Bereichsleitung Potsdam, wo er als Sekretär für Wirtschaft und Leiter des Büros für Industrie und Bauwesen eingesetzt war. Bis 1963 absolvierte er außerdem ein Fernstudium zum Elektroingenieur an der Ingenieurhochschule für Starkstromtechnik Velten-Hohenschöpping. 1964 wurde er Mitglied des reorganisierten Komitees der Antifa. 1955, 1960 und 1970 wurde Baum mit dem Vaterländischen Verdienstorden ausgezeichnet. 1960 erhielt er das Banner der Arbeit und 1964 den Karl-Marx-Orden. Nach ihm wurden zudem zahlreiche Straßen in der DDR benannt. ''Quelle:'' * Bundesstiftung zur Aufarbeitung. Online: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/kataloge-datenbanken/biographische-datenbanken/bruno-baum (Stand: 28.12.2021)  
Oskar Baum (geb. 21.01.1883 in Plzeň, gest. 01.03.1941 in Prag) war der Sohn eines jüdischen Tuchwarenhändlers. Er litt von Geburt an unter einer Augenkrankheit. Mit acht Jahren erblindete er auf einem Auge, als Elfjähriger verlor er sein Sehvermögen komplett. Er wurde nach Wien an das Israelische Blindeninstitut Hohe Warte geschickt und machte dort eine Ausbildung zum Musikreferenten. Dabei erlernte er das Orgel- und Klavierspielen. 1902 legte er die Lehramtsprüfung ab und kehrte nach Prag zurück. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Baum als Organist und Kantor einer Synagoge. Später wurde er Klavierlehrer. 1904 wurde Baum durch Max Brod mit Franz Kafka und Felix Weltsch bekannt und es entstand eine Freundschaft. Nach Baums Heirat mit Margarete Schnabel wurde die Wohnung des Ehepaars zum Treffpunkt des Prager Kreises. In dieser Zeit begann auch ein reger Briefwechsel zwischen Kafka und Baum. 1908 debütierte Baum mit seinem autobiografischen Novellenband „Uferdasein, Abenteuer und Alltägliches aus dem Blindenleben von heute“, der ihn schnell berühmt machte. Der Band enthielt ein Geleitwort seines Freundes Max Brod. Die Erfahrung des Blindseins war eines der großen Themen seiner Literatur. Sein Hauptwerk, der Roman „Die Tür ins Unmögliche“ von 1920, behandelt dagegen ein biblisches Motiv: Die Erlösung aller Menschen durch einen Einzelnen, der die Schuld der Welt auf sich nimmt. Ein weiteres wichtiges Thema für den gläubigen Juden Baum war das Verhältnis zwischen Juden und Andersgläubigen in der neu entstandenen Tschechoslowakei und die stärker werdenden Nationalismen. Ab 1922 gewann ihn der Schriftsteller und Politiker Tomáš Garrigue Masaryk für die Mitarbeit seiner Tageszeitung „Prager Presse“. Ein Schwerpunkt in Baums journalistischer Arbeit waren Musik- und Theaterkritiken, er verfasste jedoch auch Essays und Glossen zu sozialen Themen. Nach und nach interessierten sich auch andere Zeitungen und Zeitschriften für die Arbeiten Baums, wie etwa „Die Weltbühne“, „Die Aktion“ oder „Der Sturm“''. '' 1929 veröffentlichte Baum seine Erzählung „Nacht ist umher“, zu der Stefan Zweig ein Nachwort verfasste. Von 1934 bis 1938 war Baum Vorsitzender des „Schutzverbandes deutscher Schriftsteller“ in der Tschechoslowakei. Kurz vor der deutschen Okkupation wurde er von diesem Amt samt seiner journalistischen Tätigkeit entbunden. Der Machtergreifung der Nationalsozialisten widmete sich Baum literarisch in den Romanen „Zwei Deutsche“ von 1934 und „Das Volk des harten Schlafs“ von 1937. Eine Ausreise nach Palästina scheiterte. Ende Februar 1941 unterzog sich Baum einer Darmoperation im Jüdischen Krankenhaus, an deren Folgen er später starb. Seine Frau wurde kurz danach ins Getto Theresienstadt deportiert und kam dort ums Leben. Der einzige Sohn des Paares, Leo Baum (geb. 1909), kam am 22. Juli 1946 bei einem jüdischen Anschlag auf das King David Hotel in Jerusalem ums Leben. ''Quellen:'' *Dominik, Sabine: Oskar Baum. Ein Schriftsteller des Prager Kreises. Diss. Univ. Würzburg 1988. *Sternfeld, Wilhelm und Eva Tiedemann: Deutsche Exilliteratur 1933-1945. Eine Bio-Bibliographie. Heidelberg/Darmstadt 1962.  
Johannes Robert Becher (geb. als Hans Robert Becher am 22.05.1891 in München, gest. 11.10.1958 in Ost-Berlin) wurde als Sohn des Amtsrichters Heinrich Becher in München geboren. Von 1911 bis 1918 studierte Becher Philologie, Philosophie und Medizin in München, Berlin und Jena, ohne einen Abschluss zu machen. Als Mitarbeiter an den Zeitschriften „Aktion“ und „Die neue Kunst“ gehört er zu den Wortführern des Expressionismus. Wegen Morphiumabhängigkeit wurde Becher in einer psychiatrischen Klinik behandelt. 1917 trat er in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) ein und 1919 in die Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). 1920 bis 1922 ließ er, enttäuscht über die fehlgeschlagene Novemberrevolution, seine KPD-Mitgliedschaft ruhen und wendete sich der Religion zu. 1925 veröffentlichte er den Antikriegsroman „Levisite oder Der einzig gerechte Krieg“ und wurde 1927 wegen ‚literarischen Hochverrats‘ angeklagt. Das Verfahren wurde jedoch 1928 nach nationalen und internationalen Protesten eingestellt. Ebenfalls 1925 wurde er Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft kommunistischer Schriftsteller“ im „Schutzverband deutscher Schriftsteller“ (SDS), begründete 1928 den „Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ (BPRS) mit und gab dessen Organ „Die Linkskurve“ heraus. 1932 war er Feuilleton-Redakteur der „Roten Fahne“. 1933 emigrierte Becher zuerst nach Prag und Paris und 1935 dann in die Sowjetunion, wo er sich von 1935 bis 1945 in Moskau aufhielt. Dort war er Chefredakteur der Exilzeitschrift „Internationale Literatur - Deutsche Blätter“ sowie Mitglied des Zentralkomitees der KPD. 1934 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. 1943 war er Gründungsmitglied des Emigrantenbündnisses „Nationalkomitee Freies Deutschland“ (NKFD). 1945 kehrte Becher nach Berlin zurück und gründete den „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ und den Aufbau-Verlag. 1949 war er mit Paul Wiegler Mitbegründer der Zeitschrift ‚Sinn und Form‘. Er verfasste den Text für die Nationalhymne der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und war von 1954 bis zu seinem Tod im Jahre 1958 deren erster Kulturminister. 1951 wurde ihm im Rahmen eines Festakts zu seinem 60. Geburtstag die Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität verliehen und von 1953 bis 1956 war er Präsident der Deutschen Akademie der Künste, die er 1950 mitbegründet hatte. ''Quellen:'' *Dwars, Jens-Fietje: Johannes R. Becher. Triumph und Verfall. Eine Biographie. Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verlag 2003. *„Johannes Becher“. In: Lebendiges Museum Online. Online: https://www.dhm.de/lemo/biografie/johannes-becher (Stand: 05.07.2022). *„Johannes R. Becher“. In: Literaturportal Bayern. Online: https://www.literaturportal-bayern.de/autorinnen-autoren?task=lpbauthor.default&pnd=118507931 (Stand: 23.02.2017). *Barck, Simone (1994): Lexikon sozialistischer Literatur. Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945. Stuttgart u.a., S. 50-53. *Becher, Johannes R. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv. Online: http://www.munzinger.de/document/00000000314 (Stand: 05.07.2022). *Meid, Volker (2006): Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Stuttgart, S. 59-61.  
Werner A. Beckert (geb. 15.03.1900 in Nürnberg, gest. 1972 in Nürnberg) war Sohn eines Nürnberger jüdischen Fabrikanten, in dessen Betrieb er nach einer kaufmännischen Lehre von 1922 bis 1925 arbeitete. 1917/1918 nahm er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Von 1925 bis 1928 arbeitete er in München, anschließend bis 1936 als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Er gehörte der Kommunistischen Partei (KPD) an und arbeitete für diese sowie für die SPD im Untergrund. Beckert wurde im Oktober 1936 in Nürnberg verhaftet und war vom 12. Mai 1937 bis zum 12. September 1938 im Konzentrationslager Dachau, anschließend bis zum 11. April 1945 in Buchenwald inhaftiert. Laut Fragebogen vom 22. April 1945 war Beckert in einem der Lager oder in beiden Kapo und Vorarbeiter. Nach der Befreiung blieb er zunächst in der Sowjetischen Besatzungszone, wo er seinen Bericht „Die Wahrheit über das Konzentrationslager Buchenwald“ publizierte. In den ersten Monaten nach der Befreiung war Beckert Angestellter der Stadt Weimar, anschließend leitete er einen eigenen Verlag für antifaschistisches Schrifttum. Anfang 1950 floh er in den Westen, nachdem er in den Verdacht geraten war, faschistische Schriften zu verbreiten. Beckert lebte in Stuttgart und anschließend in West-Berlin. ''Quellen:'' *„Fragebogen für Insassen der Konzentrationslager“, 22.04.1945, 1.1.5.3/5499097/ITS Digitial Archive, Arolsen Archive. *„Häftlingspersonalkarte Buchenwald“, 1.1.5.3/5499107/ITS Digital Archive, Arolsen Archive. *Röll, Wolfgang: Sozialdemokraten im Konzentrationslager Buchenwald 1937-1945. Göttingen 2000, S. 272.  +
Else Behrend-Rosenfeld (geb. 1891 in Berlin als Else Behrend, gest. 1970 in Birmingham) wurde als Tochter eines jüdischen Arztes und seiner christlichen Frau in Berlin geboren und evangelisch getauft. Nach einer Ausbildung zur Kindergärtnerin studierte sie Germanistik, Geschichte und Philosophie und promovierte 1919 mit einer historischen Arbeit. 1920 heiratete sie den jüdischen Berliner Juristen Siegfried Rosenfeld, der von 1921 bis 1933 SPD-Abgeordneter im Preußischen Landtag und hoher Ministerialbeamter des Preußischen Justizministeriums war. Das Paar bekam drei Kinder. Nachdem diese das Schulalter erreicht hatten, engagierte sich Else Behrend-Rosenfeld ehrenamtlich in der Gefangenenhilfe. 1933 zog die Familie nach der Zwangspensionierung von Siegfried Rosenfeld nach Bayern, wo sie sich nach seiner vorübergehenden Verhaftung 1934 um die Auswanderung bemühten. 1937 wanderte die Tochter nach Argentinien aus, 1939 die beiden Söhne nach England. Siegfried Rosenfeld folgte ihnen im August 1939. Else Behrend-Rosenfelds Plan, zu Mann und Söhnen zu emigrieren, zerschlug sich nach Kriegsbeginn. 1937 zum Judentum konvertiert, nahm sie in München eine Arbeit als Fürsorgerin bei der jüdischen Gemeinde an. Im Juni 1941 wurde sie als Wirtschafterin in das Internierungslager Berg am Laim verpflichtet, eine von zwei Münchner „Heimanlagen“ zur Zwangsunterbringung der jüdischen Bevölkerung. Hier erlebte sie den Beginn der Deportationen. Als ihr selbst die Deportation drohte, tauchte sie am 15. August 1942 unter und floh mit Hilfe einer Freundin nach Berlin. Bei ihren Verwandten Eva und Georg Fischer konnte sie sich für knapp drei Monate verbergen. Durch Vermittlung einer Freundin lernte sie Hans Kollmorgen kennen, Besitzer einer Firma für optische Instrumente, der sie und vier weitere jüdische Verfolgte in seiner Wohnung in Berlin-Schöneberg aufnahm und versorgte. Nach wiederum drei Monaten wurde sie von der befreundeten Magdalena Heilmann und deren Kindern Peter und Eva versteckt. Peter Heilmann organisierte für sie einen Postausweis auf den Namen „Martha Schröder“, mit dem sie sich freier bewegen konnte. Im Mai 1943 reiste sie zu Heilmanns Freunden Edmund und Lotte Goldschagg nach Freiburg, die sie fast ein Jahr bei sich beherbergten. Wegen einer misstrauischen Nachbarin wurde ihr Aufenthalt dort schließlich zu gefährlich. Peter Heilmanns Freundin Hella Gorn, eine junge Quäkerin, bat die Berlinerin Luise Meier um Unterstützung, die über ortskundige Helfer bereits mehrere jüdische Flüchtlinge über die Schweizer Grenze geleitet hatte. Hella Gorn reiste im April 1944 nach Freiburg, um mit Else Behrend-Rosenfeld die Flucht vorzubereiten. Meiers Verbindungsmänner leiteten sie schließlich bis zum Grenzgebiet. Beim Überqueren der Grenze am 20. April 1944 brach sie sich ein Bein – allerdings schon auf Schweizer Boden. Nach Kriegsende arbeitete sie als Fürsorgerin in Zürich. Dort erschien Ende 1945 ihr Tagebuch über die eigene Verfolgung. 1946 zog sie zu ihrem Mann und ihren Kindern nach England. Siegfried Rosenfeld war jedoch schwer krank und starb im Dezember 1947. Else Behrend-Rosenfeld blieb zunächst in Großbritannien bei ihren beiden Kindern Peter und Hanna, später lebte sie teils dort, teils in Icking. Nach 1952 kehrte sie nach Bayern zurück und arbeitete erneut in der Gefangenenhilfe. 1970 starb sie in Birmingham bei ihrer Familie. Am Johann-Michael-Fischer-Platz in Berg am Laim erinnert eine Gedenktafel an Else Behrend-Rosenfeld. Sie trägt die Aufschrift: „Wieviel leichter ist es, unter denen zu sein, die Unrecht erleiden, als unter denen, die Unrecht tun. Dr. Else Behrend-Rosenfeld Wirtschaftsleiterin des Sammellagers. Als Mahnung und zur Erinnerung an das Sammellager für jüdische Bürger in den Jahren 1941 bis 1943.“ Zudem wurde eine Straße in Berg am Laim nach Else Rosenfeld benannt. ''Quellen:'' *Behrend-Rosenfeld, Else und Siegfried Rosenfeld: Leben in zwei Welten. Tagebücher eines jüdischen Paares in Deutschland und im Exil. Hg. und kommentiert von Erich Kasberger und Marita Krauss. München 2011. *Gedenkstätte Stille Helden. Online: http://www.gedenkstaette-stille-helden.de/biografien/bio/behrend-rosenfeld-else/ (Stand: 10.09.2019). *Kasberger, Erich und Marita Krauss (Hg.): Leben in zwei Welten. Tagebücher eines jüdischen Paares in Deutschland und im Exil. München 2011.  
Hans Beimler (geb. 02.07.1895 in München, gest. 01.12.1936 in Madrid) wurde 1895 als uneheliches Kind geboren und wuchs bei seinen Großeltern auf dem Land auf. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine Schlosserlehre, war anschließend auf Wanderschaft und arbeitete in vielen Betrieben, bevor er 1913 bei einem Rüstungsbetrieb in München tätig war. 1914 wechselte er zu Blohm und Voß nach Hamburg, wo er im Oktober 1915 als Matrose eingezogen wurde. Im November 1918 war Beimler eventuell an der Revolution in Cuxhaven beteiligt; im Februar 1919 wurde er aus der Marine entlassen und kehrte nach München zurück. Dort war er Soldat bei der Räteregierung und an den siegreichen Kämpfen gegen Freikorps bei Dachau beteiligt. 1919 heiratete Beimler, wenig später wurde seine Tochter geboren. Im gleichen Jahr trat er wahrscheinlich der KPD bei. Im April 1921 wurde er verhaftet, im Juli wegen Beihilfe zur Vorbereitung eines Hochverrats zu mehr als zwei Jahren Festungshaft verurteilt, die er bis April 1923 verbüßte. Anschließend arbeitete er wieder als Schlosser und widmete sich für die KPD vor allem der Betriebsarbeit, durch die er im Laufe der Zeit immer bekannter wurde. Nach einer Russlandreise im Sommer 1925 wurde er in der Gewerkschaftsarbeit der KPD aktiv und als Bezirksleiter der KPD Südbayerns Berufspolitiker. Im Dezember 1929 wurde Beimler Leiter der KPD-Fraktion im Augsburger Stadtrat, im April 1932 schließlich Landtagsabgeordneter in Bayern und Politischer Leiter des Bezirks Südbayern. Kurz darauf, am 31. Juli 1932, zog er in den Reichstag ein und wurde im November 1932 wiedergewählt. Nach Machtantritt der Nationalsozialisten trat Beimler zuletzt am 12. Februar 1933 öffentlich im Wahlkampf im Zirkus Krone auf, wo er in Anspielung auf die Kämpfe 1919 in Richtung der Nationalsozialisten sagte: „Wenn sie den Krieg haben wollen, wir sind gerüstet. Wir haben die Erfahrung der bayerischen Räterepublik für uns. Bei Dachau sehen wir uns wieder“ (Münchner Neueste Nachrichten, 13. Februar 1933, zitiert nach Mühldorfer, S. 116). Nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 lebte Beimler versteckt. Am 11. April aber wurde er bei einem Treffen, das wahrscheinlich verraten worden war, verhaftet und ins Polizeigefängnis gebracht. Am 25. April schließlich wurde er Häftling des Konzentrationslagers Dachau, wo er in Bunkerhaft kam und fortwährend Folter und Prügel erleiden und die Misshandlungen und den Tod von Mithäftlingen miterleben musste. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1933 gelang ihm die Flucht aus dem KZ. Trotz groß angelegter Fahndung konnte er einige Wochen in München in Verstecken leben, bevor er am 9. Juni von dort über Umwege nach Moskau gelangte, wo er am 26. Juli 1933 ankam. Im Moskauer Exil sprach Beimler vielfach öffentlich von seinen Erfahrungen im Konzentrationslager und verfasste innerhalb kurzer Zeit seinen Erinnerungsbericht, der bereits im August erschien. Im Dezember 1933 verließ er Moskau wieder und wurde Mitarbeiter der Roten Hilfe in Paris. Im September 1934 wechselte er nach Prag, wo er Leiter der Außenstelle der KPD wurde, Flüchtlinge betreute, Leute nach Deutschland schleuste und Meldungen aus Deutschland empfing. Anfang November 1934 wurde Beimler ausgebürgert. Von Frühjahr 1935 bis Frühjahr 1936 schließlich leitete er die Rote Hilfe Deutschland in Zürich. Nachdem seine Arbeit in Zürich durch einen Spitzel verraten worden war, ging Beimler im August 1936 nach Spanien, um dort aus deutschen Emigranten Militärformationen zu bilden und diese politisch zu betreuen. Bei der Verteidigung Madrids gegen die faschistischen Truppen kam Beimler am 1. Dezember 1936 ums Leben. Sein Tod fand weltweit ein großes Medienecho, bald schon wurde er zum Symbol der heldenhaften Freiheitskämpfer für die Sache der Arbeiter stilisiert. Nach dem Krieg war er in der DDR eine Ikone in der Verklärung des antifaschistischen Kampfes; zahlreiche Schulen und Straßen wurden nach ihm benannt, von denen die meisten allerdings nach der Vereinigung 1990 wieder umbenannt wurden. ''Quelle:'' *Mühldorfer, Friedbert: „Hans Beimler. Eine biographische Skizze“. In: Hans Beimler. Im Mörderlager Dachau. Herausgegeben, kommentiert und um eine biographische Skizze ergänzt von Friedbert Mühldorfer. Köln 2012, S. 74-186.  
Hans Paul Wilhelm Berke (geb. 1.3.1906 in Luckau/Niederlausitz) verbrachte seine Kindheit zunächst in der brandenburgischen Provinz, bevor seine Familie, bestehend aus seiner Mutter Franziska Heise (verwaiste Zimmer), seinen beiden Brüdern und seiner Schwester, nach Sachsen zog. Sein Vater, Willibald Berke, war noch im Jahr seiner Geburt im Alter von nur 31 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Von 1912 bis 1916 besuchte Hans Berke die Volksschule und anschließend das Realgymnasium in Pirna. Nach seinem Abschluss heiratete er Martha Mühlau, arbeitete als Kaufmann in Dresden und wurde Vater zweier Söhne. Nebenbei verkehrte er in „Tipsterkreisen“ (Selbstaussage vom 17.6.1937, ITS/DocID: 10823980) und erlangte auch einen gewissen Ruf in der Wettszene (vgl. ebd.). Diese Tätigkeit führte jedoch dazu, dass er vor seiner Inhaftierung in verschiedenen deutschen Konzentrationslagern insgesamt siebenmal zu Gefängnis-, Straf- und Geldstrafen sowie drei Jahren Verlust der Ehrenrechte verurteilt wurde. Zur Last gelegt wurden ihm diverse Delikte wie wiederholte „Privat-Urkunden-Fälschung“, mehrfacher „gemeinschaftliche[r] Betrug“, „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ oder fortgesetzte „Vergehen[] gegen das Rennwettgesetz“ und das „Lotteriegesetz“ (alle Zitate „Abschrift der Strafliste des Hans Paul Wilhelm Berke“, ITS/DocID: 10823978). Er verbrachte zwischen 1929 und 1937 insgesamt rund eineinhalb Jahre im Zuchthaus, u. a. in Waldheim im sächsischen Chemnitz, und etwas mehr als ein halbes Jahr im Gefängnis. Obgleich er die zu verbüßenden Haftstrafen bereits abgeleistet hatte, veranlasste die Staatliche Kriminalpolizei Dresden Anfang 1937 seine polizeiliche Vorbeugungshaft als „Berufsverbrecher“ ohne weiteren konkreten Tatvorwurf. Er wurde am 9. März 1937 in das frühe Konzentrationslager Sachsenburg verbracht und dort für etwa drei Monate interniert. Obwohl er nach kurzer Zeit beteuerte, „mit allen Tipsterkreisen gebrochen“ zu haben, um sich – so Berke – „endlich“ von „diesem Leben abzusagen“ (alle Zitate sind Selbstaussagen vom 17.6.1937, ITS/DocID: 10823980), wurde er am 12. Juli 1937, etwa einen Monat vor der Auflösung des Lagers Sachsenburg, in das Konzentrations- und SS-Schulungslager Sachsenhausen in Oranienburg verlegt. Der Kommandant des Lagers, Hans Helwig, erklärte auf Anfrage des Dresdener Polizeipräsidenten über Berkes Führung im Lager, er habe sich „schlecht der Lagerordnung“ gefügt und „freches undiszipliniertes Benehmen an den Tag“ gelegt (beide Zitate „F.E. für den Berufsverbrecher Hans Berke“ vom 26.7.1937, ITS/DocID: 10823983). Eine Entlassung käme deshalb nicht infrage, heißt es in dem knappen und bewusst vage gehaltenen Schreiben. Berke blieb bis zum 21. August 1937 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Danach wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt und erhielt die Häftlingsnummer 951. Dort war er u.a. im Arbeitskommando „Baumfäller“ eingesetzt, später in der Politischen Abteilung und als Blockältester. Ein weiteres Begutachtungsersuchen des Reichskriminalpolizeiamtes für Berkes Entlassung wurde Anfang Juli 1938 erneut abgelehnt, da seine „Führung und Arbeitsleistungen“ angeblich „nur unter ständiger Kontrolle zufriedenstellend“ gewesen seien und wohl weiterhin Zweifel bestanden hätten, „ob er mit seinem früheren Lebenswandel gebrochen hat“ (alle Zitate „F.B. für den Vorbeugungshäftling Hans Berke“ vom 12.7.1938, ITS/DocID: 10823987). Doch selbst als es sich für die SS-Wachmannschaften offenbar deutlicher abzeichnete, dass er sich von seinem Lebensstil distanziert hatte, wurde er dennoch weiter in Haft gehalten, um ihn – wie es heißt – „vor Rückfälligkeit zu bewahren“ („F.B. für den V.B. Häftling Hans Berke“ vom 14.1.1939; ITS/DocID: 10823991). Seine Haftzeit wurde daraufhin erneut verlängert. Nach 20-monatiger Haft wurde Berke am 26. April 1939 in das KZ Flossenbürg gebracht, wo er unter der Häftlingsnummer 158 geführt wurde. Doch bereits einen Tag später wurde die polizeiliche Vorbeugungshaft aufgrund eines Gnadengesuches seiner Mutter an Martin Bormann, den ehemaligen Reichsleiter der NSDAP, durch das Reichskriminalpolizeiamt aufgehoben. Am 9. Mai 1939 wurde Berke nach einer Entlassungsuntersuchung schließlich nach Dresden zurückgeführt. Im Jahre 1940 wurde er erneut verhaftet (vgl. Kirsten/Kirsten 2018, S. 302). Über seinen weiteren Verbleib in der Nachkriegszeit ist bislang nichts bekannt. Im Jahr 1946 erschienen seine Erinnerungen erstmals unter dem Titel „Buchenwald. Eine Erinnerung an Mörder“ im Salzburger Ried-Verlag. Dass er die tatsächlichen Hintergründe seiner Verfolgung darin nicht offenlegt, ist möglicherweise auf die Befürchtung einer erneuten Stigmatisierung zurückzuführen: Da die KZ-Haft der als „Berufsverbrecher“ Verfolgten lange Zeit nicht als nationalsozialistisches Unrecht angesehen wurde und sie als ‚vergessene Opfer‘ von allen Entschädigungsleistungen ausgeschlossen waren, sahen sie sich auch über die Zeit des NS-Regimes hinaus mit einer fortgesetzten Diskriminierung konfrontiert. Nicht wenige der als ‚polizeiliche Vorbeugungshäftlinge‘ Inhaftierten schwiegen mitunter aus diesem Grund nicht nur über die Farbe ihres Häftlingswinkels, sondern in einigen Fällen über ihre gesamte Lagerhaft. Erst 2020, 75 Jahre nach Kriegsende, wurden die Angehörigen dieser Häftlingsgruppe vom Deutschen Bundestag als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt. ''Quellen:'' *„Abschrift der Strafliste des Hans Paul Wilhelm Berke“, KZ Sachsenburg, 1.1.8.3/10823978/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Akte von Berke, Hans, KZ Buchenwald, 1.1.5.3/5521611/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Akte von Berke, Hans, KZ Flossenbürg, 1.1.8.3/10823969/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Auszug aus dem Strafregister“ vom 13.4.1937, Staatsanwaltschaft Cottbus, 1.1.8.3/108923979/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Entlassung aus der polizeilichen Vorbeugungshaft“ vom 27.4.1939, Reichskriminalpolizeiamt,1.1.8.3/10823992/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„F.B. für den Berufsverbrecher Hans Berke“ vom 26.7.1937, KZ Sachsenhausen, 1.1.8.3/10823983/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„F.B. für den Vorbeugungshäftling Hans Berke“ vom 12.7.1938, KZ Buchenwald, 13.7.1938, 1.1.8.3/10823987/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„F.B. für den V.B. Häftling Hans Berke“ vom 14.1.1939, KZ Buchenwald, 14.1.1939, 1.1.8.3/10823991/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *„Fragebogen für Häftlinge“, KZ Sachsenburg, 1.1.8.3/10823971/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Kirsten, Holm/Kirsten, Wulf: Stimmen aus Buchenwald. Ein Lesebuch, 4. Aufl., Göttingen 2018. *Selbstaussage vom 12.10.1938, KZ Sachsenhausen, 1.1.8.3/10823989/ITS Digital Archive, Arolsen Archives. *Selbstaussage vom 17.6.1937, KZ Sachsenburg, 1.1.8.3/10823980/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.  
Maria Berner (geb. 24.07.1904 in Wien, gest. 16.08.2000), die auch Marie und Mitzi genannt wurde, stammte aus einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie. Sie besuchte die Pflichtschule und arbeitete danach in einem Heilmittelinstitut, wo sie auch Betriebsrätin war. Seit 1934 war sie im kommunistischen Widerstand aktiv. Sie wurde in Wien am 22. August 1939 aufgrund ihrer illegalen politischen Tätigkeiten im kommunistischen Widerstand verhaftet und nach zwei Jahren Gefängnishaft in Wien und Krems zunächst in das Zuchthaus Aichach in Bayern überstellt. Im August 1943 wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht, wo sie die Häftlingsnummer 21793 trug. Sie war im Arbeitseinsatz tätig und musste die Listen über die Zuteilung der Häftlinge zu den Arbeitskommandos führen. Diese Tätigkeit ermöglichte ihr auch, sich im illegalen Internationalen Widerstandskomitee des Lagers zu engagieren. Wie auch Toni Bruha war sie an der Rettung von Gerti Schindel, Edith Wexberg und Toni Lehr beteiligt. Am 30. April 1945 konnte Mitzi Berner während eines Evakuierungsmarsches entkommen. Nach ihrer Rückkehr nach Wien war sie aufgrund gesundheitlicher Schäden durch die Haft arbeitsunfähig. Sie lebte in Lebensgemeinschaft mit der Ravensbrück-Überlebenden Anna Hand. Gemeinsam adoptierten sie die 1946 geborene Ilse. Die Adoption wurde zunächst abgelehnt, da man einem ehemaligen Häftling kein Kind anvertrauen könne. Nach einigen Protesten von ehemaligen KZ-Häftlingen und dem Engagement eines sozialistischen Anwalts, gelang es schließlich doch. ''Quellen:'' * o.A.:„Maria Berner". In: ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück. Online: http://www.ravensbrueckerinnen.at/?page_id=496 (Stand: 18.09.2019). * o.A.:„Maria Berner". In: Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands. Online: http://www.doew.at/erinnern/biographien/erzaehlte-geschichte/haft-1938-1945/maria-berner-mein-akt (Stand: 18.09.2019). * o.A.:„Maria Berner". In: Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück (ÖLGR). Online: https://www.ravensbrueck.at/die-lagergemeinschaft/portraits/mitzi-berner-1904-2000/ (Stand: 18.09.2019).  
Pierre Biermann (geb. 08.04.1901 in Grevenmacher, gest. 19.09.1981 in Luxemburg), für den sich in den erhaltenen Gestapo-Unterlagen auch der Vorname Peter findet, arbeitete zunächst als Lehrer an einem reformpädagogischen Erziehungsheim in Jena, kehrte dann aber nach Luxemburg zurück. Dort unterrichtete er nach seinem Referendariat Latein, Philosophie und Geschichte an einer weiterführenden Schule. Er trat offen gegen die nationalsozialistische Politik ein und wurde dafür 1941 nach Düsseldorf strafversetzt; auch andere Schikanen von offizieller Seiten war er zuvor ausgesetzt. In Trier wurde Biermann festgenommen und zunächst in das Konzentrationslager Hinzert, dann nach Natzweiler und im August 1943 schließlich nach Buchenwald gebracht, wo er bei Kriegsende befreit wurde. In Buchenwald war er als Verbindungsmann der illegalen Lagerleitung aktiv. Nach seiner Befreiung verbrachte Biermann zunächst im Auftrag der luxemburgischen Regierung ein Jahr in Genf bei einem Kurs an der École Internationale, kehrte dann aber nach Luxemburg zurück und unterrichtete an seiner alten Schule. 1956 trat Biermann, nachdem er zuvor lange für die kommunistische „Zeitung vum Lëtzeburger Vollek“ geschrieben hatte, aus der Kommunistischen Partei aus, da er die politischen Reaktionen auf den Ungarn-Aufstand nicht billigte. Er wandte sich stattdessen dem Pazifismus und der Lösung des Nahostkonflikts zu und gründete hierfür unter anderem das „Mouvement national pour la paix“. Neben seiner Lehrtätigkeit verfasste Biermann zahlreiche Artikel und Bücher teilweise auch unter Pseudonymen wie Peter Forsch, Graukopf, Ernst Morning, Thomas Scharff oder N. Stich. Thematisch behandelten diese die Reformpädagogik und die Geschichte Luxemburgs. Aber auch zeitgeschichtlichen und politischen Entwicklungen trug er als Autor in der linksgerichteten Zeitschrift „Die neue Zeit“ Rechnung und engagierte sich unter anderem für die Wiedereinstellung von Lehrern, die wegen ihrer kommunistischen Gesinnung aus dem Schuldienst entlassen worden waren. ''Quellen:'' *Mannes, Gast und Jeff Schmitz: „Pierre Biermann“. In: Luxemburger Autorenlexikon. Online: http://www.autorenlexikon.lu/page/author/360/3606/DEU/index.html?highlight=bier,mann (Stand: 10.09.2019). *Unterlagen zu Biermann, Pierre. In: Archiv der KZ-Gedenkstätte Hinzert.